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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Aktuelles
Der IAEA-Bericht zum Atomprogramm Irans und "unsere Medien"
Hofschranzen
Von Rainer Rupp

Und das war alles? Wirklich? Nach Wochen der medialen Raserei und wilder Spekulationen über Teherans angebliches Atomwaffenprogramm, des selbstgerechten politischen Aufplusterns, des heftigen Schlagens der Kriegstrommeln in Tel Aviv, in Washington, in Paris und London und des gefährlichen Geredes über Präventivschläge stellte sich der heiß erwartete Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) als absolut nichtssagend heraus. Auffällig ist lediglich die maßlose Aufregung der Hofschranzen in den westlichen Massenmedien über die "bisher unerreichte Genauigkeit" des Berichts und seine "außerordentlich detaillierten Informationen". Der größte Teil dieser Informationen ist jedoch für den zu untersuchenden Fall vollkommen irrelevant, allein schon durch die Tatsache, daß sie seit Jahren allgemein bekannt sind.
 
Der IAEA-Bericht räumt selbst ein, daß die Erkenntnisse sich überwiegend auf Aktivitäten von vor 2003 beziehen, also bevor Iran freiwillig seine Arbeiten an seinem Atomwaffenprogramm gestoppt hat. Das wurde noch vor knapp drei Jahren durch ein NIA-Dokument, eine gemeinsame Einschätzung aller US-Geheimdienste, bestätigt. Der neue IAEA-Bericht unterstellt nicht einmal, daß die iranischen Arbeiten an dem Programm nach 2003 weitergegangen sind. Statt dessen heißt es ohne jegliche Begründung, daß "weiterhin daran gearbeitet werden könnte". Dieses hochspekulative Gedankenspiel genügt allerdings, um die "freien" Medien im demokratischen Westen in neue, kriegerische Verzückungen zu versetzen und die politisch Verantwortlichen düsteres Drohgeheul ausstoßen zu lassen.
 
Durch die unerreicht detaillierten Informationen im IAEA-Bericht läßt sich vom eigentlichen Knackpunkt ablenken. So wird denn auch die Kernfrage des Berichts standhaft ignoriert. Diese Frage lautet: Hat Teheran angereichertes Uran, das unter genauer Kontrolle der IAEA steht, von seinem zivilen Atomprogramm abgezweigt? Laut Bericht gibt es dafür keine Hinweise. Am Gesamtbild hat sich daher seit Jahren nichts geändert. Das einzige, das sich verändert hat, ist, daß der neue Chef der IAEA – anders als sein Vorgänger, der verdiente Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei – dem US-amerikanischen Druck nicht gewachsen ist und sich seine Behörde trotz russischer und chinesischer Warnungen zum Werkzeug der US-Aggressionspolitik machen läßt.
 
Ebenso interessant ist, was der IAEA-Bericht nicht erwähnt, nämlich die Kriegsgefahr, die vom nuklear hochgerüsteten Israel ausgeht, das sich dabei auf seine nicht weniger verbrecherische Schutzmacht USA stützen kann. Trotz massiver Desinformation in den westlichen Medien sieht das auch die Mehrzahl der Europäer so. Einer Ende Oktober vorgestellten EU-Umfrage in 15 Ländern zufolge sehen 59 Prozent der Bürger Israel als die größte Gefahr für den Weltfrieden, weit vor den Schurkenstaaten Nordkorea und Iran. (PK)
 
Rainer Rupp ist Redakteur der linken Zeitung junge Welt und hat diesen Beitrag dort gestern veröffentlicht.
 
Bereits im Mai 2008 berichtete die NRhZ (http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12466)
über "Gedankenspiele für einen Krieg gegen den Iran" auf einer Internationalen Konferenz in Berlin unter der Überschrift "Atomarer Präventivschlag gegen 'Un-Zivilisation'“? Hier ein Zitat aus diesem Artikel:
"…Ihm folgte der amerikanische Geschichtsprofessor Charles A. Small, der den ehemaligen Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Schaul Mofaz, mit der Einschätzung zitierte, dass man in einem Jahr einen nuklearbewaffneten Iran zu erwarten habe. Laut des Iran-Berichts 16 amerikanischer Geheimdienste, dem National Intelligence Estimate (NIE), vom Dezember 2007 (http://www.dni.govpress_releases20071203_release.pdf) unterhält Iran jedoch kein Atomwaffenprogramm. Dies wurde unlängst ebenfalls seitens des Generaldirektors der Internationalen Atomenergie-Agentur El-Baradei bestätigt. Auch die IAEA-Inspektionen iranischer Anlagen ergaben keine Anzeichen für ein iranisches Atomwaffenprogramm. Falls der Iran sich entschiede, ein Waffenprogramm aufzunehmen, gehen die US-Geheimdienste von einer möglichen Nuklearbewaffnung frühestens im Jahre 2015 aus."


Online-Flyer Nr. 327  vom 10.11.2011

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