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Lokales
Markt der Möglichkeiten beim Stadtteilfest in Köln-Finkenberg
Was ist LOS?
Von Emma Weiß
Eine neue Stimmung im Viertel verbreiten sollen zahlreiche LOS-Projekte, die ihre Arbeit und Ergebnisse präsentieren werden, denn auch Finkenberg ist ein benachteiligter Stadtteil. Das war nicht immer so. In den 70er Jahren noch als Demo-Projekt errichtet, als Vorzeigeviertel für modernes Bauen und Leben, ist Finkenberg inzwischen - durch einseitige Belegung mit Menschen aus verschiedenen schwächeren Gruppen der Gesellschaft und durch völlig desinteressierte Eigentümer der Wohnsilos - zu einem Gebiet mit erhöhtem Erneuerungsbedarf geworden. An den Hochhäusern wurde zum Teil seit zwanzig Jahren nichts mehr getan. Man kann sich lebhaft vorstellen, was das bedeutet, wenn ein paar hundert Menschen in einem solchen Silo zusammen leben.
Den Eigentümern scheint das überwiegend egal, da sie jeden Monat ihre sichere Miete vom Sozialamt kassieren. Die Bewohner haben keine Möglichkeit sich zu wehren, denn die üblichen Druckmittel gegenüber unverantwortlichen Vermietern wie Mietminderungen oder Klagen zum Abstellen von Schäden, die z.T. ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen, stehen Mietern, deren Miete das Sozialamt direkt an die Vermieter überweist, nicht zu Gebote. Zu Überprüfungen durch die amtlichen Stellen kommt es angeblich wegen Personalmangel nicht. Offenbar hat man zu viele Stellen bei der Stadt gestrichen.
Der einzige Druck, den die Stadt Köln ausüben könnte, wäre, heruntergekommene Wohnungen nicht mehr zu belegen, bis die Missstände abgeschafft worden sind. Aber dazu reicht der alternative Wohnraum, der belegt werden kann, bei weitem nicht aus. Leer stehende Wohnungen wie im Barmer Block werden - dort 260 an der Zahl - von eben dieser Stadt zur Zeit zugunsten von Messe und "Investoren" abgerissen. Drum werden auch die Finkenberger Silo-Wohnungen weiterhin benachteiligten Familien zugewiesen, egal wie sie aussehen.
Ganz egal scheint Finkenberg der Stadt aber nicht zu sein. Immerhin hat sie das Viertel als Gebiet mit "erhöhtem Erneuerungsbedarf" bei der Landesregierung angemeldet, und Stadt und Land haben rund 2,5 Millionen Euro als Soforthilfe zusätzlich bewilligt. Was geschieht mit diesem Geld? Ich habe Barbara Moritz, Bürgermeisterin der Grünen und Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss, dazu befragt. Nach ihrer Auskunft ist das Geld u.a. in die Erneuerung von Wegen und Grünflächen geflossen. Finkenberg solle schöner werden, damit auch Menschen ohne Zuweisung vom Sozialamt hier in Zukunft wohnen wollen.

Eine gemischte Einwohnerstruktur wäre sicher sinnvoll, aber was haben die jetzt hier lebenden Menschen davon? Ich höre, dass auch in die "Sicherheit" investiert wurde. Dunkle Ecken und unübersichtliche Hauseingänge sind verändert worden. Wenn eine Frau abends allein nach Hause kommt, ist das sicher eine sinnvolle Investition, doch drängt sich hier der Eindruck - wie in vielen anderen politischen Bereichen - auf, dass Sicherheit wichtiger ist als Freiheit. "Anreize" für die Vermieter zur Fassadenverschönerung würden ebenfalls geschaffen, höre ich. Ob Vermieter, die nur abkassieren wollen, durch solche Anreize wirklich dazu gebracht werden, etwas zu tun?
Was bei all diesen Maßnahmen auffällt, ist, dass ein wichtiger Aspekt, der Zukunft für Finkenberg bedeuten kann, völlig vergessen wurde: die Kinder und Jugendlichen. Viele Spiel- und Sportplätze liegen auf privatem Grund. Warum vergibt man Gelder nicht zweckgebunden zu deren Sanierung? Jeder weiß, dass Perspektivlosigkeit und sinnlos totgeschlagene Zeit oft in Drogen- und Kleinkriminalität münden. Seit 30 Jahren wird der Neubau eines zentralen Jugendzentrums für Finkenberg von Stadtverwaltung und Politik in Aussicht gestellt. Wann wird diese wichtige Einrichtung endlich realisiert und mit ausreichend Fachpersonal besetzt? Während Monika Möller (SPD) bereit ist, sich für die Freisetzung von zweckgebundenen Geldern für die Finkenberger Kinder und Jugendlichen einzusetzen, ließ sich Barbara Moritz zu keiner konkreten Zusage in dieser Richtung bewegen. Es blieb bei allgemeinen Versprechungen.
