NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 21. Mai 2024  

zurück  
Druckversion

Globales
Über scheinbare und wirkliche Lösungen
Wie kommen wir aus der Krise?
Von Klaus Blessing

Die Krise galoppiert mit zunehmender Geschwindigkeit einem finalen Höhepunkt entgegen. Die auf diversen Gipfeln erdachten Maßnahmen sind wirkungslos. Gefangen im System denken und handeln die eitlen Regierungschefs. Der Markt muss funktionieren. Großdeutsche Töne über faule und lügende Griechen, Forderungen nach Wiedereinführung der DM und Lobpreisungen über Deutschland als Hort der wirtschaftlichen Tugend sollen von den wirklichen Problemen ablenken.

Cartoon: Kostas Koufogiorgos
 
Der Eurorettungsschirm ist kein Schirm, sondern ein Loch, das immer größer wird. Kein einziger EU-Staat ist ohne Verschuldung. Das Prinzip des Rettungsschirmes besteht darin, dass die Staaten, die (noch) relativ günstig weitere Kredite im Finanzmarkt aufnehmen können, diese an solche weiterleiten, die das nicht mehr können. Der aktuell favorisierte Eurorettungsschirm mit Hebelwirkung ist der letzte geradezu irrsinnige Versuch, mit nicht vorhandenem Geld Schulden zu tilgen. Da „garantieren“ Staaten mit geborgtem Geld Sicherheit, um private Investoren zum weiteren Spekulieren anzulocken.
 
Die Methode Sparen, Sparen und nochmals Sparen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Sparorgien sind nicht nur sozial ungerecht, sie sind auch ökonomisch unsinnig. Die griechische Wirtschaft stürzt ab. Die Maßnahmen, die dem griechischen Volk durch eine Finanztroika aufgezwun- gen werden, sind unmenschlich. Basisdemokratie ist nicht gefragt. Dadurch geraten „die Märkte“ und die europäischen Politiker in Panik. Moderne Demokratie“ hat anders zu funktionieren. Die Finanzmärkte diktieren, die Regierungen und Abgeordneten haben zu dienen. Bleibt der Wachstumsfetischismus als von allen geradezu religiös angeflehtes Allheilmittel. Die Ergebnisse der deutschen Wachstumsperiode 1991 bis 2006 zeigen, wem Wachstum nützt: Die privaten Geldvermögen stiegen um 2,5 Billionen Euro, die Staatsschulden aber auch um weitere 1 Billionen Euro.
 
In dieser selbst geschaffenen Situation ist der Staat gezwungen, sich von den Reichen über die Finanzmärkte die notwendigen Mittel zu borgen. Die Lösung liegt auf der Hand: Die Staaten zahlen „ihre Schulden“ überhaupt nicht zurück. Es ist genug Geld da auf dieser Welt, nur in den falschen Händen. Die Rechnung für die BRD ist denkbar einfach: „Die Deutschen“ verfügen gegenwärtig über liquide Geldvermögen von annähernd 4,8 Billionen Euro. „Die Deutschen“ sind aber vorrangig 10 Prozent Oberschicht, bei denen fast 2/3 des Vermögens liegen. Das sind also 3,2 Billionen Euro, sicherlich nicht durch fleißige Arbeit, sondern durch Ausbeutung von Mensch, Natur und Spekulation erworben. Erleichtern wir diese Schmarotzer um 60 Prozent, ergibt das 2 Billionen Euro. Der gesamte Spuk der Verschuldung, Zinszahlung, Tilgung ist beseitigt. 
 
Auch die anderen höchst verschuldeten Länder – USA, Japan, Frankreich, Italien, Großbritannien – kommen mit 30 bis maximal 50 Prozent des privaten Geldvermögens aus, um alle Staatsschulden zu tilgen. Den Spekulanten dieser Welt würde das Geld für ihre perversen Spiele fehlen. Die Staaten könnten sich vom Diktat der Finanzmärkte befreien.
 
Im zweiten Schritt ist zu gewährleisten, dass derartige gesellschaftliche Disproportionen nicht erneut entstehen. Zu erreichen ist das nur, wenn der jährlich neu geschaffene Reichtum der Nation nicht in wenige Privattaschen fließt, sondern leistungsgerecht dem Volk zu Gute kommt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Vergesellschaftung großen Eigentums und die Sicherung des Menschenrechts auf Arbeit, gerechte Entlohnung und Bildung. Diese Maßnahmen müssen im dritten Schritt einher gehen mit einer wirklichen Zerschlagung der Macht des Finanzkapitals. Die Verstaatlichung der Banken, ihre gesellschaftliche Kontrolle, die Entflechtung des gesamten Bankensystems, das Verbot von Spekulationen sind zwingend erforderlich.
 
Derartige Schritte sind im real existierenden kapitalistischen Gesellschaftssystem der BRD offenkundig nicht durchsetzbar. Das spricht aber nicht gegen die Schritte, sondern gegen das System. Das Grundgesetz der BRD beinhaltet bekannterweise, dass privates Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit in Gemeineigentum überführt werden kann. Landesverfassungen schreiben zwingende Schritte vor: „Vermögen, das die Gefahr monopolistischer Machtzusammenballung und zu politischer Macht in sich birgt, ist in Gemeineigentum zu überführen. Vom Staate verwaltet werden Großbanken und Versicherungsunternehmen.“ (Landesverfassung Hessen – Deutscher Sitz der internationalen Hochfinanz in Frankfurt/Main) Bei Realisierung derartiger Maßnahmen würde in der Bundesrepublik erstmals ein Gesellschaftssystem entstehen, das den Verfassungsgrundsätzen entspricht. Darauf die Initiativen der sich entwickelnden Volksbewegungen auszurichten, ist ein erhabenes und lohnendes Ziel. (PK)
 
Mehr Informationen zu diesem Thema unter unter www.klaus-blessing.de
 
Klaus Blessing, geboren 1936 in Liegnitz (Schlesien); Diplomwirtschaftler, Ingenieur, Dr. rer. oec.; von 1958 bis 1970 Ökonomische Funktionen in metallurgischen Betrieben der DDR; ab 1970 Abteilungsleiter und ab 1980 Staatssekretär im Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali; 1986/90 Abteilungsleiter Maschinenbau/Metallurgie im ZK der SED
 
Buchveröffentlichungen:
»Ist Sozialistischer Kapitalismus möglich?«, edition ost, 2003
»Die Schulden des Westens«, Selbstverlag Klaus Blessing, 2006 (dritte Auflage), mit Eckart Damm und Matthias Werner
»Der ›moderne‹ Kapitalismus und die Notwendigkeit seiner Überwindung« In: »Links oder lahm? Die neue Partei zwischen Auftrag und Anpassung«, Herausgegeben von Ulrich Maurer und Hans Modrow, edition ost 2006


Online-Flyer Nr. 328  vom 16.11.2011

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FILMCLIP
FOTOGALERIE