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Kultur und Wissen
"Verfemte Kunst" im Solinger Museum Baden bis Juni 2006 - Folge 1
Der Maler Hubert Rüther
Von Georg Giesing

Hubert Rüther wurde 1886 in Dresden geboren. Zunächst machte er eine Lehre als Dekorationsmaler, dann besuchte er die Königliche Zeichenschule in seiner Heimatstadt.

Es folgte eine weitere Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Dresden, danach ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in der sächsischen Metropole. Das besondere gestalterische Talent Rüthers dokumentiert sich darin, dass er Meisterschüler bei Professor Kuehl wurde.

Hubert Rüther: 'Die Spieler' um 1934/36
Hubert Rüther: "Die Spieler" um 1934/36
Sammlung: Gerhard Schneider



1914 war für die Generation Rüthers ein enormer Einschnitt. Der sogenannte Erste Weltkrieg begann. Hunderttausende Männer zogen in den Krieg. Millionen starben. Der Kaiser kannte keine Parteien mehr, er sah nur noch Deutsche. Die deutsche Nation befand sich im Kriegsrausch. Hubert Rüther meldete sich als freiwilliger Krankenpfleger. Er überlebte das große Sterben dieses Krieges.

Ab 1919 arbeitete er wieder als Künstler, diesmal im Meisteratelier bei Professor Gussmann. Es entstanden expressive Aquarelle und expressionistische Holzschnitte. So zum Beispiel die Holzschnitte "Die Jagd", "Liegender Frauenakt mit Fensterblick" und das Aquarell mit dem Titel "Mörder".

Hubert Rüther: 'Gefangene' um 1934/36
Hubert Rüther: "Gefangene" um 1934/36
Sammlung: Gerhard Schneider



1921 heiratete Rüther die junge Irena Rabinowicz, eine Malerin, die aus einer jüdischen Familie stammte. Aufgewachsen war Irena Rabinowicz in Köln und Chemnitz. Irena Rabinowicz war 1919 die erste Studentin an der Dresdner Kunstakademie, ab 1922 war sie freischaffend. In den 1920ger Jahren erfolgten Studienreisen beider Künstler ins Ausland. 1932 erhielt Hubert Rüther einen Auftrag zur Gestaltung von Glasgemälden für eine Kirche in Wittichenau.

Unmittelbar nach der Machtergreifung durch die Nazis war das Künstlerpaar starken Repressalien ausgesetzt. Ihre Kunst galt als "entartet". Irena Rüther-Rabinowicz wurde verhaftet und als Zwangsarbeiterin in eine Kartonagefabrik geschickt. Hubert Rüther, der sich standhaft weigerte, sich von seiner jüdischen Frau zu trennen, war nun endgültig ins Blickfeld der Gestapo geraten. 1934 wurde ihm mitgeteilt, dass er nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitze und nicht den Anforderungen entspreche, an "Deutscher Kultur in Verantwortung gegenüber Volk und Reich mitzuwirken." Das Künstlerpaar hatte ab 1934 Mal- und Ausstellungsverbot.

Hubert Rüther: 'Die Jagd', 1919
Hubert Rüther: "Die Jagd", 1919
Sammlung: Gerhard Schneider



Es folgten mehrere Hausdurchsuchungen. Rüther malte trotzdem weiter. So entstand 1934/37 das in der Solinger Ausstellung "Unser Weg durch die Nacht" zu sehende Ölbild " Die Spieler". Das Bild zeigt eine Szene an einem Spieltisch, an dem karikierte Nazigrößen, unter ihnen Hitler, die Interessen Deutschlands "aufs Spiel setzen." Eine Horrorvision, die in den Folgejahren wahr wurde. Ein weiteres, trotz Verbot gemaltes Bild, trägt den Titel "Gefangene".

1939 trat das ein, was Hubert Rüther befürchtet hatte. Erneut wurde Deutschland die kriegstreibende Macht in Europa. Für die Generation des Künstlers war dies das zweite Große Sterben, seine apokalyptischen Visionen wurden Wirklichkeit.

Die Repressionen gegenüber dem Maler verschärften sich 1944. Er wurde zur Zwangsarbeit in einer Metallfabrik verpflichtet, so sollten seine Hände für sein weiteres künstlerisches Schaffen unbrauchbar gemacht werden. Hubert Rüther überlebte die NS-Diktatur als kranker Mann. Am 16. September 1945 wählte er den Freitod.

Die erwähnten Bilder sind zu sehen in der Ausstellung "Bürgerstiftung für verfemte Künste mit der Sammlung Gerhard Schneider" in Solingen. Eine verfemte Künstlerin war auch die Kabarettistin Erika Mann, Tochter von Thomas und Katja Mann. Siehe Filmclip.

"Unser Weg durch die Nacht"
Museum Baden
Wuppertaler Straße 160
42653 Solingen (Gräfrath)
Tel.: 0212 - 25 81 40

Öffnungszeiten:
Di. bis So. 10 - 17 Uhr, Mo. geschlossen

GEO-Porträt LesungGeorg Giesing, 1942 in Wuppertal-Barmen geboren, diplomierter Sozialpädagoge, war 28 Jahre Fachlehrer an einem Kölner Berufskolleg, nachdem er eine Lehre als Gärtner, eine Ausbildung als Erzieher und das Studium der Sozialarbeit und Sozialpädagogik abgeschlossen hatte. Giesing ist freier Mitarbeiter bei Zeitungen, Stadtmagazinen und Online-Zeitungen, schreibt Bücher und zeichnet. Eine Auswahl seiner Bücher: "Hexenball im Königsforst", Erzählungen,1985 und 1986, "Rheinpiraten vor Köln", Erzählungen, 1990, "Zwischen Strunde und Flehbach", Erzählungen, 1990, "Wir sind doch ein Leut´, - Auf der Suche nach dem jüdischen Viehhändler Siegfried Forst auf Brodenbach", Erzählung, 2000, "Rheinische Frikadellen" - Geschichten & Grotesken, 2005 .




Online-Flyer Nr. 39  vom 12.04.2006

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