NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

zurück  
Druckversion

Kommentar
Kommentar vom Hochblauen
Von der Ent-Nazifizierung zur Ent-Antisemitisierung
Von Evelyn Hecht-Galinski

Mein Vater stellte nach 1945 unter anderem auch Erich Honecker einen
Entnazifizierungsschein aus. In der heutigen traurigen Gegenwart ist es schon so weit gekommen, dass man Israel-Kritikern "Ent-Antisemitierungsschreiben" schreiben muss, um sie "koscher" zu machen. Die jüdischen Interessen-vertreter versuchen mittlerweile, alle für sie gefährlichen, weil mit Fakten arbeitende Kritiker an Auftritten zu hindern. 

Wird Jazzmusiker Gilad Atzmon jetzt auch boykottiert?
Quelle: http://arabnews.com
 
Ein Sohn deutsch/jüdischer Emigranten, nämlich Prof. Ilan Pappe bekam von der Stadt München und deren oberstem Vertreter OB Christian Ude (SPD) Auftrittsverbot im Gasteig. In Wien wurde er von der Wiener Zeitung als "umstrittener" Historiker bezeichnet, um seinen Auftritt auf einer Konferenz von Anfang an in Frage zu stellen. Öffentliche Gelder werden entzogen, um alle Israel-Kritik im Keim zu ersticken. In Freiburg konnte es per Gericht verhindert werden, dass die Nakba-Ausstellung in öffentlichen Räumen nicht gezeigt werden sollte. Düsseldorf wurde von seiner unrühmlichen Vergangenheit wieder eingeholt. Schon Anfang der achtziger Jahre wurde auf Betreiben des Gemeindevorsitzenden Scheinmann ein Aufführungsverbot im Düsseldorfer Schauspielhaus von Sobols "Die Palästinenserin", durchgesetzt. Auch durch meinen öffentlichen Protest, u.a. im WDR-Fernsehen und in verschiedenen Printmedien war es nicht zu verhindern. Jedoch wurde es ermöglicht "Asyl" im Bonner Schauspielhaus zu erhalten (Intendant Volker Canaris aus Düsseldorf).
 
In diesen Tagen wurde die Nakba-Ausstellung wiederum in Düsseldorf verhindert. Gilad Atzmon einer der besten Jazzmusiker der Welt und analytisch scharfer Israel-Kritiker soll mit Boykott belegt werden. Er wird am 12. November mit seinem Orient House-Ensemble im Rahmen eines Jazz-Festivals in Göttingen auftreten. Die jüdische Gemeinde Göttingen hat direkt nach Bekanntwerden ein Flugblatt-Pamphlet mit übelster Hetze gegen Atzmon herausgebracht, um sein Auftreten zu verhindern. Ich meine, der wahre Grund ist, dass Atzmon ein wunderbar scharfes Buch geschrieben hat, "The Wandering Who", (leider momentan nur in Englisch erhältlich), gegen das diese Leute mit Fakten nicht ankommen, und das auf der Amazon Bestenliste bereits alle Rekorde schlägt. Hatte man nicht schon ein früheres, sehr erfolgreiches auf Deutsch erschienenes Buch bei DTV einstampfen lassen?
 
So geht man mit Israel-Kritikern in Deutschland mittlerweile um. Von der Bücherverbrennung zur Büchervernichtung (Lest nichts von kritischen Juden!). Aber Bücher vom islamophoben Pornoverfasser H.M. Broder werden von der Linken Petra Pau im Bundestag vorgestellt und von der Bundeszentrale für politische Bildung mit Steuergeldern verteilt. Wenn Springer-Boss Döpfner, ein "Chef" von Broder, sein neues Buch vorstellt, kommt "tout" Berlin, auch der israelische Botschafter - da kommt zusammen, was zusammen gehört!
 
Meint die Israel-Lobby wirklich, das Alleinvertretungsrecht über Boykott-entscheide gegen nicht genehme Israel-Kritiker zu haben? Wehren sich nicht gerade diese Lobbyisten immer vehement gegen Israel-Boykotte wie "Kauft nicht beim Juden"? Boykott ist nur erlaubt, wenn er von der von Israel unterstützten Front kommt. Boykott für "Jews only"? Nein und nochmals nein! Boykott gegen Unrechtsstaaten wie den jüdischen Staat Israel, solange er das Völkerrecht und die Menschenrechte mit Füßen tritt?
 
Warum soll Iran mit Boykott belegt werden, weil er verlangt, dass das zionistische Regime verschwindet? Niemals hat der Iran die Vernichtung Israel verlangt, niemals hat die Hamas dies gefordert. Beide verlangen nur, dass der Staat Israel auf die Grenzen von 1967 zurückgeht. Das ist eine berechtigte Forderung, die ich auch voll und ganz unterstütze!
Was ist der Unterschied zwischen einem Iran-Wächterrat und einem Siedlerrat in Israel? Was ist der Unterschied zwischen extremen Ayatollahs, die "nur" ihre Bürger unterdrücken und extremistischen Rabbinern, die die Tötung aller Palästinenser fordern? Rassistischen Zionisten wird freie Hand gelassen, sogenannte islamismistische Führer werden auf der ganzen Welt gezielt ermordet.
 
