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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Lokales
Aufklärung in Köln, die mal wieder mehr vernebelt als klärt
Bietmann, Müller und der Messe-Deal
Von Claus Ludwig

Über die Zahlung von 900.000 Euro an den ehemaligen CDU-Politiker und Anwalt Rolf Bietmann und die Gelder – angeblich ca. 600.000 Euro – für den ehemaligen Bürgermeister Josef Müller, ebenfalls CDU, durch die Sparkasse Köln-Bonn (SK) ist vieles in der Lokalpresse zu lesen. Bietmann wurde zum Rücktritt gezwungen, Müller schmiss nach Bekanntwerden seiner Nebeneinkünfte direkt hin. Aber – typisch für die „Aufklärung“ von Skandalen in Köln – weder Presse noch bürgerliche Politiker erwähnen ein zentrales Element dieser beiden Fälle: beide haben ein materielles Interesse an der Durchsetzung der Pläne ihres Auftraggebers, der Sparkasse Köln Bonn, gehabt. Wesentlicher Bestandteil dieser Pläne war die Auftragsvergabe für den Bau der Messehallen Nord und den Verkauf der Rheinhallen an den Oppenheim-Esch-Fonds. - Claus Ludwig, Ratsmitglied der Fraktion DIE LINKE. hat sich darüber Gedanken gemacht. – Die Redaktion

Rolf Bietmann – selbst die CDU will ihn nicht
mehr kandidieren lassen | Quelle: NRHZ-Archiv    
Der Fall Bietmann
 
Natürlich hat Bietmann nicht erst den Auftrag für Lobbyisten-Tätigkeit zu Gunsten der Sparkasse erhalten und danach das Vorhaben politisch durchgesetzt. Natürlich gibt es keine direkte Verbindung zwischen der Entscheidung für die Vergabe an den Immobilienfonds und Bietmanns späterer Tätigkeit für die SK. Natürlich gibt es keinen Beweis für Korruption im juristischen Sinne. Schließlich ist Herr Bietmann Rechtsanwalt. Und so schlau, eine legale Lösung für solch zwielichtige Deals zu konstruieren, war auch schon der ehemalige Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD). Der wurde bekanntlich erst Geschäftsführer beim Esch-Fonds, nachdem er als oberster Verwaltungschef Finanzierung und Vermietung des Technischen Rathauses über eben diesen Fonds abgewickelt hatte.
 
Der Fall Müller
 
Der Fall Müller ist etwas anders gelagert. Müller hat sein Geld von der SK zu einem Zeitpunkt erhalten, als diese sich unter ihrem damaligen Chef, Gustav Adolf Schröder (vormals SPD), zu Größerem berufen fühlte. Er bekam das Geld wahrscheinlich als eine Art Vorschuss für gute Taten. Während Bietmann durchaus in einem Mafia-Thriller durchaus die Rolle des schmierigen Winkeladvokaten besetzen könnte, ginge Josef Müller lediglich als kölscher Grüß-August im Hänneschen-Theater durch. Müller wirkte schon bei Ratssitzungen überfordert, seine fachliche Qualifikation zur Beratung der SK dürfte sich auf die Ausrichtung von betrieblichen Karnevalsfeiern beschränkt haben.

Ahnungslos - aber immer strahlend
Jupp Müller – schon in
NRhZ 35 als „Pappnase“
unter die Lupe genommen
Foto/Collage: Bernd Weber
Beide Fälle weisen darauf hin, dass die SK unter dem ehemaligen Sozialdemokraten Schröder die alte deutsche Kapitalisten-Tradition der „Landschaftspflege“ fortgesetzt hat. Politiker werden, meist nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den von ihnen erwarteten Taten, mit Zahlungen bedacht und so in das Interessensystem eines oder mehrerer Konzerne eingebunden.
 
