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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Sport
Frankfurt siegt zum achten Mal in Serie, Duisburg makellos im Aufwind
Potsdam feiert Herbstmeisterschaft
Von Bernd J.R. Henke

Endresultate mit dieser Eindeutigkeit gab es schon lange nicht mehr im deutschen Oberhaus des Frauenfußballs. In fünf von sechs Partien sah man die auswärtigen Mannschaften als Sieger vom Platz gehen. Allerdings hatten im Spielverlauf alle Favoriten mehr Mühe als gedacht. Den vier Spitzenteams 1.FFC Turbine Potsdam, 1.FFC Frankfurt, FCR 01 Duisburg und SC 07 Bad Neuenahr standen gut eingestellte kämpferisch ebenbürtige Mannschaften gegenüber, die von ihren Trainern mental gut eingestellt waren und couragiert dagegen hielten .



Freude zur gewonnenen Herbstmeisterschaft Nadine Keßler (li.), Yuiki Nagasato, Inka Wesely | Foto: Jan Kuppert. Potsdam
 
FC Bayern München - 1. FFC Frankfurt 0:2 (0:1)
1. FC Saarbrücken - FCR 2001 Duisburg 0:3 (0:2)
FF USV Jena - VfL Wolfsburg 1:4 (1:3)
Hamburger SV - Herforder SV 3:0 (0:0)
Essen-Schönebeck - 1. FFC Turbine Potsdam 1:4 (0:2)
Bayer 04 Leverkusen - SC 07 Bad Neuenahr 1:4 (1:2)
 
Risiko
 
Die stärksten Kräfte und Mühen aufzuwenden hatten die zur Zeit erfolgsverwöhnten Frankfurterinnen im oberbayerischen Sportpark Aschheim. Sie konnten gegen eine feldüberlegende heimische Frauenmannschaft des FC Bayern München nur deshalb mit einem Dreier punkten, da sie in Effizienz sowie Chancenverwertung den emsigen Münchnerinnen klar überlegen waren. Cheftrainer Sven Kahlert wusste aus den vier Auswärtsniederlagen in Folge gegen die FCB-Frauen in Aschheim bei Ismaning um deren Konterstärke. Nicht Offensive war diesmal das Rezept, sondern das Stürmen aus verstärkter Defensive, um das Konterrisiko zu minimieren. Erfreulicherweise setzte sein Gegenspieler, der 28-jährige Bayern-Trainer Thomas Wörle vor 1335 Zuschauern auf ein attraktives offensives Spiel seiner in weiß-rot gestreiften Trikots spielenden Frauen.


Birgit Prinz überspielt Isabell Bachor | Foto: girlsplay
 
Youngster
 
Trotz prominenter Abgänge zu Saisonbeginn, wie Melanie Behringer zum FFC Frankfurt oder auch Bianca Rech zum SC 07 Bad Neuenahr, hat der Youngster aller Bundesligatrainer es im Laufe der bisherigen Saison verstanden, mit jungen talentierten Zugängen um die Leistungsträgerinnen Sandra de Pol sowie Tanja Wörle wieder eine gute Mannschaft zu formen. Die im Juli erst 17 Jahre alt gewordene Schülerin Clara Schöne aus der Zweiten Mannschaft verschaffte sich mit super Leistungen gegen schwere Gegnerinnen einen Stammplatz in der FCB-Abwehr. Die erfahrene Ex-Nationalspielerin Petra Wimbersky war im Sommer vom Main an die Isar gewechselt.
 
Fassungslos
 
Auch Turbine Potsdam mit immerhin zehn Nationalspielerinnen, darunter die für Nippons Land spielende Nationalspielerin Yuki Nagasato, sowie als Elfte, die Champions League Heldin Torfrau Anna Felicitas Sarholz, mussten noch in den verbliebenen zwölf Schlussminuten erbittert gegen die SG Essen-Schönebeck kämpfen, nachdem die US-Amerikanerin Michelle Weissenhofer (78.) die Essener Mannschaft auf 1:2 heranführt hatte, nachdem Potsdam eine 2:0 Führung aus der ersten Halbzeit mehr verwalteten als numerisch ausbauen konnte. Wir haben uns das Leben heute selbst schwer gemacht,“ rekapulierte Potsdams Cheftrainer Bernd Schröder nach dem Spiel selbstkritisch. Zu viele Fehlpässe und ein vor allem in der ersten Halbzeit zu passiv agierendes Mittelfeld mit Schmidt, Odebrecht, Zietz und Kemme setzte zu wenig spielerische Akzente. Kein Spielfluss in Harmonie, der den Turbine Motor hätte anwerfen können.


Bianca Schmidt im Zweikampf mit US-Amerikanerin Katarina Tarr
Foto: Jan Kuppert, Potsdam
 
Coolness
 
Trotzdem feierten die Brandenburgerinnen im Stadion „Am Hallo“ in Schönebeck vor 812 Zuschauer die Herbstmeisterschaft der Saison 2010/2011. Cheftrainer Bernd Schröder musste eingestehen, dass seine Truppe noch nicht in tadelloser Manier und spielerische Konstanz aufwarten konnte. Es fehlte einigen Spielerinnen des Kaders die Souveränität in Drucksituationen, von Abgezockheit und Coolness keine Spur. Die Trainerin für Wahrnehmung, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung Elke Behrendt vermutet, dass die internationalen Einsätze in der deutschen Nationalmannschaft insbesondere bei Potsdam kontraproduktiv zur Vereinsarbeit stehen und die Potsdamer Spielerinnen noch nicht genug in sich selber ruhen, um aus ihrer eigenen Substanz Selbstvertrauen zu schöpfen. Zu stark ist die Ablenkung durch die andere Welt der Nationalmannschaft mit der WM 2011 Celebrity Show.
 
Torhungrig
 
Realist Schröder weiß, dass der direkte Vergleich im Rückspiel in Frankfurt seiner Mannschaft Potsdam die derzeitige Trumpfkarte, alles noch selber in der Hand zu haben, um ohne Fremdhilfe die Meisterschaft erringen zu können, mit dem wichtigen Spiel in Frankfurt verloren gehen könnte. Zu beständig spielt der Rivale in Frankfurt, zu stark ist dessen Cleverness, Routine und Abgezocktheit, zu stark besetzt ist der relativ kleine Frankfurter Kader, den Verletzungspech bisher verschonte, wenn da nicht der Fall Garefrekes passiert wäre. „Die Herbstmeisterschaft für Turbine, dass ist ein großer Erfolg,“ grantelte der „General aus Potsdam“ versöhnlich, aber geistig dicht verfolgt von den torhungrigen Frankfurterinnen, die diesmal in der oberbayrischen Laptop und Lederhosen Welt auf die Torjägerin Nationalspielerin Kerstin Garefrekes verzichten mussten.


(Turbine Potsdam) im Torjubel im Spiel gegen ihren früheren Verein SG Essen-Schönebeck | Foto: Jan Kuppert, Potsdam
 
Hiobsbotschaft
 
Garefrekes wurde während des Länderspiels gegen Australien mit einem scheinbaren Verdacht auf Kreuzbandriss vom Platz getragen. Die ganze Woche war man in Frankfurt darüber schockiert und konsterniert, traurig und gelähmt. Sollte die Hiobsbotschaft der Ärzte stimmen, wäre der Super-Gau in Frankfurt eingetreten. Kerstin Garefrekes ist in der jetzigen Form unersetzlich. Sie schoss bisher 25 Tore und liegt mit einem Tor vor Inka Grings in der Torschützenliste. Dass würde Frankfurt wohl die Chancen einer möglichen Meisterschaft kosten. Die zahlreichen Online-Dienste, Sportportale und Blogger hatten fast täglich die Öffentlichkeit über die Verletzung der Nationalspielerin informiert, es fehlte eigentlich nur noch der Krankenbrief der Ärzte in der Berichterstattung.
 
Freiwild im Sperrbezirk
 
Als Freitag abend der FFC Manager Siegfried Dietrich in den Fahrstuhl der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung stieg, um auf der „Belle Etage“ in der FAZ-Talkrunde Doris Fitschen, Nia Künzer und Fußballlegende Bärbel Wohlleben zum Thema „Frauenfussball – Emanzipation in einer Männerdomäne – 40. Jahrestag des DFB Frauenfußball-Verbots zu diskutieren, erreichte den Business Mann kurz zuvor die Nachricht, dass Kerstin Garefrekes keine ernsthafte Verletzung für den Rest der WM-Saison ausschalten würde. Wer Dietrich kennt, weiß, dass auch einige lukrative Werbeverträge mit Garefrekes als Testimonial für eine Krankenkasse und weiteren Kunden in Gefahr geraten wären. Um so mehr war ihm anzumerken, dass er seine Pfründe wohl wieder als gesichert sah, um so mehr spielte er seine Rolle des Erfolgreichen mit leichter Mäkeligkeit bei kritischen Fragen. FAZ-Moderator Daniel Meuren zitierte auch die NRhZ Online, ein ernstzunehmender Konservativer auf Augenhöhe. Sein Artikel „Freiwild im Sperrbezirk“ in der FAZ ist amüsant und auch für kritische LeserInnen lesbar.


