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Kiezmuseum steht auf dem Spiel
Prosecco für's Museum
Von Hans-Dieter Hey
Sankt-Pauli-Museum heute – eher Aufbewahrungsstelle
Erwin Ross, der „Rubens von der Reeperbahn" ist Institution auf Sankt Pauli
Sankt-Pauli-Theater und Davidswache
Sankt Pauli immer „male chauvinism“ – aber fröhlich
Fotos: Hans-Dieter Hey - gesichter zei(ch/g)en
Der Hamburger Stadtteil St. Pauli ist weltberühmt durch „Sexarbeit" geworden. Als die Beatles 1961 nach Hamburg kamen, hatten sie etwas Ähnliches wie „Große Freiheit" und „Reeperbahn" zuvor noch nie gesehen und waren überwältigt. St. Pauli hat aber noch die andere, weniger lustvollen Seiten.
Die Stadt Hamburg hatte immer gern ihre Armen dorthin abgeschoben. Die Zusammensetzung der Bevölkerung galt und gilt als besonders arm und war deshalb besonders widerständig. 1896 griff sie die Österreichisch-Preußische Besatzung an, 1896 und 1919 während der Räterepublik wurden Polizeiwachen angegriffen, weil die Menschen hungerten. Am Ende der Weimarer Republik kam es in St. Pauli zu Schießereien zwischen der SA und dem Rotfrontkämpferbund, und bis 1933 war der Stadtteil eine Hochburg der KPD. In der Sternsälen der „Großen Freiheit 39" redete einst wuchtig Ernst Thälmann. St. Pauli gilt bis heute als links. Und gerade durch seine Geschichte bietet es ein Spannungsfeld, dem ein eigenständiges Museum gebührt.
„Beatles-Platz" vor der „Großen Freiheit"
Erinnerungen an den „Star-Club"
Die Beatles 1961
Rock-Legende Jimi Hendrix 1967
Die berühmten Dock's-Konzerte – 1967...
...und heute
Einst trat hier Ernst Thälmann auf
„Ein Museum ist ein Ort, an dem Geschichte bewahrt und sichtbar gemacht wird", wird gesagt. Doch in Zeiten, in denen die öffentlichen Kassen durch wachsende Armut, Niedriglöhne und „Bankenrettungen" geleert werden, wird eben an Bildung und Kultur gespart. Geschichte steht da an letzter Stelle. Hier geht es Hamburg nicht anders als Köln. Warum allerdings sollten über 20 Millionen Besucher auf St. Pauli nicht so viel Geld in die Kassen eines Museums spülen, dass es sich auf Dauer selbstfinanziert trägt? Dann könnte man endlich aufhören, es prekär mit Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Ein-Euro-Kräften und sporadischem Finanzspritzen über Wasser zu halten.
Shows in den 1930ern...
...in den 1950ern...
... und später
Oder durch Günter Zint, der bisher privates Vermögen und Herzblut in diese Idee gesteckt hat. Ein Sankt Pauli Museum war einmal sein Traum. Im Jahr 1962 wunderte sich der bekannte Fotograf darüber, dass Hamburg für seinen weltberühmten Stadtteil kein Museum besaß. Ein Jahr später brannte der geschichtsträchtige „Star-Club" ab, der Größen wie die Beatles oder Jim Hendrix in Deutschland zu Ruhm gebracht hatte. Seit damals konnte man sich nicht zu einem Museum durchringen, Stadt und Grundeigentümer waren dagegen. Erst im Jahr 1988 gelang es Günter Zint, das Museum unter dem „Verein Kultur für Sankt Pauli e.V." zu gründen, das seit 1991 im „Schmidt Tivoli" und in einem Pavillon am Spielbudenplatz Ausstellungsräume zur Verfügung hatte. Damals trug es sich zu 80 Prozent selbst.
