NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 07. Mai 2024  

zurück  
Druckversion

Lokales
Wie man "einfache Bürger" foppt und Politikern zeigt, wo´s lang geht
"Ein bisschen Spaß haben"
Von Peter Kleinert

Seit Freitag haben es die Leser und Leserinnen des "Kölner Stadt-Anzeiger" schwarz auf weiß: In einem Beitrag, in dem er "mit der Kölner Politik hart ins Gericht" geht, tritt Kölns Ehrenbürger Alfred Neven DuMont "für das Allgemeinwohl" ein und dafür, dass "einfache Bürger" mit ihren Familien auch "ein bisschen Spaß haben". Was die Kölner in jüngster Zeit  tatsächlich daran hindert, wissen außer dem Verleger natürlich auch seine Redakteure.

Lokalseiten-Überschrift am 4. Mai: "Ehrenfelder äußern Bedenken". Bericht von Heribert Rösgen über den Informationsabend zum geplanten Bau einer neuen, anstelle der längst baufällig gewordenen alten Moschee an der Venloer Straße auf dem Gelände der Türkisch-Islamischen Union DITIB.

In der Veranstaltung hatten sich, unter die Besucher verteilt, 40 bis 50 von Manfred Rouhs mobilisierte ProKöln-Anhänger permanent und lautstark pöbelnd bemerkbar gemacht. In seinem Kommentar dazu warnt "Stadt-Anzeiger"-Redakteur Peter Berger die LeserInnen: "Nicht jeder, der seine Angst vor einem Neubau äußert, ist automatisch ein Rechtsextremer, ein Anhänger der Bürgerbewegung Pro Köln... Das lässt nur einen Schluss zu: Diese Ängste müssen ernst genommen werden. Wenn das die bürgerlichen Parteien nicht tun - die Rechtsextremen werden mit Sicherheit ihr Kapital daraus schlagen."


Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de



Damit die Ehrenfelder Bürger weiterhin "ein bisschen Spaß" am Leben in ihrem Stadtteil haben, bläst Berger so ins Horn der Ehrenfelder CDU, die  lieber 1.000 Parkplätze statt einer Moschee auf dem Gelände hätte. Dass der Fraktionsvorsitzende der Linken.Köln, Jörg Detjen, in der Veranstaltung der CDU ins Gewissen geredet und sie aufgefordert hat, "ihr Positionspapier zum Moscheebau einzustampfen", ist Berger und Kollegen keine Zeile wert.

Lokalseiten-Überschrift am 28. April: "Rennverein enttäuscht von Rot-Grün". Bericht von  Andreas Damm und Heinz Tutt darüber, dass das Gelände auf der Rennbahn entlang der Niehler Straße - entgegen einem Vorschlag von CDU-OB Fritz Schramma - "vorerst nicht" bebaut werden darf.

"Der Rennverein will an der Niehler Straße bis zu 230 Wohnungen bauen lassen. Mit dem Geld, das der Verkauf der Grundstücke an einen Investor bringen würde, will der Vorstand Schulden tilgen und die Anlagen sowie das Geläuf sanieren. Insgesamt brauche der Verein rund zehn Millionen Euro", wissen die Redakteure. Was sie nicht zu wissen vorgeben, hat die  NRhZ aufgrund einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative "Grüne Lunge Rennbahn" e.V. längst veröffentlicht: Im Vorstand des bei der Oppenheim-Bank verschuldeten Rennvereins sitzt einer der Chefs eben dieses Bankhauses, das durch seine "Investitionen" mit diversen Immobilienfonds, u.a. in die KölnArena, seit Jahren die Stadt Köln und ihre Bürger um zig-Millionen Euro ärmer und ein paar der superreichen Kölner noch ein bisschen reicher macht.

'Für das Allgemeinwohl' - Alfred Neven DuMont
"Für das Allgemeinwohl" - Alfred Neven DuMont
Foto: NRhZ-Archiv



Als Rennbahn-Investor "im Gespräch" ist natürlich wieder die größte deutsche Privatbank, als deren von der KölnArena profitierende Kommanditisten Werner Rügemer auch Mitglieder der Verlegerfamilie Neven DuMont und Schütte-DuMont enttarnt hat (siehe z.B. NRhZ 1, 3,.4, 5 ff.). Und da der Rennverein partout nicht durch eigene Bauträgerschaft auf dem von Rot-Grün dafür genehmigten Gelände an der Scheibenstraße, sondern durch Verkauf des viel lukrativeren Geländes an der Niehler Straße an einen "Investor" seine Schulden los werden will, ist er nun "enttäuscht von Rot-Grün". Die Begründung des Rennvereins- Vizepräsidenten Dieter Meinke leuchtet den KStA-Redakteuren ein: "Wir sind der Kölner Rennverein, wir sind nicht das Bankhaus Oppenheim."

Meinkes ungewollt entlarvenden Wink mit dem Zaunpfahl kann Andreas Damm in seinem unter den Artikel gestellten Kommentar natürlich nicht aufgreifen. Das hätte den "einfachen Bürgern" von der "Grüne Lunge Rennbahn" wohl zu viel Spaß gemacht. So fasst er Meinkes zornige Interview-Äußerungen lieber pädagogisch cool und zukunftweisend zusammen: "Städtebaulich spricht einiges dafür, die Niehler Straße in Weidenpesch zu schließen. Es müssen ja nicht unbedingt klotzige Gebäuderiegel sein. Warum zum Beispiel sollte ein Investor nicht die gegenüberliegende Bebauung mit Stadthäusern aufgreifen?"