Immerhin konnte nach der Stadt-Anzeiger-Serie "Die harten Jungs von Köln" 2005 eine Streetworkerstelle für den Jugendbereich in Finkenberg eingerichtet werden. Dieser "niederschwellige Ansatz", durch den man versucht, Jugendliche auf der Straße abzuholen, um sie gezielt in ihnen adäquate Projekte oder Jugendeinrichtungen einzubinden, ist sinnvoll und notwendig. Franco Clemens, der sich diese Stelle mit einer Sozialarbeiterin teilt, organisiert nun auch das LOS-Stadtteilfest. Er wird am Samstag durchs Programm führen.
Was wünscht der Streetworker sich für Finkenberg? Als ich ihn frage, schmunzelt er und meint, er hätte ganz konkrete Wünsche an die Politik. Zum einen gehe es um attraktive Spiel- und Freizeitangebote für die Kinder und Jugendlichen im Viertel. Außerdem könne man private Investoren auf den Standort aufmerksam machen, z.B. um einen Indoor-Spielplatz einzurichten, denn gutes Wetter zum draußen Spielen gibt es nicht das ganze Jahr. Sinnvoll sei auch, eine zweite Streetworker-Stelle einzurichten. Damit könnte eine umfassendere Präsenz erreicht werden, da sich die Arbeit gerade im Jugendbereich vor allem in den Abendstunden abspiele.
Man sieht: es ist viel LOS und gibt noch viel zu tun in Finkenberg. Wer sich engagieren möchte, hat da einige Möglichkeiten. Und was könnte ein sinnvollerer Anfang sein, als sich bei einem Fest kennen zu lernen, miteinander zu feiern, zu lachen, ein vielseitiges Programm zu genießen, gemischt ist aus guter Musik, auch von Gruppen vor Ort, und der Aussagen der Kommunalpolitiker, die wir dann beim Wort nehmen sollten. Auf Wiedersehen also in Finkenberg am Samstag, 17. Juni.
Übrigens: Für die Finkenberger, die nächsten Freitag, 9. Juni, zuhause am Fernseher und nicht bei der großen NRhZ-Party im Friedenspark sind, habe ich noch einen Tipp: Hört mal nach dem Fußballspiel in "Hörens" rein, das Bürgerfunkmagazin von Radio Flok. Dort gibt es von 20.05 bis 20.55 Uhr ein Interview mit Streetworker Franco Clemens zu Finkenberg. Auch Barbara Moritz wird da zu hören sein. Auf Radio Köln, 107,1. Und spätestens dann ab zur NRhZ-Fete!
Online-Flyer Nr. 47 vom 06.06.2006
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Markt der Möglichkeiten beim Stadtteilfest in Köln-Finkenberg
Was ist LOS?
Von Emma Weiß
Eine neue Stimmung im Viertel verbreiten sollen zahlreiche LOS-Projekte, die ihre Arbeit und Ergebnisse präsentieren werden, denn auch Finkenberg ist ein benachteiligter Stadtteil. Das war nicht immer so. In den 70er Jahren noch als Demo-Projekt errichtet, als Vorzeigeviertel für modernes Bauen und Leben, ist Finkenberg inzwischen - durch einseitige Belegung mit Menschen aus verschiedenen schwächeren Gruppen der Gesellschaft und durch völlig desinteressierte Eigentümer der Wohnsilos - zu einem Gebiet mit erhöhtem Erneuerungsbedarf geworden. An den Hochhäusern wurde zum Teil seit zwanzig Jahren nichts mehr getan. Man kann sich lebhaft vorstellen, was das bedeutet, wenn ein paar hundert Menschen in einem solchen Silo zusammen leben.
Den Eigentümern scheint das überwiegend egal, da sie jeden Monat ihre sichere Miete vom Sozialamt kassieren. Die Bewohner haben keine Möglichkeit sich zu wehren, denn die üblichen Druckmittel gegenüber unverantwortlichen Vermietern wie Mietminderungen oder Klagen zum Abstellen von Schäden, die z.T. ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen, stehen Mietern, deren Miete das Sozialamt direkt an die Vermieter überweist, nicht zu Gebote. Zu Überprüfungen durch die amtlichen Stellen kommt es angeblich wegen Personalmangel nicht. Offenbar hat man zu viele Stellen bei der Stadt gestrichen.
Der einzige Druck, den die Stadt Köln ausüben könnte, wäre, heruntergekommene Wohnungen nicht mehr zu belegen, bis die Missstände abgeschafft worden sind. Aber dazu reicht der alternative Wohnraum, der belegt werden kann, bei weitem nicht aus. Leer stehende Wohnungen wie im Barmer Block werden - dort 260 an der Zahl - von eben dieser Stadt zur Zeit zugunsten von Messe und "Investoren" abgerissen. Drum werden auch die Finkenberger Silo-Wohnungen weiterhin benachteiligten Familien zugewiesen, egal wie sie aussehen.
Ganz egal scheint Finkenberg der Stadt aber nicht zu sein. Immerhin hat sie das Viertel als Gebiet mit "erhöhtem Erneuerungsbedarf" bei der Landesregierung angemeldet, und Stadt und Land haben rund 2,5 Millionen Euro als Soforthilfe zusätzlich bewilligt. Was geschieht mit diesem Geld? Ich habe Barbara Moritz, Bürgermeisterin der Grünen und Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss, dazu befragt. Nach ihrer Auskunft ist das Geld u.a. in die Erneuerung von Wegen und Grünflächen geflossen. Finkenberg solle schöner werden, damit auch Menschen ohne Zuweisung vom Sozialamt hier in Zukunft wohnen wollen.

Eine gemischte Einwohnerstruktur wäre sicher sinnvoll, aber was haben die jetzt hier lebenden Menschen davon? Ich höre, dass auch in die "Sicherheit" investiert wurde. Dunkle Ecken und unübersichtliche Hauseingänge sind verändert worden. Wenn eine Frau abends allein nach Hause kommt, ist das sicher eine sinnvolle Investition, doch drängt sich hier der Eindruck - wie in vielen anderen politischen Bereichen - auf, dass Sicherheit wichtiger ist als Freiheit. "Anreize" für die Vermieter zur Fassadenverschönerung würden ebenfalls geschaffen, höre ich. Ob Vermieter, die nur abkassieren wollen, durch solche Anreize wirklich dazu gebracht werden, etwas zu tun?
Was bei all diesen Maßnahmen auffällt, ist, dass ein wichtiger Aspekt, der Zukunft für Finkenberg bedeuten kann, völlig vergessen wurde: die Kinder und Jugendlichen. Viele Spiel- und Sportplätze liegen auf privatem Grund. Warum vergibt man Gelder nicht zweckgebunden zu deren Sanierung? Jeder weiß, dass Perspektivlosigkeit und sinnlos totgeschlagene Zeit oft in Drogen- und Kleinkriminalität münden. Seit 30 Jahren wird der Neubau eines zentralen Jugendzentrums für Finkenberg von Stadtverwaltung und Politik in Aussicht gestellt. Wann wird diese wichtige Einrichtung endlich realisiert und mit ausreichend Fachpersonal besetzt? Während Monika Möller (SPD) bereit ist, sich für die Freisetzung von zweckgebundenen Geldern für die Finkenberger Kinder und Jugendlichen einzusetzen, ließ sich Barbara Moritz zu keiner konkreten Zusage in dieser Richtung bewegen. Es blieb bei allgemeinen Versprechungen.
Immerhin konnte nach der Stadt-Anzeiger-Serie "Die harten Jungs von Köln" 2005 eine Streetworkerstelle für den Jugendbereich in Finkenberg eingerichtet werden. Dieser "niederschwellige Ansatz", durch den man versucht, Jugendliche auf der Straße abzuholen, um sie gezielt in ihnen adäquate Projekte oder Jugendeinrichtungen einzubinden, ist sinnvoll und notwendig. Franco Clemens, der sich diese Stelle mit einer Sozialarbeiterin teilt, organisiert nun auch das LOS-Stadtteilfest. Er wird am Samstag durchs Programm führen.
Was wünscht der Streetworker sich für Finkenberg? Als ich ihn frage, schmunzelt er und meint, er hätte ganz konkrete Wünsche an die Politik. Zum einen gehe es um attraktive Spiel- und Freizeitangebote für die Kinder und Jugendlichen im Viertel. Außerdem könne man private Investoren auf den Standort aufmerksam machen, z.B. um einen Indoor-Spielplatz einzurichten, denn gutes Wetter zum draußen Spielen gibt es nicht das ganze Jahr. Sinnvoll sei auch, eine zweite Streetworker-Stelle einzurichten. Damit könnte eine umfassendere Präsenz erreicht werden, da sich die Arbeit gerade im Jugendbereich vor allem in den Abendstunden abspiele.
Man sieht: es ist viel LOS und gibt noch viel zu tun in Finkenberg. Wer sich engagieren möchte, hat da einige Möglichkeiten. Und was könnte ein sinnvollerer Anfang sein, als sich bei einem Fest kennen zu lernen, miteinander zu feiern, zu lachen, ein vielseitiges Programm zu genießen, gemischt ist aus guter Musik, auch von Gruppen vor Ort, und der Aussagen der Kommunalpolitiker, die wir dann beim Wort nehmen sollten. Auf Wiedersehen also in Finkenberg am Samstag, 17. Juni.
Übrigens: Für die Finkenberger, die nächsten Freitag, 9. Juni, zuhause am Fernseher und nicht bei der großen NRhZ-Party im Friedenspark sind, habe ich noch einen Tipp: Hört mal nach dem Fußballspiel in "Hörens" rein, das Bürgerfunkmagazin von Radio Flok. Dort gibt es von 20.05 bis 20.55 Uhr ein Interview mit Streetworker Franco Clemens zu Finkenberg. Auch Barbara Moritz wird da zu hören sein. Auf Radio Köln, 107,1. Und spätestens dann ab zur NRhZ-Fete!
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