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Lokales
Was den deutschen Michel manchmal erschreckt:
Lafontaine fordert mehr Demokratie
Von Hans-Dieter Hey
Gegen den Mainstream...
Lafontaine polarisiert, um etwas deutlich zu machen, sich abzugrenzen. Aber er deckt nicht zu und umschifft keine Probleme. Er greift mit brillianter Überzeugungskraft inhaltsorientiert an. Das ist durchaus neu bei den weitgehend inhaltsentleerten Kandidatenkürungen in diesen Tagen. Jetzt wurde gar durch Angela Merkel die „Elefantenrunde“ aller Parteien abgesagt, weil sie offenbar Schwierigkeiten mit qualifizierter Kritik hat, genau wie damals Helmut Kohl.
Gut besucht bei schönem Wetter
Lafontaine geißelt die Mainstream-Medien, die er als seine Gegner ausgemacht hat. Beispielsweise wenn er in der Online-Ausgabe der „Bild“ am 31. August angegriffen wird und mit der Überschrift „Spalter der Nation“ auf Dummenfang geht, der „Merkels Wahlerfolg kaputt“ mache, die noch gar nicht gewählt ist. Dagegen wurde Populist Guido Westerwelle vom „Verband der Redenschreiber“ – wer immer das sein mag – als bester Redner gekürt. Zu vermuten ist, dass es dabei wenig um Inhalte ging, wodurch sich dieser Wahlkampf im Übrigen besonders ausgezeichnet hat.
Die Süddeutsche Zeitung vom 19. September spricht von den „Wunschkonzerten“ der Linken, „woran man schon sieht, (...) dass wir uns bei aller erfrischenden Exklusivität der Gedanken von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi fernab der Realität bewegen.“ Abgesehen davon, dass man bei Programmforderungen immer kritisch sein sollte, beschränkt sie sich auf die Bezifferung möglicher Kosten. So mal eben über den Daumen. Die Vorschläge der Linken zur Gegenfinanzierung oder Haushaltsumschichtung wurden gleich ganz weggelassen. Kämpferisch stellt sich Lafontaine seinen Gegnern entgegen wie Heinrich Heine, der damals schrieb: „Ich sage Feinde, ich geben ihnen aus Höflichkeit diesen Titel, obgleich sie meistens nur meine Verleumder sind. Es sind kleine Leute, deren Hass nicht einmal bis an meine Waden reicht.“ Gegner hat er auch in den eigenen Reihen, wenn es Linke gibt, die linker als andere sein wollen. Das berührt die immer schwelende Frage der Linken, ob man Recht behalten will oder es gelingt, Einfluss auf die Politik zu nehmen.
In seinem Element: Baden in der Masse
Lafontaine präsentierte in seiner Rede durchaus begründete Inhalte. Beispielsweise kommt gut an, wenn DIE.LINKE möglichst schnell die Soldaten aus Afghanistan zurückziehen will, die Aufstockung der Regelleistung bei Hartz-IV auf 500 Euro, die Wiederherstellung der alten Rentenformel oder der gesetzliche Mindestlohn. Viele Vorschläge könnten dazu verhelfen, was derzeit im Lande fehlt: Binnenwachstum. Die Menschen spüren das, deshalb sind es Forderungen der Mehrheit. Ob die Linke dann auch gewählt wird oder das Gegenteil von dem durch ein Weiter wie bisher, ist eine Frage, die am 27. September entschieden werden wird.
...mehr zivilen Widerstand gefordert
Lafontaine ging auch ans Eingemachte unserer demokratischen Verfassung. Angesichts der Krise, die Menschen einseitig belaste, forderte er das Engagement der Menschen heraus: „Es geht im Grunde genommen um eine weitergehende Frage, um die Frage, ob wir eine demokratische Gesellschaft sind. Demokratie ist nicht nur die Möglichkeit, ab und zu zur Wahl zu gehen. Wir sprechen dann von einer demokratischen Gesellschaft, wenn sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Wenn wir in den letzten Jahren beobachten, dass die Löhne gesunken sind, die Renten gesunken sind und die sozialen Leistungen gesunken sind, dann sind wir keine demokratische Gesellschaft mehr. Denn die Interessen der Mehrheit setzten sich nicht mehr durch“.
Wenn die Parlamente immer gegen die Interessen der Mehrheit verstießen, gäbe es wie in anderen Ländern auch die Möglichkeit der direkten Demokratie. Lafontaine forderte deshalb Volksentscheide und Volksabstimmungen, damit die Bevölkerung selbst sagen kann, wohin es gehen soll. Er geht noch weiter: „Es gibt aber noch eine andere Antwort, die den deutschen Michel manchmal in Schrecken versetzt.“ In anderen Ländern Europas gehörten zu den demokratischen Rechten, Autobahn, Flughafen und Schienenverkehr und teilweise die Produktion lahm zu legen. In Frankreich habe die Verschlechterung des Kündigungsschutzes für Jugendliche genau dazu geführt, und die Regierung musste die Regelung wieder zurücknehmen.