Meike Weber mit Duell mit Isabell Bachor | Foto: girlsplay
 
DFB-TV
 
Zum Spiel nach Bayern nahm der 40-jährige Cheftrainer Sven Kahlert, der von Spiel zu Spiel an Selbstbewusstsein gewinnt, die glückliche Garefrekes nicht mit, er entschied, dass die Weltklasse Fußballerin einmal zu Hause bleiben konnte, um in Ruhe die Blessuren zu kurieren. Da Garefrekes das Spiel live im DFB-TV, wie auch die meisten deutschen Frauenfußball-Journalisten mitverfolgen konnte, war sicher mit SMS die Verbindung zur Mannschaft gegeben. „Psychologie ist alles,“ meinte Fußballexperte Joe Blaha, „die gute Nachricht hat die Mitspielerinnen beflügelt, für die daheimgebliebende Mitspielerin mit zu kämpfen. Cheftrainer Kahlert verstand es, die Aufregung des Managers durch sportliche Leistung zu konterkarieren.“
 
Apathie
 
Dem amtierenden Deutschen Pokalmeister FCR 01 Duisburg fiel es ebenfalls schwieriger einen Dreier zu punkten, als das Endergebnis es erscheinen lässt. Saarbrückens Cheftrainer Stefan Fröhlich hatte in den letzten Wochen die junge Mannschaft fußballerisch weiter entwickelt, aber es fehlt noch die Stabilität und Konstanz. Gegen den 1.FFC Turbine Potsdam erzielte man zu Hause eine respektable 0:2 Niederlage, aber gegen den SC 07 Bad Neuenahr folgten zwei ernüchternde Auftritte in der Meisterschaft mit 0:6 und im Pokal mit 0:7, jeweils auswärts. Außer bei Ann-Cathrin Schinkel, Sif Atladottir, Juliana Edwards und Vanessa Skradde-Fries überwog eine seltsame Apathie in der Mannschaft. Dies galt es mental zu überwinden.

 
Saarbrücken in guter Stimmung | Foto: Holz
 
Glücksklee
 
Der FCR 2001 Duisburg fand überraschend schwer ins Spiel. Die Abwehr des 1.FC Saarbrücken stand kompakt. In den Einzelduellen ließ der FCS nicht locker, zeigte Einsatz und machte die Räume eng. Es dauerte daher eine halbe Stunde, bis Jennifer Oster sich auf dem linken Flügel durchsetzte (31.) und mustergültig auf das Geburtstagskind Inka Grings legte,deren strammer Schuss noch von Saarbrückens Torfrau Romina Holz zur 1:0 Führung abgefälscht wurde. Die rührigen Löwinnen Fans, die gegenüber der Haupttribüne ihren Stehplatz fanden, jubelten. Ihre Inka hatte in der 31. Minute an ihrem 31. Geburtstag ihr 25. Saisontor geschossen. Nur drei Minuten später leitete das Geburtstagskind das weitere Tor zum 2:0 ein. Einen Abpraller nach einer Klasseparade von Torfrau Romina Holz leitete Inka Grings an die belgische Nationalspielerin Femke Maes weiter, die Saarbrückens Torhüterin keine Chance ließ (34.) Der erst siebzehn Jahr alten Stürmerin Nina Rauch gelang (43.) ein gefährlicher 20 Meter Weitschuss, den die Duisburger Nationaltorhüterin Ursula Holl mit Mühe parieren konnte.Im familiären Umfeld des FCS wächst eine neue Spielerinnen-Generation heran, die durch zwei sehr aktive Mütter akzentuiert und unterstützt wird. Mutter Holz betreut während des Spieles die Räumlichkeiten wie Presseraum und Umkleidekabinen, Mutter Rauch sorgte für einen fantastischen Kuchen mit Glücksklee Symbolen.
 
Aufsichtsrat
 
Der neue Präsident des 1.FC Saarbrücken Paul Bogard, der knapp eine Woche zuvor durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Reinhard Klimmt vorgeschlagen und von der Mitgliedersammlung gewählt worden war, sah eine junge Saarbrücker Mannschaft, die auch nach dem Rückstand nicht aufgab, sich gemäß der taktischen Anweisung des engagierten Cheftrainers Stefan Fröhlich weiterhin nicht herauslocken ließ und somit den Löwinnen vom Niederrhein keinen Platz für Konter überließ. Es bleibt zu hoffen, dass der neue Präsident das ehrenamtliche Umfeld der Sparte Mädchen - und Frauenfußball in die professionellen Vereinsstrukturen des Großvereins wieder besser miteinbezieht. Den Zuschauerschwund der letzten zwei Jahre von mehr als 1000 Zuschauer der Saison 2007/2008 bei Spitzenspielen auf jetzt gerade mal 350 Zuschauer gilt es zu stoppen. Eine gute Mischung zwischen Ehrenamt, bezahltem Management und professioneller Außendarstellung und Sponsorenpflege für den Mädchen- und Frauenfußball leistet vergleichsweise der SC 07 Bad Neuenahr. Die neue Aufsichtsrat des FCS bestehend aus Reinhard Klimmt, Horst Hirschberger, Franz-J. Abel, Egon Schmitt und Michael Arnold wird gefordert sein ähnliche Aktivitäten zu befürworten.


Geburtstagskind Inka Grings | Foto: Jan Kuppert, Potsdam
 
Wochen der Wahrheit
 
„Nach dem 2:0 war das Spiel eigentlich schon gelaufen – zumal sich Saarbrücken nicht hat so herauslocken ließ, wie wir uns das erhofft hatten“, gab Duisburgs Cheftrainerin Martina Voss-Tecklenburg nach der Partie zu Protokoll. Den Löwinnen wollte nur noch ein Treffer gelingen. In der 80. Minute erzielte die eingewechselte Mandy Islacker aus dem Gewühl heraus das 3:0. Trotz der deutlich klingenden Niederlage bot die ohne fünf Stammspielerinnen angetretene Elf der Blau-Schwarzen insbesondere in kämpferischer Hinsicht eine durchaus ansprechende Leistung und sammelte für die kommenden Wochen der Wahrheit „viele kleine wichtige Mosaiksteinchen.“, so Cheftrainer Fröhlich. Es fehlte der gesamte FCS-Sturm mit der Weltklassespielerin Cynthia Uwak, die beim Afrika-Cup in fernen Gefilden ihrer Nationalmannschaft zur Verfügung steht, sowie durch Verletzung die Offensivkräfte Sarah Schatton und Christina Arend. Fröhlich hofft, dass Cynthia Uwak am kommenden Sonntag beim ersten „6-Punkte-Spiel“ gegen den momentan auf dem ersten Abstiegsplatz rangierenden FF USV Jena (8 Punkte) zur Verfügung stehen wird - ein richtungweisendes Duell für die Saarländerinnen und ihrem neuen Präsidenten Paul Bogard, der öffentlich bekanntgab, für die Fußballfrauen mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung zu verwenden.


Torfrau Romina Holz in Stromlinienform beim Abstoss | Foto: Holz
 
Wiedersehen
 
Zum Abschluss der Hinrunde begonnen für den FF USV Jena die Wochen der Wahrheit. Der Ausgang der nun folgenden Partien, zuerst der VfL Wolfsburg, danach in Saarbrücken, daheim gegen Leverkusen und zum Ende des Monats in Essen – wird zeigen, in welche Richtung die Entwicklung des Universitätssportclub weitergeht. Jenas Cheftrainer Thorsten Zaunmüller hatte die Woche über seine erste Mannschaft gegen seine zweite Mannschaft spielen lassen – man trennte sich natürlich mit einem 5:0 Sieg für die Erste, die aber immer noch ohne die drei afrikanischen Fußballerinnen, die immer noch für ihre Nationen im Afrika-Cup im Einsatz sind, auskommen musste. Auch an diesem 11. Spieltag im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg fehlten sie dem Verein. Der VfL Wolfsburg präsentierte sich mit den beiden Nationalspielerinnen Martina Müller und Verena Faißt, die in Wolfsburg im Länderspiel gegen Australien überzeugen konnten, und mit Yvonne Hartmann, die noch im Vorjahr mit Jena im Pokalendspiel stand, in bester Verfassung.
Abwehrverbund
 
Spielgerät über alle hinweg und landete bei Susann Utes. Sie nahm den Ball gekonnt an stupste ihn zum 1:0 über die Linie. In den folgenden fünfzehn Minuten war Jena die stärkere Mannschaft, stand kompakt im Abwehrverbund und wirkte sicherer. Die Wölfinnen gewannen aber zunehmend die Kontrolle über das Spiel. In der 28. Spielminute hatte Ivonne Hartmann die erste Chance des VfL Wolfsburg. Nach schnellem Spiel durch das Mittelfeld verwertete sie die Hereingabe von rechts direkt zum 1:1 Ausgleich. Jena tat wieder mehr für das Spiel. U-20-Weltmeisterin Sylvia Arnold, die nach vierwöchiger Verletzungspause wieder ins Team zurückkehrte tat dem Offensivspiel gut. Die Tore aber schoss der Gegner. Erneut nach schnellem Spiel durch das Mittelfeld traf Nationalspielerin Martina Müller nach einer Flanke von rechts (36.).


Yvonne Hartmann in Torlaune in alter Umgebung im Paradies
Foto: WfL

Höllentrip
 
Der vorentscheidende Treffer fiel kurz vor der Pause nach einem Eckball. Am langen Pfosten wartete Anna-Kaisa Rantanen freistehend auf den Ball und köpfte zum 1:3 ein (42.). Auch in der zweiten Halbzeit gab es nur wenige Torraumszenen. Sabrina Schmutzler kam im Strafraum an den Ball (52.), aber nicht zum Schuss. Nach einem Eckball von Hartmann landete der Ball im Tor, aber aufgrund eines Foulspiels an Jenas Torfrau Jana Burmeister wurde der Treffer nicht gegeben (61.). Martina Müller vergab in der 63. Minute die Riesenchance zum 1:4. Dann stand Julia Arnold plötzlich vor der Torhüterin der Wolfsburgerinnen. Alisa Vetterlein war aber mit den Fäusten zur Stelle. Es folgte ein weiterer Rückschlag für Jena, Sylvia Arnold knickte bei einem Zweikampf im Mittelfeld um und musste ausgewechselt werden. Kurz danach erhöhte Wolfsburg auf 1:4. Die eingewechselte Schweizer Nationalspielerin Martina Moser nahm den Ball an der Strafraumgrenze an, drehte sich und traf ins kurze Eck. Wieder keine Punkte im Paradies.
 
Abgestraft
 
Für manche Fans fühlen sich die Niederlagen der letzten Wochen wohl eher wie ein Höllentrip an. Wolfsburgs Cheftrainer Ralf Kellermann erkannte die Hauptursache der Misere des FF USV Jena und zollte dem Gegner Respekt: „Wir hatten Glück, dass Jena auf seine drei afrikanischen Spielerinnen verzichten musste. Diese Qualität ist momentan nicht zu ersetzen.“ Fußballexperte Johann Blaha analysierte die Gesamtsituation des Liga-Betriebes und konkretisierte eine Lösung: „Jena wird durch den internationalen Reiseverkehr der Nationalmannschaften und den langen spielfreien Vorbereitungen zur WM 2011 besonders abgestraft. Die Saison in Deutschland ist dieses Jahr zeitlich sehr komprimiert. Der DFB sollte wirklich in Erwägung ziehen, die 1. Bundesliga um zwei Vereine auf vierzehn Vereine für die Saison 2011/2012 aufzustocken und jeweils ein Relegationsturnier zwischen den beiden Schlusslichtern der 1. Bundesliga und den jeweiligen Zweiten der 2. Bundesliga von Staffel Nord und Staffel Süd zu veranstalten. Das gebe in der lauen WM-Vorbereitungszeit ohne Liga-Spiele von März bis zum Sommer mehr Anlass für die Zuschauer sich weiterhin für des nationalen Frauenfußball zu interessieren.“


