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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Aktuelles
Das Stifter-Ehepaar, der Ehrenbürger und das Stadtmuseum im Zeughaus
Alles aus Liebe zu Köln?
Von Roland Schüler und Peter Kleinert

„Aus Liebe zu Köln“ will ein bislang anonym gehaltenes Ehepaar aus Köln-Lindenthal der Stadt einen Anbau zum Stadtmuseum stiften, unterstützt Ehrenbürger Alfred Neven DuMont diese Stifter, indem er für sie öffentlich Druck macht und schauen eine Gruppe von aufrechten BürgerInnen und der Bund Deutscher Architekten (BDA) diesem geschenkten Gaul kritisch ins Maul. Ihr Resumée: Für etwa 5 Millionen Euro erhalten die Stifter ein ganzes Museum (Alt- und Anbau) und - gemäß Schenkungsvertrag - auch dessen Inhalt auf ihre Namen umgeschrieben und dürfen gegen Planungskultur und Europäisches Vergaberecht verstoßen. Alles aus Liebe zu Köln?

Zeughaus
Kölner Zeughaus – demnächst umgebaut und nach Stifterehepaar benannt?
Quelle: Wikimedia

Die Vorgeschichte: Das Stifterehepaar - er aus der Medizinindustrie, sie Künstlerin - hatte vor etwa zehn Jahren die schöne Idee, dem Kölner Stadtmuseum im Zeughaus einen seit langem notwendigen Anbau zu stiften. 5 Millionen Euro waren sie bereit zu geben - inzwischen, weil die Preise gestiegen sind, noch einiges mehr. Aber nicht ganz selbstlos, nur für ein bißchen Mitsprache. Sie wollen der Souverän sein, verhandelten deshalb über Jahre mit dem nun Ende Juli aus dem Amt geschiedenen Museumsleiter Werner Schäfke, ohne die Öffentlichkeit einzubeziehen, was im Kölner Stadt-Anzeiger des Ehrenbürgers heute so dargestellt wird, als ob im Kulturdezernat nach ihrem hehren Angebot „wenig oder nichts passiert“ sei.
 
Eines Tages bestellte das Stifterehepaar dann einen Entwurf beim Kölner Architekten Hanspeter Kottmair, und der sollte durch dessen Partner, die Gesellschaft für Baubetreuung mbH von Günther Fischer, realisiert werden (siehe NRHZ vom 7.Mai 2008, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12367). So steht es auch im Entwurf zum Schenkungsvertrag. Nach Ansicht des BDA widerspricht so ein Verfahren aber jeglicher Planungs- und Baukultur, besonders dann, wenn es sich um ein öffentliches Gebäude handelt. „Die Stadt Köln würde mit dieser Direktbeauftragung über den Umweg des Stifters ein negatives Zeichen setzen“, so Kölns BDA-Vorsitzender Stefan Schmitz.

Stephan Schmitz 
Stefan Schmitz – BDA-Vorsitzender
Quelle: www.stefan-schmitz-architekten.de

Der BDA setzt sich seit Jahren für Qualität in der Kölner Planungs- und Baukultur ein, und die kann nur durch einen Wettbewerb erreicht werden. Auf seine Initiative erreichte die Politik beim Stifterehepaar eine Mehrfachbeauftragung. In diesem Wettbewerb zeichnete die Jury aber einen Entwurf des Berliner Architektenbüros “raumzeit“ als ersten Preisträger aus. Der akzeptierte unter der Voraussetzung seiner eigenen Federführung eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Lieblingsarchitekten der Stifter. Doch statt zu dieser Zusammenarbeit kam es zweimal zum Knall. Ohne Angabe von Gründen beendete das Stifterpaar die Zusammenarbeit und stellte der Stadt Köln ein Ultimatum: Realisiert wird unser Entwurf mit unserem Architekten und unserem Projektleiter oder gar nichts!
 
Der BDA spricht sich gegen diese Drohung aus und fordert Stifter und Politik auf, das begonnene Verfahren ordentlich fortzusetzen. Macht die Politik dieses Spiel der Stifter mit? Augenscheinlich ja, denn Oberbürgermeister Schramma, FDP und CDU haben sich bereits deutlich auf deren Seite gestellt. Während DIE LINKE die “Schenkung“ des Erweiterungsbaues in der Ratssitzung am 25.9.2008 abgelehnt hatte (siehe weiter unten), fordern die Grünen ein geordnetes Planungsverfahren und die Einhaltung der Stadtbaukultur und werden dafür vom Kölner Ehrenbürger in dessen Kölner Stadt-Anzeiger beschimpft: „Wenn ich lese, dass Barbara Moritz von den Grünen auch heute noch an dem gescheiterten Procedere für das Stadtmuseum festhält, dann frage ich mich, ob es ihr denn nur noch um den Machterhalt geht und gar nicht um das Wohl der Stadt.“ (siehe online-Ausgabe des KStA vom 06.08.09, 23.22 Uhr, www.ksta.de)


Alfred Neven DuMont: „Eine Zumutung"| Quelle: NRhZ-Archiv

Eine komplette Verdrehung der Tatsachen: Scheitern lassen wollen die Stifter, treten das Wohl der Stadt, hier die Planungskultur und ein Wettbewerbsergebnis, mit Füßen und wollen mit Macht ihren Willen durchsetzen. Aber sie tun dies „Aus Liebe zur Stadt“ - so der Titel des KStA-Artikels, in dem Alfred Neven gleichzeitig über seinen Besuch am Donnerstag „im Wohnhaus der Mäzene“ berichtet. Zitat: „Es ist eine Zumutung, dass die Stifter auch nach fast zehn Jahren noch nicht sicher sein können, dass die Stadt ihr großzügiges Geschenk annehmen wird.“ Und nach diesem öffentlichen Verlegertadel für Politiker und Bürger, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, scheint es so, dass auch die SPD diesem Druck angesichts der anstehenden Kommunalwahlen nicht standhalten und sich am Montag im Hauptausschuss an einer schlimmen Fehlentscheidung beteiligen wird. Immerhin haben die Stifter angekündigt, dass sie sich aus dem Projekt zurückziehen, sollte nicht endlich in ihrem Sinne entschieden werden. 

Selbstlosigkeit des Stifter-Ehepaares
 
Während der BDA das einen Erpressungsversuch nennt, lassen die Stifter sich weiter in der Öffentlichkeit als selbstlos darstellen. Motto: Wir schenken der Stadt ein paar Milliönschen und erhalten nur Undank. Wie selbstlos sind sie denn wirklich? Ein Blick in den Entwurf des Schenkungsvertrages, der den RatspolitikerInnen vorliegen sollte (und der NRHZ vorliegt), zeigt deutlich, welche Vorteile sie davon haben werden, wenn am 10. August im Rathaus alles in ihrem Sinne läuft:
 
Die Stifter - nennen wir sie also endlich beim Namen: sie heißen Marlies und Hans Stock - stellen den Erweiterungsbau. Planungs- und Bauleitung sowie Projektsteuerung und Projektleitung werden von ihrer “Hans und Marlies Stock-Stiftung für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur“ beauftragt. Die Stadt selbst erhält von ihnen keine Geldmittel.

Sie verpflichtet sich vielmehr, das Museum auf Basis des mit den Stiftern ABGESTIMMTEN Museumskonzepts und auf unbestimmte Zeit als organisatorische Einheit von Alt- und Anbau zu betreiben und sorgt für eine „auskömmliche“ Bezuschussung des Museums.
 
Die Stadt Köln gewährt „beschränkte persönliche Dienstbarkeit“ mit der Zusage der dauerhaften Nutzung des Grundstücks als „Kölnisches Stadtmuseum – Stiftung S.“ Nicht nur beim Namenszusatz, auch beim Logo reden die Stifter mit.
 
Im Falle einer Abweichung kann die Stiftung vom Schenkungsvertrag zurücktreten und erhält von der Stadt den VERKEHRSWERT des Erweiterungsbaus ausbezahlt. 
 
So selbstlos, wie im KStA dargestellt, sind sie also nicht. Die Stifter sollen sehr viel erhalten, sollen sogar bei der Gestaltung und Präsentation der Kölner Stadtgeschichte im Rahmen des Museumskonzeptes mitbestimmen dürfen.
 
Über diese Pferdefüsse der Schenkung liest man keine Zeile in den aktuellen Artikeln der Zeitung des Kölner Ehrenbürgers. Somit erfährt die Öffentlichkeit halt nur die Hälfte, erhält Informationen über die GUTE Hälfte der Stifter und deren “Gutsein“ für das Wohl der Stadt. Dass die Stadt für Umbau und Sanierung der Altbauten selbst mehr als 6 Millionen Euro zu zahlen haben wird, spielt dagegen keine Rolle.
 
Wieder zum EU-Gerichtshof?
 
Sehr problematisch wird es mit der von den Stiftern gewünschten Vergabe an den ihnen nahe stehenden Projektleiter Günther Fischer und seine Baubetreuungs-Firma, denn das Europäische Vergaberecht schreibt bei einem Stellenwert von 5 Millionen Euro eine europaweite Ausschreibung zwingend vor. Eben die wollen die Stifter aber umgehen und die Stadt Köln dazu bringen, dies auch zu tun, obwohl die wegen eines Verstoßes gegen diese EU-Vorschrift im Zusammenhang mit den Kölner Messehallen zugunsten des Oppenheim-Esch-Fonds bereits ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof am Hals hat.
 
Das aber scheint den Ehrenbürger, der mit einigen Mitgliedern seiner Familie, dazu Oppenheim Bank-Chef Graf von Krockow, Josef Esch und weiteren „Häuptern des Kölner Klüngels“ laut Werner Rügemers COLONIA CORRUPTA zu den Immobilienfonds-Kommanditisten KölnArena/Rathaus gehört, nicht sonderlich zu stören. Im Gegenteil, heißt es doch am Ende des KStA-Artikels, in dem er sich für die dort weiter anonym gehaltenen Stifter Marlies und Hans Stock einsetzt, wörtlich: „Einmütig stellen die Stifter und Neven DuMont fest, dass sich der Umgang mit Mäzenen dringend ändern müsse. Das sei im Sinne der Stadt. Im Sinne ihrer Bürger.“ - Wir von der NRhZ sind da anderer Meinung: „Aus Liebe zu Köln“ wollen wir eine Stadt und ein Stadtmuseum, die allen BürgerInnen gehören und nicht einigen privaten Stiftern, Immobilienfonds-Kommanditisten und der „Dreieinigkeit“ an der Spitze des Monopolverlags M.DuMont Schauberg“ (siehe http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13365). (PK)

Lesen Sie hierzu die aktuelle Meldung vom 11. August über die Entscheidung im Hauptausschuss vom 10. August.  

Eindeutiges Nein der LINKEN
 
Weil die Lokalzeitungen des Kölner Ehrenbürgers zwar den Widerspruch der Grünen, nicht aber den der Linksfraktion in ihren aktuellen Berichten über die Hauptausschusssitzung erwähnt haben, bringen wir hier zum Ausgleich die komplette Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Jörg Detjen:
 
„DIE LINKE wird auch weiterhin die Stiftung eines Anbaus für das Stadtmuseum ablehnen. Unseres Erachtens geht es hier übrigens um eine Grundsatzfrage und nicht um die Lösung eines konkreten Problems. Und ich finde es ausgesprochen schade, dass sich die SPD und der rot-grüne Oberbürgermeisterkandidat als Umfaller outen. Die Frage ist doch, wollen wir ein geordnetes Stiftungswesen oder soll sich der Rat der Stadt Köln jeglichen Ultimaten von Stiftern beugen. Darum geht es.
 