Die ganze Rede von Oskar Lafontaine finden Sie hier!
Ulla Lötzer fordert Schutzschirm für Menschen
Im Anschluss nahm Ursula Lötzer, Bundestagsabgeordnete der Linken in Köln zu Themen Stellung, die die Menschen in NRW betreffen. Sie nahm Bezug auf eine Umfrage, die sie selbst während ihres Wahlkampfes in Köln gemacht hatte. „Demokratie fängt da an, wie Bürgerinnen und Bürger auch einbezogen werden in das, was man als Politikerin und Politiker vertritt in Berlin.“ Zwei der wichtigsten Ergebnisse, für die sich die Linke einsetzen soll, waren die sofortige Beendigung des Krieges in Afghanistan. Lötzer warf vor allem der Grünenpolitikerin Kerstin Müller nach verschiedenen Diskussionen vor, den Krieg in Afghanistan aggressiv zu verteidigen: „Bis dahin, dass sie sich versteigt, der Krieg sei notwendig für die Rechte der Frauen. Ich frage sie: Gibt es ein Ausspielen von Menschenrechten gegeneinander. Ist denn nicht auch das Recht auf Leben für Frauen, Männer und Kinder auch ein grundlegendes Menschenrecht, das nicht gegen Frauenrechte ausgespielt werden darf. Leiden nicht auch viele Frauen und Kinder in diesem Krieg.“
Ursula Lötzer, Sprecherin für internationale Wirtschaftspolitik und Globalisierung, Obfrau im Ausschuss Wirtschaft und Technologie
der Partei DIE.LINKE in Deutschen Bundestag
Fotos: Hans-Dieter Hey, gesichter zei(ch/g)en
Zu einem weiteren zentralen Punkt linker Politik ist die Kinderarmut. „Die Kinderarmut in Folge von Hartz IV ist in NRW einer der größten Probleme. 800.000 Kinder, ein Viertel aller Kinder in NRW sind arm und wachsen in Armut auf wegen Hartz IV.“ Zur Verbesserung und Angleichung der Lebensverhältnisse forderte Ulla Lötzer ein Zukunftsinvestitionsprogramm als „Schutzschirm für Menschen“ und nicht nur für Banken. (HDH)
Die ganze Rede von Ulla Lötzer hören Sie hier! Und wie die Kölner DuMont-Presse mit Lafontaine umging, lesen Sie in einem weiteren Artikel dieser NRhZ-Ausgabe.
Online-Flyer Nr. 216 vom 23.09.2009
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Was den deutschen Michel manchmal erschreckt:
Lafontaine fordert mehr Demokratie
Von Hans-Dieter Hey
Gegen den Mainstream...
Lafontaine polarisiert, um etwas deutlich zu machen, sich abzugrenzen. Aber er deckt nicht zu und umschifft keine Probleme. Er greift mit brillianter Überzeugungskraft inhaltsorientiert an. Das ist durchaus neu bei den weitgehend inhaltsentleerten Kandidatenkürungen in diesen Tagen. Jetzt wurde gar durch Angela Merkel die „Elefantenrunde“ aller Parteien abgesagt, weil sie offenbar Schwierigkeiten mit qualifizierter Kritik hat, genau wie damals Helmut Kohl.
Gut besucht bei schönem Wetter
Lafontaine geißelt die Mainstream-Medien, die er als seine Gegner ausgemacht hat. Beispielsweise wenn er in der Online-Ausgabe der „Bild“ am 31. August angegriffen wird und mit der Überschrift „Spalter der Nation“ auf Dummenfang geht, der „Merkels Wahlerfolg kaputt“ mache, die noch gar nicht gewählt ist. Dagegen wurde Populist Guido Westerwelle vom „Verband der Redenschreiber“ – wer immer das sein mag – als bester Redner gekürt. Zu vermuten ist, dass es dabei wenig um Inhalte ging, wodurch sich dieser Wahlkampf im Übrigen besonders ausgezeichnet hat.
Die Süddeutsche Zeitung vom 19. September spricht von den „Wunschkonzerten“ der Linken, „woran man schon sieht, (...) dass wir uns bei aller erfrischenden Exklusivität der Gedanken von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi fernab der Realität bewegen.“ Abgesehen davon, dass man bei Programmforderungen immer kritisch sein sollte, beschränkt sie sich auf die Bezifferung möglicher Kosten. So mal eben über den Daumen. Die Vorschläge der Linken zur Gegenfinanzierung oder Haushaltsumschichtung wurden gleich ganz weggelassen. Kämpferisch stellt sich Lafontaine seinen Gegnern entgegen wie Heinrich Heine, der damals schrieb: „Ich sage Feinde, ich geben ihnen aus Höflichkeit diesen Titel, obgleich sie meistens nur meine Verleumder sind. Es sind kleine Leute, deren Hass nicht einmal bis an meine Waden reicht.“ Gegner hat er auch in den eigenen Reihen, wenn es Linke gibt, die linker als andere sein wollen. Das berührt die immer schwelende Frage der Linken, ob man Recht behalten will oder es gelingt, Einfluss auf die Politik zu nehmen.