Seit einigen Jahren nun werden einige Exponate in einem Ladengeschäft in der Hein-Hoyer-Straße 56 ausgestellt, die man eigentlich Archiv, und nicht Museum nennen müsste. Der Großteil des Fundus wurde von Günter Zint bisher kostenlos in einem Bauernhof auf 1.000 Quadratmetern eingelagert. Durch Umsatzeinbußen seiner Bildagentur Panfoto kann er die anfallenden Kosten nicht mehr tragen. Von gelegentlichem offiziellen spärlichen Geldspritzen abgesehen, krebst das Museum an der Elbe dahin. Werden für nächstes Jahr nicht 50.000 Euro für den Erhalt des Museums in der Hein-Hoyer-Straße und für eine neue Lagerfläche eingespült, muss der Fundus verkauft und die Schotten dicht gemacht werden. Doch neuerdings hat Günter Zint wieder mehr Mut, seitdem in den letzten Wochen wieder Gespräche über ein eigenständiges Kiez-Museum geführt wurden. Er ist zwar noch im Vorstand des Vereins, hatte aber vor kurzem die Geschäftsführung an seine Tochter abgegeben – eine würdige Nachfolgerin, wie man dort sagt.
Tochter Lena will ordentlich mit „reinhauen“, wenn es alles gut geht, sagt Vater Zint. Sie sei überzeugt, dass das Museum zu retten ist. „Die Finanzierung der Museumskonzeption und die Suche nach einem repräsentativen Standort für ein zukünftiges Sankt Pauli Museum bleiben weiterhin wichtige Ziele für den Betreiberverein. Allein die Prioritäten haben sich geändert. Die Sicherung des Fundus und die Finanzierung für 2010 stehen nun an erster Stelle.“, so die Historikerin. Vater Günter hoffnungsschwanger: „Ich hoffe, dass das Museum auf ewig überlebt.“ (HDH)
Das „Eroscenter" existiert nicht mehr
Sexarbeit zwischen „Herbertstraße"...
...und Straßenstrich
Fotos: Günter Zint – panfoto
Online-Flyer Nr. 216 vom 23.09.2009
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Kiezmuseum steht auf dem Spiel
Prosecco für's Museum
Von Hans-Dieter Hey
Sankt-Pauli-Museum heute – eher Aufbewahrungsstelle
Erwin Ross, der „Rubens von der Reeperbahn" ist Institution auf Sankt Pauli
Sankt-Pauli-Theater und Davidswache
Sankt Pauli immer „male chauvinism“ – aber fröhlich
Fotos: Hans-Dieter Hey - gesichter zei(ch/g)en
Der Hamburger Stadtteil St. Pauli ist weltberühmt durch „Sexarbeit" geworden. Als die Beatles 1961 nach Hamburg kamen, hatten sie etwas Ähnliches wie „Große Freiheit" und „Reeperbahn" zuvor noch nie gesehen und waren überwältigt. St. Pauli hat aber noch die andere, weniger lustvollen Seiten.
Die Stadt Hamburg hatte immer gern ihre Armen dorthin abgeschoben. Die Zusammensetzung der Bevölkerung galt und gilt als besonders arm und war deshalb besonders widerständig. 1896 griff sie die Österreichisch-Preußische Besatzung an, 1896 und 1919 während der Räterepublik wurden Polizeiwachen angegriffen, weil die Menschen hungerten. Am Ende der Weimarer Republik kam es in St. Pauli zu Schießereien zwischen der SA und dem Rotfrontkämpferbund, und bis 1933 war der Stadtteil eine Hochburg der KPD. In der Sternsälen der „Großen Freiheit 39" redete einst wuchtig Ernst Thälmann. St. Pauli gilt bis heute als links. Und gerade durch seine Geschichte bietet es ein Spannungsfeld, dem ein eigenständiges Museum gebührt.
„Beatles-Platz" vor der „Großen Freiheit"
Erinnerungen an den „Star-Club"
Die Beatles 1961
Rock-Legende Jimi Hendrix 1967
Die berühmten Dock's-Konzerte – 1967...
