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Fotogalerien
Der Fotograf und Poet Toni Tripp
Unbestechlicher Zeuge seiner Zeit
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

In einer Einzelausstellung und zwei Zeitschriftenbeiträgen würdigte die Arbeiterfotografie bereits das Werk des Fotografen Anton (Toni) Tripp, der sich sein Leben lang für die menschliche Sache einsetzte. Am 2. August 2011 wäre er 100 Jahre alt geworden. Grund und beste Gelegenheit, eine Sonderausgabe der Zeitschrift Arbeiterfotografie als Monographie zu Ehren Toni Tripps herauszugeben.


Dortmund, 1959 - Kauenwärter in der Westfalenhütte

Toni Tripp war ein Fotograf mit seltenem Talent. Das Archiv Ruhr Museum Essen schätzt sich glücklich, das Gros seines Nachlasses erworben zu haben: „Mit den 200.000 Negativen aus dem Nachlass Tripp besitzt das Ruhr Museum einen großen Schatz an Bildern, der nicht nur in Bezug auf das Ruhrgebiet eine breite Themenpalette und einen großen Zeitraum abdeckt, sondern auch von herausragender ästhetischer Qualität ist,“ schreibt die Leiterin des Bildarchivs, Dr. Sigrid Schneider. Mehr noch: „Sein politisches Engagement ist immer wieder unverkennbar, seine Bilder gehen aber über den Gebrauchswert für die entsprechenden Medien weit hinaus. Das macht sie zu einem immer wieder nachgefragten Bestand im Fotoarchiv des Ruhr Museums.“


Düsseldorf 1951 - Bescheid vom Wohnungsamt

"Deutschland aus der Asche und den Ruinen des letzten Krieges als freien, einheitlichen, friedliebenden, demokratischen und unabhängigen Staat wieder entstehen lassen..."Auch der Kunsthistoriker Dr. Richard Hiepe würdigt Toni Tripp anlässlich der Kölner Ausstellung, die 1991 zu Ehren seines 80. Geburtstages vorbereitet worden war. Deren Eröffnung konnte der Fotograf nicht mehr erleben, da er völlig unerwartet an seinem Geburtstag verstarb. So wurde aus der Würdigung Richard Hiepes ein Nachruf: „Arbeiterfotograf war Toni Tripp im Sinne seiner großen, selbstgewählten Themenstellung. Er war Profi und fotografischer Alleskönner mit lebendigem roten Herzen und Verstand. Das gab es selten und das wird selten bleiben, weil die herrschende Fotoszene solche Tendenzen schnell korrumpiert, und weil aus dem sozial engagierten Milieu nur schwer solche Profieigenschaften herauswachsen. Aber gerade deshalb und darin ist Toni Tripp ein großes Vorbild…“ Hiepe gerät in Schwärmen: „Toni Tripp hat Menschengesichter wie Denkmäler in schlaglichtartiger Beleuchtung ins Foto gesetzt, wie das des Bergarbeiters oder „Metallers“, das aus Ruß oder Dreck modelliert erscheint.“


Essen, 1957 - Unterschriftensammlung für den „Göttinger Appell“ gegen die atomare Bewaffnung der Bundesrepublik

Anton Tripp, der Fotograf als Poet mit der Kamera war ein Meister der Lichtbildkunst und Bildkomposition. Streng dokumentarische Aufnahmen gerieten ihm wie aufwändige Gemälde - eine Kunst, die nur sehr wenige in ihrem Fach besitzen. Zugleich war er der Herr über die Ausarbeitung seiner Werke in der fotografischen Dunkelkammer - ein Grund, die Fotografie als Kunst des Unikates zu betrachten. Längst nicht jeder Abzug vom Negativ kommt der von ihm gestalteten Papiervorlage auch nur nahe.

Sein Sohn Manfred Tripp, der ebenfalls das Fotografenhandwerk erlernte, ist der kompetenteste Autor über das Lebenswerk seines Vaters, der neben der Fotografie sich der Literatur und Kulturhistorie zuwandte. Nach Krieg und Kriegsgefangenschaft - so Manfred Tripp - siedelte sich der Düsseldorfer Anton Tripp zunächst in Hessen an. Dort „war er durch Ernennung der Landesregierung zwei Tage Landrat des Kreises Schlüchtern, wurde aber durch die US-Militärregierung wieder abgesetzt. Vermutlich weil er bereits 1945 die Zulassung der KPD für Steinau beantragt und auch erhalten hatte.“


Dortmund, 6. Juni 1953 - 70.000 Teilnehmer folgen auf einer KPD-Kundgebung im Vorfeld der zweiten Bundestagswahl den Worten Max Reimanns.