In seinem Element: Baden in der Masse
Lafontaine präsentierte in seiner Rede durchaus begründete Inhalte. Beispielsweise kommt gut an, wenn DIE.LINKE möglichst schnell die Soldaten aus Afghanistan zurückziehen will, die Aufstockung der Regelleistung bei Hartz-IV auf 500 Euro, die Wiederherstellung der alten Rentenformel oder der gesetzliche Mindestlohn. Viele Vorschläge könnten dazu verhelfen, was derzeit im Lande fehlt: Binnenwachstum. Die Menschen spüren das, deshalb sind es Forderungen der Mehrheit. Ob die Linke dann auch gewählt wird oder das Gegenteil von dem durch ein Weiter wie bisher, ist eine Frage, die am 27. September entschieden werden wird.
...mehr zivilen Widerstand gefordert
Lafontaine ging auch ans Eingemachte unserer demokratischen Verfassung. Angesichts der Krise, die Menschen einseitig belaste, forderte er das Engagement der Menschen heraus: „Es geht im Grunde genommen um eine weitergehende Frage, um die Frage, ob wir eine demokratische Gesellschaft sind. Demokratie ist nicht nur die Möglichkeit, ab und zu zur Wahl zu gehen. Wir sprechen dann von einer demokratischen Gesellschaft, wenn sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen. Wenn wir in den letzten Jahren beobachten, dass die Löhne gesunken sind, die Renten gesunken sind und die sozialen Leistungen gesunken sind, dann sind wir keine demokratische Gesellschaft mehr. Denn die Interessen der Mehrheit setzten sich nicht mehr durch“.
Wenn die Parlamente immer gegen die Interessen der Mehrheit verstießen, gäbe es wie in anderen Ländern auch die Möglichkeit der direkten Demokratie. Lafontaine forderte deshalb Volksentscheide und Volksabstimmungen, damit die Bevölkerung selbst sagen kann, wohin es gehen soll. Er geht noch weiter: „Es gibt aber noch eine andere Antwort, die den deutschen Michel manchmal in Schrecken versetzt.“ In anderen Ländern Europas gehörten zu den demokratischen Rechten, Autobahn, Flughafen und Schienenverkehr und teilweise die Produktion lahm zu legen. In Frankreich habe die Verschlechterung des Kündigungsschutzes für Jugendliche genau dazu geführt, und die Regierung musste die Regelung wieder zurücknehmen.
Die ganze Rede von Oskar Lafontaine finden Sie hier!
Ulla Lötzer fordert Schutzschirm für Menschen
Im Anschluss nahm Ursula Lötzer, Bundestagsabgeordnete der Linken in Köln zu Themen Stellung, die die Menschen in NRW betreffen. Sie nahm Bezug auf eine Umfrage, die sie selbst während ihres Wahlkampfes in Köln gemacht hatte. „Demokratie fängt da an, wie Bürgerinnen und Bürger auch einbezogen werden in das, was man als Politikerin und Politiker vertritt in Berlin.“ Zwei der wichtigsten Ergebnisse, für die sich die Linke einsetzen soll, waren die sofortige Beendigung des Krieges in Afghanistan. Lötzer warf vor allem der Grünenpolitikerin Kerstin Müller nach verschiedenen Diskussionen vor, den Krieg in Afghanistan aggressiv zu verteidigen: „Bis dahin, dass sie sich versteigt, der Krieg sei notwendig für die Rechte der Frauen. Ich frage sie: Gibt es ein Ausspielen von Menschenrechten gegeneinander. Ist denn nicht auch das Recht auf Leben für Frauen, Männer und Kinder auch ein grundlegendes Menschenrecht, das nicht gegen Frauenrechte ausgespielt werden darf. Leiden nicht auch viele Frauen und Kinder in diesem Krieg.“
Ursula Lötzer, Sprecherin für internationale Wirtschaftspolitik und Globalisierung, Obfrau im Ausschuss Wirtschaft und Technologie
der Partei DIE.LINKE in Deutschen Bundestag
Fotos: Hans-Dieter Hey, gesichter zei(ch/g)en
Zu einem weiteren zentralen Punkt linker Politik ist die Kinderarmut. „Die Kinderarmut in Folge von Hartz IV ist in NRW einer der größten Probleme. 800.000 Kinder, ein Viertel aller Kinder in NRW sind arm und wachsen in Armut auf wegen Hartz IV.“ Zur Verbesserung und Angleichung der Lebensverhältnisse forderte Ulla Lötzer ein Zukunftsinvestitionsprogramm als „Schutzschirm für Menschen“ und nicht nur für Banken. (HDH)
Die ganze Rede von Ulla Lötzer hören Sie hier! Und wie die Kölner DuMont-Presse mit Lafontaine umging, lesen Sie in einem weiteren Artikel dieser NRhZ-Ausgabe.
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