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Globales
Südamerika kritisiert Absetzung des linksgerichteten Präsidenten Fernando Lugo
Venezuela kündigt Konsequenzen an
Von Harald Neuber

Der ehemalige Vizepräsident Paraguays, Federico Franco, hat im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den linksgerichteten Staatschef Fernando Lugo die politische Führung des südamerikanischen Landes übernommen. Kurz zuvor hatte Lugo die von Kongress erzwungene Entlassung aus seinem Amt wegen "schlechter Regierungsführung" offenbar akzeptiert. Die Amtsübergabe sei "auf Basis breiter Akzeptanz" abgewickelt und nur durch die Unterstützung aller Beteiligten möglich gewesen, sagte Franco in einer kurzen Ansprache nach der Übernahme des höchsten Staatsamtes. 

Der 49jährige Mediziner Franco erklärte zugleich, er wolle die demokratischen Institutionen des Landes strikt respektieren und nicht "aus Rachsucht" handeln. Franco übernahm das Amt nur einen Tag nachdem das Abgeordnetenhaus die Amtsenthebung Lugos beantragt hatte. Dieses Verfahren wurde eingeleitet, nachdem sechs Tage zuvor bei einer Auseinandersetzung zwischen Landbesetzern und der Polizei 17 Menschen auf beiden Seiten ums Leben gekommen waren. Zu dem Konflikt kam es bei dem Versuch der bewaffneten Kräfte, ein privat bewirtschaftetes Waldgebiet in der Region Curuguaty gewaltsam zu räumen. 

Während sich die neue Führung in Paraguay als demokratische Nachfolge der Lugo-Regierung inszeniert, traf die Machtübernahme in Südamerika weitgehend auf Ablehnung und sogar offene Kritik. So verkündete Ecuadors Regierung umgehend, die neue Führung in Paraguay nicht anerkennen zu wollen. Man werde mit keiner Regierung die Kontakte aufrechterhalten, die nicht unter der Führung des letzten demokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugo steht, verkündete der Sprecher des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa, Fernando Alverado über den Micobloggingdienst Twitter. Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro sagte indes, dass die Geschehnisse in Paraguay "Konsequenzen" für das Land haben werden. Die eilige Ablösung Lugos könnte eine "neue Art eines Staatsstreiches" darstellen, fügte der Politiker der regierenden Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas an. 

Wie die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina meldet, wird Ecuador unter Rückgriff auf die Demokratieklausel der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) rasche und "energische Sanktionen" gegen Paraguay beantragen. Die Bedeutung der Ereignisse in Paraguay gingen über dieses Land hinaus, sie beträfen die demokratische Ordnung im gesamten südamerikanischen Raum, zitiert Prensa Latina aus einer Fernsehansprache Correas. 

Der 1962 geborene Federico Franco gehört der "Radikalen Authentischen Liberalen Partei" (PLRA) Paraguays an. Die PLRA gehörte bis vor wenigen Tagen zu den Hauptpartnern der Regierung Lugo, bis der Vorsitzende der Gruppierung, Blas Llano, dem Staatschef überraschend die Unterstützung entzog. Franco wird dem rechten Flügel der Gruppierung zugerechnet. Er wandte sich unter anderem entschieden gegen die Aufnahme des sozialistisch regierten Venezuelas in den südamerikanischen Wirtschaftsverband Mercosur. 

Biographische Ergänzung der NRhZ-Redaktion:

Fernando Lugo, geboren 1951, sieht seine Wurzeln in der Befreiungstheologie und gilt als Anwalt der Unterprivilegierten und Entrechteten, wie man bei wikipedia lesen kann. Aus diesem Grund wird er gelegentlich – nicht zuletzt von seinen politischen Gegnern – mit den linken Staatspräsidenten Hugo Chávez und Evo Morales verglichen. Er arbeitete zunächst als Volksschullehrer. Nach einem Theologiestudium an der Universidad Católica in Asunción wurde er 1977 zum Priester geweiht, ging danach für fünf Jahre nach Ecuador, wo er als Landpfarrer und Lehrer in Guaranda wirkte und mit Leonidas Proaño zusammenarbeitete, der als "Bischof der Armen“ bekannt wurde. Nach seiner Rückkehr nach Paraguay verwies ihn die Stroessner-Diktatur 1983 aus dem Land. Bis zu seiner Rückkehr 1987 lebte Lugo im Exil in Rom, 1994 wurde er Bischof von San Pedro, der ärmsten und konfliktreichsten Region Paraguays. 

2008 genehmigte Papst Benedikt XVI. den Wunsch Lugos nach Laisierung und versetzte erstmals in der Kirchengeschichte einen Bischof in den Laienstand. Die „Patriotische Allianz für den Wandel“ (Alianza Patriótica para el Cambio, APC), ein breites Bündnis aus neun Parteien sowie Gewerkschaften und Bauernbewegungen, bestimmte Lugo vor der Präsidentenwahl am 20. April 2008 zu ihrem Kandidaten. Diese Wahl entschied Lugo mit 40,8 Prozent der Stimmen für sich und gewann so gegen die ehemalige Bildungsministerin Blanca Ovelar, Kandidatin der seit 61 Jahren regierenden Colorado-Partei, mit zehn Prozentpunkten Vorsprung. Er wurde am 15. August 2008 als Staatspräsident vereidigt. (PK)

 
Den ersten Teil dieses aktuellen Artikels haben wir von dem Portal amerika21.de übernommen.
Mehr Informationen in der nächsten NRhZ-.Ausgabe am Mittwoch


Online-Flyer Nr. 359  vom 22.06.2012

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