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Wirtschaft und Umwelt
Forderung an die Bundesregierung: Energiewende jetzt erfolgreich umsetzen!
„Ziele erreichen statt Ziele aufweichen“
Von Peter Kleinert
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Deutsche Energieeffizienz-Initiative (DENEFF) haben am 8. August die Bundesregierung aufgefordert, die Energiewende entschlossen umzusetzen. „Ziele erreichen statt Ziele aufweichen“ sollte das Motto der nächsten Monate werden.
Dieses Sofortprogramm zeige, wie Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Umweltminister Peter Altmaier die Energiewende in den nächsten Monaten konkret voranbringen könnten.
Online-Flyer Nr. 368 vom 22.08.2012
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Wirtschaft und Umwelt
Forderung an die Bundesregierung: Energiewende jetzt erfolgreich umsetzen!
„Ziele erreichen statt Ziele aufweichen“
Von Peter Kleinert
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Deutsche Energieeffizienz-Initiative (DENEFF) haben am 8. August die Bundesregierung aufgefordert, die Energiewende entschlossen umzusetzen. „Ziele erreichen statt Ziele aufweichen“ sollte das Motto der nächsten Monate werden.
Alter Stromkasten mit der Aufschrift "Helft Strom sparen"
Quelle: http://www.bund.net
Nach Meinung der drei Verbände werden die Energiepreise „in den nächsten Jahren tendenziell weiter steigen". Grund dafür seien „eine steigende weltweite Nachfrage auf der einen und ein sinkendes Angebot an leicht und kostengünstig erschließbaren fossilen Energieträgern auf der anderen Seite". Die Energiewende biete die Chance, durch eine „konsistente Energiepolitik eine effektive und dauerhafte Kostenbremse für Verbraucher und Industrie in diesem Sektor zu schaffen".
Beim Umbau des Energiesystems hin zu Erneuerbaren Energien müsse die Energieeffizienz eine hohe Priorität genießen, denn: „Im Stromsektor können schnell umsetzbare Effizienzmaßnahmen dazu beitragen, den Kapazitätsbedarf zu verringern und so Ausbaukosten senken. Im Wärmesektor können Effizienzmaßnahmen mittel- bis langfristig den Bedarf an fossilen Energieträgern erheblich reduzieren." Und im Verkehrssektor gebe es ebenfalls noch große Effizienzpotenziale. Insbesondere im Schwerlast- und Luftverkehr steige der Energieverbrauch derzeit immer noch an.
Auf Basis eines sinkenden Energieverbrauchs könne es gelingen, schneller und günstiger eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien zu erreichen. Damit könne die Abhängigkeit von teuren und klimaschädlichen Energieimporten minimiert werden. Gleichzeitig würden die Energiekosten für alle Energieverbraucher wirkungsvoll gedämpft. „Die Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren müssen dabei fair verteilt werden."
Dreh- und Angelpunkte der Energiewende:
- Eine verbindliche Effizienzpolitik für 2020 und darüber hinaus
- Weiterer verlässlicher Ausbau der Erneuerbaren Energien
- Fortschritte bei der energetischen Gebäudesanierung und der Verbreitung effizienter Produkte
- Schaffung stabiler und haushaltsunabhängiger Anreizsysteme für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien sowie Beseitigung von Barrieren für Energiedienstleistungen
- Ein Boom für effizient genutzte Erneuerbare Wärme in Neubau und Bestand
Dieses Sofortprogramm zeige, wie Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Umweltminister Peter Altmaier die Energiewende in den nächsten Monaten konkret voranbringen könnten.
Notwendig dafür seien „verbindliche Ziele und Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs". Denn: „Energieeinsparungen machen die Energiewende schneller, einfacher und kostengünstiger. Vor allem können sie einen teuren und teilweise klimapolitisch kontraproduktiven Ausbau von Erzeugungskapazitäten in großem Umfang vermeiden. Daher müssen auch aus volkswirtschaftlicher Sicht Energieeffizienzsteigerungen schnell, systematisch und zielorientiert vorangetrieben werden. Aktuell klafft jedoch bei der Durchsetzung von mehr Energieeffizienz in Deutschland eine Lücke von 12 %, um das unverbindliche Primärenergieeinsparziel in Höhe von 20 % bis 2020 erreichen zu können.