Denkwürdiges geschah im geteilten deutschen Land. Ein Foto dokumentiert in Dortmund, am 6. Juni 1953 im Vorfeld der zweiten Bundestagswahl, wie 70.000 Teilnehmer den Worten des KPD-Vorsitzenden Max Reimann lauschen: „Deutschland aus der Asche und den Ruinen des letzten Krieges als freien, einheitlichen, friedliebenden, demokratischen und unabhängigen Staat wieder entstehen lassen..." 11 Tage später folgte der Aufstand vom 17. Juni 1953, über den Brecht schrieb: „...Organisierte faschistische Elemente versuchten, diese Unzufriedenheit für ihre blutigen Zwecke zu missbrauchen. Mehrere Stunden lang stand Berlin am Rande eines dritten Weltkrieges. Nur dem schnellen und sicheren Eingreifen sowjetischer Truppen ist es zu verdanken, dass diese Versuche vereitelt wurden. Es war offensichtlich, dass das Eingreifen der sowjetischen Truppen sich keineswegs gegen die Demonstrationen der Arbeiter richtete. Es richtete sich augenscheinlich ausschließlich gegen die Versuche, einen neuen Weltbrand zu entfachen....“


Köln, 1958 - Atombombenopfer aus Hiroshima besuchen zum ersten Mal die Bundesrepublik

Wie ernst es mit der deutschen Demokratie jemals gemeint war, darüber lässt sich philosophieren. Toni Tripp begegnete bei seinen Bestrebungen, ein gerechtes Deutschland aufzubauen, vielen großen Persönlichkeiten wie Martin Niemöller, die schon bald im Rahmen der Ostermarschbewegung gegen Adenauers deutsche Wiederbewaffnung gar mit Atomraketen protestierten.
Der Grafiker Otto Pankok findet sich auf dem Titelbild der Zeitschrift Liga, für die Toni Tripp als maßgeblicher Bildautor wirkte, mit der handschriftlich notierten und unterschriebenen Aussage: „Die Atombombe, die Ausgeburt der Unmenschlichkeit, hat von der Erde zu verschwinden!“


Die Liga - für Deutschlands Erneuerung und Völkerverständigung, Jahrgang 1959, Nr. 3 - Reportage über "Gewaltlosen Widerstand gegen Raketen und Atommord" in Dortmund mit Bildern von Toni Tripp. Titelfoto: Kirchenpräsident Martin Niemöller und Oberkirchenrat Heinz Kloppenburg

Das Leben als politisch unangepasster Mensch brachte auch Entbehrungen.
Zu aller Ernsthaftigkeit und Kampfesmüh gehörte das Lebensglück mit Freunden und Familie. So dichtete er (für Doris, 1987) „Und ein Tropf /  der vor seiner Tafel reißaus nimmt / solange sie sich noch biegt / vor einem Faß / in dem noch Freudvolles gluckert / Das alles soll in Festlichkeit / zueinander stehen / einmal im Jahr ...“ (PK)


Wuppertal, 1962 - Ostermarsch - auf dem Weg nach Düsseldorf



Bochum, 1965 - Ostermarsch Ruhr


Bergkamen, 17. April 1967 - aus Protest gegen Freischichten werden schwarze Fahnen gehisst



DER SPIEGEL Nr. 26, 20. Juni 1966.
TT-Titelfoto

Das Bildmaterial stammt aus dem Archiv Ruhr Museum Essen, Galerie Arbeiterfotografie, und aus der Sammlung Udo Achten. Das Fotoarchiv von Manfred Tripp ist im Archiv Hamburger Institut für Sozialforschung aufbewahrt.



Zeitschriften-Cover Arbeiterfotografie
Ausgabe 95


Die Zeitschrift Arbeiterfotografie (Ausgabe 95) mit vielen bisher unveröffentlichten Originaldokumenten erscheint zum UZ-Pressefest, am 24./25. Juni 2011.
Herausgeber sind Bundesverband Arbeiterfotografie, Manfred Tripp und Neue Impulse Verlag.
Einzelpreis 12 Euro zzgl. Versand (Abo 11 Euro incl. Porto), beziehbar über Arbeiterfotografie und Neue Impulse Verlag. Einige Motive sind als Postkarten erhältlich: arbeiterfotografie.com


Online-Flyer Nr. 306  vom 15.06.2011

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