Dass die Bürgerinitiative "Grüne Lunge Rennbahn" das ganz anders sieht, findet man im "Stadt-Anzeiger" nicht: "Die politische Mehrheit hat mit ihrer Entscheidung  deutlich respektiert, dass sich die Bürgerinnen und Bürger im Kölner Norden für den Erhalt eines wertvollen Landschaftsschutzbestandteils einsetzen." Weiter heißt es in der Pressemitteilung der Initiative: "Die Förderung von Umweltbelangen, Erholung  und Lebensqualität stehen dabei im Mittelpunkt." Im übrigen gehe es nicht nur in Niehl, sondern auch in Junkersdorf und Müngersdorf  "darum, die Erholungsbedürfnisse der Bürger gegen private Begehrlichkeiten zu verteidigen".

Das ging am 2. Mai an alle Kölner Redaktionen - und Verleger Neven DuMont wohl ein Stück zu weit. Zwei Tage später jedenfalls erfuhren seine Abonnenten und Internet-Besucher von www.ksta.de unter der Schlagzeile "Kleinkrämerei beherrscht die Stadt" von ihm, was wirklich Sache ist in Köln. Nach einem "beglückenden Neuanfang": "Endlich, endlich. Der CDU-Oberbürgermeister wurde gewählt", sähe nun der "ernüchterte Bürger...die junge SPD-Fraktion...leider, leider...am Busen der Grünen verschwinden." Die aber, so Alfred Neven weiter - und das klingt fast wie ein Kompliment - sind "die einzigen in dem unseligen Spiel, die sich selbst treu geblieben sind und trutzig weiter ihre eigenen Bahnen ziehen".

Das von ihm ausführlich vorgetragene Beispiel für "Ohnmacht in der Führung dieser Stadt" sind dann - natürlich: "Die Wünsche des Rennvereins". Denn: "Die CDU will, die SPD und Grüne wollen nicht, nämlich den gewünschten Plan, um das Gelände der Rennbahn zu sichern, zur Bebauung freizugeben und damit das Unternehmen zu sanieren. Die Reichen sollen es doch richten. In schöner Blauäugigkeit wird verkannt, dass eine viertel Million Menschen im Jahr zur Rennbahn eilen. Einfache Bürger, die mit ihren Familien kommen und ein bisschen Spaß haben möchten. Wollen die SPD und die Grünen die Verantwortung tragen, dass dieses Völkchen jetzt in Zukunft nach Düsseldorf zur Rennbahn auswandern muss?"

Das werden sie - nach diesem strengen Tadel - sicher nicht mehr lange "wollen". Sonst werden sie womöglich künftig genau so wenig in den Kölner Zeitungen erwähnt wie die LinksFraktion, die ja auch gegen Schrammas Vorschlag zugunsten von Nevens Oppenheimern opponiert hat. Und noch einen Beschluß werden sie demnächst wohl korrigieren. Der steht im Zusammenhang mit dem vom Abriß bedrohten, noch besetzten Barmer Viertel in Deutz.

Abrissvorbereitungen im Barmer Viertel - Doch für die Hochhäuser?
Abrissvorbereitungen im Barmer Viertel - Doch für die Hochhäuser?
Foto: Alexandra Bersch



Neven - ganz Ehrenbürger - wörtlich: "...bei den großen Entscheidungen ist nicht nur das mangelnde Wir-Gefühl dieser Stadt durch die Zerklüftung der Parteien und die abweisende Haltung ihrer Verantwortlichen beschädigt, sondern auch das Maß, wie Dinge zu betrachten sind, fraglich. So haben wir auf dem Roncalliplatz erst vor kurzem die Schrott-Zinn-Soldaten aufmarschieren lassen. Eine lustige Kunstaktion - gut, nichts dagegen zu sagen, aber vor dem Dom? Dort, wo Papst Benedikt XV. stand, sollte doch nur echtes volkstümliches wie der Weihnachtsmarkt oder wenn- schon, dann anspruchsvolle Kunst zu sehen sein. Die Dombaumeisterin hatte wohl keine Einwände. Wohl aber wurden die Hochhäuser in Deutz abgeschossen. Hier, wo es eine große und weitgehende Perspektive verlangte, versagte die Stadt. Aber die Dosen-Zinn-Soldaten sind unter uns."
 
"Sehr gut, Alfred", wird dazu Matthias Graf von Krockow, Mit-Profiteur an der KölnArena und Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter der Oppenheim-Bank zu Honorarprofessor Neven gesagt haben. "Toll, wie du es geschafft hast, mit Hilfe von Benedikt und dieser blöden Kunstinstallation von dem Achwieheißterdenndochgleich auf der Domplatte klar zu machen, dass wir unsere Investitionspläne im Hinblick auf die Hochhäuser in Deutz keineswegs aufgegeben haben. Zumindest Schramma wird das jetzt kapieren, dass der Dom auch dann der Dom bleibt, wenn er aus dem Weltkulturerbe gestrichen werden sollte. Und wir können danach endlich auch mal wieder ein bisschen lachen."




Online-Flyer Nr. 43  vom 09.05.2006

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE