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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Kultur und Wissen
Videokunst auf der Messe LOOP FAIR in Barcelona
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Von Karin Lauerwald und Susanna Düllmann

Die adäquate Präsentation von Videokunst war ein zentrales Thema der vierten LOOP in Barcelona, die vom Herbst in den Mai verlegt wurde, um der zeitlichen Konkurrenz mit anderen Kunstmessen zu entgehen. Mit einem Preis für ihr jüngstes Werk ausgezeichnet wurde auch die in Köln und Berlin lebende Künstlerin Corinna Schnitt.

Erstmals war die größte internationale Messe für Videokunst direkt im Zentrum, an der Plaza de Catalunya, im elegant restaurierten Hotel Regina angesiedelt. Auf drei Etagen hatten sich in den Hotelzimmern die 42 Galeristen aus Spanien (12), Deutschland (7), USA und Frankreich (jeweils 4), den Niederlanden, Schweiz, Israel, Portugal und UK (2) Japan, Belgien, Italien, Slovakei und Kanada (1) eingerichtet, um den angereisten Sammlern, Kuratoren und "Video Art Lovers" den Stand der Videokunst heute zu zeigen.

Dabei waren zumeist neue Arbeiten und sogar 18 Weltpremieren zu sehen, darunter "One upon a time" von Corinna Schnitt, von der gerade eine Retrospektive in der Kölner Galerie Figge von Rosen gezeigt wird, die "Sleepers" von Johanna Domke von der Hamburger Galerie Art Agents, eine Kamerafahrt durch die Wartehalle eines Flughafens, die Reisende an diesem Nicht-Ort in einen märchenhaften Schlaf versunken zeigt, und "The Milkmaid" der bulgarischen Künstlerin Marian Vassileva der Galerie DNA, Berlin - eine Reflektion über das gleichnamige Gemälde Vermeers. Die führende deutsche Videoart-Galeristin Anita Beckers aus Frankfurt, die auch für die gut organisierten und besetzten Panels verantwortlich war, war mit ihren Künstlern Björn Melhus und Eva Teppe vertreten.

Die Organisatoren der Messe, angeführt von Anita Beckers und dem Londoner Sammler Jean-Claude Lemaitre, hatten die mit 50 Videos teilnehmenden Galerien ausgewählt. Gezeigt wurden aber wesentlich mehr Arbeiten, wohl auch, um den zahlreich angereisten Sammlern interessante Angebote machen zu können. Die Stücke wurden zu Preisen zwischen 1.800 EUR und 30.000 EUR gehandelt. In keinem Fall wurden mehr als 10 Kopien von einer Arbeit angeboten. Insgesamt wurden 45 Videos mit einem Gesamtwert von über 100.000 EUR verkauft. Die relativ niedrige Summe stellte Aussteller und Veranstalter zufrieden, da der Aufwand für die Teilnahme an der Messe vergleichsweise gering war. Videokunst ist eine Kunstgattung, die mittlerweile in keinem Museum fehlt, sie wird aber noch zu recht niedrigen Preisen angeboten.

Videostill aus 'Once upon a time' von Corinna Schnitt
Videostill aus "Once upon a time" von Corinna Schnitt
Foto: Galerie Figge von Rosen


Meist projizierten die Galeristen jeweils ein Hauptwerk großformatig, während ein bis zwei Arbeiten fast versteckt in Nischen des Hotelzimmers auf einem Monitor oder Laptop liefen.  Die Länge der Arbeiten variierte zwischen 2 und 132 Minuten. Erstaunlicherweise fanden sogar einige Installationen ausreichend Platz bei diesem Messekonzept, wie das erstmalig gezeigte dreiteilige Werk "Kaizen" von Jordi Fulla und David Garrida, ein visuelles Labyrinth, das Ideen von Fortschritt, Tradition und Schönheit aus westlicher und östlicher Sicht gegenüberstellt, das von der in Barcelona ansässigen Galerie Trama gezeigt wurde.

Groß muss eine Präsentation nicht sein, die einen Sammler von Videokunst erreichen soll; das wurde spätestens nach dem Collectors Talk des Sammlerpaars Heather und Tony Podesta aus Washington D.C. deutlich, die auf der LOOP Fair einen Einblick in ihre Lieblingsstücke und den Erwerb derselben gaben. So hatten sie seinerzeit eine Arbeit auf einem winzigen Monitor bei der Künstlerin "entdeckt" und sofort gekauft. Das Paar verriet, dass es für die Sammlung im eigenen Haus sogar einen kubischen weißen Raum hat bauen lassen, in dem wechselnde Arbeiten präsentiert würden, neben anderen Werken, die im Haus verteilt auf Monitoren liefen oder projeziert würden.

Allgemein dürften die gesunkenen Kosten für eine repräsentative Präsentation der erstandenen Werke mittels Flat Screen und Projektor die Sammelleidenschaft begünstigen, so wie die Fortschritte beim Konservieren historischer Tapes Ängste über deren Wertverlust in den Hintergrund rücken.

LOOP-Gäste: Candice Breitz und Björn Melhus
LOOP-Gäste: Candice Breitz und Björn Melhus
Foto: Susanna Duellmann


Wie sieht die Zukunft des Formats LOOP Fair aus? fragte Anita Beckers während eines Panels. Das bleibt abzuwarten, fest steht aber: Die Messe wird ihren Sitz in der Innenstadt Barcelonas behalten. Die Präsentation in Hotelzimmern als Orte zwischen privater und öffentlicher Sphäre hat sich als ideal für die Rezeption der Videobänder bewährt. Im engen Austausch mit Gleichgesinnten in intimer Atmosphäre auf komfortablen Sitzgelegenheiten bieten sie auf engem Raum Konzentration auf das Werk. Diese Begrenzung ermöglicht, was andere Museums- oder Messe-Räume oft vermissen lassen.

140 akkreditierte und geladene Gäste waren in diesem Jahr dabei. Die örtliche Presse fordert mehr Zugang für die Öffentlichkeit - kein Wunder, die Teilnehmerzahl zur Messe war schon durch Konzept und Location begrenzt. Doch schon 10 Tage vorher begann über die ganze Innenstadt verteilt in öffentlichen Gebäuden, Galerien, Clubs und Innenhöfen das umfangreiche Rahmenprogramm OFF LOOP: Hervorragend kuratierte Videoprogramme, Konferenzen, Performances und Previews, darunter ein Konzert der Band Liquid Architecture.  "Revolution is over" heisst das neue Album der französischen Gruppe, die schon mit arrivierten Künstlern wie Erwin Wurm und Jonas Mekas zusammengearbeitet hat. Ihre Antwort dazu formuliert die Band in dem Titelsong selbst: "We are on" heißt sie - Eine programmatische Parole für LOOP Fair, die Videokunst als eigenständige Form definiert, eine Sparte, die nach 40 Jahren erwachsen ist und ihren Platz im Kunstmarkt erobert hat.

Mehr: www.loop-barcelona.com


Online-Flyer Nr. 47  vom 06.06.2006

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