Übergeordnete Rahmenbedingungen für mehr Effizienz schaffen:
• Die Bundesregierung muss eine wirksame und schnelle Umsetzung der europäischen Effizienzrichtlinie auf den Weg bringen. Es muss die Chance genutzt werden, neue Maßnahmen zu etablieren, die tatsächlich zur Senkung des Energieverbrauchs führen. Zentral ist dabei die Benennung von Verantwortlichkeiten für die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen und eine damit verbundene Schaffung eines haushaltsetatunabhängigen Anreizmechanismus für Strom und Wärmeeffizienz (z.B. Energieeffizienzfonds).
• Zur Erreichung der Ziele des Energiekonzeptes ist eine sehr ambitionierte
Qualifizierungsoffensive in allen Sektoren und Ausbildungszweigen notwendig.
• Die Entwicklung eines funktionierenden Energiedienstleistungsmarktes darf in der Novelle des Mietrechts, des Energie- und Stromsteuerrechts und auch in öffentlichen Vergaberichtlinien nicht behindert, sondern muss befördert werden.
Schnell Stromeffizienzpotenziale erschließen:
• Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass EU-Energiekommissar Günther Oettinger ein dynamisches und europäisches Top-Runner-Programm umsetzt. Damit werden effiziente Spitzengeräte von heute zu Standardprodukten von morgen gemacht.
• Auch Deutschland kann eigene Top-Runner-Maßnahmen realisieren. Der BUND hat dazu ein 7-Punkte-Programm mit sofort umsetzbaren Maßnahmen vorgelegt, darunter eine Kühlschrank-Austauschprämie und die Erhöhung von Stromsparschecks (von derzeit 100 Euro auf zeitnah 1000 Euro) für Haushalte mit geringem Einkommen sowie deren Ausdehnung auf alle Kommunen bis 2015.
• Auch stromintensive Unternehmen können einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende leisten. Ökosteuerausnahmen müssen daher an tatsächliche Effizienzfortschritte geknüpft werden.
• Die Erschließung schnell umsetzbarer Einsparpotenziale (wie Antriebe, Beleuchtung und andere "Dauerläufer“) sollte bei der Planung des künftigen Energiesystems hohe Priorität haben.
Zuverlässige Anreize für mehr Gebäudeeffizienz schaffen:
• Für die energetische Gebäudesanierung muss dringend ein langfristiger und verbindlicher Sanierungsfahrplan vorgelegt werden.
• Die steuerliche Förderung von energetischen Wohngebäudemodernisierungen muss endlich beschlossen werden.
• Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm muss in den nächsten Haushaltsverhandlungen wieder auf jährlich mindestens 2 Mrd. Euro aufgestockt werden und zuverlässig zur Verfügung stehen.
• Die anstehende Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV) muss ein klar verständliches und ambitioniertes Ziel haben: Ab 2015 müssen alle Neubauten Passivhäuser sein und bei Bestandsgebäuden muss geregelt sein, wie sämtliche wirtschaftlichen Einsparpotenziale mobilisiert werden können.
Vorschläge von BUND und BEE für Fortschritte bei Erneuerbaren Energien
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich funktioniert noch sehr erfolgreich. Politische Blockaden in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern wurden aufgehoben, viele Bundesländer setzen sich ambitionierte Ausbauziele. Im ersten Halbjahr haben die Erneuerbaren Energien bereits einen Anteil von über 25 % am Stromverbrauch erreicht. Die aktuellen Diskussionen von Teilen der Bundesregierung über vermeintlich explodierende Strompreise und die Betonung der Schwierigkeiten beim Umbau der Energieversorgung stellen den weiteren Erfolg der Energiewende allerdings infrage. Unternehmen und Bürger sind verunsichert bezüglich der zukünftigen Rahmenbedingungen, ihre hohe Investitionsbereitschaft wird auf eine harte Probe gestellt. Mit dieser Politik des Zerredens muss sofort Schluss sein. Es gilt vielmehr, das Vertrauen in den Willen der Regierung zur Energiewende wieder herzustellen und den Umbau der Energieversorgung mitkonkreten Schritten weiterzuführen.
