NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 14. Mai 2024  

zurück  
Druckversion

Lokales
Marina Barth und Frank Überall im „Klüngelpütz-Theater“:
Kölns Stadtrat als Satire-Objekt
Von Peter Kleinert

Im Kölner Klüngelpütz Theater werden seit März jeden Monat die Sitzungen des Kölner Stadtrats kabarettistisch "aufgearbeitet“. Kompetent und komisch setzen sich Marina Barth und Frank Überall jedes Mal neu mit Themen, Personen und Verhalten von Politikern und Verwaltungsbeamten auseinander. Die neue Reihe soll mindestens bis Juni 2012 laufen. Die nächste Vorstellung ist am 17. Juni 2011 um 20.30 Uhr.


Marina Barth und Frank Überall
Quelle: Kölner Klüngelpütz Theater
 
Sitzungen des Kölner Stadtrates auf der Besuchertribüne zu verfolgen, ist nicht gerade ein kurzweiliges Unterfangen: Meist dauern die Treffen der Vertreter aus Bevölkerung und Amtsstuben mehr als sieben Stunden, und das Durchwinken von "Tagesordnungspunkten“ wirkt auf Ungeübte eher einschläfernd. Dabei gibt es im politischen Plenum der Stadt so manches zu entdecken, meinte Theaterchefin Marina Barth. Sie fragte den Journalisten und Politikwissenschaftler Frank Überall, ob er nicht mit ihr gemeinsam regelmäßig die Ratssitzungen analysieren und satirisch aufbereitet auf die Bühne bringen wolle. Er wollte, und so war die Reihe „RAT reloaded“ geboren.
 
Die Kabarett-Nachhilfe versteht man auch, wenn man in der Kölner Kommunalpolitik nicht zu Hause ist. So werden Debatten ironisch zusammengefasst und kommentiert. Barth erläutert unter dem Gelächter des Publikums beispielsweise, wie die nahezu betonungslose Redekunst mancher Frauen im Stadtrat ermüdet und warum das "Uckermännchen“ (Jörg Uckermann von der rechtsradikalen Fraktion "Pro Köln“) sich in die Anwesenheitsliste einträgt und gleich wieder geht (Lösung: Weil er das Sitzungsgeld abzocken will, das er von den Steuerzahlern erhält.) Und Überall setzt sich grinsend mit dem Vorschlag des CDU-Manns Dr. Helge Schlieben auseinander, der "Kontrollkinder“ auf Kölner Schultoiletten fordert.
 
In jeder "Sitzung“ wird das aktuelle Geschehen im Stadtrat aufgegriffen. „Wir machen nie das selbe“, erläutert Barth: „Jedes Programm wird in jedem Monat komplett neu geschrieben.“ Folglich hat die Theatercrew auch schon einige Stammgäste, die sich jede Vorstellung anschauen. Zur "Tagesordnung“ bei diesen Terminen im Klüngelpütz Theater gehört auch die Verleihung eines Preises für die "blumigste Rede im Rat“. Erste Preisträgerin war Susana dos Santos (SPD), dann folgten die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Kölner Stadtrat, Barbara Moritz, und Bürgermeister Manfred Wolf (FDP).
 
Die aktuelle Auszeichnung erhielt die Grünen-Politikerin Moritz für ihren Ausspruch: „Ich will es einmal mit den Worten Adenauers sagen: Wichtig ist, was hinten rauskommt. Und hinten raus kommt was Gutes.“ Diese Äußerung habe beim Publikum des Kabarett-Theaters große Heiterkeit ausgelöst, erklärt Überall. Etwas anders sei der Fall bei FDP-Mann Wolf gewesen. „Es kann nicht sein, dass wir weiter alte Zöpfe flechten und uns nicht den grundlegenden Knackpunkten stellen und diese anpacken“, hatte der im Plenum gesagt. „Das hat uns in seiner rhetorischen Eleganz sehr an den Hit von Mike Krüger erinnert“, meinte Überall auf der Bühne: „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen und mit der kleinen Kurbel ganz nach oben drehen…. Ehrlich gesagt, fand ich das fast ein bisschen einleuchtender als dieses Wolf-Zitat.“


Frank Überall und Marina Barth mit der Punkband "Zielgruppe“
Quelle: Kölner Klüngelpütz Theater
 
Umrahmt werden die Abende von Songs der Punkband "Zielgruppe“. Die Musiker Annick Manoukian und Robert Drakogiannakis texten kölsche Mitsing-Hits so um, dass von kölscher Gemütlichkeit wenig übrig bleibt. Aus „Drink doch eine mit, kümmer dich nit dröm“ wird dann „Du trinkst jetzt einen mit, sonst kümmern wir uns drum!!!“ Bei Publikum wie Kritikern kommt die neue Reihe offenbar gut an. „Eine packende Idee - so bestürzend und witzig zugleich“, schrieb die Kölner Theaterzeitung aKT: „Selten sind die Absurditäten Kölner Ratspolitik so augenfällig geworden!“ Die Kölnische Rundschau jubelte: "Erfrischend neu – dass man diesen kommunalpolitischen Veranstaltungen einen gewissen Rock’n Roll abgewinnen kann, beweisen Marina Barth und Frank Überall mit hohem Spaßfaktor!" Und im Portal koeln-nachrichten.de formulierte Jürgen Schön: "'Rat reloaded' entpuppte sich dann auch noch als Bühne für eine musikalische Entdeckung: Vom Punkrock-Duo "Zielgruppe" möchte man gerne mehr hören.“

Was als Versuch begann, wird so womöglich zum Dauerprogramm für die Stadt. „Wegen des großen Erfolgs haben wir uns entschlossen, die Serie bis Juni 2012 fortzusetzen“, erläutern Marina Barth und Frank Überall. In Zukunft ist daran gedacht, auch Schulklassen in Sondervorstellungen von "RAT reloaded“ an das Geschehen im Stadtrat heranzuführen. Die nächste "normale“ Vorstellung für`s Publikum findet am Freitag, 17. Juni 2011, um 20.30 Uhr statt. Dann geht es nach einer Sommerpause ab 14. Oktober mit monatlichem Rats-Kabarett weiter. Informationen und Karten gibt es unter www.kluengelpuetz.de.


Video-Link:
http://www.youtube.com/watch?v=USoU3cr6ec8
 
Theater und Karten:
www.kluengelpuetz.de


Online-Flyer Nr. 304  vom 01.06.2011

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE