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Aktueller Online-Flyer vom 06. Mai 2024  

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Lokales
Besuch bei der Kölner Oppenheim-Esch-Parallelgesellschaft
Aber persönlich haften?
Von Werner Rügemer

Die Staatsanwaltschaften in Essen, Bochum, Bonn und Köln ermitteln seit über einem Jahr gegen diverse Akteure im Oppenheim-Filz. Die letzte der zahlreichen Razzien fand am 7. Oktober 2010 statt. Gleichzeitig durchsuchten 260 Staatsanwälte, Steuerfahnder und Kriminalbeamte 26 Privat- und Geschäftsräume in Köln, Bielefeld, Troisdorf sowie in bisher nicht näher benannten Orten Bayerns, Schleswig-Holsteins und Baden-Württembergs. In Troisdorf bei Bonn filzten 50 Beamte zehn Stunden lang die Geschäftsräume der Josef Esch Fonds-Projektgesellschaft und die bunkermäßig gesicherten Privaträume des Bauunternehmers Josef Esch („Der Abgreifer von Köln“) und transportierten mehr als 200 Kartons mit Akten ab. Auch der ehemalige Kölner Oberstadtdirektor, der seit seinem Ausscheiden aus dem Amt Geschäftsführer bei der Immobilienholding Esch-Oppenheim ist und Objekte wie die KölnArena (jetzt LanxessArena) und die Kölner Messehallen betreut, wurde aufgesucht.
 
Josef Esch - „Der Abgreifer von Köln“ - mit Ex-OB Schramma
NRhbZ-Archiv
 
Durchsucht wurden auch Geschäfts- und Privaträume von Thomas Middelhoff. Ihm wird Untreue gegenüber seinem ehemaligen Unternehmen Karstadt/Arcandor vorgeworfen. Da er Mitinhaber von mehreren Karstadt-Kaufhäusern war, die Esch-Oppenheim gehörten, war er an möglichst hohen Mieten interessiert, wodurch er aber sein eigenes Unternehmen Karstadt, dessen Vorsitzender des Aufsichtsrats und dann des Vorstands er war, geschädigt habe. Gleichzeitig war Josef Esch Vermögensverwalter nicht nur der Quelle-Erbin und Arcandor-Hauptaktionärin Madeleine Schickedanz, sondern auch von Middelhoff. Als sehr fragwürdig werden auch die üppigen Abfindungen und der millionenschwere „Beratervertrag“ angesehen, die Oppenheim als Großaktionär von Arcandor dem knapp vor der Pleite ausscheidenden Chef Middelhoff gewährte.
 
Es geht, wie der Kölner leitende Staatsanwalt Günther Feld mitteilte, um

Thomas Middelhoff
„Vermögens-, Korruptions- und Steuerdelikte“. Die Mitglieder der vermögenden Parallelgesellschaft hatten nicht nur Karstadt / Quelle in die Pleite geführt. Auch die Bank Oppenheim wäre in die Pleite gegangen, wenn sie nicht von der Deutschen Bank zum Schnäppchenpreis aufgekauft worden wäre. Die Deutsche Bank jagte die bisherigen Oppenheim-Sprecher und „persönlich haftenden Gesellschafter“ Matthias Graf von Krockow, Christopher von Oppenheim, Friedrich Janssen und Dieter Pfundt sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden Baron Georg von Ullmann ungewöhnlich schnell aus der Bank, nachdem die Finanzaufsicht die Beurteilung herausgegeben hatte, die bisherigen Chefs seien „zur Führung einer Bank nicht geeignet“.
 
Dabei hatte die Finanzaufsicht keineswegs etwa die steuerbegünstigten Immobilienprojekte wie die KölnArena mit Deutzer Rathaus, die neuen und die alten Messehallen und die Karstadt-Kaufhäuser oder sonstige Spekulationsgeschäfte im Blick. Vielmehr ging es der freundlichen Finanzaufsicht lediglich um die vermutliche Selbstbereicherung, derer sich die Oppenheim-Chefs gewidmet hatten: Sie hatten sich von ihrer Bank persönliche Kredite in dreistelliger Millionenhöhe und dafür noch ungewöhnlich niedrige Zinsen genehmigt.
 
Schließlich besuchten die Ermittler auch ehemalige Verantwortliche der

Erst Sparkassen-Chef,
jetzt RAG 
Quelle: RAG-Stiftung
Sparkasse Köln bzw. KölnBonn. Auch sie gehörte unter ihrem auf dem SPD-Ticket segelnden Chef Gustav Adolf Schröder zum Oppenheim-Filz. Sie stellte den Draht zwischen der Bank, Esch-Oppenheim und z.B. den Kölner Verwaltungs- und Parteienspitzen her. Die Sparkasse, die sich von ihrem ursprünglichen Zweck weit entfernt hatte, trat als Miteigentümer und Mieter bei Immobilienprojekten von Esch-Oppenheim auf. Damit garantierte sie den üppigen Gewinn für die Millionäre, die Fondsanteile an KölnArena, neue Messehallen, alte Messehallen und Coloneum erwarben. Dafür durfte die Sparkasse unter anderem diesen vermögenden Oppenheim-Kunden die Kredite geben, mit denen sie ihre Anteile finanzierten.
 
