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Lokales
Oberverwaltungsgericht und Bürger an der Strecke sind dagegen - aber:
BAYER will CO-Pipeline vorzeitig
Von Peter Kleinert

Die BAYER AG will die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline von Dormagen nach Krefeld in Betrieb nehmen, bevor die Gerichte endgültig über das Projekt entschieden haben. Der Konzern hat nach Angaben eines Sprechers dazu einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gestellt. Begründet wird das Ansinnen ausgerechnet mit dem im Herbst geänderten Planfeststellungsbeschluss, obwohl dieser sicherheitstechnische Verschlechterungen gegenüber den ursprünglichen Planungen aufweist.

Bürger und CBG demonstrieren gegen die BAYER-Pipeline 
NRhZ-Archiv
 
Jan Pehrke vom Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) erklärt hierzu: „Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat festgestellt, dass kein öffentliches Interesse an dem Betrieb der Leitung besteht. Es ist ein starkes Stück, wenn BAYER nun bei einer unteren Instanz, die bisher alle Wünsche des Unternehmens willfährig umgesetzt hat, eine vorzeitige Inbetriebnahme beantragt. Wir bleiben bei unserer grundsätzlichen Ablehnung des Projekts: Das bisher geltende Prinzip, wonach Gefahrstoffe wie Kohlenmonoxid nur am Ort ihrer Verwendung produziert werden dürfen, muss erhalten bleiben.“ Die Pipeline ist noch nicht vollständig fertig gestellt. Auch ein Alarm- und Gefahrenabwehrplan liegt noch nicht vor.
 
Gegenantrag zur Hauptversammlung
 
Deshalb hat die Coordination gegen BAYER-Gefahren einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 12. Mai eingereicht. Darin heißt es: „Warum baut Bayer MaterialScience nicht in Krefeld eine moderne CO-Produktionsanlage? Dadurch ließe sich die Gefährdung der Bevölkerung entlang der Pipeline-Trasse vollständig vermeiden.“ Und weiter: „Dem Bau der hochgefährlichen Leitung liegen ausschließlich privatwirtschaftliche Interessen zu Grunde, nämlich die geringeren Kosten der Pipeline gegenüber dem Bau einer neuen Produktionsanlage in Krefeld. Angesichts der Vielzahl von Chemie-Unfällen im vergangenen Jahr – gerade auch an Pipelines! – muss die Sicherheit der Bürger wieder in den Vordergrund rücken.“ Der vollständige Gegenantrag findet sich auf der BAYER-homepage unter: www.hv2009.bayer.de/de/gegenantraege.aspx
 
Zugriff auf das Eigentum Dritter
 
Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte die Inbetriebnahme der Pipeline im Dezember 2007 bis zu einer endgültigen Entscheidung auf Eis gelegt, die nächste Verhandlung soll im Sommer geführt werden. In dem Urteil des OVG im Jahr 2007 hieß es: „Es fehlt eine vertiefte und überzeugende Darstellung der Bedeutung, die die von der Firma BMS, einem privaten Unternehmen, betriebene Rohrleitungsanlage für die Allgemeinheit habe, um den staatlichen Zugriff auf das Eigentum Dritter zu rechtfertigen.“ Und weiter: „Eine Enteignung ist allgemein nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig und bedarf der gesetzlichen Grundlage.“
 
RP Jürgen Büssow – „Alles BAYER“
 
Wie die Bürgerinitiativen gegen die CO-Pipeline mitteilen, sind sie inzwischen der Meinung, dass Jürgen Büssow (SPD) seinen Vertrag als Regierungspräsident inzwischen eher nach dem Motto „alles BAYER“ interpretiere und dabei seine Verpflichtung zum „Schutz des Gemeinwohls“ aus den Augen verloren habe. Schon in dem Planänderungsbeschluss vom 15. Oktober 2008 habe er nämlich „die Umgehung der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung“ angekündigt. Und ein jetzt vorgelegter Vertrag mit dem Konzern solle „auf diesem Schleichweg das Verfahren für BAYER beschleunigen.“
 
Laut diesem Vertrag solle der Konzern im Wesentlichen folgende „Verpflichtungen“ eingehen:
> die CO-Versorgung des BAYER-Werkes in Uerdingen durch eine Pipeline sicherstellen,
> einen Standort- und unternehmensübergreifenden CO-Verbund schaffen,
> 5 Jahre lang 40 Millionen Euro in seine Anlagen investieren,
> seine Kohlenmonoxid-basierte Kunststoffproduktion betreiben.
 
Außerdem verpflichte sich BAYER dazu, der Bezirksregierung die Einhaltung der Verpflichtungen einmal jährlich – wie auch immer, etwa in einem erweiterten Geschäftsbericht – nachzuweisen. Im Gegenzug dürfe der Konzern dies alles „mit einer Frist von drei Monaten kündigen“. Dafür, so die BIs, reiche es schon, wenn BAYER nachweise, dass sich das Geschäft nicht mehr lohne, weil sich die „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wesentlich ändern“.
 
Die in dem Vertrag noch erwähnte CO2-Reduzierung sei „so minimal, dass daraus sicher kein Gemeinwohl-Bedeutung abzuleiten ist. Also ein weiterer Schritt von Büssow, die Bürger- und Eigentumsrechte seinem Lieblingsunternehmen BAYER anzudienen und zu verhökern.“
 
Weiter seine Geschäfte machen
 
„In diesem Vertrag verpflichtet sich BAYER im Grunde nur dazu, weiter seine Geschäfte zu machen“, erklären die Bürgerinitiativen, „und wir erkennen darin nichts, was dem Gemeinwohl – über das Wohlergehen von BAYER hinaus – dient. Die Enteignungen entlang der Trasse sind aber bereits heute Gemeinwohl schädigende, bittere Realität. Wir sehen bei der Mehrheit der Landespolitiker derzeit weder die Kraft noch die Einsicht, ihren Fehler einzugestehen und ihre Entscheidungen zu kippen. Deshalb werden die Gerichte entscheiden müssen.“
 
Erfreulich sei, dass inzwischen auch die Stadt Mülheim auf Antrag der MBI-Fraktion im Stadtrat „die CO-Giftgas-Pipeline über sein Stadtgebiet für nicht gewünscht“ erklärt hat. Sie verläuft dort am südlichen Stadtrand durch den Wald in Selbeck. Fazit: „Wir werden BAYER, der Bezirksregierung und auch den BAYER zugeneigten Landespolitikern keine Atempause gönnen und mit weiteren Aktionen auf das schreiende Unrecht aufmerksam machen.“ (PK)
 
Weitere Informationen unter www.cbgnetwork.org/1968.html und www.mbi-mh.de/Gremienarbeit/Ausschusse/Umweltausschuss/CO-Bayer-Giftgaspipeline/co-bayer-giftgaspipeline.html

Online-Flyer Nr. 193  vom 15.04.2009

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