…irgendwie ein Guter
 
Die Bewältigung dieser Krise durch die bürgerlichen Parteien folgt dem altbekannten Muster: Betroffenheit, Entsetzen, „wie konnte er so etwas tun ...“. Natürlich wird das Ganze meist mit einer Würdigung des Lebenswerkes der Schlawiner versehen, schließlich war der Jupp irgendwie ein Guter, nur das mit dem Handaufhalten... hätte er irgendwie lassen sollen.

Die Abschiedsreden sollen als Distanzierung vom Ertappten wahrgenommen werden, erweisen sich bei näherer Betrachtung jedoch als geistige Komplizenschaft. CDU-Parteichef Hollstein und Fraktionsvorsitzender Granitzka lobten Müller, es sei „bemerkenswert, mit welch unmittelbarer Konsequenz hier gehandelt wurde.“ Unmittelbare Konsequenz!? In seiner „Erklärung nach §17 Korruptionsbekämpfungsgesetz“, abgegeben am 26.5.2005, hatte Müller bei Beraterverträgen angekreuzt „keine“. Er hat über Jahre verschwiegen, dass er von 2001 bis 2003 von der Sparkasse bezahlt wurde.
 
Der Nachruf von OB Schramma
 
OB Schramma verpasste seinem politischen Nachruf auf Rolf Bietmann eine ungewohnt humoristische Note. Laut Kölnische Rundschau sagte er: „Er hat sich in dieser Funktion ohne jeden Zweifel Verdienste erworben.“ Ohne Zweifel. Er erwarb fast eine Million, grundlegend wohl dafür, das eine oder andere gute Wort für die SK einzulegen. Eine Summe, die viele Arbeiter und Angestellte in diesem Land in ihrem ganzen Leben nicht „erwerben“.

Die Krisenbewältigung durch die berufsmäßigen Schadensbegrenzer führt nie dazu, dass die Strukturen, welche Klüngel und Korruption hervorbringen, zurückgedrängt werden oder dass alle Unterlagen offen gelegt und von der Öffentlichkeit kontrolliert werden können. Stattdessen werden Einzelne, deren Verstrickung allzu offensichtlich ist, zu Buhmännern aufgebaut.

Schramma
OB Schramma – begleitet nicht von Polizei, sondern von der Bundeswehr
Foto: Arbeiterfotografie

Der Fall Schröder

Ist es möglich, dass zentrale Entscheidungen der zweitgrößten Sparkasse des Landes von einem Mann allein getroffen wurden? Hat Gustav Adolf Schröder die SK wie ein absoluter Monarch geführt und andere nicht in die Verträge mit dem Esch-Fonds, Bietmann oder Müller eingeweiht? Wenn es so gewesen wäre, wäre das allein schon ein Skandal. Vorstand und Kontrollgremien wären demnach mit kompletten Trotteln besetzt gewesen. 
Martin Börschel (SPD) bekommt seine Nebentätigkeit als Verwaltungsratschef der SK gut bezahlt, ebenso sein Vorgänger, OB Schramma. Jetzt ist Herr Börschel „erschüttert“. Wenn er nichts gemerkt hat, muss auch er sich fragen lassen, was er eigentlich in dieser Funktion getan hat.

Wahrscheinlich war es nicht so. Schröder hat nicht alleine agiert. Die Entscheidung der SK, die Rolle eines kommunalen Kreditinstitutes zu verlassen und sich wie ein Juniorpartner und Risikoabschirmer der Oppenheim-Bank zu gebärden, ist von mehreren Akteuren von städtischen Betrieben, Verwaltung und etablierter Politik getragen worden.
 
Das doppelte Messe-Geschäft
 
Eine andere Frage, die sich eigentlich aufdrängen sollte, ist, ob nur Bietmann und Müller im Sold der SK standen. Nimmt man das Beispiel des doppelten Messe-Geschäftes, so fällt auf, dass beide im Rat als führende Funktionäre der CDU eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Vergabe an Oppenheim-Esch spielten. Das erklärt aber nicht, warum die anderen Parteien mitgespielt haben und vor allem nicht, warum die Verwaltung in Person von OB Schramma und Kämmerer Soénius sich so begeistert für ein Projekt eingesetzt hat, bei dem die Stadt nun riesige Summen draufzahlt.


