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Literatur
Aus „An Deutschland gedacht“ – Lyrik zur Lage der Nation
welten
Von Gerrit Wustmann
welten
hafez und goethe
spazieren
korrigieren
den kompass
Die Kuppel von Hafez' Grab in Schiraz
Foto: Mardetanha
Ob man die Globalisierung und alles, was sich unter diesem Begriff subsumieren lässt, nun gut findet oder nicht: Deutschland isoliert zu betrachten, das hat schon zu Goethes Zeiten nicht funktioniert, und es funktioniert heute weniger denn je. Nationen und Gesellschaften können sich nur im Austausch mit anderen Gesellschaften und Kulturen entwickeln, nur so können sie wachsen und sich gegenseitig bereichern. Goethe wusste das, und auch die Pamphlete der Huntingtons dieser Welt ändern daran nichts.
Der monumentale „Divan“ des persischen Dichters Hafez, den Goethe in der Übersetzung Hammer-Purgstalls las, bevor er sich selbst intensiv mit dem Arabischen und dem Persischen befasste, beeindruckte das große literarische Multitalent so sehr, dass das Lyrische Ich seines eigenen „West-östlichen Divans“ folgerichtig die muslimische Perspektive transportiert. Chadshe Shams ad-Din Mohammad Hafez-e Shirazi trug den Ehrentitel Hafez, weil er das Langgedicht Qur’an [1] auswendig konnte.
Goethe fühlte sich durch diese Entdeckung und die im „Divan“ präsente Theologie animiert, sich intensiv mit dem Heiligen Buch der Muslime auseinanderzusetzen. Was er bei Hafez fand, im Kulturellen wie im Religiösen, war nicht trennend, sondern einend. Dass Goethe zudem die immense sprachliche und literarische Qualität Hafez’ als Aufforderung zum kreativen lyrischen Wettstreit annahm, und den nicht minder bedeutenden Dichterkollegen rund 500 Jahre nach dessen Tod in seinem eigenen Werk zum freundschaftlichen Trunk einlädt, ist bezeichnend für die transzendente Geisteshaltung des Literaten, der bekanntermaßen auch Politiker war.
Ausgabe des „Divans“ von 1819 | Foto: H.P. Haack
Damit bildete Goethe freilich eine Ausnahme. Intellektuelle sucht man in der Staatsführung bis dato meist vergeblich. Seit jeher war es die Literatur, die Fragen stellte anstatt Antworten zu geben, und die den Zweifel und die Neugier als positive Eigenschaften kultivierte. Hafez und Goethe waren Visionäre. Gebaut sind die von ihnen erdachten Brücken bis heute nur im Geiste.
[1] Gesprochen Koran, die Redaktion
(CH)
Online-Flyer Nr. 198 vom 20.05.2009
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Aus „An Deutschland gedacht“ – Lyrik zur Lage der Nation
welten
Von Gerrit Wustmann
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hafez und goethe
spazieren
korrigieren
den kompass
Die Kuppel von Hafez' Grab in Schiraz
Foto: Mardetanha
Der monumentale „Divan“ des persischen Dichters Hafez, den Goethe in der Übersetzung Hammer-Purgstalls las, bevor er sich selbst intensiv mit dem Arabischen und dem Persischen befasste, beeindruckte das große literarische Multitalent so sehr, dass das Lyrische Ich seines eigenen „West-östlichen Divans“ folgerichtig die muslimische Perspektive transportiert. Chadshe Shams ad-Din Mohammad Hafez-e Shirazi trug den Ehrentitel Hafez, weil er das Langgedicht Qur’an [1] auswendig konnte.
Goethe fühlte sich durch diese Entdeckung und die im „Divan“ präsente Theologie animiert, sich intensiv mit dem Heiligen Buch der Muslime auseinanderzusetzen. Was er bei Hafez fand, im Kulturellen wie im Religiösen, war nicht trennend, sondern einend. Dass Goethe zudem die immense sprachliche und literarische Qualität Hafez’ als Aufforderung zum kreativen lyrischen Wettstreit annahm, und den nicht minder bedeutenden Dichterkollegen rund 500 Jahre nach dessen Tod in seinem eigenen Werk zum freundschaftlichen Trunk einlädt, ist bezeichnend für die transzendente Geisteshaltung des Literaten, der bekanntermaßen auch Politiker war.
Ausgabe des „Divans“ von 1819 | Foto: H.P. Haack
Damit bildete Goethe freilich eine Ausnahme. Intellektuelle sucht man in der Staatsführung bis dato meist vergeblich. Seit jeher war es die Literatur, die Fragen stellte anstatt Antworten zu geben, und die den Zweifel und die Neugier als positive Eigenschaften kultivierte. Hafez und Goethe waren Visionäre. Gebaut sind die von ihnen erdachten Brücken bis heute nur im Geiste.
[1] Gesprochen Koran, die Redaktion
(CH)
Online-Flyer Nr. 198 vom 20.05.2009
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