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Aktueller Online-Flyer vom 13. Dezember 2024  

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Lokales
Mülheimer Bürger-Initiativen: „Endlich die Reißleine zu ziehen!“
Haushaltskatastrophe
Von Lothar Reinhard

Der Arnsberger Regierungspräsident hat, wie in NRhZ 220 berichtet, offiziell Einspruch gegen die Kommunalwahl in Dortmund eingelegt. Begründung: Die „unzulässige Wahlbeeinflussung durch pflichtwidrige Nicht- und Falschunterrichtung des Rates und der Dortmunder Bürger" über eine sich spätestens Ende Mai 2009 abzeichnende Haushaltslücke im dreistelligen Millionenbereich. Mülheims MBI-Fraktion fordert, der für ihre Stadt zuständige Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow solle dem Beispiel seines Kollegen folgen. Hier die Darstellung der Haushaltskatastrophe durch den Fraktionsvorsitzenden. – Die Redaktion

Protest gegen Ruhrbania: Kostet nicht nur Millionen, sondern zerstört auch die Landschaft
Quelle: http://www.mbi-mh.de/
 
Eben mal nebenbei 1,7 Millionen zum Ankauf des ehemaligen Arbeitsamtes, aber keine 1.000 Euro, um das Weihnachtskonzert der Jugendmusikschule durchzuführen? Wie bitte? Mit Haushaltssanierung hat beides jedenfalls nichts zu tun! Dafür müssen nämlich die abenteuerlichen Finanzkonstruktionen der Stadt beendet, ein Moratorium für Ruhrbania durchgesetzt und endlich auch eine seriösere, gesetzeskonformere Haushaltspolitik in Mülheim wieder eingeführt werden!
 
Zwei typische Meldungen der letzten Tage zeigen die ganze Misere der kopf- und ziellosen Mülheimer Haushaltspolitik, die in Wirklichkeit als überfällige Sparpolitik noch nicht einmal begonnen hat, im Gegenteil:
1.) Für 1,7 Millionen Euro kaufte nun die Stadt von Hoffmeister u.a. das ehemalige Arbeitsamt im Ruhrbania-Baufeld 3, um das Gebäude demnächst niederlegen zu können. 210.000 Euro werden verrechnet, indem das städtische Grundstück Löh-/Kohlenstraße einem der Eigentümer übereignet wird. Der Rest wird aus der Stadtkasse gezahlt und dann der Ruhrbania GmbH&CoKG kostenlos übereignet. (Alle Daten aus der öffentlichen Vorlage V 09/0886-01)
2.) Im Kulturausschuss wurde deutlich, dass für das bereits kurzfristig abgesagte und kurz danach wieder angesetzte Weihnachtskonzert des Jugendsinfonieorchesters 11.000 Euro benötigt werden, davon 9.732 Euro für die Stadthallenmiete. Wäre die Absage nicht sinnvollerweise wieder abgesagt worden, hätte letzeres als Mindereinnahme der Mülheimer Stadthalle doch von der Stadt bezahlt werden müssen. Also real nur ca. 1.300 Euro Einsparung durch die Absage der Veranstaltung, was für viele Kinder, deren Eltern, Geschwister und Freunde ein derber Schlag ins Gesicht gewesen wäre.
 
Millionen für Prestigeprojekt Ruhrbania
 
Also: Für nix und fast wieder nix, ein paar lumpige Euro, die man z.B. auch durch Spendensammlung beim Konzert selbst hätte eintreiben können. Wollte man riskieren, die monatelange Arbeit einer anerkannten und gewünschten Jugendeinrichtung zunichte zu machen? Unglaublich! Was einem aber die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist die gleichzeitige Bedenkenlosigkeit, mit der die Millionen nur so verballert werden, wenn es z.B. um das Prestigeprojekt Ruhrbania geht! Anstatt nach 5 Monaten blamabler Fachhochschul-Standortdiskussionen und der erwartungsgemäßen Entscheidung gegen eine FH-Ruhrbania die Reißleine zu ziehen, werden trotz Riesenhaushaltslöchern 16 Mio. für den gänzlich neuen Brückenkopf, 1,7 Mio. für das ex-Arbeitsamt und weitere Millionen zum AOK-Ankauf ausgegeben, ohne dass auch nur am Horizont zu erkennen wäre, ob Ruhrbania zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke ohne FH überhaupt umsetzbar sein wird. Diese unfassbare Unverhältnismäßigkeit wird alle noch bevorstehenden Sparbemühungen unglaubwürdig machen!
 
Was aber die Haushaltssanierung in Mülheim richtig schwierig macht, ist die Häufung unseriöser Finanzkonstruktionen und Abenteuer der letzten Jahre, die gegen jede Vernunft und besseres Wissen in diesem Jahr der Wahlen auch noch fortgeführt und gesteigert wurden, obwohl Wirtschaftskrise und Haushaltslöcher bekannt waren! Insoweit ist man in Dortmund ein Stück weiter als in Mülheim, weil dort wenigstens direkt nach der Kommunalwahl reiner Wein eingeschenkt wurde!
 
Trick der „Ausgleichsrücklage“
 
Die Stadt Mülheim wird in 2010 einen Nothaushalt nicht mehr umgehen können. Weggebrochene Einnahmen insbesondere bei der Gewerbesteuer und steigende Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich, haben das Haushaltsloch deutlich vergrößert. Im Etat 2009 wurde der Nothaushalt, sprich Genehmigungspflicht aller Ausgaben beim Regierungspräsidenten, ein letztes Mal durch den bilanziellen Trick der „Ausgleichsrücklage“ umgangen. Bei der Umstellung auf doppelte Buchführung entstand diese vor 3 Jahren rein virtuell auf dem Papier bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz und sie wurde zum „Defizitausgleich“ nur auf Papier genommen, so dass der Haushalt urplötzlich ausgeglichen erschien. Inzwischen ist auch diese fiktive, nicht mobilisierbare „Rücklage“ fast auf Null „verbraucht“.Real aber wurde nichts ge- oder verbraucht. Damit wäre der Etat 2010 auch ohne Wirtschaftskrise nur als Nothaushalt aufzustellen gewesen!
 
Gegen Geschäftsordnung NRW verstoßen
 
Weil die Stadt aber so lange wie möglich noch Gelder ausgeben oder Stellen schaffen will, die der Nothaushalt nicht mehr erlaubt, wurde die Einbringung des Haushalts 2010 auf nächstes Jahr verschoben. Dabei müsste er gemäß der Geschäftsordnung NRW spätestens im Dezember 2009 verabschiedet worden sein!
 
Die Stadt Mülheim wird z.B. im Zusammenhang mit der Fachhochschule notgedrungen Geld in die Hand nehmen müssen. Dieses Geld für Maßnahmen in Broich/Speldorf wird woanders gestrichen werden müssen – nur wo, steht in den Sternen. Unabhängig davon und die Folgen der Wirtschaftskrise nicht beachtend gibt sie immer noch viel Geld aus, das im Nothaushalt nicht erlaubt ist bzw. wäre. Dafür gilt nämlich u.a.:
1. Jede neue Investition muss in Düsseldorf genehmigt werden und die Aufsichtsbehörde muss den erlaubten Gesamtinvestitionsrahmen drastisch begrenzen.
2. Einnahmen etwa durch Verkäufe von Grundstücken, Betriebsanteilen, Kraftwerken o.ä. müssen dem Gesamthaushalt zugeführt werden, sprich zur Schuldentilgung.


OB Dagmar Mühlenfeld (Mitte) stellt das Ruhrbania-Prestigeprojekt vor
NRhZ-Archiv
 
Der dickste Batzen der städtischen Mülheimer Investitionen, nämlich für Ruhrbania, wird im Haushalt zumeist aber nicht mehr geführt, weil in die Ruhrbania GmbH&CoKG ausgelagert. Damit wird das Nothaushaltsrecht über einen Schattenhaushalt bereits einfach ausgehebelt. Doch damit nicht genug: Die Einnahmen der Ruhrbania GmbH&CoKG bestehen neben städtischen Zuschüssen aus den Erlösen von Grundstücksverkäufen – bisher 2,2 Mio. für das vergaberechtswidrig verkaufte Baufeld 1, und erhofften Fördergeldern des Landes, die von der Stadt in die CoKG geleitet werden. Die notwendigen Vorleistungen zahlt ohnehin alle die Stadt wie für die Mieten für das technische Rathaus, Bürgeramt, Medienhaus und demnächst auch noch das Gesundheitshaus und zusätzlich etwa, indem sie den Eigentümern des ehemaligen Arbeitsamtes 1,7 Mio. Euro dafür bezahlt, dieses der ausgegliederten GmbH&CoKG für Noppes überschriebt, damit diese das Gebäude abreißen und das Gelände verkaufen kann.
 
Frage also: Warum läuft Ruhrbania nicht der Einfachheit und Transparenz willen nur über den städtischen Haushalt? Ganz einfach: Nach Nothaushaltsrecht hätten z.B. die 2,2 Mio. Einnahmen durch den vergaberechtswidrigen Verkauf von Baufeld 1 zur Schuldentilgung genommen werden müssen. Gleichzeitig wären die 1,7 Mio. zum Erwerb des ex-Arbeitsamtes als Neuinvestition im Nothaushalt sicher kaum genehmigungsfähig, weil just diese Maßnahme nach dem Scheitern der FH dort alles andere als „unabwendbar“ oder nicht aufschiebbar ist. Genauso verhält es sich mit dem 16 Mio. teuren Bau der Riesenampelkreuzung am Ende der Nordbrücke nach Abriss der overflies, was nicht einmal verkehrliche Verbesserungen bringt und ganz sicher nicht unabwendbar wäre.
 
Nothaushaltsrecht wird zur Farce
 
Ähnlich verhält es sich mit dem Stadionumbau für den VfB Speldorf. Die benötigten ca. 6 Mio. sollen zum größten Teil durch Verkauf der Grundstücke der heutigen Sportplätze Blötterweg und Hochfelder Straße finanziert werden, angeblich für den Haushalt „kostenneutral“. Unabhängig von der Unseriosität derartiger Finanzierung wird das Nothaushaltsrecht zur Farce. Wenn die Sportplätze in ein paar Jahren wirklich verkauft würden, flösse der Erlös ohnehin in die Schuldentilgung (s.o.). Mit anderen Worten: Die 6 Mio. müssen sowieso aus dem Haushalt bezahlt werden, nur dass sie bisher dort nicht als Investitionen geführt werden – von dem fehlenden Ersatzsportplatz für die Grundschüler anstelle der Hochfelder Straße mal ganz abgesehen! Ähnlich der Umbau der alten Augenklinik van-Graefe-Str. zum stadtgeschichtlichen Museum, das z.T. finanziert werden soll durch den Verkauf des heutigen Stadtarchivs, das real aber fast unverkäuflich ist im Straßendreieck Aktien-/Mellinghofer-/Arndtstraße.
 
Public Private Partnership-Umwegfinanzierung
 
Und die richtig großen Investitionen wurden in den letzten Jahren alle per PPP-Umwegfinanzierung durchgeführt, um so dem Nothaushalt zu entgehen, solange die o.g. virtuelle „Ausgleichsrücklage“ noch bilanziell nicht „aufgebraucht“ war. 2 mal Feuerwehr, Rathaussanierung, demnächst 3 große Schulen im Paket, Medienhaus usw. wurden nicht als städtische Ausgaben im Haushalt geführt, weil pro forma von Privat oder Halbprivat finanziert, real aber nur von der Stadt per Forfaitierung mit Einredeverzicht oder per Miete incl. Bürgschaft auf Jahrzehnte abzuzahlen.
 
Hinzu kommen dann noch die in GmbHs ausgegliederten städtischen Aufgaben, die kaum zu kontrollieren und noch weniger zum Sparen zu bewegen sind. Für die katastrophalen Fehler bei und nach der MEG-Gründung wie Veraschungsvertrag oder Vergärungsanlage müssen Stadt und Gebührenzahler noch länger bluten. Die MST ist ein Fass ohne Boden mit immer neuer Geldverschwendung, bei der JSG dauerte es sehr lange, bis Betrug und Mißmanagement auffielen undsoweiterundsofort.
 
Kurzum: Fast alle Weichen sind so gestellt, dass Haushaltssanierung auch bei Nothaushalt kaum möglich sein wird. Die Gemeindeprüfungsanstalt empfiehlt Sparen beim Putzdienst und Schließung von Schulen. Na denn, doch helfen wird es wenig….
 
Die Mülheimer Bürger-Initiativen (MBI) aber sagen: Erst einmal muss ein richtiger und ehrlicher Kassensturz jetzt auf den Tisch, dann eine reinen Tisch machende Prioritätenbestimmung, die auch Ruhrbania beinhaltet, dann alle Streichlisten auf den Tisch, und gleichzeitig muss begonnen werden, die unseriös gestellten Weichen Stück für Stück umzustellen! (PK)
 
Lothar Reinhard ist MBI-Fraktionssprecher im Mülheimer Stadtrat

Online-Flyer Nr. 228  vom 16.12.2009

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