Bürger-Demo schon im Sommer 2007 wegen Köln-Messe
Foto: Initiative Barmer Viertel

Der Auftrag zur Errichtung der Messehallen Nord, deren Betrieb und Vermietung an die Stadt Köln war im Dezember 2003 ohne Ausschreibung per Ratsbeschluss an den Oppenheim-Esch-Immobilienfonds vergeben worden. Josef Müller hatte als Bürgermeister und ehemaliger Geschäftsführer mindestens so viel Einfluss in der Fraktion wie Bietmann.
 
Ursprünglich hatte die Kölnmesse GmbH unter ihrem damaligen Geschäftsführer Witt geplant, den Neubau der Messehallen Nord in eigener Regie zu organisieren, lediglich einen Bauauftrag zu vergeben und das Ganze durch günstige Kommunalkredite zu finanzieren. Von Beginn an drängte aber der Vorstandschef der Sparkasse, Gustav Adolf Schröder, auf eine andere Lösung. Er schlug vor, dass das Gelände, auf dem die Hallen gebaut werden sollten, an einen geschlossenen Immobilienfonds des Bankhauses Sal. Oppenheim (damals Köln, jetzt Luxemburg) und des Troisdorfer Bauinvestors Josef Esch verkauft und der Fonds damit beauftragt werden sollte, darauf die Hallen zu errichten und sie an die Köln-Messe bzw. die Stadt für 30 Jahre zu vermieten. Genauer gesagt: er schlug nicht vor, er flehte, drängelte und drückte, z.B. in einem Brief an OB Schramma, dass nur diese Lösung sinnvoll sei.
  

Erst Sparkassen-
Chef, jetzt RAG –
Gustav Adolf Schröder
Quelle: RAG-Stiftung
Am Ende ließen sich OB, Stadtspitze und die bürgerlichen Parteien darauf ein. Es gab einen – eher lockeren – Vergleich mit anderen Bau- und Finanzierungsangeboten. Es wurde öffentlich erklärt, das Angebot von Oppenheim-Esch sei das Günstigste, OB Schramma schuf eigens den Begriff „das Vorzugswürdigste“. Im Nachhinein wurden jedoch viele Ungereimtheiten aufgedeckt, z.B. in Artikeln der NRhZ und in WDR-Sendungen über das „Milliarden-Monopoly“.
 



Schön gerechnet
 
Das Angebot von Oppenheim-Esch war während des Vergleiches schön gerechnet worden. Die Sparkasse und damit der Fonds waren den Konkurrenten dabei immer einen Schritt voraus. Mehrfach konnte sie nachbessern, während die Konkurrenten nur ein Angebot vorlegen konnten. Dabei kam es zu Unklarheiten über den Umfang der Bauleistungen.

Messechef Witt war davon ausgegangen, dass ein Konferenzzentrum im Angebot inbegriffen wäre, doch davon wollten Fonds und SK nichts mehr wissen. Das Konferenzzentrum sei extra zu bezahlen, rund 2 Millionen Euro Miete fallen jährlich dafür an. Der Nordeingang war anders als ursprünglich gedacht kein Teil des Angebotes - den musste die Messe auf eigene Kosten bauen.
 
Die Mietkosten sind heute höher als es Stadt und Messe ursprünglich angenommen hatten. Dem Rat wurde von der Verwaltung versichert, es gäbe ein verbrieftes Rückkaufrecht für die Stadt und die Messe, danach wollte der Fonds nichts mehr davon wissen und erklärte dies aus steuerlichen Gründen für nicht machbar. Das Finanzierungsmodell wurde zwar von Wirtschaftsprüfer BFJM für günstig erklärt, aber auch dies ist eher das Produkt einer sehr gewagten Rechnung. Selbst BFJM musste zugeben, dass bei einer Inflationsrate über 2% das Finanzierungsmodell sehr ungünstig für die Stadt werden kann.
 