Mit seiner Entscheidung, am 25. September einen Wettbewerb durchzuführen, hat der Rat versucht, einem Diktat der Stifter zu entgehen. Aber die Zugeständnisse, die bereits vorher im Vertragsentwurf der Familie Stock gemacht wurden, haben die Stifter bewogen, noch mehr Einfluss zu fordern. Das ist das Ziel des Ultimatums. Jetzt wollen die Stifter nicht nur ihr überarbeitetes Kottmair-Modell durchsetzen, sondern den Architekten auch für die Sanierung des Zeughauses verantwortlich machen.  
 
Meine Damen und Herren, sie blenden die ganze Zeit die Folgekosten bzw. eine Gesamtrechnung aus:
 
Die Stifter zahlen: 5 Mio. Euro für den Anbau, minus 3,5 Mio. Euro für den Auftrag, den der Architekt für die Renovierung des Zeughauses erhält, minus 45.000 Euro für den Wettbewerb, der unnötig war. Das macht 1.455.000 Euro, die die Stifter tatsächlich zahlen.
 
Belastungen der Stadt Köln sind: 2,2 Mio. Euro für die Infrastruktur, 4,2 Mio. Euro für den laufenden Geschäftsbetrieb für 20 Jahre, 3,5 Mio. Euro für den Umbau des Zeughauses. Das macht 9,9 Mio. Euro Gesamtkosten für die Stadt.
 
Die Stifter-Familie Stock will sich mit dem Museumsanbau quasi ein Denkmal setzen. Deshalb soll dann auch der Name der Stiftung im Namen des Stadtmuseums aufgenommen werden. Der Rat hat für dieses Denkmal einen speziellen Anbau ausgelobt. Von daher finde ich es schon sehr ungehörig, CDU, SPD, Grünen und FDP zu sagen, diesen Anbau akzeptiere ich nicht als mein Denkmal.  
 
DIE LINKE findet es schon sehr ungewöhnlich, dass sich die großen Parteien von den Stiftern unter Druck setzen lassen und einen Ratsbeschluss vom 25.9.2008 faktisch durch einen Beschluss des Hauptausschusses außer Kraft setzen lassen. Wir werden prüfen, ob dies rechtmäßig ist.“
 
Am 25. September 2008 hatte Jörg Detjen im Stadtrat die Ablehnung der „Schenkung“ der Stifter so begründet: „Wenn Sie sich die Auflage im Vertragsentwurf in Punkt 8 genau ansehen, werden Sie zugeben, die Schenkung ist auch ein Weg zur Privatisierung im Museumsbereich. Genau die Diskussion, die wir bereits beim Wallraf-Richartz-Museum geführt hatten. Da haben wir eine Privatisierung verhindert. CDU und FDP betreiben das weiter.

Im besagten Punkt 8. steht nämlich: „Gesetzt den Fall, dass das Museum rechtlich verselbstständigt wird, wird der Stiftung ein mit Stimmrecht verbundener Sitz in den Aufsichtsgremien des Museums eingeräumt…“
 
Im gleichen Punkt 8. wird geregelt, dass ab sofort der Stiftung „das Recht eingeräumt (wird), in wichtigen Angelegenheiten gehört zu werden“. D.h. die Museumskonzeption muss mit den Stiftern abgesprochen werden. In welchem Umfang, das wird eine Auslegungsfrage bleiben.
 
Die anonym-maskierten Stifter setzen auch die Stadt unter Druck, und der Rat gibt diesem Druck nach; 6 Mio. Euro wird die Stadt schnell aufbringen müssen, um 6 Mio. Euro Investitionssumme in die Hand zu nehmen. Wenn die Mehrheit im Rat dieser Schenkung zustimmt, ist das ein Rückschritt in unserer Korruptions- und Transparenz-Debatte.“

Dazu auch ein aktuelles WDR-Interview http://www.wdr3.de/fileadmin/user_upload/MP3_Import/wdr3/mosaik/2009-08-11_wdr3_mos3_0811_koelner_stadtplanung_chaos.mp3




Online-Flyer Nr. 209  vom 08.08.2009



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