• Die Investitionssicherheit für neue Regenerativ-Kraftwerke muss erhalten werden. Daher darf es keine übereilte EEG-Novelle geben. In der laufenden Legislaturperiode wurde das EEG 2009 zum Jahresbeginn umfassend novelliert. Zusätzlich gab es zwei weitere Novellen, die vor allem die Fotovoltaik im Fokus hatten und jedes Mal erhebliche Unsicherheit bei Investoren und Unternehmen auslösten. Eine weitere übereilte Novelle des EEG lehnen die Verbände ab. Vielmehr muss die letzte grundlegende Novelle zunächst ihre Wirkung entfalten können.
• Alle Vorschläge, das erfolgreiche EEG zu beschränken, zu deckeln oder den Ausbau der Erneuerbaren an Fortschritte beim Netzausbau zu koppeln, zielen darauf ab, die Energiewende zu bremsen. Für die Planungs- und Investitionssicherheit sind der Einspeisevorrang für Strom aus Erneuerbaren Energien sowie feste Vergütungssätze als Kerne des EEG essenziell. Weitere Kostensenkungspotenziale im Bereich der Erneuerbaren können nur bei diesen verlässlichen Rahmenbedingungen gehoben werden.
• Um unnötige Kosten für Ausgleichsenergie und Netzausbau zu vermeiden, müssen die Regelenergiemärkte für die Erneuerbaren Energien weiter geöffnet werden. Dafür sollten bspw. kleinere Losgrößen, kürzere Fristen und ein Intra-Day-Markt geschaffen werden, um so genannte „Must-run“-Kapazitäten konventioneller Kraftwerke zu reduzieren. Zudem müssen Biogas-BHKW und Biomassekraftwerke zur Primärregelung zugelassen werden (Vorbild Dänemark).
• Um die wetterabhängige Stromproduktion aus Wind- und Solarenergie auszugleichen, sollte die bedarfsgerechte Einspeisung von regelbaren Erneuerbaren ebenso wie verstärktes Lastmanagement angereizt werden. Der Einsatz von Bioenergie, Geothermie und in begrenztem Umfang auch der Wasserkraft ist regelbar und kann daher an die aktuelle Situation von Stromangebot und -nachfrage angepasst werden. Mit dem so genannten Kombikraftwerksbonus liegt dazu seit Jahren ein umfassender Vorschlag vor, der durch entsprechende Anreize beim Lastmanagement auf Verbraucherseite sinnvoll ergänzt werden kann.
• Eine ruhige und intensive Debatte über das künftige Energiemarktdesign muss jetzt aufgenommen werden. Der aktuelle "Energy-only-market“ gewährleistet weder für bestehende Gas- undnSteinkohlekraftwerke einen wirtschaftlichen Betrieb noch bietet er eine ausreichende Basis für Investitionen in neue, hochflexible Gaskraftwerke. Eine vermeintliche Integration der Erneuerbaren in diesen Markt würde dieses Problem nicht lösen, sondern es auch noch auf die Erneuerbaren Energien ausdehnen. Statt Diskussionen über eine Abschaffung des EEG oder die Einführung eines Quotenmodells sind neue Ansätze für ein adäquates Marktdesign gefragt, das Erneuerbare und verbleibende konventionelle Kraftwerke zusammenbringt und langfristige Investitionen erlaubt. Die (schrittweise) Einführung neuer Marktregeln bietet sich mit der nächsten regulären EEG-Novelle 2015/2016 an.
Ausbau Erneuerbarer Energien gerecht finanzieren:
Der Strompreis für die Haushaltskunden steigt. Angeblich soll daran die Energiewende daran schuld sein. Ein Blick auf die Preisentwicklung der letzten Jahre zeigt aber, dass dem nicht so ist. Seit 2002 sind die Verbraucherpreise um 10 Cent/kWh angestiegen. Die EEG-Umlage, aus der der Ausbau der Erneuerbaren Energien finanziert wird, hat sich in der Zeit aber nur um 3 Cent/kWh erhöht. Mehr als zwei Drittel der Preiserhöhungen hatten also nichts mit den Erneuerbaren Energien zu tun. Nun hat die Bundesregierung allerdings weite Teile der Industrie von der EEG-Umlage ausgenommen. Nach Angaben der Bundesnetzagentur verbrauchen einige wenige Hundert Firmen rund 18 Prozent des deutschen Stroms, sie zahlen aber nur 0,3 Prozent der Umlage für Erneuerbare Energien. Dadurch steigen die Beiträge für alle anderen, vor allem für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen.