Von der Flugverbotszone zur Drohnen-Tötungsangriffzone. Der Westen, die USA und Israel haben immer die Lizenz zum Töten, da sie die Demokratie vertreten und über die ganze Welt verbreiten. Da haben sich wahrlich zwei Friedensnobelpreisträger gefunden, Obama und Peres. Obama hat seinen Vorgänger in friedens(kriegs)schaffenden Maßnahmen schon fast überholt, und Peres, der Vater des israelischen Siedlungsbaus und der israelischen Atombombe vertritt weiter in alter Frische die sogenannte einzige Demokratie im Nahen Osten.

Diese hat zusammen mit den USA und Deutschland gegen die Aufnahme Palästinas in die Unesco gestimmt. Deutschland, Merkel und Westerwelle, haben damit wieder einmal ihre Missachtung gegenüber den Palästinensern zum Ausdruck gebracht. Nur 14 Länder stimmten gegen die Aufnahme, darunter neben Deutschland auch die Niederlande (Wilders lässt grüßen) und Kanada. 107 Staaten stimmten dafür, unter ihnen Russland, China, Brasilien, Indien und erstaunlicherweise Frankreich (der Wahlkampf und die nordafrikanischen und arabischen Wähler lassen grüßen). 52 Länder enthielten sich der Stimme. Eine Blamage für Deutschland, gerade im Hinblick auf unsere Verantwortung gegenüber Israel und eben auch den Palästinensern! Deutschland steht isoliert mit Israel und den USA auf der Seite der "Friedensunwilligen". Die USA und Deutschland als größte Beitragszahler der Unesco marschieren wieder einmal gemeinsam gegen einen gerechten Frieden für das palästinensische Volk. Was ist das für ein Demokratieverständnis? Mit Sperrung der Gelder zu drohen, das dann auch in die Tat umzusetzen, aber weiter in der Unesco zu bleiben. Ist unser Demokratieverständnis, zusammen mit den USA, auch zu reiner Erpressung gegenüber nicht genehmen Staaten und Aktionen verkommen? Hatte Hillary Clinton, die US-Außenministerin schon im Vorfeld gedroht, dass es den USA verboten wäre, Organisationen zu finanzieren, in denen die Palästinenser Mitglied wären, (das beruht auf Gesetzen von 1990 und 1994 gegen die PLO) so machte man nach der Aufnahme Nägel mit Köpfen und sperrte die November-Beitragszahlungen von 60 Millionen Dollar. Auch vom Kongress und Senat haben die Palästinenser nichts Gutes zu erwarten: die Israel-Lobby (AIPAC) macht schon lange Wahlkampf für die jüdisch/israelische Sache.  Der sogenannte Friedensprozess ist zerstört, bzw. nicht mehr existent dank Israel und seiner Unnachgiebigkeit gegenüber den Palästinensern. Das Nahost-quartett sollte sich auflösen und endlich eingestehen, dass mit Israel keine Friedensverhandlungen möglich sind. Ein schwarzer Tag für die deutsche Außenpolitik und ein schöner Tag für die palästinensische. Ein Tag der Freude im Kampf um eine palästinensische Selbstbestimmung und ein Hauch von palästinensischem Frühlingserwachen.

Wenn denn Israel wirklich eine Demokratie sein will, kann ich meinem Freund Gilad Atzmon nur beipflichten, dann dürften die angeblich demokratischen Wähler nicht so undemokratisch wählen. Bei Unrechtsstaaten weiß man, woran man ist, so wie Deutschland das in leidvoller Erfahrung hinter sich gebracht hat. Man konnte Deutschland in der Nazizeit aber sicher nicht als Demokratie bezeichnen.
 
Israel, die "einzige" Demokratie, hindert jüdische Professoren wie Finkelstein, Chomsky und andere an der Einreise. Warum? Was fürchtet man von diesen Intellektuellen? Unangenehme Wahrheiten, die die Propagandamythen entlarven?
 
Aber was haben wir noch zu erwarten, von einem der führenden Linken wie Lothar Bisky, der einer Flugverbotszone zustimmt, oder einem Senat in Berlin unter "roter sozialdemokratischer" Führung, der ein "Schutzhaft"-Gesetz zum Unterbringungsgewahrsam" ohne Verdacht von zwei auf vier Tage verlängert, wie es jetzt in Berlin sang und klanglos verabschiedet wurde. Meine Vorfahren und die meines Mannes waren auch schon in Schutzhaft ohne Verdacht; wir alle wissen, wohin das führt! (PK)

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Mit diesem Kommentar setzt sie ihre Serie fort, die sie "vom Hochblauen", ihrem 1186 m hohen "Hausberg" im Badischen, schreibt.


Online-Flyer Nr. 326  vom 02.11.2011

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE