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Lokales
Ungezügelte Arbeitsplatzvernichtung
Keine Allianz fürs Leben
Franz Kersjes

Die Nachricht kam für viele Beschäftigte überraschend. Auch der Gesamtbetriebsrat wurde vor der Veröffentlichung über die Stellenstreichungen im Allianz-Konzern durch das Management nicht informiert. Die betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind empört, traurig, verzweifelt.Trotz Milliarden-Gewinnen werden sie entlassen.
Oft haben sie vieleJahrzehnte, manchmal seit ihrer Ausbildung, für das Unternehmen, gearbeitet, geschuftet, alles getan. "Jetzt werden wir in den Hintern getreten", sagt ein Sachbearbeiter in Köln. Dieser größte von 12 Standorten mit ca. 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern soll geschlossen werden. Die Konzernleitung begründet den Arbeitsplatzabbau unter anderem damit, dass man kontinuierlich Marktanteile und Kunden verloren habe. Nun will man effizientere Strukturen im Konzern aufbauen. Ist das nicht auch ein Eingeständnis jahrelanger Misswirtschaft, wofür zweifellos das Management verantwortlich ist? Jetzt sollen die Beschäftigten für die Fehler der hoch bezahlten Spitzenmanager mit dem Verlust ihrer Arbeitsplätze büßen!

Das ist kein Einzelfall. Konzerne vernichten trotz hoher Renditen massenhaft Arbeitsplätze. Diesmal liefert der Allianz-Konzern den Beweis für Brutalität und Menschenverachtung im kapitalistischenSystem. Etwa 9.000 Menschen sind von den Plänen für Stellenstreichungen und Standortschließungen bei Allianz und Dresdner Bank betroffen, obwohl der Konzern von Rekordgewinn zu Rekordgewinn eilt. Im Jahr 2005 wurde ein Jahresüberschuss von 4,5 Milliarden Euro erzielt. Dieses Jahr stehen 4,9 Milliarden an. Für 2008 weist die Planung nochmals eine Milliarde Euro mehr aus. Durch den Arbeitsplatzabbau würden Kosten um 500 bis 600 Millionen Euro gesenkt, erklärte das Unternehmen.

Der anhaltende Arbeitsplatzabbau vor allem in renditeträchtigen Konzernen erfordert längst gesetzliche Initiativen. Die Deutsche Bank, zum Beispiel, vernichtete in den Jahren von 2000 bis 2005 rund 35.000 Arbeitsplätze. Bei der HypoVereinsbank waren es gut 11.000. Und die Commerzbank hat bisher knapp 6.000 Jobs gestrichen. Auch die Dresdner Bank hat in den vergangenen vier Jahren bereits 11.000 Arbeitsplätze vernichtet Die Bundesregierung und viele Politiker schwadronieren unentwegt über die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Tatsächlich tun sie aber absolut nichts zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Alle beugen sich unter dem Einfluss der Lobbyisten vor der Macht der Konzerne. Sie habennicht den Mut, wenigstens zwei gesetzliche Maßnahmen gegen die Willkür der Profitjäger durchzusetzen: ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen ab einer bestimmten Gewinnhöhe, außerdem: die Verankerung des erzwingbaren Mitbestimmungsrechts von Betriebsräten in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

Sollte sich der Gesetzgeber weigern, die Rechte der Beschäftigten zu stärken und den Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu verhindern, bleibt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur der Streik gegen die herrschenden Verhältnisse.


Franz Kersjes war bis zu seiner Pensionierung Landesvorsitzender der IG Medien in NRW und macht seit zwei Jahren die "Welt der Arbeit" online



Online-Flyer Nr. 52  vom 12.07.2006

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