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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Kommentar
Kommentar vom "Hochblauen"
Kauft nicht beim Besatzer!
Von Evelyn Hecht-Galinski

Allein schon die Frage, darf "Made in Israel" auf Siedlerprodukten stehen, ist widersinnig. Es muss sogar eine wahrheitsgemäße Herkunftsdeklaration auf allen israelischen Produkten stehen. Es sprudelt schon viel zu lange in deutschen Haushalten durch die Firma Soda Club, aus Ma`ale Adumim und deren Industiegebiet Mishor Adumim auf der Siedlerstraße "Road Number One", oder aber gefiltertes Wasser aus Britta Filtern. Dies nur als Beispiele. Ich empfehle die Produktliste von z.B. Gusch Schalom im Internet, oder der Aktion von Pax Christi, "Besatzung schmeckt bitter", oder die vielen vorbildlichen Schweizer Aktionen, da sind sie uns, genau wie mit den Boni weit voraus! Schließlich hat die Siedlungsexpansion, die der jüdische Staat hemmungslos betreibt, zu einem Handel von ausgeführten Siedlererzeugnissen im Wert von 230 Millionen geführt.

US-Menschenrechtlerin Rachel Corrie – mit einem Caterpillar-Bulldozer totgefahren
Quelle: www.rachelcorrie.org 
 
Es wurden im BESETZTEN Ost-Jerusalem doppelt so viele Neubauten genehmigt, wie in den drei vorherigen Jahren zusammen! Man warnt auch vor dem sich schließenden Siedlungsring um Ost-Jerusalem sowie den "hochkontroversen" (was für ein Ausdruck für diese völkerrechtswidrigen Pläne) Plänen für das E-1 Gebiet, die eine palästinensische Kontinuität verstellen würden. Was für eine "Beamten-Sprache" in diesem JahresReport 2012 zur Lage in Ost-Jerusalem und im Westjordanland. Es sind zwar wieder einmal deutliche Worte, aber trotz scharfer Kritik gedieh der Siedlungsbau immer ungebremster. Soviel zur Kritik ohne Konsequenzen! Es gibt nur eine Konsequenz für diese Missachtung des Handelspartners EU, nämlich Boykott (BDS), solange der jüdische Staat die Besatzung aufrecht erhält.
 
Sofort kommen natürlich reflexartig die Antworten der Israelis und der Israel-Versteher, das würde Assoziationen an NS-Kampagnen "Kauft nicht bei Juden" wecken, wie der EU-Gesandte in Israel, Andrew Stanley sofort bemerkte und daher einen Boykott von Siedlerprodukten ausschloss und nur noch auf wahrheitsgemäße Kennzeichnung drängte. Also wieder ein Sieg für den jüdischen Staat, der sich wie immer in solchen Fällen unkooperativ zeigt, gerne mit propagandistischen auf die NS-Vergangenheit weisenden verdrehenden Argumenten arbeitet und auch findig ist und mit Tricks arbeitet, wie mit Briefkastenfirmen im sogenannten Kernland. Aber hier irrt Andrew Stanley gewaltig. Das ist ein Boykott gegen falsch deklarierte WAREN von einem Besatzer Staat, nicht gegen Menschen! Die Zollbehörden in der EU sollten endlich durchgreifen und diese Falschdeklarationen nicht mehr gestatten!
 
Übrigens werden die palästinensischen Arbeiter, wie viele von ihnen berichten, mit Hungerlöhnen und demütigenden Sicherheitskontrollen schikaniert. Willkür gegen Palästinenser ist die Spezialität des jüdischen Staates, so gibt es seit Montag dem 4. März, "Sonderbusse" für palästinensische Arbeiter aus dem Westjordanland, die eine Arbeitserlaubnis für Israel haben. Diese Buslinien NUR für Palästinenser sollen von einer Straßensperre des Militärs von Kalkilia nach Tel Aviv fahren. Mit dieser Trennung werden die Palästinenser von den Siedlern getrennt und sollen nicht mehr die Linien der Busgesellschaft Afikim benutzen. Also auch die Straßen nur für jüdische Siedler - wenn das kein Faschismus und Rassismus ist, oder? Immerhin haben etwa 50.000 Palästinenser aus der Westbank eine Arbeitserlaubnis in Israel! Also nochmals: "Kauft nicht beim Besatzer"!
 
