NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 29. April 2024  

zurück  
Druckversion

Lokales
Kölner Hafenstreit eskaliert: HGK geht juristisch gegen Pressemeldung vor
Unterlassungserklärung vom BUND gefordert
Von Peter Kleinert

"Bei der Häfen- und Güterverkehr Köln AG (HGK ) liegen kurz vor der Bürgerbefragung am 10. Juli zur Zukunft ihres Prestigeprojekts Godorfer Hafen offensichtlich die Nerven blank." Mitten im Wahlkampf zur Bürgerbefragung am 10. Juli, bei der Befürworter und Gegner des Hafenausbaus in Godorf ermittelt werden sollen, gehe die HGK "mit schwerem juristischem Geschütz" gegen die Ausbaukritiker vor und drohe mit Klagen und teuren Gerichtsprozessen, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Gleichzeitig wurde bekannt, dass weit über 100 KölnerInnen eine Strafanzeige des Bundesverbandes für freie Kammern (bffk) gegen die IHK unterschrieben haben, weil diese mit einer teueren einseitigen Werbekampagne für den Ausbau des Hafens Stimmung zu machen versuche.
 
Zweitgrößter Gefahrguthafen in Deutschland
 
"Die HGK verlangt über ihre Anwälte eine Unterlassungserklärung vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), einem Mitglied der Aktionsgemeinschaft gegen den Hafenausbau. Der BUND soll sich danach verpflichten, bestimmte Äußerungen über bislang nicht öffentlich gewordene Schadensfälle im Godorfer Hafen und beim HGK-Kunden Evonik nicht zu wiederholen. Dieses Vorgehen ist völlig inakzeptabel, da der Godorfer Hafen der zweitgrößte Gefahrguthafen in Deutschland ist und Experten darauf hinweisen, dass der geplante Ausbau die Risiken im Hafen stark erhöht“, erklärt Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND.
 
OB Roters soll Recht auf freie Meinungsäußerung schützen
 
“Die HGK wäre gut beraten, ihre juristischen Drohungen einzustellen und wieder auf den Boden der politischen Auseinandersetzung mit Sachargumenten zurückzukehren.“ Wenn ein stadteigenes Unternehmen wie die HGK jetzt im Wahlkampf um ein Ja oder ein Nein zum Hafenausbau offensichtlich versuche, kritische Meinungsäußerungen der Bürgerinitiativen mit juristischen und finanziellen Drohungen zu unterdrücken, dann beschädige dies die politische Kultur in Köln schwer. Der BUND fordere deshalb den Rat der Stadt Köln und Oberbürgermeister Jürgen Roters auf, die freie Meinungsäußerung in Köln zu schützen und der HGK zu untersagen, gegen Kritik der Bürger am Hafenausbau mit juristischen Drohungen vorzugehen.
 
Paul Kröfges: „Der BUND wird jedenfalls die geforderte Unterlassungserklärung nicht unterschreiben und sieht den angedrohten juristischen Schritten gelassen entgegen.“ Eine entsprechende Mitteilung sei heute der HGK übersandt worden. Im Gegensatz zur HGK gehe der Energiekonzern Shell in Godorf, ein privatwirtschaftliches Unternehmen, auf das sich die Pressemeldung des BUND gleichermaßen bezogen habe, professionell und seriös mit der geäußerten Kritik um. Dort habe man unverzüglich das persönliche und offene Gespräch mit BUND, Bürgerinitiativen und Parteien gesucht. Ein Termin mit Vertretern des BUND, u.a. darüber wie man die Kommunikation mit den Bürgern verbessern kann, solle Anfang Juli bei Shell stattfinden.
 
BUND: "Alle Störfälle veröffentlichen!"
 
Der BUND hatte in einer offiziellen Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) die Bezirksregierung Köln aufgefordert, alle Störfälle zu veröffentlichen, die ihr seit 1990 von den Industriebetrieben im Kölner Süden, insbesondere im Godorfer Hafen und vom HGK-Kunden Evonik, gemeldet wurden. Bei den jüngst bekannt gewordenen Schadensereignissen im Kölner Süden erfuhren die geschädigten Anwohner zunächst weder von der Bezirksregierung noch vom betroffenen Unternehmen direkt etwas darüber. Der BUND vermutet, dass es zu weiteren Umweltbelastungen Störfällen im Kölner Süden gekommen ist, die ebenfalls nicht veröffentlicht wurden. 
 
Bezirksregierung gibt nach
 
Die Bezirksregierung habe nun angekündigt, die UIG-Anfrage des BUND zu beantworten und die angefragten Informationen zu veröffentlichen. Der BUND hoffe, "dass dann alle Fälle offengelegt würden, in denen Luft, Wasser oder das Erdreich durch den Austritt von Giftstoffen im Godorfer Hafen belastet wurden. Die Bürger könnten sich so noch vor der Bürgerbefragung zum Hafenausbau am 10. Juli einen besseren Eindruck von den Umweltbelastungen und den Risiken durch den Godorfer Hafen und die Industrieunternehmen im Kölner Süden machen.
 
Anzeige gegen IHK-Chefs wegen Untreue
 
Dass BUND-Vorsitzender Kröfges mit seiner Vermutung, bei der HGK lägen "die Nerven blank", recht haben könnte, geht aus der Tatsache hervor, dass inzwischen weit über hundert Kölner die Anzeige des Bundesverbandes für freie Kammern (bffk) bei der Staatsanwaltschaft Köln unterzeichnet eingesandt haben. In der Anzeige des bffk, der als bundesweite Vereinigung von Unternehmerinnen und Unternehmern, Freiberuflern und Pflegekräften unter dem Motto "Demokratische Kammern brauchen keinen Zwang" den Kammerzwang ablehnt, wird, wie die NRhZ berichtete (1), dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK), Paul Bauwens-Adenauer, und dem IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Herbert Ferger Untreue vorgeworfen. Sie würden widerrechtlich eine einseitige Werbekampagne für den Ausbau des Godorfer Hafens vorbereiten. Dabei soll u.a. mit 50 Großplakaten - sogar auf Türkisch - geworben werden. Damit, so der bffk, überschreite die IHK eindeutig ihre Kompetenzen, die ihr durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (Az.: BVerwG 8 C 20.09) im letzten Jahr vorgegeben worden sind.
 
Im Gegensatz zur IHK habe die Handwerkskammer Köln öffentlich bekundet, dass sie an der teuren Werbekampagne der IHK Köln ausdrücklich nicht teilnimmt. Vor diesem Hintergrund haben sich laut bffk innerhalb von nur drei Tagen weit über hundert Kölnerinnen und Kölner schriftlich zur Unterstützung der bei der Staatsanwaltschaft Köln gestellten Anzeige bereit erklärt und gegenüber der Behörde um eine baldige, strafrechtliche Aufklärung der Vorgänge gebeten. Weitere Anzeigen wurden angekündigt. (PK)
 
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16644
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Online-Flyer Nr. 306  vom 21.06.2011

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE