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Globales
„Die hauptsächlichen "Wähler“ von Obama waren die Finanzinstitute“ (Chomsky)
Gefahren für Lateinamerika nehmen zu
Von Angel Guerra Cabrera, Havanna

Die Einschätzung der Zwischenwahlen in den USA führt zu einer schwerwiegenden Diagnose über den Gesundheitszustand des Imperiums. Es geht da nicht wie zu anderer Zeit um etwas, was sich als großer Sieg der Republikanischen Partei oder „Ohrfeige“ an die Demokratische Partei definieren ließe, wie es Obama selbst nannte. Von den zahlenmäßigen Wahlergebnissen her muss darüber hinaus gesehen werden, was diese Wahlergebnisse zum Ausdruck bringen. Auch wenn diese Zeilen beabsichtigen, die Wahlfolgen für Lateinamerika zu diskutieren, halte ich für unerlässlich, ihnen voranzustellen, was sie uns über die US-Gesellschaft sagen. Ich werde daher die Meinung von Noam Chomsky zusammenfassen, weil sie am heftigsten von allem ausfällt, was ich gelesen habe.
 

Professor Noam Chomsky
Quelle: wikipedia
Der 82 Jahre alte Philosoph meint, dass die vergangenen Wahlen in den USA „ein Niveau an Wut, Furcht und Desillusion im Land aufweisen, wie ich es mein Leben lang nicht zu erinnern vermag“. Er meint, dass die Demokratische Partei die „Folgen“ ihrer Regierungsposition abbekam. Aber er erinnert daran, dass die derzeitige sozialökonomische und politische Situation ihre Wurzeln in den 70er Jahren hat, als mit der „Finanzunterwerfung“ der Wirtschaft und dem „Ausschlachten“ der Produktion begonnen wurde, was zu einer extremen Konzentration der wirtschaftlichen und politischen Macht und einer „nie dagewesenen“ Ungleichheit geführt hat. Obwohl Reagan und seine republikanischen Nachfolger höchste Verantwortung gehabt haben, haben dies auch die Demokraten, denn diese politischen Spielarten begannen mit Carter, erfuhren einen großen Schub unter Clinton, und die hauptsächlichen „Wähler“ von Obama waren die Finanzinstitute.
 
Chomsky erklärt den Aufschrei der Menschen wegen der Massenarbeitslosigkeit bei zugleich gigantischen Profiten und Prämien für die Bankiers, welche für die Krise verantwortlich sind und von den Steuerzahlern vor den Folgen der Krise gerettet werden. Chomsky warnt, dass man die Tea Party nicht unterschätzen darf, so irrational ihre Vorstellungen auch sind. Was man sich fragen muss: Warum zu recht verärgerte Menschen von den ultrareaktionären Kräften anstelle des „konstruktiven Aktivismus“ bewegt werden, wie er während der Großen Weltwirtschaftskrise 1929-32 aufkam.
 
Auch wenn die Logik seiner Einschätzung Chomsky dazu bringt, eine Äußerung des deutschen Historikers Stern aufzugreifen, der die Zukunft der USA mit der von Hitlerdeutschland assoziiert, meint er dann, dass sich die Geschichte nicht wiederholt, und dass es nicht an Aufgaben mangelt für jene, die eine Alternative „zu schlecht geleiteter Wut und Irrung“ im Schilde führen und „den Fortschritt zu einer besseren Zukunft anführen“.
 
Eine Prognose darüber, wie diese Wahlen die Welt und insbesondere Lateinamerika beeinflussen, muss in Betracht ziehen, dass die Leitung aller Ausschüsse des Abgeordnetenhauses in die Hände der Republikaner übergeht, in einigen Fällen in die Hände von Ultrareaktionären wie beim Außenpolitischen Ausschuss des Repräsentantenhauses, welcher von Ileana Ros-Lehtinen geleitet werden wird, die wie viele der frisch gewählten Abgeordneten eine Führungsperson der antikubanischen Konterrevolution und eifrige Zionistin ist.
 

Ileana Ros-Lehtinen aus Florida - unterstützt
seit Jahren die antikubanische Konterrevolution
Dies bedeutet, dass der Druck, alles zu tolerieren, was Israel durchführt, und einen Krieg gegen Iran zu beginnen, sich erhöht. Ebenso erhöht sich der Groll gegen jede Bemühung, unabhängig von den USA zu werden. Vergessen wir, dass irgendetwas zugunsten von Gegenmaßnahmen wegen der Erderwärmung geschieht, wenn dies von der Haltung dieses Legislativorgans abhängt.
 
Wenn wir in Betracht ziehen, dass zusammen mit der erwähnten Dame jetzt die konterrevolutionäre Fraktion kubanischen Ursprungs auf fünf Abgeordnete anwächst und zwei Senatorensitze einnimmt, sowie die finanziellen und ideologischen Synergien (Beiträge zu ihren Wahlkämpfen mit Geldern der Miami-Mafia), die sie mit anderen Kollegen der beiden Parteien hervorbringen, dann können wir uns denken, dass nur äußerst schwer durch die beiden Parlamentskammern der USA irgendeine Maßnahme durchkommen kann, die den Belagerungsring um Kuba aufweicht. Da sollten wir eher das Gegenteil erwarten.
 
Es sei daran erinnert, dass das Helms-Burton-Gesetz nicht aus sich selbst erwuchs, sondern von Clinton genehmigt wurde. Bei beiden Parlamentskammern der USA haben an Kraft und Zahl die eingefleischten Feinde der fortschrittlichen Regierungen Lateinamerikas zugelegt, eifrige Parteigänger des Staatsstreichs in Honduras und des Regimewechsels in Kuba, Venezuela, Ecuador und Bolivien. Gleichzeitig muss man die Ermutigung bei den kreolischen Reaktionären in Betracht ziehen, die einen Wechsel dieser Art in den USA hervorruft.
 
Zusammengefasst wächst die Gefahr, die schon sehr schwerwiegend war: die Gefahr der Destabilisierung auf Betreiben der ultrareaktionären Kräfte der USA gegen jede Regierung in Lateinamerika mit einer Mindestverpflichtung gegenüber ihrem Volk, gegen die Unabhängigkeit und Souveränität und den Impuls zur Einheit und Integration Lateinamerikas. Es werden auch die Spielarten der Politik zunehmen, um die fortschrittlichen Regierungen und Integrationsorgane Unseres Amerikas zu spalten. Obama könnte noch einen positiven Einfluss auf das friedliche Zusammenleben mit seinen Nachbarn ausüben, aber wenn er dies bisher nicht getan hat... (PK)
 
Quelle: http://www.cubadebate.cu/o übersetzt von Jens-Torsten Bohlke, Brüssel für www@kommunisten-online.de
Professor Noam Chomsky, von dem das Zitat in der Überschrift stammt, geboren 1928 in Philadelphia (USA) als Sohn des jüdischen Hebräisten William Chomsky, ist seit dem Vietnamkrieg als scharfer Kritiker der US-amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik bekannt und unterstützt seit 2008 das „Free Gaza Movement“.


Online-Flyer Nr. 276  vom 17.11.2010

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