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Lokales
Interview mit Helmut Feld von der Aktionsgemeinschaft Sürther Aue
Wirtschaftlich unsinnige Zerstörung
Von Anneliese Fikentscher

Am Freitag, 29. Mai, fand eine Aktion gegen den Ausbau des Godorfer Hafens auf dem Gelände der Sürther Aue statt. Anlaß war der so genannte Auftakt zur Erweiterung des Godorfer Hafens, an dem Johannes Waschek, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Häfen und Güterverkehr Köln AG, Fritz Schramma, OB der Stadt Köln, Lutz Lienenkemper, NRW-Minister für Bauen und Verkehr, und Dr. Rolf Bender, Vorstandssprecher der Häfen und Güterverkehr Köln AG beteiligt waren. Bei dieser Gelegenheit sprachen wir mit Dipl. Ing. Helmut Feld (63).

Helmut Feld 
 
Anneliese Fikentscher: Wie stehen die Chancen der Hafenausbau-Gegner?
 
Helmut Feld: Die Chancen wachsen immer mehr. Auf der anderen Seite wird die Zeit immer geringer, in der wir noch etwas erreichen können. Für heute ist es überwältigend zu sehen, wie viele unserem Aufruf gefolgt sind, hier ein Zeichen zu setzen. Bei vielen Gelegenheiten hat sich gezeigt, dass anhaltender friedlicher Protest letztendlich zum Erfolg führt. Man hat eine PR-Firma eingeschaltet, die unsere Meinungen erforschen soll. Das kostet viel Geld. Aber man hat am meisten Angst davor, dass unsere Argumente durchschlagen.
 
Sehen Sie die Möglichkeit zur Änderung der Lage bei den nächsten Kommunalwahlen?
 
Das ist unser Ziel, dass bei den nächsten Wahlen die Zusammensetzung der Parteien sich so verändern wird, dass SPD oder CDU jeweils auf einen Koalitionspartner angewiesen sind. Diese möglichen Koalitionspartner (FDP, Grüne, Linke) - das habe ich mir heute wieder versichern lassen - unterstützen uns. Die werden das bei Koalitionsverhandlungen als Key-Punkt einbringen.
 
Wie ist zurzeit der rechtliche Stand im Kampf um die Aue?
 
Wir haben vorige Woche eine Klage gegen den sofortigen Vollzug beim Verwaltungsgericht eingereicht. Das hat ein Privatmann getan, der auch gegen das Planfeststellungsverfahren geklagt hat. Ich habe aus den Unterlagen entnommen, dass die HGK bis zum 11. August 2009 keine Bautätigkeit vornimmt. An dem Tag ist eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Köln anberaumt. Es geht uns um die Feststellung der Unzulässigkeit des Planfeststellungsverfahrens.
 
Was hat die HGK denn heute begangen? Sie lädt ein zum „Auftakt zur Erweiterung des Godorfer Hafens“ und präsentiert so genannte Informationscontainer.
 
Es soll eine Art Spatenstich sein. Genau genommen ist es der Anfang einer Informationskampagne. Dazu haben wir unseren Kontrapunkt gesetzt und haben hier die erste symbolische Baumpflanzung vorgenommen zur Renaturierung der Sürther Aue. Wir wurden daran gehindert, das direkt im Gebiet zu machen. Aber die Bäumchen können sich mit ihren Artgenossen in der Aue unterhalten. Es ist eine symbolische Aktion mit der Unterstützung des chilenischen Performance-Künstlers Alex Mora. Das ist heute unser Start zur Renaturierung.


Helmut Feld am Freitag vor den protestierenden Freunden der Aktionsgemeinschaft Sürther Aue
Fotos: Arbeiterfotografie
 
Wie ist die Lage im Naturschutzgebiet. Welche Fakten sind nicht mehr rückgängig zu machen?
 
Die Grundlagen sind noch nicht zerstört worden. Das ist die Kiesaufschüttung, die ein anderes Wärmepolster darstellt, so dass auch andere Pflanzen wieder zum Leben erweckt werden können. Die Natur wird sich ihr Recht wieder zurückholen. Wir sind sehr optimistisch, dass die Grundlagen für die Wiederentwicklung und Neuentwicklung des Naturschutzgebietes immer noch gegeben sind. Bei unserem Kampf werden wir darauf achten, dass das so bleibt. Wir werden dabei von den Naturschutzverbänden BUND und NABU sehr unterstützt. Das ist unbezahlbar.
 
Was sind die Hauptargumente gegen den Hafenausbau?
 
Erstens: der Hafenausbau führt zur Zerstörung eines Lebensraumes. Zweitens: er ist wirtschaftlich unsinnig. Im Schlussbericht des Planco-Gutachtens vom Dezember 2008, das von der HGK bei der PLANCO Consulting GmbH in Essen selbst in Auftrag gegeben worden ist, zeigt sich, dass aus wirtschaftlicher Sicht der Hafenausbau absolut nicht notwendig ist. Das ganze Unternehmen wird zu einem finanziellen Desaster für die Stadt führen.
 
Was bindet Sie an die Sürther Aue?
 
Ich lebe hier in Sürth. Seit 1957 wohne ich in der Nähe des Godorfer Hafens. Die Aue ist für mich ein natürlicher Lebensraum und natürliches Naherholungsgebiet. Ich erfreue mich am Zwitschern der Vögel - oder habe mich daran erfreut. Es ist eine emotionale Bindung. Ich habe keine wirtschaftlichen Interessen, um in Sachen Ausbau pro oder kontra zu sein.
 
Wie ist die Verknüpfung zwischen der HGK - der Häfen und Güterverkehr Köln AG - und der Kölner Politik?
 
Die HGK ist Teil des Stadtwerke-Konzerns. Und damit gehört die HGK uns Bürgern der Stadt - wenn auch immer suggeriert wird, die HGK sei eine eigenständige Gesellschaft. Die HGK gehört uns. Wir fragen uns manchmal, wem die Stadt eigentlich gehört. Die HGK hat die Verpflichtung, maximalen Gewinn für die Stadt zu erzielen. Die HGK gibt beispielsweise für die heutige Veranstaltung, für die „wunderbare“ Präsentation eines Beduinenzeltes mehr Geld aus, als sie in einem Quartal dieses Jahres verdient hat. Es ist fast wie Folklore. Man hätte dieses Zelt dort hinten besser in der Wüste aufgestellt, da hätte man genug Sand. Aber anscheinend hat die HGK so viel Geld, wie Sand in der Wüste ist. Aber es handelt sich um unser Geld
 
Was ist Ihr persönlicher Antrieb?
 
Ich sehe meine Verantwortung für die Kinder und Enkelkinder, das hier zu erhalten gegen absolute wirtschaftliche Unvernunft und eine Borniertheit und Arroganz der Kölner Politiker und der HGK. Bei der Mahnwache in der Aue gibt es ein Transparent, auf das ich geschrieben habe: Wir haben 20 Jahre lang gekämpft. Wir werden auch 20 Jahre lang weiter kämpfen. Heute sage ich: Wir werden so lange kämpfen, bis wir dieses unsinnige Projekt stillgelegt haben. (PK) 

Siehe hierzu auch den Bericht über die HGK-Veranstaltung und die Proteste vom Freitag. Weitere Berichte zum Thema finden Sie unter dem Stichwort Sürther Aue in früheren NRhZ-Ausgaben. 

Online-Flyer Nr. 200  vom 03.06.2009

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