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Lokales
Stadt Köln finanziert Beschäftigungsmaßnahmen wie MüTZe illegal
Gerechtigkeit für Mülheim! - Teil 2
Von Rainer Kippe

Städtische Dokumente haben es aufgedeckt: Das Bürgerzentrum MüTZe in Köln Mülheim wurde unerlaubt mit Transferleistungen aus den Gewinnen bei der Beschäftigung von Hartz IV-Empfängern finanziert. Der Sozialauschuss der Stadt nahm einen entsprechenden Bericht ohne Beanstandung zur Kenntnis.
 

Mülheimer Bürgerzentrum MüTZe – von der
Stadt Köln unerlaubt finanziert
Quelle: http://bgekoeln.ning.com/
Jahrelang hat die Stadt Köln das Bürgerzentrum MüTZe in der Berliner Straße in Köln Mülheim gezwungen, seine soziokulturelle Arbeit mit Einnahmen aus einem Gebrauchtmöbellager zu finanzieren, welches der Verein in der Markgrafen-straße betreibt. Dort wurden 1 Euro-Jobber im Bereich des Gebraucht-möbelhandels eingesetzt, obwohl das illegal ist. Beschäftigung im Hartz IV-Bereich muss gemeinnützig und zusätzlich sein - zwei Bedingungen, die der Gebrauchtmöbelhandel ebenso wenig erfüllen kann wie der Bereich Wohnungsauflösungen und Entrümpelungen, welche die MüTZe ebenfalls durchführt. Auf diesem Gebiet sind auch Selbsthilfegruppen wie SSM und SSK, aber auch normale Gewerbetreibende tätig, die auf staatliche Förderung verzichten und für ihre Mitarbeiter Sozialversicherungsbeträge bezahlen.
 
Diese illegale Finanzierung fällt noch in die Zeit der grünen Sozialdezernentin und jetzigen grünen Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Marlis Bredehorst, die auch wegen des illegalen Abpumpens von Grundwasser im Bereich der U-Bahnbaustelle Waidmarkt ins Gerede gekommen war. Kritik von Seiten der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM), die von diesen illegalen Praktiken unmittelbar betroffen ist, wurde abgebügelt.
 
Bredehorsts Nachfolgerin Henriette Reker, ebenfalls von den Grünen, urteilt darüber in der Vorlage-Nr. 1875/2011 für den Sozialausschuss vom 05.05.2011 allerdings anders: „Die in den Möbellagern des Verbundes und im angegliederten Recycling-Projekt eingerichteten Arbeitsgelegenheiten sind wegen fehlender Wettbewerbsneutralität nicht mehr förderfähig.“ Die Wörtchen "nicht mehr“ sollen den Eindruck erwecken, es habe eine Änderung der Rechtslage gegeben. Was sich geändert hat ist aber in Wahrheit nur die Praxis der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg (BfA), welche nach einer Prüfung des Bundesrechnungshofes gezwungen war, gegen das gesetz- und wettbewerbswidrige Treiben der ihr rechtlich unterstehenden ARGE Köln einzuschreiten, in der für die Stadt wiederum die damalige Sozialdezernentin als Mitglied saß.
 
Davor hatte man es sich in Köln auf die kölsche Art „ejal, illejal, scheißejal“ mit den Kritikern aus der SSM ganz einfach gemacht: man hatte sie - mit ausdrücklicher Billigung der Frau Bredehorst - aus dem städtisch geförderten "Möbelverbund“, über den die Verteilung der Gelder organisiert wurde, ausgeschlossen.
 

SSM-Secondhandladen im Jahr 2005
NRhZ-Archiv
Illegal ist aber nicht nur der Einsatz von 1 Euro-Job- bern in Bereichen, in denen sozialversicherungs-pflichtige Erwerbsarbeit geleistet wird, illegal scheint auch das Verschieben der Gewinne aus diesen Unternehmen in den Bereich kommunaler Aufgaben. Zum einen, weil es schlicht vertragswidrig ist und den Richtlinien der Bundes-anstalt für Arbeit widerspricht, wenn mit Beschäftigungsmaßnahmen Gewinne gemacht werden, zumal es immer schon auffällig war, dass der Möbelverbund besonders hohe Betreuungspauschalen erhielt. Zum anderen dürfen solche Gelder, auch in der Form von "Gewinnen“, nicht in andere kommunale Maßnahmenbereiche verschoben werden. Zu den Aufgaben-bereichen der Arbeitsmarktförderung gehört sicherlich nicht der Betrieb von Begegnungsstätten in den Kommunen. Dafür sind Stadt und Land zuständig, und dafür gibt es eigene Gelder. Auch diesen Transfer hatte Marlis Bredehorst immer geleugnet.
 
