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Aktueller Online-Flyer vom 27. April 2024  

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Globales
Israels Geheimdienst Shabak verhaftet Soldatin und verfolgt Haaretz-Journalisten
Uri Blau flüchtete nach London
Von Günter Schenk

Wiederholt sich die Geschichte oder handelt es sich um die Merkel'sche Wertegemeinschaft? Das hat es vor 50 Jahren in der Bundesrepublik gegeben und führte damals - immerhin - zu einem Ministerrücktritt. Franz Joseph Strauß hatte den SPIEGEL-Herausgeber Augstein und den damaligen Spiegel-Journalisten Conrad Ahlers verhaften lassen und der Strafverfolgung ausgesetzt. Wegen angeblichen Landesverrats.
 
Nun scheint sich die These von der Wertegemeinschaft der deutschen Nachkriegsdemokratie und der "einzigen Demokratie des Nahen Osten" zu bewahrheiten. Was ist geschehen? Dem bekannten investigativen Journalisten Uri Blau von der Tageszeitung Haaretz waren von einer Soldatin beim Oberkommando der Armee hunderte geheime Dokumente der Israelischen Armee zugespielt worden. Während er Teile davon für eine Veröffentlichung verwendete, nahm er den größeren Teil in sichere Verwahrung. 
 
Die Veröffentlichung war ihm sogar von der Armee-Zensur freigegeben worden. Erst anschließend schwante es dem Inlandsgeheimdienst Shabak, es habe sich bei der Quelle zu diesem Artikel um geheimes Material gehandelt, denn schließlich betraf es eine höchstrichterliche Entscheidung zur "gezielten Tötung hunderter militanter Palästinenser" und die Befehle des Generalstabschefs Gaby Ashkenazy.
 
Nach der Verhaftung der "undichten Stelle", der ehemaligen Soldatin, die mit einer Gefängnisstrafe von 9 Jahren rechnen muss, flog Uri Blau nach London. Anwälte der Tageszeitung Haaretz verhandelten daraufhin mit dem Inlandsgeheimdienst eine Einigung, der zufolge Blau die Dokumente an den Staat zurück zu geben habe. Obwohl Blau sagt, dieser Verpflichtung vollständig nachgekommen zu sein und zudem seinen Computer vereinbarungsgemäß vernichtet zu haben, wirft ihm der Sicherheitsdienst nun vor, die Vereinbarung verletzt zu haben.
 
Uri Blau wird nun beschuldigt, den Artikel 113C des Militärgesetzes verletzt zu haben. Dieser betrifft "Zurückhaltung geheimer Unterlagen" und ist Teil der Spionage-Gesetze.
 
Prinzipiell kann jeder israelische Journalist, als Zeuge oder im Besitz geheimer Dokumente, mit dem gleichen Vorwurf belastet werden.
 
Handelt es sich bei Israel im Jahr 2012 - so ist zu vermuten - tatsächlich um eine Wertegemeinschaft mit der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1962? Jedoch, wenn die SPIEGEl-Affaire inzwischen Teil der Demokratiegeschichte der Bundesrepublik wurde, so scheint das für Israel noch ein weiter Weg.

Inzwischen haben etwa 200 israelische und jüdische Journalisten eine Petition an den Inlandgeheimdienst geschrieben mit der Forderung nach Freiheit für Uri Blau.
(PK)
 
Mehr Informationen auf Englisch:
http://972mag.com/israeli-wikileaks-journalists-demand-not-to-try-haaretz-reporter/


Online-Flyer Nr. 356  vom 01.06.2012

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