Ab 2005 wurden interessante Fakten aufgedeckt: der Bau selbst hatte nach Angaben der Hochtief ca. 140 Millionen Euro gekostet. Als Baukosten waren jedoch 230 Millionen veranschlagt worden. Der Fonds führt 90 Millionen sogenannter „Softkosten“ auf, also Projektsteuerung, Finanzierung usw. Diese Summen wurden sehr kreativ interpretiert. 7 Millionen hatte angeblich die „Suche nach einem Mieter“ gekostet, dabei war dieser identisch mit dem Auftraggeber, der Stadt Köln.
 
Rund 350 Millionen Euro teurer
 
Die Journalisten der WDR-Doku „Milliarden-Monopoly“ und die BILD Köln berichteten, dass die Messehallen mit rund 700 bis 800 Millionen Gesamtkosten über 30 Jahre um 300 Millionen oder mehr höher sind, als wenn Stadt und Messe den Bau unter eigener Regie durchgeführt hätten. Verschiedene Rechnungen bestätigen diese Zahlen. Geht man von 140 Millionen Baukosten und 60 Millionen für Projektentwicklung (ursprüngliche Schätzung) und Unvorhergesehenes aus, hätte die Messe diese durch den Grundstücksverkauf der Rheinhallen (Verkaufspreis 100 Millionen Euro) und einen Kommunalkredit finanzieren können. Der Messe wären dadurch Kosten in Höhe von rund 350 Millionen Euro entstanden.
 
Allein die 60 Millionen Euro, die als Baunebenkosten kreativ zusammengestellt wurden, werden durch die Kreditfinanzierung des Fonds, die als Miete berechnet wird, zu 170 Millionen Euro, welche die Messe bzw. die Stadt bezahlen müssen. Diese Verluste trägt die Kölner Bevölkerung. Den Anlegern des Immobilienfonds hingegen ist eine hohe Rendite garantiert.
 
Die jährliche Mietbelastung für die neuen Hallen führt zu einem Dauerdefizit der Kölnmesse GmbH und dazu, dass diese durch den städtischen Haushalt gestützt werden muss. Als der Vorstandschef der Messe, Jochen Witt, der von Beginn an gegen diese Investoren-Lösung gewesen war, dies 2007 öffentlich bemängelte, wurde er von OB Schramma und den etablierten Parteien gedrängt, seinen Posten aufzugeben, war er letztendlich auch tat.
 
Die Rolle der Sparkasse…
 
Beim Einfädeln des Messe-Geschäfts hatte die Sparkasse Köln eine entscheidende Rolle gespielt. Ihr damaliger Chef Schröder agierte über weite Strecken, als vertrete er in erster Linie die Interessen des Immobilien-Fonds, bezog bei Streitigkeiten über den Umfang der Baumaßnahmen die Position der Investoren und legte sich mit Messe-Chef Witt an. Mit der eigentlichen Aufgabe einer Sparkasse - der Förderung von lokalen Klein- und Mittelbetrieben - hatte das nichts zu. Immerhin handelt es sich beim inzwischen von Köln nach Luxemburg umgezogenen Bankhaus Oppenheim um die größte Privatbank Europas mit einem für 2007 ausgewiesenen Gewinn vor Steuern von 333 Millionen Euro.
 
...und die des Oppenheim-Esch-Fonds
 
Warum aber trat Schröder so vehement für den Fonds ein? Klar ist, dass er auf eine „strategische Partnerschaft“ mit der Oppenheim-Bank setzte. Aber es ging möglicherweise um mehr. Das Vorhaben der SK, in Ossendorf ein blühendes Medien-Zentrum, das „Coloneum“, aufzubauen, war geplatzt. Es wurden keine Mieter gewonnen, Geschäftspartner sprangen ab. Die Anleger des dortigen Immobilienfonds von Oppenheim-Esch konnten keine Gewinne realisieren.