Neben den Schlupflöchern im EEG gibt es eine entsprechende Ausnahmeregelung für die Industrie auch bei den Netzentgelten. Hinzu kommt, dass die Erneuerbaren Energien den Preis an der Strombörse senken. Dieser positive Effekt wird bisher aber nicht an die Verbraucher weitergegeben. Es profitieren u.a. Industriebetriebe, die teilweise ihren Strom direkt an der Börse einkaufen. Die Energiewende kann aber nur gelingen, wenn sich alle an den notwendigen Investitionen beteiligen und nicht die einen für die anderen mitzahlen.
• Die Kosten für die Energiewende müssen gerechter verteilt werden. Die Bundesregierung muss deshalb Ausnahmen von der EEG-Umlage auf diejenigen Unternehmen beschränken, die tatsächlich und nachweislich in einem harten internationalen Wettbewerb stehen.
• Die Bundesregierung muss die Berechnungsgrundlage für die EEG-Umlage an die positiven Preiseffekte der Erneuerbaren Energien anpassen. Denn durch das Angebot von regenerativ erzeugtem Strom sinken die Großhandelspreise an der Strombörse und bewirken so Entlastungen um ca. 2,5 Mrd. Euro jährlich (Merit-Order-Effekt). Gleichzeitig erhöht dieser Effekt die EEG-Umlage. Das ist paradox. Der sog. Ausgleichsmechanismus muss daher so geändert werden, dass er nur die Mehrkosten für Erneuerbare Energien abzüglich der preissenkenden Effekte umfasst. Änderungen am Ausgleichsmechanismus können auf dem Verordnungswege erfolgen und bedürfen keiner grundsätzlichen EEG-Novelle.
Boom für Erneuerbare Wärme auslösen:
Besonderen Nachholbedarf bei der Energiewende gibt es im Wärmemarkt, der in der politischen Debatte derzeit sträflich vernachlässigt wird. Dabei ist neben einer wirksamen Effizienzsteigerung die Umstellung der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien essenziell für das Gelingen der Energiewende. Die Verzögerung von dringend notwendigen politischen Entscheidungen muss deshalb beendet und durch eine offensive Mobilisierung der Potenziale für Erneuerbare Energien im Wärmemarkt ersetzt werden. Hierbei sollte auf eine optimale Balance aus Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien geachtetwerden.
• Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zu Steuererleichterungen für energetische Sanierungen müssen jetzt endlich zum Erfolg geführt werden. Dabei muss im Ergebnis auch die Wärmeversorgung durch Erneuerbare Energien angemessen berücksichtigt werden.
• Der Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz befindet sich mit monatelanger Verzögerung in der Ressortabstimmung. Auf dieser Grundlage muss zügig eine ambitionierte Novelle des Gesetzes auf den Weg gebracht werden. Ziel der Neufassung muss es sein, bei Neubauten und vor allem auch im Gebäudebestand einen Boom für Erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung auszulösen.
• Um endlich verlässliche Rahmenbedingungen für Hausbesitzer, Hersteller und Installateure zu schaffen, muss im Zuge der Gesetzesnovelle eine haushaltsunabhängige Wärmeprämie eingeführt werden. Damit kann die Anschubfinanzierung für regenerative Heizungsanlagen über einen geringen Aufschlag auf Öl und Gas (max. 0,2 Cent/kWh) finanziert werden. (PK)
Ansprechpartner für Fragen zu diesem Thema:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Thorben Becker, Leiter Energiepolitik
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Fon: + 49 30 275 86-421
e-mail: thorben.becker@bund.net
Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE)
Harald Uphoff, Geschäftsführer
Reinhardtstr. 18
10117 Berlin
Fon: 030 / 275 81 70 - 0
e-mail: harald.uphoff@bee-ev.de
Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF)
Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand
Kirchstr. 21, 10557 Berlin
Fon: 030 / 36 40 97 02
Mobil: 0179 1/ 49 5764
e-mail: christian.noll@deneff.org
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