Auch der Palästinenser Samer Isaawi, der sich seit nunmehr über 212 Tagen in israelischer Willkür/Administrativhaft im Hungerstreik befindet, unterdessen nur noch etwa 48 Kilo wiegt und in ein Krankenhaus in Tel Aviv verlegt wurde, rief die englische Regierung lt. Guardian vom 3. März dazu auf, Sanktionen gegen Israel zu verhängen, solange dieser Staat palästinensisches Land besetzt, palästinensische Rechte verleugnet und nicht alle palästinensischen Häftlinge freigelassen wurden. Recht hat er! Hunderte von Palästinensern demonstrierten für die hungerstreikenden Häftlinge und wurden durch Tränengas und Gummigeschosse von der israelischen "Verteidigungsarmee" verletzt. Es gärt im besetzten Palästina. Aber was haben die fast hilflosen Demonstranten, die Besetzten schon für eine Macht oder welche Mittel gegen diese Besatzer?
 
Es gibt einen wunderbaren Film, "Five Broken Cameras", der diese wöchentlichen Demonstrationen an Hand des Dorfes Bili`in schildert, wo die Menschen gegen die Besatzung protestieren. Der Film wurde zwar für den Oscar nominiert, dessen palästinensischer Filmemacher, der zusammen mit seinem israelischen Kollegen zur Oscar-Preisverleihung einreisen wollte, durfte das aber erst nach einer Intervention von Michael Moore im Flughafen von Los Angeles - natürlich NUR der Palästinenser! Ich hoffe sehr, dass dieser wichtige Film bald auf Arte oder in der ARD zu sehen sein wird. Wie mir berichtet wurde, hat dieser Film noch keinen Verleih in Deutschland gefunden!
 
Kommen wir nun zu zum türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der auf einer UN-Tagung in Wien sehr richtige und wichtige Aussagen machte - hier zuerst auf original Englisch: "We must consider just as Zionism, Antisemitism or Facism, Islamophobia is a crime against humanity"! Er sagte also, der Zionismus sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit - genauso wie der Antisemitismus, der Faschismus und die Islamophobie. "Was ist falsch an diesen Worten? Der Faschismus hat Europa und gar die ganze Welt in einen Trümmerhaufen verwandelt, Millionen kamen ums Leben, noch heute sind die Folgen zu spüren. Die Rechten in Israel verbreiten im Namen des Zionismus seit 50 (sind es nicht 65?) Jahren Terror. Dabei geht es ihnen nicht nur um die Existenz des Staates Israel. Genau gesehen ist diese Politik nichts anderes als Rassismus." Diesen Kommentar schrieb die Zeitung YENI SAFAK aus Istanbul, es war die einzige vernünftige und wahrheitsgemäße Analyse der Worte von Premier Erdogan.
 
In fast allen deutschen Medien konnte ich nur Hasstiraden gegen Erdogan lesen. Auch die UNO, Ban Ki Moon, US-Außenminister Kerry verurteilten dessen Äußerungen scharf. Vergessen wir auch nicht die in meinen Augen falsche Darstellung der Patriot- Abwehrraketen mit 300 deutschen Soldaten auf türkischen Boden. Sie sind dort einzig und allein wegen eines wahrscheinlich bevorstehenden israelischen Angriffes auf den Iran stationiert, nicht wegen Angriffen aus Syrien! Äußerungen von Außenminister Westerwelle über Premier Erdogan waren besonders entlarvend, er bezeichnete sie als "verletzend und nicht akzeptabel". Weiter erklärte er: "Der Anspruch und das Recht Israels auf einen eigenen Staat in sicheren Grenzen sind eine Selbstverständlichkeit und dürfen weder durch Handlungen noch in Reden in Frage gestellt werden." Da frage ich mich natürlich, was bedeuten diese Sätze eines deutschen Außenministers? Israel ist ein Staat ohne Grenzen, einmalig, eben zionistisch, immer zum Landrauben und Siedeln bereit, oder?
 
Israel könnte schon längst ein Staat in "sicheren" Grenzen" sein und in Frieden mit seinen Nachbarn leben, aber das ist eben nicht das Ziel der Zionisten und des zionistischen jüdischen Staates - hierzu empfehle ich IMMER WIEDER das Buch von Ilan Pappe, "Die ethnische Säuberung Palästinas", denn dort findet man alle Erklärungen zu dieser Thematik. Was ist denn an einem zionistischen Staat anders, wenn er Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, gegen das Völkerrecht verstößt, siedelt, Masseninhaftierungen und Administrativhaft vornimmt, foltert und gezielt mordet, Gaza blockiert und mit Drohnen überwacht, oder angreift, oder Schikanen an Checkpoints, eine Apartheidmauer quer durch geraubte, besetzte palästinensische Gebiete führt, Straßen und Busse nur für Siedler, abgetrennt von den palästinensischen Menschen "dritter Klasse", die israelischen Palästinenser sind Menschen "zweiter Klasse", um nur ein paar Beispiele zu nennen? Sind der Schin Bet und der Mossad nicht auch zu vergleichen mit den bekannten Methoden faschistischer Regime? Wo gab es getrennte Busse nur für Weiße? Im damaligen mit Israel befreundeten Südafrika. Wo gab es Bänke, die nur für Juden verboten waren, im faschistischen Tausendjährigen Reich, das glücklicherweise nur 12 Jahre dauerte.
 
Auch wehre ich mich gegen die Falschdarstellung und Missachtung deutscher Leser und Hörer. Die Worte von Erdogan wurden bestimmt nicht nur in der arabischen Welt mit großer Zustimmung aufgenommen, sondern natürlich auch in Deutschland und anderswo in Europa! Darum danke ich Erdogan für diese klaren Worte, die keinesfalls antisemitisch sind, genau so wenig wie wir Bürger, die seinen Aussagen zustimmen. Deshalb möchte ich auch noch auf das besonders lesenswerte Buch "Die Araber und der Holocaust" von Gilbert Achcar hinweisen und auf "Zionismus und Faschismus" von Lenni Brenner, beide Bücher sind sehr aufschlussreich zu diesem Thema. Vorne dran in der Presse, die sich so einhellig gegen Erdogan gestellt hatte, natürlich die aus dem Springer-Verlag, wo auch Michel Friedman ("Paolo Pinkel") einen schlimmen Artikel in der Welt schreiben durfte, der Erdogan mit Ahmadineschad verglich. Übrigens hatte Friedman noch einen Auftritt, nämlich in Hamburg auf einer Diskussion über jüdische Identität. Teilnehmer/Innen waren auch der Hamburger Landesrabbiner Chabad Lubawitscher und zwei Österreicherinnen - Julya Rabinowich, einst in der Sowjetunion, und Isolde Chorin - unter der Moderation von Sonja Lahnstein-Kandel, die "aggressiven, undifferenzierten Antiisraelismus", anstatt "grobschlächtigen nicht mehr salonfähigen Antisemitismus" feststellte. Was für eine Moderation!
 
Da war sie wieder die Vermischung der Begriffe, um Israelkritik unmöglich zu machen und Israelkritiker zum Schweigen zu bringen! Titel der Veranstaltung, "Jüdische Identität in Europa - zwischen Anpassung und Selbstfindung". Ich möchte speziell nochmal auf Michel Friedman eingehen, der nämlich nicht sehr gut informiert zu sein scheint, wenn er deutsche Zeitungen angreift und kritisiert, dass dort von "jüdischen Siedlungen", anstatt von "israelischen Siedlungen" gesprochen wird, oder vom "jüdischen Staat", anstatt vom "israelischen Staat". Soviel ich weiß, verlangt Israel, als jüdischer Staat anerkannt zu werden, auch und sogar als Bedingung bei "Friedensverhandlungen, ohne Vorbedingungen". Also ist es der jüdische Staat und sind es jüdische Siedler aus Samaria und Judäa. Friedman als Ex- Zentralrats-Vize sollte diese Tatsachen eigentlich besser kennen, oder?
 