Oppenheim-Palais am Kölner Rheinufer | Quelle: NRhZ-Archiv
 
Noch ist nicht endgültig bewiesen, ob es nur um das „Versprechen“ von Schröder ging, den Investoren des Fonds profitable Anlagemöglichkeiten zu bieten. Es gibt allerdings Hinweise, dass die SK nicht nur „versprochen“ hatte, dass die Rendite stimmen würde, sondern dass sie sich auch zur finanziellen Entschädigung des Fonds verpflichtet hatte. Schröder und die SK brauchten auf jeden Fall ein neues großes Projekt für den geschlossenen Immobilien-Fonds. Ein Projekt, mit einem öffentlichen Mieter, der nicht Bankrott gehen kann und hohe Mietzahlungen über viele Jahre garantiert. Da bot sich die Messe an, die für ihre Weiterentwicklung neue Hallen brauchte.
 
Am Ende kam es zu dem Kombi-Projekt Messe: das Gelände für die Nordhallen wurde an Oppenheim-Esch verkauft, darauf wurden die Hallen errichtet und an die Stadt bzw. die Messe vermietet. Die alten Rheinhallen wurden von der Stadt an die SK und dann an Oppenheim-Esch weiter verkauft und schließlich an RTL und Talanx vermietet. Bei diesem Rheinhallen-Geschäft hatte sich die SK festgelegt, alle Risiken zu tragen, z.B. für Verzögerungen beim Bau, und diese Risiken schlugen voll durch. Auch beim Umbau der Rheinhallen kam es laut WDR zu Unstimmigkeiten über den Umfang und die Qualität der Baumaßnahmen. Der Fonds ließ normale Bürogebäude bauen, RTL brauchte jedoch Spezialgebäude. Die Extra-Kosten gingen zu Lasten der SK. Diese ist 2007 in eine Schieflage geraten – unter anderem weil die Verluste aus dem Coloneum und den Rheinhallen mit rund 170 Millionen zu Buche schlugen.
 
Die „missing links“ der Messe
 
Nach Angaben der Wirtschaftsprüfer von PWC, die bei der Durchsicht der SK-Unterlagen auf den „Fall Bietmann“ aufmerksam geworden sind, können dessen Beratertätigkeiten nicht im Einzelnen nachvollzogen werden. Das ist ohnehin der Charakter von Lobbyisten-Arbeit. Nachprüfbares findet da nur selten statt. Wenn aber Bietmann mehr oder weniger nichts getan hat, könnten die nun am 21. Januar von der NRhZ gemeldeten 900.000 Euro Honorar für ihn wohl „Belohnung“ seitens der Sparkasse für seine Rolle sowohl als Verwaltungsratsvorsitzender des Instituts und als Ratspolitiker angesehen werden, der 2003 daran mitgewirkt hatte, den Willen von SK-Chef Schröder bei der Stadt durchzusetzen. Selbst wenn er real eine Rolle dabei gespielt hat, Talanx als Mieter zu gewinnen, ändert das an den durch die Zahlung geschaffenen Tätigkeiten wenig.
 
Während das Ergebnis des Geschäfts (Umverteilung städtischer Gelder an die privaten Investoren) und die Methoden von dessen Durchsetzung schon vor längerer Zeit durchgesickert waren, blieb lange die Frage offen, warum sich Politiker und Vorstände städtischer Unternehmen auf diese Deals einließen. Im Sommer 2008 kam dann ans Tageslicht, dass eine Tochtergesellschaft der SK 2003 Lobbyarbeit für den Esch-Fonds auf Kosten der Stadt gemacht hatte. Hier bleibt zu prüfen, wer davon persönlich profitiert hat. Bietmann und Müller sind die ersten Politiker, die ein unmittelbares finanzielles Interesse an der Umsetzung der Pläne der SK haben. Sie werden nicht die Einzigen sein.
 
