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Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

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Aktuelles
Köln will durch Kündigung des Messe-Mietvertrages 300 Millionen sparen
Der größte Fall in „Colonia Corrupta“
Von Peter Kleinert


Am Dienstag, 13. Juli, dürfte der Kölner Stadtrat unter OB Jürgen Roters (SPD) in seiner letzten Sitzung vor den Ferien einen dreistelligen Millionenbetrag in die Stadtkasse zurückzuholen beschließen, den sein

Ihm wird die Stadt Köln wohl
demnächst für 300 Millionen
danken können – Prof. Klaus
Feinen - Quelle: NRhZ-Archiv
Vorgänger unter Fritz Schramma (CDU) dem Esch-Oppenheim-Fonds für den Bau der Kölner Messehallen Nord in den Rachen schmeißen wollte. Möglich gemacht hat dies das Kölner CDU-Mitglied Prof. Dr. hc. Klaus Feinen (70), der als Immobilienexperte das EuGH-Urteil zur Köln-Messe angestoßen hatte, wegen dem nun der für die Kölner Steuerzahler so teure Mietvertrag gekündigt werden soll. Die Fondseigner wollen laut WDR-Lokalzeit vom Samstag allerdings die Kündigung verhindern. Hier ein Interview mit Prof. Feinen.
 
Peter Kleinert: Herr Prof. Feinen, wenn Sie sich nicht vor über  4 Jahren bei der EU-Kommission über das rechtswidrige Zustandekommen des Vertrages zwischen der Stadt Köln und dem Esch-Oppenheim-Fonds für den Bau der Kölner Messehallen Nord beschwert hätten, stünde vermutlich am Dienstag im Kölner Rat nicht auf der Tagesordnung, den Mietvertrag mit dem Fonds für die Hallen außerordentlich zu kündigen und die Mietzahlungen einzustellen. Wenn Sie anstelle von Kölns OB Jürgen Roters wären, wie sähe Ihre Beschlussvorlage für die Ratsmitglieder aus?
 
Prof. Feinen: Eindeutige Erklärung der unwiderruflichen Nichtigkeit des durch den EuGH als rechtswidriges Geschäft festgestellten Mietvertrages zwischen der Stadt Köln und der Grundstücksgesellschaft KölnMesse 15 bis 18 GbR (EschOppenheim-Fonds) und aufgrund dessen Rückerwerb des bebauten Grundstücks gegen Zahlung eines aufgrund eines unabhängigen Gutachters ermittelten Immobilienwertes bei Berücksichtigung der Rückforderung der rechtswidrig geleisteten Mietzahlungen.
 
PK: Wissen Sie eigentlich schon Näheres über das, was am Dienstag im Rat zur Diskussion und Abstimmung in Sachen Messehallen ansteht. Oder, wenn nicht: was sagen Sie zu dem, was der KStA dazu am 8. Juli voraussagt? Danach will man sich ja auf Seiten der Stadt um einen Vergleich bemühen, um einen langen Prozess zu vermeiden.
 
Prof. Feinen: Sicherlich auch aufgrund meiner zahlreichen e-Mails an den

Reagierte nicht auf Hilfsangebot und
zahlreiche Emails von Klaus Feinen -
OB Jürgen Roters
Foto: H.-D. Hey
  Herrn Oberbürgermeister Roters und seinen „Ersatzkämmerer“ Dr. Walter-Borjans und des von mir ausgelösten Drucks bei der Europäischen
 
Kommission, „dem Verhandlungsschacher“ durch die Frist 3. August ein Ende zu machen, weil man sonst in Brüssel als Prozessgewinner sein Gesicht verlieren würde, wird dem Rat für die Sitzung am 13.7. vorgeschlagen, dass die Stadt Köln die Nichtigkeit des Vertrages gegenüber dem Fonds erklärt und ergänzend eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird. Dies hätte ich als amtierender OB schon am 30. Oktober 2009 so vorgeschlagen. Aber immerhin, das ist der richtige Weg.
 