Trainer Horst Zaunmüller (FF USV Jena) | Foto: Jan Kuppert, Potsdam
 
Lauerstellung
 
Auch der SC 07 Bad Neuenahr spielte auswärts gegen die Werkselfen von Bayer 04 Leverkusen und bleibt dank einer glänzend aufgelegten Nationalspielerin Celia Okoyino da Mbabi Tabellenvierter. Die rheinische Torfabrik gewann bei Aufsteiger Bayer 04 Leverkusen 4:1 (2:1) und liegt mit 21 Punkten in Lauerstellung hinter dem FCR 01 Duisburg, der nur zwei Punkte mehr aufweist. Nichts lief nach Fahrplan für Bad Neuenahr..Die Gastgeberinnen beschränkten sich auf die Defensive. Dem Tabellenvierten fehlte die Spritzigkeit der letzten Spiele, auch hier sah man die Belastungen, die internationale Begegnungen bei den Leistungsträgerinnen der Nationalelf hinterlassen. Leverkusen stand gut gestaffelt, kein zwingendes Durchkommen des zweitbesten Sturmes der Frauenbundesliga. Als jeder auf dem Sportplatz dachte, jetzt werden die Kurstädterinnen das Führungstor erzielen, ereignete sich eine faustdicke Überraschung. Feride Bakir, die türkische Nationalspielerin und Ex-Bad Neuenahr-Stürmerin, war es, die in der 21. Minute nach Ecke von Lisa Schwab die erste gute Chance der Platzfrauen per Kopf zum 1:0 nutzte.
 
Weckruf
 
Das überraschende Tor erschien wie ein Weckruf für die Kurstädterinnen. Ganze zwei Minuten dauerte es nur, als Leonie Maier den Ball von der Mittellinie aus vor das Leverkusener Tor brachte, wo Nationalspielerin Celia Okoyino da Mbabi. per Direktabnahme das runde Leder zum 1:1 Ausgleich einnetzte (24.). Bayer-Torfrau Lisa Schmitz war chancenlos, auch weil zwei ihrer Abwehrspielerinnen zuschauten, statt einzugreifen. Kurz danach hatte Lisa Schmitz dann zum zweiten Mal keine Chance. Dieses Mal nahm da Mbabi den Ball nach einer Ecke von Lena Goeßling direkt (27.) und hämmerte ihn zum 1:2-Pausenstand unter die Querlatte. Das waren die aufregendsten sechs Minuten einer Partie, die danach wie schon zuvor eher vor sich hin plätscherte. Leverkusens Trainerin Doreen Meier reagierte in der Pause, brachte die offensive robuste Ex-Duisburgerin Eunice Beckmann für Lena Steinbach. Auch Leverkusens Ersatztorfrau Elena Jaeschke kam zum Bundesligadebut, da Lisa Schmitz gegen Ende der ersten Halbzeit bei einer Rettungstat gegen da Mbabi verletzt wurde. Jaeschke überraschte mit einer sehr guten Leistung und entschärfte Chancen von Leonie Maier (51.), Nicole Rolser (52.) und Ramona Petzelberger (57.).


Dzenifer Marozsán und Conny Pohlers, beide sturmerprobt und international | Foto: Frank Scheuring, Würzburg
 
Herausforderung
 
Dann aber brachen die Dämme der Bayer-Abwehr. Jetzt gelang auch Ramona Petzelberger ihr Tor, nachdem Nicole Rolser die gegnerische Torfrau ausspielte und kurz zu Petzelberger abgab, die den Ball nur noch zum 1:3 über die Linie schieben musste (74.) Die Werkselfen gerieten nun unter Druck. Nach einem Foul an Bianca Rech verwandelte Nationalspielerin lena Goeßling den fälligen Freistoß zum 1:4 Endstand. Auffällig war, dass Schiedsrichterin Marina Wozniak des öfteren zur Gelben Karte griff. Nicole Rolser (Bad Neuenahr, 39., Foulspiel), Susanne Kasperczyk (Bayer 04, 42., Foulspiel), Bianca Rech (Bad Neuenahr, 60., Foulspiel), Kerstin Stein (Bayer 04, 70., Foulspiel) heißen die Sünderinnen, aber nur 250 Zuschauer sahen das Spektakel.. „Als Austragungsstadt für das Länderspiel gegen Nigeria sowie für die WM 2011 sollte sich das Umfeld der Werkself und das Sportamt der Stadt Leverkusen mehr einfallen lassen, damit die Autostadtpleite nicht durch eine Farbenstadtpleite wiederholt wird, “ erklärte Fußballexperte Joe Blaha.
 
Gelassenheit
 
Die einzigen Heim-Punkte des Spieltages holte der Hamburger SV beim 3:0 (0:0) gegen den Herforder SV. Die Schwedin Antonia Göransson (53.), Silva Lone Saländer (85.) und Lena Petermann (90.) zeichneten dabei für die späten Tore verantwortlich. Damit bleibt Herford mit nur einem Punkt auf dem letzten Tabellenplatz. Der Hamburger Sieg ist um so höher einzustufen, da Spielmacherin Kim Kulig nicht mitspielen konnte. Nationalspielerin und U-20-Weltmeisterin Kim Kulig wurde während des Länderspiels gegen Australien in Wolfsburg schon zur Halbzeitpause in der Kabine gelassen mit Verdacht auf einen Außenbandriss im Sprunggelenk. Auf die Frage wie lange sie ausfällt gegenüber Frauenfußball Portal Framba reagierte Kim Kulig gelassen: „Das ist Fußball, Verletzungen gehören nun mal dazu,“sagte sie am Rande der Bundesligapartie zwischen dem Hamburger SV und dem Herforder SV. Für Kim Kuligs PR- und Medienberater Siegfried Dietrich, zugleich FFC-Manager wie auch Betreiber der Agentur SIDI-Management, bedeutet dieser Vorfall erhöhter Arbeitsaufwand und Risiko seiner Investitionen in das Werbeprofil seines Schützlings. Der Konkurrenzkampf innerhalb des WM 2011 Kaders der Frauennationalelf wird immer größer. Kim Kulig wird sicher noch mehr Gelassenheit nötig haben. Mit ihrer Unbefangenheit und Dietrichs PR-Talent ist sie aber gut gerüstet.
 
Bis zum Schluss alles offen

 
Auch der Cheftrainer des 1.FFC Frankfurt Sven Kahlert benötigte in der Bundesligabegegnung Gelassenheit als sonst in den letzten Spielen, denn Nationalspielerin Conny Pohlers erzielte das zweite Tor zum sicheren Sieg erst in der zweiten Nachspielminute nach der regulären Spielzeit von neunzig Minuten. Das Spielergebnis war bis zum Schluss offen für jedes Ergebnis, sei es Sieg, Niederlage oder Unentschieden. FFC-Frau Meike Weber feierte eine gelungene Bundesliga-Premiere als rechte Verteidigerin, während Nationalspielerin Ariane Hingst erneut mit Sandra Smisek im zentralen Mittelfeld agierte. Es war eine kampfbetonte Partie, in der der 1. FFC Frankfurt zumindest taktisch zu überzeugen wusste. Die tief stehenden Bayern versuchten es mit der Erfolgstaktik aus den letzten Spielen. Doch diesmal hatten sie mit den langen Bällen in die Schnittstelle keinen Erfolg. Die Innenverteidigung mit Nationalspielerin Saskia Bartusiak und der US-Amerikanerin Gina Lewandowski sowie das defensive Mittelfeld arbeiteten sicher und zuverlässig.
Typisch Prinz
 
Die erste Chance hatte die gemeinsam mit Birgit Prinz im Sturm spielende frischgekürte Nationalspielerin Dzsenifer Marozsán, die aus 16 Metern knapp übers Tor schoss. Noch nicht einmal eine Viertelstunde war um, da führten die Gäste bereits mit 1:0 und es war ein typischer Prinz-Treffer: Die seit Wochen in Topform spielende Nationalstürmerin wurde von Marozsán links angespielt, drang in den Strafraum ein und zog in vollem Lauf aus 14 Metern ins lange Eck ab. Die Gastgeberinnen mussten dagegen bis zur siebzehnten Minute auf ihre erste Chance warten. Petra Wimbersky verzog jedoch zu hoch. Gut fünf Minuten vor der Halbzeit lief Clara Schöne allein auf das Frankfurter Tor zu, doch die starke Nadine Angerer verkürzte im Herauslaufen den Winkel und wehrte mit einem Spagat per Fuß ab. Unmittelbar vor der Pause hatte U-20-Weltmeisterin Svenja Huth noch zwei gute Torchancen, um das Ergebnis gar auf 2:0 zu erhöhen. Nach Pause beruhigte sich die Partie. Erst in der 65. Minute gelang der regen Svenja Huth eine weitere Chance. Doch der Abschluss war zu schwach, um Bayern Torfrai Kathrin Längert in Verlegenheit zu bringen. Fünf Minuten später behauptete sich auf der linken Seite Nicole Banecki, die zu Vanessa Bürki passte, doch diese verfehlte mit ihrem Flachschuss das Tor knapp.


Saskia Bartusiak - Innenverteidigung in Nationalmannschaft und 1.FFC Frankfurt | Fotoagentur A2 Hartenfelser, Neu Isenburg

Oberschenkel
 
Ein Novum ereignete sich in der 70.Minute. Nicht irgendeine Spielerin fasste sich plötzlich an den Oberschenkel und humpelte in Richtung Bayern Bank, nein es handelte sich um die leitende Schiedsrichterin Riem Hussein. Der Münchner Physiotherapeut benötigte ganze fünf Minuten, um die Unparteiische wieder fit zu machen. Das Duell der beiden Spitzenmannschaften war zwar die ganze Zeit unterbrochen, aber danach ging es um so hitziger in den Schlussminuten weiter. Der FC Bayern drückte auf das Tor der Frankfurterinnen. Plötzlich leitet Nationalspielerin Ariane Hingst einen nicht ungefährlichen Konter ein. Ein langer Ball landete bei Rekordnationalspielerin Birgit Prinz, die in gewohnter Weise durchstartete und auf Conny Pohlers ablegte, deren Abschluss in Harmlosigkeit erstickte. Bayern drängte weiter. In der 89. Minute musste Nationaltorhüterin Nadine Angerer mit letzter Kraft und ganzem Können die Situation klären, als die plötzlich auftauchende Schweizerin Vanessa Bürki vor ihr stand. Dank der Torgefährlichkeit von Conny Pohlers war der FC Bayern erst in der letzten Minute der Nachspielzeit geschlagen. Es war kein torreiches Spiel gewesen in Aschheim zwischen dem FFC und dem FC Bayern. Dazu waren die Gegner zu gleichwertig.
Eiskalt
 
Champions-League-Sieger 1.FFC Turbine Potsdam schoss im Gegensatz dazu diesmal mehr Tore als der Rivale vom Main. Nach der frühen Führung durch Nadine Keßler (4.) bekamen die Zuschauer eine offene Begegnung zu sehen, erst Anja Mittags Tor in der 40. Minute sorgte für eine vermeintlich beruhigende 2:0-Halbzeitführung sorgte. Nach Essens 1:2 durch Michelle Weissenhofer (78.) wurde es noch einmal spannend, ehe erneut Mittag (81.) und Inka Wesely (88.) für klare Verhältnisse sorgten. U-20-Weltmeisterin Inka Wesely erzielte ihr erstes Saisontor gegen ihre ehemaligen Mannschaftskolleginnen. Die Potsdamerinnen nutzten ihre wenigen Chance eiskalt aus.


Inka Wesely im Zweikampf | Foto: Jan Kuppert, Potsdam
 
Komplett
 
Bis auf die US-Amerikanerin Michelle Weissenhofer als einzige Spitze, zog sich die Essener Elf phasenweise komplett in die eigene Hälfte zurück. Mit Ausnahme der Aussetzer auf der linken Seite der Essenerinnen, wo allerdings auch Nationalspielerin Bianca Schmidt, die die ersten beiden Toren mustergültig vorbereitete, und Turbine-Star Fatmire Bajramaj ihre individuelle Klasse ausspielten, ging dieses Konzept auch auf. Und in der Schlussphase stießen die Essenerinnen nach der kräftezehrenden Partie auch an ihre physischen Grenzen. Essens Trainer Markus Högner wechselte die Stürmerin Kyra Malinowski, die sofort für viel Belebung im Essener Angriff sorgte. „Das Endergebnis fällt zwei Tore zu hoch aus,“ erklärte Essens Spielführerin Melanie Hoffmann.
 
Fazit
 
Meister Potsdam hält Frankfurt und Duisburg auf Distanz Meister Turbine Potsdam hat die Hinrunde der Frauen-Bundesliga als Tabellenführer abgeschlossen. Der Titelverteidiger liegt mit 28 Punkten weiter vor den ebenfalls siegreichen Verfolgern 1. FFC Frankfurt (27) und dem FCR 2001 Duisburg (23). Potsdam bekam im letzten Spiel der Vorrunde den Turbine Motor zum Laufen und wurde verdient Herbstmeister, während Frankfurt ohne Kerstin Garefrekes im Tore einsammeln nur die Hälfte wert zu sein scheint. (HDH)
 

Online-Flyer Nr. 274  vom 05.11.2010

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