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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Aktuelles
Organisator der britischen Volkszählung wurde gehackt
Zensus 2011-Daten in Gefahr
Von Peter Kleinert

Wie der Arbeitskreis Zensus heute mitteilt, wurde der mit der Durchführung des britischen Zensus beauftragte Rüstungskonzern Lockheed-Martin am 21. Mai gehackt. Nun fürchten 62 Millionen Briten um ihre Daten. Grundlage des unbefugten Zugriffs bildete der vorhergehende Angriff auf einen weltmarktführenden Anbieter von IT-Sicherheit. Ähnliche Angriffe sind auch bei allen anderen Datenspeicherungen, also auch bei dem zurzeit laufenden Zensus 2011 in Deutschland möglich.
 
Sicherheitskomponenten unsicher

Schon im März wurde gemeldet, dass der weltweit mit-führende Anbieter von IT-Sicherheitskomponenten, Verschlüsslungs- und Authentifizierungssoftware, die US-amerikanische RSA Security Inc., Opfer eines professionellen Hackerangriffs geworden ist.[1] In Folge dieses Angriffs erbeuteten Hacker hochsensible Informationen über die zur Sicherheit zahlreicher renommierter Weltkonzerne eingesetzten Rechner-Verschlüsselungssysteme. Damit dürften nach Schätzung von IT-Experten die IT-Systeme der weltweit bedeutendsten Großkonzerne und Rüstungsunternehmen ein ernsthaftes Sicherheitsproblem bekommen haben.[2] Sogar vom Pentagon als RSA-Kunden ist die Rede.

Nun ist der erste Hack eines RSA-Kunden publik geworden:[3] Der amerikanische Rüstungskonzern Lockheed-Martin meldete den erfolgreichen Hacker-Einbruch in ihre Rechnersysteme. Der Konzern konnte zunächst nicht sagen, ob und welche Daten von Diebstahl und/oder Manipulation betroffen waren.
 
Warnungen vor deutscher Volkszählung berechtigt

Besonders brisant ist dabei die Tatsache, dass Lockheed-Martin an der Durchführung der britischen Volkszählung maßgeblich beteiligt ist und unter anderem die Zensusfragebögen der Briten erfasst.[4] Der Vorfall zeigt, dass die von den Kritikern der deutschen Volkszählung vorgebrachten Warnungen vor unsicheren Daten ernstzunehmen sind.

"Selbst Hochtechnologiekonzerne wie Lockheed-Martin oder Sony sind nicht in der Lage, ihre Rechnersysteme zuverlässig zu schützen," sagt Michael Ebeling von der Bürgerinitiative Arbeitskreis Zensus. "Das überrascht uns nicht. Wir sind der festen Überzeugung, dass auch die Volkszählungsdaten bei den hiesigen Statistikämtern nie sicher sein können. Deswegen halten wir die Sammlung von sensibelsten Daten wie Auskunftssperren, Migrationshintergrund oder die namentliche Markierung aller Bewohner von psychiatrischen Anstalten, Gefängnissen, Behindertenwohnheimen, Flüchtlingslagern, Frauenhäusern u.v.m. für völlig untragbar. Das ist und bleibt skandalös."
 
Sofortiger Stopp von Zensus 2011 in Deutschland gefordert

Diese und andere Merkmale der in Deutschland durchgeführten Volkszählung kritisieren die Datenschützer in ihrer "Gemeinsamen Erklärung zum Zensus 2011".[5] Auf ihrem Internetportal www.zensus11.de [6] stellen die in der Bürgerinitiative versammelten Kritiker unabhängige Informationen und Hilfestellungen[7] zur Verfügung, sammeln Beschwerden und Klagen[8] und fordern den sofortigen Stopp dieser ihrer Meinung nach unverhältnismäßigen Erfassungsmaßnahme.

Die Schwachstellen bei der Datensicherheit wirken sich nicht nur auf den Zensus aus, sondern haben ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf alle anderen gespeicherten vertraulichen Daten. Dies betrifft neben den Gefahren für die Wirtschaft unter anderem auch Datensammlungen wie die erneut geplante Vorratsdatenspeicherung, die Fluggastdatenspeicherung, ELENA und viele andere.
 
Die Broschüre des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zum Thema Datensicherheit erhalten Sie unter:
http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Heft_-_es_gibt_keine_sicheren_daten.pdf

Die NRhZ berichtete über möglichen Missbrauch von Zensus 2011-Daten u.a. unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16050
 

[1] http://heise.de/-1210245
[2] http://gizmodo.com/5806485/lockheed-martins-security-networks-were-hacked
[3] http://heise.de/-1251902
[4] http://www.lockheedmartin.com/news/press_releases/2008/0828_lmuk-2011-census.html
[5] http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/B%C3%BCndnisaufruf.pdf
[6] http://zensus11.de/
[7] http://zensus11.de/hilfestellungen/
[8] http://zensus11.de/beschwerden/
Über die Initiative "AK Zensus":
Die Kampagne gegen die Volkszählung 2011 ist eine Initiative des Arbeitskreises Zensus, der unter dem Dach des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) gegründet wurde. Im Rahmen seiner Arbeit will der AK Zensus gegen das neue Gesetz zur Vollerfassung der Bevölkerung vorgehen und gleichzeitig datenschutzfreundlichere Lösungen entwickeln. Auf seiner Webseite www.zensus11.de informiert er über das Gesetz und die möglichen Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger. Die Initiative gegen die Volkszählung 2011 wird durch weitere Organisationen unterstützt, zum Beispiel durch den FoeBuD e.V., das "Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V." (FIfF) und den Datenschutzraum e.V. http://www.zensus11.de

Über den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung:
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, die sich in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen die ausufernde Überwachung im Allgemeinen und gegen die Vollprotokollierung der Telekommunikation und anderer Verhaltensdaten im Besonderen einsetzen. http://www.vorratsdatenspeicherung.de (PK)


Online-Flyer Nr. 303  vom 31.05.2011

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