 
PK: Sie hatten Herrn Roters vor ein paar Wochen einen Brief geschrieben, in dem Sie ihn daran erinnerten, ihm nach dem durch Ihre Intervention bei der EU-Kommission zustande gekommenen Urteil des EuGH Ihre Unterstützung angeboten zu haben, damit die Stadt aus der Miseredieses kriminellen Köln-Messe-Geschäftsmöglichst ohne Millionen-Verluste heraus kommen könne. Herr Roters hat aber bis heute auf dieses Angebot nicht reagiert. Wie erklären Sie sich das? Er müsste Ihnen doch eigentlich für Ihr Engagement dankbar sein.
 
Prof. Feinen: Ich habe endlich vor 3 Wochen von Ersatzkämmerer Dr. Walter-Borjans eine Eingangsbestätigung schriftlich erhalten, wo er aber noch die Meinung vertreten hat, dass meine Folgerung, dass der Mietvertrag „Null und Nichtig“ sei, unzutreffend sei. Er versicherte dann, „dass die Stadt Köln alles in ihrer Macht stehende tun wird, um Schaden von der Stadt Köln fernzuhalten.“ Auf mein kostenloses Beratungs-Gesprächsangebot ging er nicht ein. Aber immerhin, unser wahrscheinlicher neuer Landeswirtschaftsminister scheint - nachdem Brüssel ihm ja auch Beine gemacht hatte - auch gelernt zu haben, denn in der von ihm sicherlich mit formulierten Ratsvorlage, siehe vor, findet sich ja meine Rechtsauffassung erfreulicherweise im wesentlichen  wieder.
 
PK: Jürgen Roters war ja zu der Zeit, als der 360 Millionen-Deal zwischen Stadt und Esch-Oppenheim-Fonds unter seinem Vorgänger Fritz Schramma abgeschlossen  wurde, Regierungspräsident und damit - wie die Landesregierung - verantwortlich für die Kommunalaufsicht. Hätte er diesen Deal nicht verhindern können, verhindern müssen? Wenn ja, warum hat er das Ihrer Ansicht/Kenntnis nach ebenso wenig wie die Landesregierung versucht?
 
Prof. Feinen: Die Stadt Köln hat - auch gegen Verstoß der Gemeindeordnung und zahlreicher Erlasse, wie Sie meinem Brief an Ministerpräsident Dr. Rüttgers entnehmen können - seinerzeit den gesetzwidrigen Mietvertrag dem für die Kommunalaufsicht zuständigen Regierungspräsidenten, und das war ja 2003/2004 Herr Roters, überhaupt nicht vorgelegt bzw. angezeigt.
Man hat ja intern versucht, dies in der Stadt auch noch für zutreffend zu unterlegen, obwohl alles Lug und Betrug in diesem Zusammenhang war und den Beteiligten dies auch alles klar war. Insofern kann ich dem früheren Regierungspräsidenten keinen Vorwurf machen, er kannte den der Kommunalaufsicht entzogenen Deal gar nicht. Etwas anderes gilt aber für seinen Nachfolger und Innenminister Dr. Wolff, die nach Aufdeckung des Skandalgeschäftes, trotz meiner intensiv vorgetragenen Beweise und Belege, keinen Gesetzesverstoß feststellen wollten, obwohl doch nach den Ermittlungen der WDR-Journalisten die intern aufgebauten „Vorlagehürden“ nur noch heiße Luft waren.

Und das Erschreckende: man hat die Lüge, dass die KölnMesse GmbH der eigentliche Vertragspartner des Fonds sei - obwohl sie nur Untermieter wurde - und die Stadt Köln der 30jährige Vertragspartner von Anfang an war - und deswegen kein kommunalaufsichtsrechtlich vorzulegendes Geschäft - auch noch unterstützt und in Brüssel und in Luxemburg vorgetragen und verteidigt, weil man damit hoffte, dass die öffentliche Ausschreibungspflicht zu Recht nicht durchgeführt wurde. Dies alles ist ein unglaublicher Skandal, für den der Innenminister die Verantwortung trägt. Er hätte sich die Papiere, die die Journalistenrecherchen an die Öffentlichkeit gebracht haben, doch nur durchzulesen brauchen, um die Ausschreibungspflicht zu erkennen. Das ist schon eine unglaubliche Geschichte!
Deswegen musste ich ja über die Europäische Kommission nach Brüssel

Hätte sich viel Kummer mit
„Colonia Corrupta“ ersparen
können – Jürgen Rüttgers
Foto: Dirk Vorderstraße/Wiki
  gehen und diese - erfreulicherweise lernte ich auf einem Kongress in Berlin den zuständigen Kommissar persönlich kennen - dazu bringen, das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof einzuleiten, nachdem über Berlin die Stadt Köln und die NRW- Kommunalaufsicht immer wieder zahlreiche Lügen zum Sachverhalt gegen meine Rechtsauffassung, die ja schnell von Brüssel geteilt wurde, vorgetragen hatten. Und Bundeswirtschaftminister Glos hat auf meine Vorhaltungen ja mitgeteilt, dass er nur Bote sei und für den Inhalt der Briefe an die Kommission und den EuGH die Stadt Köln und das Land NRW als Kommunalaufsicht allein zuständig seien.
 
PK: Bereits im Januar 2008 hatten Sie sich in einem Brief an Ministerpräsident Rüttgers darüber beschwert, dass das, was sich die Bezirksregierung Köln und der Innenminister Wolf in diesem Fall „geleistet“ haben, mehr als beschämend gewesen sei. Was meinten Sie damit konkret? War man dort Ihrer Auffassung nach zu dumm, um zu bemerken, dass da gegen EU-Recht verstoßen wurde? Oder haben beide Aufsichtsbehörden möglicherweise deshalb nicht in „Colonia Corrupta“ eingegriffen, weil der Kölner Autor Werner Rügemer die Stadt in seinem Buch mit Recht so nennt?
 
Prof.: Feinen: Hätte damals der Ministerpräsident über seinen Innenminister und seinen Regierungspräsidenten endlich gehandelt und das rechtswidrige Geschäft schon aufgrund der Möglichkeiten, die nach der Gemeindeordnung die Kommunalaufsicht hat, aufgehoben, wäre ihm viel an Kummer im Jahre 2010 erspart geblieben.
Warum er überhaupt nicht auf meinen dringenden Brief, unterlegt mit den eigenen Erlassen der Landesregierung, und auf meine Argumente eingegangen ist, und weiter offenkundige Lügen auch gegenüber dem Europäischen Gerichtshof hat vortragen lassen, ist mir völlig unbegreiflich. Ich kann es nicht nachvollziehen. Aber meine Prophezeiung im Brief vom 15.1.2008, dass, wenn er nicht endlich handele und der Wahrheit die Ehre gebe, sein „politisches Aus“ zu befürchten sei, ist ja am 9. Mai 2010 von den Bürgern unseres Bundeslandes deutlich bestätigt worden.
Ich kann nur den Kopf schütteln und in meinem 70. Lebensjahr - wie auch schon immer - feststellen, dass es gut ist, dass bewusstes Fehlverhalten und vorgetäuschte Dummheit, um offenkundige Gesetzesbrecher zu schützen, regelmäßig bestraft werden. Ich bin halt ein Anhänger von „Ehrlichkeit währt am längsten“.
Übrigens dürfte dieses „Geschäft“ vom Volumen her, ich habe ja seit langem den bei einem ordnungsmäßigem Handeln der Vertreter der Stadt Köln und der Aufsichtsbehörden vermeidbar gewesenen Schaden mit 300 Millionen Euro eruiert, augenscheinlich bisher der größte Fall in „Colonia Corrupta“ sein.
Aber es besteht nun endlich die Hoffnung, einen großen Teil des Schadens, der sich ja überwiegend durch die unglaublich hohen zukünftigen Mieten realisiert hätte, doch noch zu verhindern. Dabei wünsche ich den Gremien der Stadt Köln guten Erfolg, wobei der amtierende Innenminister mit seinen Möglichkeiten, nun endlich das auch kommunalrechtlich rechtswidrige Geschäft aufzuheben, dabei eine große Unterstützung sein könnte.

Anmerkung der Redaktion vom 10.Juli: Nachdem dieses Interview abgeschlossen schien, teilte der WDR in der LOKALZEIT KÖLN seinen Zuschauern mit, dass der Esch-Oppenheim-Fonds die Kündigung des Mietvertrages verhindern will. Per Email fragten wir Prof. Feinen, was er dazu sage.
 
Prof. Feinen: Es ist richtig, was der WDR über die vom Esch-Oppenheim-Fonds beabsichtigten rechtlichen Mittel berichtet hat. Man muss ja auch wissen, dass der Esch-Oppenheim-Fonds schon in den bisherigen Verhandlungen mit der Stadt Köln den unglaublichen Vorschlag unterbreitet hatte, bei dem rechtswidrigen Mietvertrag über die Messehallen einer Mietsenkung zuzustimmen, wenn gleichzeitig in entsprechender Höhe beim Mietvertrag der Köln-Messe über das Kongreßzentrum an den Fonds ein voller Ausgleich gezahlt würde. Man will also auf keinen Euro verzichten. Eine Unverfrorenheit!
Hier hat die Stadt aber noch rechtzeitig gemerkt, dass sie damit das EuGH-Urteil unterlaufen würde, weil dies ja einer unerlaubten Beihilfe entsprechen würde, und sie hat mit Recht abgelehnt.
Aber das zeigt, dass der Esch-Oppenheim-Fonds alle rechtlichen Register, wie Klage gegen die von der Stadt beabsichtigte Nichtigkeitserklärung und die ergänzende fristlose Kündigung ziehen wird. Der Fonds hat aber kaum Chancen, wenn endlich der Innenminister unverzüglich die kommunalaufsichtsrechtliche "Keule" der auch hier gegebenen rechtlichen Unwirksamkeit der Klage schwingen würde.
Das alles hätte längst "vom Tisch" sein können, wenn die Stadt vor 8 Monaten meinem ihr über die Presse am 30. Oktober 2009 gemachten Vorschlag gefolgt wäre, nach dem von mir nach dem EuGH-Urteil als rechtswidrig und damit nichtig eingeordneten "Mietvertrag" unverzüglich den Wert des bebauten Grundstücks schätzen zu lassen und dann - bei
gleichzeitiger Einstellung der Mietzahlungen - den Wertausgleich anzubieten,. Dann hätte man heute auch bei einer Klage des Fonds längst Klarheit. Kein deutsches Gericht kommt ja an dem EuGH-Urteil vorbei. Dafür gibt es ja genug Beispiele beim Nachbargerichtshof EuGH für Menschenrechte. Auch da hat sich gezeigt, dass "das deutsche Recht" dem europäischen untergeordnet ist.
Hinzu kommt, dass das europäische Ausschreibungsrecht für öffentliche Auftraggeber im Jahre 2002 eins : eins in das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) übertragen wurde. Der Kölner Fall ist da im Kommentar zu § 99 GWB als ein ausschreibungspflichtiges Geschäft exakt beschrieben.
Und dann ist ja da auch noch der korrupte Hintergrund zu berücksichtigen, weil allen Beteiligten - vom Ex-Oberstadtdirktor Ruschmeier als Geschäftsführer beim Esch-Oppenheim-Fonds bis zum Ex-Stadtkämmerer Soénius - die unbedingte Ausschreibungspflicht bekannt war und man trotzdem mit zahlreichen "Tricks" versuchte, Gründe gegen die Ausschreibungspflicht herbei zu "phantasieren". Auch deswegen wird der Esch-Oppenheim-Fonds kaum Chancen haben.
Die Stadt Köln sollte also hart bleiben, und den vorgesehenen Beschluss über die Nichtigkeit des Vertrages mit der ergänzenden Hilfsversion der fristlosen Kündigung durch den Stadtrat am 13. Juli auf jeden Fall fassen. (PK)

Lesen Sie dazu die Meldung über die nichtöffentliche Nachtsitzung des Stadtrates vom 14. Juli.


Online-Flyer Nr. 257  vom 10.07.2010

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