SUCHE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Druckversion
Mehrteiler
"Sie sagen ja jetzt..." - Teil 12
Man könnte ja auch was beitragen
Von Ulla Lessmann
Andererseits muß man sagen, man soll manchmal nicht glauben, wie Menschen im Laufe der Jahrzehnte eigenartig werden, was sie vielleicht schon immer waren, aber was sich im Alter doch mehr herausbildet, anstatt, dass es sich auswächst.
Das hat man früher geglaubt, dass sich Eigenheiten auswachsen mit den Jahren. Das stimmt aber gar nicht, sie stechen eigentlich mit den Jahren eher mehr hervor. Und dann sagt man sich, du liebe Güte, man kennt sich ewig und drei Tage, da sagt man doch nichts mehr und wenn man was sagen würde, wäre man plötzlich alleine und wer will das schon?
Margot war unsere Klassensprecherin und wußte immer schon alles besser, aber früher hat man darüber weg gesehen und gesagt, na, so ist sie eben und sie hat auch ihre guten Seiten. Aber inzwischen denkt man doch, man hat auch was erlebt im Leben und ist rum gekommen und könnte was beitragen, aber nein: Margot war immer schon überall und wenn nicht, kennt sie Jemanden, der da war und der dann ganz was anderes erzählt hat als man selber und dem glaubt sie eher, weil es das wichtigste ist, dass sie alles besser weiß als wir. Wenigstens hört sie jetzt schlecht und man kann leise was gegen an sagen, was sie dann nicht hört und man kriegt nicht sofort eins drauf. Oder Elisabeth, die war immer schon umständlich und nun kommt sie überhaupt nicht mehr in die Gänge und man hat früher nichts gesagt und jetzt sagt man auch nicht, "nun mach doch mal voran", weil sie dann denken könnte, ich denke, sie sei alt und vergeßlich und ich denke das natürlich auch, aber das muß sie ja nicht wissen.
Es geht nämlich darum, dass man Freundschaften überhaupt pflegt, denn wie alles Seelische ist auch das Freundschaftenpflegen heutzutage sehr gesund und sogar lebensverlängernd! Das haben sie tatsächlich wissenschaftlich raus gefunden, dass es total gesund für mich ist, wenn ich Margots Besserwisserei auch noch nach 50 Jahren ertrage und Elisabeths Umständlichkeit auch schon seit 32 Jahren und über Peters blöde Witze, wenn er einen zu viel trinkt, immerhin fast 17 lache.
Jetzt, wo man das weiß, kann man natürlich überhaupt nicht mehr sagen, Margot kann mir mal sonstwo begegnen trotz der 50 Jahre, denn das wäre wahnsinnig ungesund und wer weiß, für wie viele Jahre das mein Leben verkürzt, wenn ich mich mit Elisabeth wirklich mal verzanke. Wahrscheinlich haben die raus gefunden, dass man sich fit hält, indem man sich über alte Freunde ständig ärgert und sich über ihre immer unangenehmer auffallenden Eigenschaften aufregt. Jetzt pflege ich natürlich alle weiter und vergesse nie einen Geburtstag und keinen einzigen Enkelnamen.
Ich frage mich nur, womit ich die anderen auf Trab halte, aber das werde ich ja nie erfahren, weil die auch alle auf ihre Gesundheit achten und lange leben wollen!
Online-Flyer Nr. 41 vom 25.04.2006
Druckversion
Mehrteiler
"Sie sagen ja jetzt..." - Teil 12
Man könnte ja auch was beitragen
Von Ulla Lessmann
Andererseits muß man sagen, man soll manchmal nicht glauben, wie Menschen im Laufe der Jahrzehnte eigenartig werden, was sie vielleicht schon immer waren, aber was sich im Alter doch mehr herausbildet, anstatt, dass es sich auswächst.
Das hat man früher geglaubt, dass sich Eigenheiten auswachsen mit den Jahren. Das stimmt aber gar nicht, sie stechen eigentlich mit den Jahren eher mehr hervor. Und dann sagt man sich, du liebe Güte, man kennt sich ewig und drei Tage, da sagt man doch nichts mehr und wenn man was sagen würde, wäre man plötzlich alleine und wer will das schon?
Margot war unsere Klassensprecherin und wußte immer schon alles besser, aber früher hat man darüber weg gesehen und gesagt, na, so ist sie eben und sie hat auch ihre guten Seiten. Aber inzwischen denkt man doch, man hat auch was erlebt im Leben und ist rum gekommen und könnte was beitragen, aber nein: Margot war immer schon überall und wenn nicht, kennt sie Jemanden, der da war und der dann ganz was anderes erzählt hat als man selber und dem glaubt sie eher, weil es das wichtigste ist, dass sie alles besser weiß als wir. Wenigstens hört sie jetzt schlecht und man kann leise was gegen an sagen, was sie dann nicht hört und man kriegt nicht sofort eins drauf. Oder Elisabeth, die war immer schon umständlich und nun kommt sie überhaupt nicht mehr in die Gänge und man hat früher nichts gesagt und jetzt sagt man auch nicht, "nun mach doch mal voran", weil sie dann denken könnte, ich denke, sie sei alt und vergeßlich und ich denke das natürlich auch, aber das muß sie ja nicht wissen.
Es geht nämlich darum, dass man Freundschaften überhaupt pflegt, denn wie alles Seelische ist auch das Freundschaftenpflegen heutzutage sehr gesund und sogar lebensverlängernd! Das haben sie tatsächlich wissenschaftlich raus gefunden, dass es total gesund für mich ist, wenn ich Margots Besserwisserei auch noch nach 50 Jahren ertrage und Elisabeths Umständlichkeit auch schon seit 32 Jahren und über Peters blöde Witze, wenn er einen zu viel trinkt, immerhin fast 17 lache.
Jetzt, wo man das weiß, kann man natürlich überhaupt nicht mehr sagen, Margot kann mir mal sonstwo begegnen trotz der 50 Jahre, denn das wäre wahnsinnig ungesund und wer weiß, für wie viele Jahre das mein Leben verkürzt, wenn ich mich mit Elisabeth wirklich mal verzanke. Wahrscheinlich haben die raus gefunden, dass man sich fit hält, indem man sich über alte Freunde ständig ärgert und sich über ihre immer unangenehmer auffallenden Eigenschaften aufregt. Jetzt pflege ich natürlich alle weiter und vergesse nie einen Geburtstag und keinen einzigen Enkelnamen.
Ich frage mich nur, womit ich die anderen auf Trab halte, aber das werde ich ja nie erfahren, weil die auch alle auf ihre Gesundheit achten und lange leben wollen!
Online-Flyer Nr. 41 vom 25.04.2006
Druckversion
NEWS
KÖLNER KLAGEMAUER
FILMCLIP
FOTOGALERIE