In der Vorlage der Sozialdezernentin, Dezernat V50/2, Vorlage Nr. 2662/2011 vom 06. Juli liest sich das Finanzierungsmodell MüTZe nun so: "Das wirtschaftliche Geschäftsmodell des Trägers sieht vor, den Betrieb des Bürgerhauses durch eine Mischfinanzierung aus städtischem Betriebskosten-zuschuss in Höhe von 129.000 € (Stand 2011), Einnahmen aus Vermietungen und Veranstaltungen sowie einem trägerinternen Transfer in Höhe von mindestens 5 % des Umsatzes aus dem Zweckbetrieb des Möbellagers zu realisieren." Und weiter:
 
"Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales entschiedenen und geplanten Veränderungen der Höhe und der Struktur der Förderung von Langzeitarbeitslosen führen zu einer erheblich veränderten und verminderten Förderung von Beschäftigten durch das Jobcenter Köln (vormals ARGE) gegenüber dem Beschäftigungsträger Mülheimer Selbsthilfe Teestube e.V. Ab 2011 wird sich in der Folge verminderter Beschäftigungsförderung das betriebswirtschaftliche Ergebnis des Zweckbetriebs Möbellager in dem Maße verschlechtern, dass der geplante innerbetriebliche Transfer von 5 % des Umsatzes in Höhe von 13.750 € nicht realisiert werden kann."
 
Diese 13.750 € bekommt MüTZe nun zusätzlich. Das wird aber nicht reichen. Im Vergleich zu anderen Bürgerzentren, deren Förderung zwischen 250.000 € und 320.000 € liegt, bekommt die MüTZe nur halb soviel Zuschüsse, wie sie zum Betrieb eines Bürgerhauses erforderlich sind (Die NRhZ berichtete darüber am 03.09.2005).
 
Es ist von daher auch kaum glaubhaft, dass die MüTZe nur 13.750 € im Jahr aus dem Betrieb ihres Möbellagers gezogen haben soll, wo doch dort jahrelang jede Arbeitskraft entweder als Hartz IV-Kraft direkt oder als Anleiter aus der Pauschale finanziert worden war.
 
Offen ist auch die Frage, welche Gewinne die anderen Mitglieder des Gebrauchtmöbelverbandes "Möbelverbund“ (Eigenwerbung: „Kölns 2.Hand“) aus dem voll subventionierten Gebrauchtmöbelverkauf gezogen wurden und wo die Gewinne hingegangen sind.
 
Statt eine Buchprüfung beim "Möbelverbund“ anzusetzen und das Bürger-zentrum MüTZe und die Gemeinwesenarbeit der HOSE endlich auf eine angemessene und rechtlich einwandfreie Basis zu stellen, setzt Henriette Reker wieder auf die Förderung des Gebrauchtmöbelhandels bei Trägern, die der Stadt nahe stehen und über Einfluss in den Parteien verfügen. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass die Stadt 2010 zum wiederholten Male Geld gegeben hat, um mit dem Gebrauchtmöbelhandel endlich auf eigene Füße zu kommen - zuletzt 348.900 €.
 
Obwohl "dem Möbelverbund als Arbeitgeber (...) im Rahmen des jeweils zur Verfügung gestellten Budgets die Förderinstrumente für Beschäftigte auf dem ersten Arbeitsmarkt (Beschäftigungszuschuss und Eingliederungszuschuss) weiterhin zur Verfügung (stehen)“, trug "in einem Gespräch mit der Sozialverwaltung... der Verbund vor, dass seine Finanzierung aufgrund dieser Reduzierung nicht mehr gesichert sei."
Wir müssen uns also darauf einstellen, dass in Köln weiterhin illegal gefördert wird und dass echte Ansätze zur Selbsthilfe, wie bei der Sozialistischen Selbsthilfe Köln und der SSM, damit weiter behindert werden. (PK)
 
Rainer Kippe ist einer der Mitbegründer von SSK und SSM


Online-Flyer Nr. 312  vom 27.07.2011

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