Schlechter Rat ist teuer
 
Schlechter Rat ist teuer – dies gilt sowohl für die Entscheidungen des Stadtrats als auch für die Berater der SK. Die Sparkasse hat unter Schröder mehrere Geschäfte mit dem Oppenheim-Esch-Fonds durchgesetzt. Gleichzeitig wurden führende Politiker sehr gut von der SK bezahlt, für was auch immer. Das Ergebnis ist verheerend. Zwei städtische Unternehmen sind in eine Schieflage geraten. Die Messe kann die hohen Mietzahlungen von 27 Millionen Euro inklusive Nebenkosten strukturell nicht bezahlen, die Stadt muss die Lücken stopfen. Alle Ankündigungen, durch Umstrukturierungen würde sich ab 2012 alles ändern, sind aus heutiger Sicht nichts als Beruhigungspillen. Die Messe muss dauerhaft von der Stadt finanziert werden. Die SK hat durch die Risikoabschirmung beim Coloneum und den Rheinhallen 2007 Millionen-Verluste gemacht, die durch die 300-Millionen-Spritze der Städte Köln und Bonn ausgeglichen wurden. Auch 2008 wurde die Lage nicht besser. Anstatt Gewinne für die Kulturförderung abzuwerfen, hängt auch die SK am Tropf der Stadt und wird mit Geldern unterstützt, die für Investitionen in Arbeitsplätze und soziale Dienstleistungen verwendet werden sollten.
 
Im Zuge dieser Geschäfte haben nicht nur die Investoren der Immobilien-Fonds risikolose hohe Gewinne gemacht. Auch einige beteilige Politiker haben in diesem Zeitraum persönlich profitiert. Es lässt sich auch heutiger Sicht nicht einschätzen, ob das juristisch gesehen Korruption ist (der bundesdeutsche Korrutionsbegriff ist extrem eng definiert). Politisch ist die Sache einfach: die SK hat Bietmann und Müller auf ihren Gehaltslisten gehabt - „wess Brot ich ess, des Lied ich sing.“
 
Alle Oppenheim-Esch-Geschäfte untersuchen
 
Da passt es gut, dass die LINKE. in Köln am vergangenen Wochenende in ihr Kommunalwahlprogramm die Forderung nach einem sofortigen Moratorium der Mietzahlungen für die Messe-Hallen aufgenommen hat und darüber hinaus fordert, alle Unterlagen und Verträge offenzulegen und sämtliche Geschäfte mit dem Oppenheim-Esch-Fonds mit dem Ziel zu untersuchen, sie rückgängig zu machen bzw. die Mietzahlungen drastisch zu reduzieren oder ganz einzustellen.
 
Auch die Forderung nach Verstaatlichung des Bankhauses Oppenheim unter demokratischer Kontrolle findet sich im linken Kommunalwahlprogramm. Weiterhin sind Untersuchungen gegen Bietmann und Schröder nötig, um zu klären, ob diese für die angerichteten Schäden mit ihrem persönlichen Vermögen zur Rechenschaft gezogen werden können.
 
Öffentliche Betriebe nützen nichts, wenn sie nicht öffentlich kontrolliert werden. Es müssen sämtliche Beraterverträge der SK und aller städtischen Beteiligungsbetriebe unverzüglich offen gelegt werden – nicht nur gegenüber offensichtlich unfähigen oder unwilligen Kontrollgremien, sondern gegenüber allen Kölnerinnen und Kölnern. Immerhin hat nun die Kölner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Bietmann und einige Herren bei der SK eingeleitet. Aber die Ermittlungen gegen OB Schramma wurden letzten endes dann auch eingestellt. (PK)


Online-Flyer Nr. 183  vom 04.02.2009

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