Zu all dem hat jetzt auch der Insolvenzverwalter von Karstadt Middelhoff und andere ehemalige Karstadt-Vorstände auf Schadenersatz von insgesamt 175 Millionen Euro verklagt. Die rund 800.000 Euro, die Middelhoff als Reisekosten jährlich bei Arcandor abrechnete, kamen nicht selten der Fluggesellschaft Challenge Air zugute, die Josef Esch gehörte. Der Insolvenzverwalter klagt zudem gegen Middelhoff nicht nur auf Rückzahlung solcher Reisekosten, sondern auch von 1,5 Millionen Euro, die Middelhoff großzügig an die „Said Business School“ der englischen Universität Oxford spendete; das hatte möglicherweise mit Geschäftsanbahnungen im arabischen Raum zu tun, die aber wiederum nichts mit Arcandor zu tun gehabt haben könnten. Auch einige der etwa 40 Aktionäre der Bank Oppenheim klagen gegen die vier persönlich haftenden Gesellschafter, die sich üppig selbst bedienten und durch die Pleite die Mitaktionäre schädigten. Hinter den Kulissen toben Familienfehden sehr unfeiner Art.
 
Ob die „persönlich haftenden“ Oppenheim-Gesellschafter tatsächlich jemals

Tarnachäologe Max von Oppenheim
als Araber in Kairo
persönlich haften? Sie sind abgetaucht und gehen gut abgesichert ihren Hobbies nach. Baron von Ullmann vergnügt sich mit seinen Rassepferden auf den Rennplätzen der Welt. Christopher von Oppenheim wirbt in der Max von Oppenheim-Stiftung für seinen Vorfahr Max: Der von der Bankfamilie finanzierte Archäologe arbeitete mit gefälschtem Pass für den Geheimdienst des Deutschen Reiches. Er übernahm im Ersten Weltkrieg die Aufgabe, Araber zum Djhad gegen die Engländer aufzuhetzen und so den Feind des Deutschen Reiches zu schwächen. Ziel war es unter anderem, durch Terrorakte die Ölfelder von Baku in Brand zu setzen. Auch Hitler diente der Tarnachäologe Max von Oppenheim sich an. Ab Januar 2011 wird er mit einer großen Ausstellung im Berliner Museumsviertel aus der Versenkung geholt und als „Brückenbauer zwischen den Kulturen“ gewürdigt. Josef Esch verhält sich still, ist aus Challenge Air ausgestiegen, und die Deutsche Bank will die Beziehungen zu ihm auflösen. Middelhoff betätigt sich etwas außerhalb der Öffentlichkeit in seiner schon länger gegründeten, in London angesiedelten “Heuschrecken“-Firma BLM-Partners: Da zeigt sich, dass er in seinem Milieu keineswegs an Renommé verloren hat. Das „B“ im Firmennahmen kommt von Berger, Roland, also vom hoch angesehenen „Berater der Nation“.
 
Alles Unschuldslämmer
 
Die Beschuldigten spielen Unschuldslämmer. Über ihre Prominenten-Anwälte Gaby Münchhalffen und Sven Thomas lassen sie erklären, dass sie doch schon alle Unterlagen an die Justiz gegeben hätten und die Razzien überhaupt „nicht nachvollziehen“ könnten. Dabei waren die Staatsanwälte doch schon so rücksichtsvoll, die Razzien vom 8. Oktober zu koordinieren, damit die Betroffenen nicht zweimal belästigt werden müssten.
 
Man kann nur hoffen, dass die fleißigen und überlasteten Staatsanwälte genügend Personal haben, um die Unterlagen aus den diversen Razzien sorgfältig und in nicht allzu langer Zeit auszuwerten. Je mehr Licht in die bisher gut geschützte Parallelgesellschaft im Umkreis der Oppenheims und ihrer Kundschaft fällt (das Erzbistum Köln gehört natürlich auch dazu), desto besser für uns alle. Auch beispielsweise die Kölner Bürger könnten etwas davon haben, wenn die Stadtspitze die Mietverträge für das Deutzer Rathaus und die Messehallen im Lichte neuer Erkenntnisse neu verhandelt. (PK)
 
Lesen Sie hierzu auch den Bericht "Hoffentlich auch wegen der Köln-Messe" in dieser Ausgabe. 
 


Online-Flyer Nr. 271  vom 13.10.2010

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