...und heute
Einst trat hier Ernst Thälmann auf
„Ein Museum ist ein Ort, an dem Geschichte bewahrt und sichtbar gemacht wird", wird gesagt. Doch in Zeiten, in denen die öffentlichen Kassen durch wachsende Armut, Niedriglöhne und „Bankenrettungen" geleert werden, wird eben an Bildung und Kultur gespart. Geschichte steht da an letzter Stelle. Hier geht es Hamburg nicht anders als Köln. Warum allerdings sollten über 20 Millionen Besucher auf St. Pauli nicht so viel Geld in die Kassen eines Museums spülen, dass es sich auf Dauer selbstfinanziert trägt? Dann könnte man endlich aufhören, es prekär mit Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Ein-Euro-Kräften und sporadischem Finanzspritzen über Wasser zu halten.
Shows in den 1930ern...
...in den 1950ern...
... und später
Oder durch Günter Zint, der bisher privates Vermögen und Herzblut in diese Idee gesteckt hat. Ein Sankt Pauli Museum war einmal sein Traum. Im Jahr 1962 wunderte sich der bekannte Fotograf darüber, dass Hamburg für seinen weltberühmten Stadtteil kein Museum besaß. Ein Jahr später brannte der geschichtsträchtige „Star-Club" ab, der Größen wie die Beatles oder Jim Hendrix in Deutschland zu Ruhm gebracht hatte. Seit damals konnte man sich nicht zu einem Museum durchringen, Stadt und Grundeigentümer waren dagegen. Erst im Jahr 1988 gelang es Günter Zint, das Museum unter dem „Verein Kultur für Sankt Pauli e.V." zu gründen, das seit 1991 im „Schmidt Tivoli" und in einem Pavillon am Spielbudenplatz Ausstellungsräume zur Verfügung hatte. Damals trug es sich zu 80 Prozent selbst.
Seit einigen Jahren nun werden einige Exponate in einem Ladengeschäft in der Hein-Hoyer-Straße 56 ausgestellt, die man eigentlich Archiv, und nicht Museum nennen müsste. Der Großteil des Fundus wurde von Günter Zint bisher kostenlos in einem Bauernhof auf 1.000 Quadratmetern eingelagert. Durch Umsatzeinbußen seiner Bildagentur Panfoto kann er die anfallenden Kosten nicht mehr tragen. Von gelegentlichem offiziellen spärlichen Geldspritzen abgesehen, krebst das Museum an der Elbe dahin. Werden für nächstes Jahr nicht 50.000 Euro für den Erhalt des Museums in der Hein-Hoyer-Straße und für eine neue Lagerfläche eingespült, muss der Fundus verkauft und die Schotten dicht gemacht werden. Doch neuerdings hat Günter Zint wieder mehr Mut, seitdem in den letzten Wochen wieder Gespräche über ein eigenständiges Kiez-Museum geführt wurden. Er ist zwar noch im Vorstand des Vereins, hatte aber vor kurzem die Geschäftsführung an seine Tochter abgegeben – eine würdige Nachfolgerin, wie man dort sagt.
Tochter Lena will ordentlich mit „reinhauen“, wenn es alles gut geht, sagt Vater Zint. Sie sei überzeugt, dass das Museum zu retten ist. „Die Finanzierung der Museumskonzeption und die Suche nach einem repräsentativen Standort für ein zukünftiges Sankt Pauli Museum bleiben weiterhin wichtige Ziele für den Betreiberverein. Allein die Prioritäten haben sich geändert. Die Sicherung des Fundus und die Finanzierung für 2010 stehen nun an erster Stelle.“, so die Historikerin. Vater Günter hoffnungsschwanger: „Ich hoffe, dass das Museum auf ewig überlebt.“ (HDH)
Das „Eroscenter" existiert nicht mehr
Sexarbeit zwischen „Herbertstraße"...
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Fotos: Günter Zint – panfoto
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