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Globales
Verschärfung des Asylrechts und Rekorde bei Kriegsmaterialexporten
Todesstoss für die humanitäre Schweiz
Von Heinrich Frei

Seit zwanzig Jahren wurde in der Schweiz die Asylgesetzgebung laufend verschärft, sie wurde immer unmenschlicher. Mit den neuen Bestimmungen werden sogar Kriegsdienstverweigerer nicht mehr automatisch als Flüchtlinge anerkannt. Die neuen Bestimmungen, die jetzt schon in Kraft gesetzt wurden, könnten erst nach Annahme eines Referendums gegen die Revision des Asylgesetzes wieder abgeschafft werden. Die Referendumsfrist endet am 17. Januar 2013. Die notwendige Zahl von 50.000 Unterschriften für das Referendum wurde bereits erreicht. Eine Verschärfung des Asylrechts und die Kriegsmaterialexporte würden einen Todesstoss nicht nur für die "neutrale und humanitäre" Schweiz, sondern auch für unsere Vorfahren Niklaus von der Flüh, Heinrich Pestalozzi, Henry Dunant und Pierre Cérésole bedeuten.
 

Niklaus von der Flüh, 1417- 1487. Er gilt als
Schutzpatron der Schweiz
Bilder: Wikipedia und SCI
Für die Schweizerische Volkspartei, die SVP, geht die neue Asylgesetzgebung, die jetzt in Kraft getreten ist, immer noch zu wenig weit. Deshalb hat diese Partei, die ihre üble Suppe mit der Fremdenfeindlichkeit kocht, neue Vorstöße zu einem noch restriktiveren Asylrecht in Aussicht gestellt.
 
Der Schriftsteller Lukas Bärfuss schrieb am 15. Juni 2012 im Zürcher Tagesanzeiger: „Die Revision (des Asylrechtes) ist eine Schande für jeden Menschen in diesem Land, der einen Rest dessen in sich verspürt, was man früher Gewissen, Vorstellungskraft und Mitgefühl nannte.“
 
Genfer UNO-Flüchtlingskonvention:

Gemäss der Genfer UNO-Flüchtlingskonvention muss die Schweiz auch in Zukunft alle Menschen aufnehmen, die in ihren Heimatländern schwere Verfolgungen riskieren, aus politischen oder religiösen Gründen. Dazu gehören auch Bürger, die sich weigern, für irgendeinen Machthaber in den Krieg zu ziehen oder die aus einer Armee desertieren. - Als eine der letzten Demokratien hatte die Schweiz erst im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts einen zivilen Ersatzdienst für Militärverweigerer eingeführt. Vorher wurden Verweigerer zu Gefängnisstrafen verurteilt.
 

Johann Heinrich Pestalozzi, 1746 -1827,
Schweizer Pädagoge
Nur wenigen Flüchtlingen gelingt die Flucht in die Festung Europa
 
Nur den wenigsten Flüchtlingen gelingt die Flucht in die Festung Europa. Europa schottet sich heute ab, wie vor und während dem Zweiten Weltkrieg die USA, die Schweiz und andere Staaten, die damals viele politische Flüchtlinge, Zigeuner und Juden aus Hitler-Deutschland abgewiesen haben. In der wohlhabenden Europäischen Union wurden im Jahr 2011 302.000 Anträge auf Asyl gestellt, laut Jahresbericht der EU-Kommission. Fast genauso so viele Menschen – insgesamt 343.000 Personen wurden laut diesem Bericht an den Außengrenzen der EU abgewehrt. In Kenia, einem Land das sehr arm ist, leben heute allein im Lager Dadaab eine halbe Millionen Somalier, zum Teil seit zwanzig Jahren. Pakistan beherbergt zwei Millionen Flüchtlinge, der Iran rund eine Million. Derzeit befinden sich weltweit fast 44 Millionen Menschen auf der Flucht. 
 
Kriegsmaterialexporte heizen Kriege an, Kriege schaffen Flüchtlinge
 
Ein Grund warum so viele Menschen flüchten sind Kriege, Kriege die auch mit Schweizer Rüstungslieferungen angeheizt werden. Solche Exporte befürworten die bürgerlichen Parteien, auch die SVP, obwohl der grösste Teil dieser Kriegsmaterialexporte nach Gesetzen und Verordnungen unseres Landes verboten wäre. – Von Asylbewerbern wird hingegen verlangt, sich an Gesetze zu halten, aber um das Kriegsmaterialgesetz und die Kriegsmaterialverordnung foutieren sich die meisten Politiker, diese Bestimmungen kümmern sie nicht. Auch für die Medien ist die krasse Verletzung dieser Gesetze und Verordnungen kein Thema. - Ländern die Menschenrechte verletzen, und Nato-Staaten die immer wieder Kriege führen, und Regime die foltern, wie die Golfdiktaturen Saudi-Arabien, Katar, Bahrain und die Emirate, dürften nicht mit Waffen aus der Schweiz beliefert werden.
 

Henry Dunant, 1828 - 1910. Gründer
des Internationalen Komitee vom
Roten Kreuz (IKRK)
SVP-Politiker, christliche und freisinnige Politiker ignorieren den Rechtsstaat, wenn es um das Geschäft mit dem Krieg geht. Indem SVP-Politiker, christliche und freisinnige Politiker Kriegsmaterial-exporte an menschenrechtsver-letzende Staaten befürworten, sogar an ständig Krieg führende Nato Staaten, zeigen die SVP und die anderen bürgerlichen Parteien, dass sie nicht viel halten von der Neutralität und vom Rechtsstaat. Laut der Verordnung über den Export von Kriegsmaterial ist es nämlich verboten an Staaten, die „in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind“ oder welche „die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen“, Kriegsmaterial zu liefern. Die Statistik der Kriegsmaterialexporte 2011 zeigte erneut, dass Nato-Staaten, die im letzten Jahr in Afghanistan und in Libyen Krieg führten, aber auch Pakistan, Indien und Saudi-Arabien weiterhin von unserem Land mit Waffen beliefert wurden. Diesen Staaten wurden sogar Waffen von den subventionierten bundeseigenen Rüstungsbetrieben RUAG aus ihren Todesfabriken in der Schweiz und im Ausland verkauft. „Der Bundesrat hat wiederum seine eigene Gesetzgebung missachtet, indem er den Begriff des bewaffneten Konfliktes nach Gutdünken interpretiert“, wie 70 Rechtsgelehrte schon vor drei Jahren in einem offenen Brief an Bundesrätin Doris Leuthard festhielten: „Der Bundesrat hat den Begriff des bewaffneten Krieges umdefiniert, um in mehr Länder exportieren zu können“, wie Prof. Marco Sassòli der Universität Genf und die anderen Rechtsgelehrten damals schrieben. - Im Zusammenhang mit dem Steuerkonflikt mit den USA will Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf den Rechtsstaat verteidigen. Warum nicht im Falle der Kriegsmaterialexporte?
 

Pierre Cérésole, 1879 – 1945, Ingenieur,
Gründer des Service Civil International (SCI)
Geheim: Die Exporte der Rüstungsbetriebe RUAG
 
Von der Kriegsmaterialstatistik der Schweiz nicht erfasst werden Geschäfte des bundeseigenen, subventionierten Rüstungskonzerns RUAG, die vom Ausland aus getätigt werden. Diese Geschäfte sind geheim. Dieser Konzern, im Besitze des Schweizer Volkes, produziert auch im Ausland. Die mittlerweile international tätige RUAG besitzt Produktionsstätten in Deutschland (Oberpfaffenhofen, Hamburg, Berlin, Sulzbach-Rosenberg und Fürth), Schweden (Åmotfors, Linköping und Göteborg), Ungarn (Sirok), Österreich (Wien und Berndorf) und in den Vereinigten Staaten (Los Angeles und Tampa). RUAG- Verkaufsgesellschaften gibt es in weiteren Ländern, so in Belgien, Brasilien, Frankreich, England, Österreich, Malaysia. 48 Prozent des Umsatzes erzielte die RUAG auf dem zivilen Sektor und 52 Prozent auf dem militärischen.
 
Gemäss den vom Internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI veröffentlichten Zahlen war die Schweiz im Jahr 2011 das Land, welches nach Schweden, Israel und Russland weltweit am viertmeisten Kriegsmaterial pro Einwohner exportierte.(PK)
 
 


Online-Flyer Nr. 387  vom 02.01.2013

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