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Literatur
Aus „An Deutschland gedacht“ – Lyrik zur Lage der Nation
Kurzer Tanz
Von Axel Kutsch

Das Rot zog aus dem Osten.
Der neue Tag begann.
Gedankenfabriken rosten.
Der blutige Himmel zerrann.

Der Morgen schlug dem Osten
die Kälte ins Gesicht.
Er darf die Kälte kosten,
aber viel mehr darf er nicht.
 
Die Kälte fährt aus Westen
durchs Brandenburger Tor.
Da zeigte man einst Gästen,
wo’s Land zu Stein gefror.
 
Da tanzte auf der Mauer
paar Stunden Freude mit.
Da war von kurzer Dauer,
was in den Morgen glitt.


Der Osten Deutschlands leuchtet. Wir fahren durch blühende Landschaften, sehen nicht nur glückliche Kühe, sondern auch fröhliche Menschen, die dem Druck des kommunistischen Systems entronnen sind und schon längst die Segnungen des Kapitalismus genießen. Noch heute schwärmen sie von jenem übergewichtigen Kanzler, der ihnen einmal eine rosige Zukunft versprochen hat. Daß es unverbesserliche Querulanten gibt, die noch immer von Kälte und kurzer Freude sprechen, ist ihnen unverständlich. Sie fühlen sich wohl in der sozialen Wärme des neuen Systems, preisen Errungenschaften wie Aldi-Lidl-Schlecker und pfeifen auf vereinzelte Miesmacher, die ihnen einen Kübel Dreck in die blühenden Landschaften kippen wollen. So ist es – oder so ungefähr.


Gedicht und Text sind entnommen aus:

"An Deutshcland gedacht" Axel Kutsch Verlag Ralf Liebe, Landpresse Cover
                                                                 
Axel Kutsch (Hg.)
„An Deutschland gedacht“
Lyrik zur Lage des Landes
Verlag Ralf Liebe/Edition Landpresse
192 Seiten, Paperback, 16 Euro
ISBN 978-3-941037-29-8

Anlässlich des „Jubiläumsjahres 2009“ (beispielsweise die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vor 60 Jahren, der Mauerfall vor 20 Jahren) und in Anlehnung an Heinrich Heines Anfangszeile aus seinem Gedicht „Nachtgedanken“ baten der Weilerswister Verlag Ralf Liebe und Herausgeber Axel Kutsch deutschsprachige Autoren, ihnen Lyrik zur Lage des Landes sowie – möglichst – Kommentare zu deren Entstehung zu schicken. So befinden sich in dieser Anthologie bei zahlreichen Gedichten Begleittexte, die von der erhellenden Notiz bis zum filigranen Essay reichen. 
 
Zu den 106 Lyrikern, die sich mit der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart Deutschlands befassen, gehören unter anderem Hans Bender, Wolfgang Bittner, Rolly Brings, Hugo Dittberner, Dieter M. Gräf, Manfred Peter Hein, Hans-Jürgen Heise, Franz Hodjak, Norbert Hummelt, Stan Lafleur, Ron Winkler, Gerrit Wustmann und Annemarie Zornack. Neben vielen kritischen und nachdenklichen Tönen bleibt auch Raum für die eine oder andere verhaltene Liebeserklärung an ein schwieriges Vaterland.

(GW)

Online-Flyer Nr. 204  vom 01.07.2009

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