Und noch etwas: Wieder einmal erlebtenwir auf der am vergangenen Wochenende stattfindenden alljährlich wiederkehrende Konferenz der größten und mächtigsten US-jüdischen Lobby-Organisation, außerhalb von Israel, der AIPAC, ein Anbiedern diverser Politiker an die Delegierten. Ich beschrieb ja schon einmal das sogenannte "Abklatschen" der Politiker auf ihre Haltung gegenüber Israel. Diesmal dabei die sogenannten "Ehrenwerten" US-Vize Joe Biden, noch-Israel-Kriegsminister Ehud Barak, Premier Netanjahu, per Satellit zugeschaltet, der kanadische Außenminister Baird und hunderte andere "wichtige" Gäste. Alle wurden dieses Jahr auf das Hauptthema eingeschworen, die USA zu bewegen, gemeinsam mit Israel gegen den Iran Krieg zu führen! Es schaudert einem, wenn man sieht, wie ein Land von der Größe Hessens sich erdreistet, zusammen mit den USA Weltpolizei zu spielen und keine anderen "Atomwaffen-Götter" neben sich zu dulden. Das ist genauso verwerflich wie der vermeintliche Anspruch und die Forderung - und da haben wir es wieder - als jüdischer Staat für alle Juden in der Welt zu sprechen!

Auch interessant: Auf dieser AIPAC Konferenz - 10 Jahre nach dem Tod der Menschenrechtlerin Rachel Corrie, umgebracht durch einen Caterpillar-Bulldozzer, gefahren von einem israelischen Fahrer - war der Direktor für Regierungsangelegenheiten von Caterpillar, Bill Lane, einer der Ehrengäste der AIPAC-Konferenz am 16. März 2013. Gerade Caterpillar, als Hersteller dieses Bulldozers ist eine der mächtigsten Firmen in den USA, die in Israel eine wichtige Rolle spielt. Was für ein Signal der tiefen Partnerschaft zwischen den USA und den israelischen Partnern im Geist und an den Waffen!
 
Es ist an der Zeit, dass es ALLEN israelischen Staatsbürgern ermöglicht wird, Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einzureichen. Z.B. gegen die stattliche Willkür, wie Besatzung, Administrativhaft und viele andere Schikane! undWäre das nicht die logische Konsequenz der diversen Assoziationsabkommen auf allen Gebieten, nur bis dato nicht auf juristischer Ebene - warum wohl?
   
Besatzung ist der Inbegriff von Gewalt, und Gewalt erzeugt Gegengewalt!
 
Boykott, Divestment, Sanktionen gegen das Regime Israel, den zionistischen Staat Israel, das einzige wirksame Druckmittel gegen dieses Besatzer Regime, das uns bleibt! (PK)
 
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Autorin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Mann Benjamin Hecht lebt.
2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis, Euro 17,89 .
 
 
http://www.inminds.com/boycott-settlements.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Boycott,_Divestment_and_Sanctions
http://www.aipac.org/en/pc
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17250&css=print
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18202
http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/ausland/darf-made-in-israel-auf-siedlerprodukten-stehen--69583353.html
http://www.berliner-zeitung.de/politik/umstrittener-handel-eu-macht-millionen-geschaefte-mit-siedlern,10808018,20752684.html
http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/idf-courts-in-west-bank-cancel-just-2-6-of-palestinian-administrative-detention-orders.premium-1.507176
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/diskussion-ueber-juedische-identitaet-sehr-heimisch-und-fremd-a-886632.html
http://www.guardian.co.uk/world/2013/mar/03/palestinian-hunger-striker-uk-israel-sanctions?INTCMP=SRCH
http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4351913,00.html
http://www.haaretz.com/opinion/aipac-and-american-jews-be-proud-of-jewish-power.premium-1.507134
http://derstandard.at/1362107268790/Eigene-Busse-fuer-palaestinensische-Arbeiter-im-Westjordanland
http://www.haaretz.com/opinion/on-the-bus-to-israeli-apartheid.premium-1.507171
http://english.al-akhbar.com/content/practical-steps-boycott-israel
 
 


Online-Flyer Nr. 396  vom 06.03.2013

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