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Aktueller Online-Flyer vom 10. Mai 2024  

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Literatur
Poetry Slam:
Sport mit Worten und Reime in Flammen
Von Klaus Godinar

Der Begriff „Poetry Slam“ hat in letzter Zeit rasant an Bekanntheit gewonnen, nicht zuletzt, weil die Medien verstärkt auf dieses Phänomen aufmerksam geworden sind. Der WDR hat diese Form des Schaulesens bereits seit zwei Jahren im Programm, für „Sat1 Comedy“ hat Sarah Kuttner das Land bereist, um Slams und Slammer vorzustellen. Zwei Autoren mit viel Erfahrung auf diesem Gebiet sind am kommenden Sonntag bei „Schöner lesen“ im Café Franck in Köln zu Gast.

Wer sich selbst und vor Ort ein Bild von dieser modernen Form des Dichterwettstreits machen möchte, hat in Köln gleich mehrfach im Monat die Gelegenheit dazu: bei den drei Poetry Slams „The word is not enough“, „Reim in Flammen“  und dem „Dichterkrieg“ präsentieren Bühnendichter ihre Texte und ihre Performance. Die Titel der Veranstaltungen formulieren gleichzeitig die Anforderungen, die an die Vortragenden gestellt werden: Es geht nicht nur um den Text, sondern auch und vor allem um die Darbietung, darum, das Publikum für sich zu gewinnen. Dabei können durchaus auch ernste Texte in der Gunst des Publikums vorne liegen – häufig lassen die Zuschauer sich aber lieber zum Lachen bringen.

Alle drei Kölner Veranstaltungen erfreuen sich großen Zuspruchs – vor allem jüngere Zuschauer zwischen 20 und 30 strömen in die Clubs und Kneipen, um die Slammer anzufeuern und zu bewerten. Denn es geht um den Wettbewerb: „Slam ist Literatur als Sport. Ein Poetry Slam ist spannend, unterhaltend. Ein Gladiatorenkampf der Redenschwinger. Ein Ringkampf der Alliteraten. Eine Dichterschlacht um Ruhm, Ehre und eine Flasche Whisky.“ So formuliert es der Schweizer Etrit Hasler auf der Webseite der diesjährigen deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam, die im November in Zürich stattfanden (und bei denen übrigens der Kölner Florian Cieslik den 5. Platz belegte).

Anke Fuchs, Florian Cieslik, Bernd Vollbach bei der Rheinlese in Köln Foto: Norman Liebold
Anke Fuchs, Florian Cieslik und Musiker Bernd Vollbach (v.l.)
bei der Rheinlese in Köln | Foto: Norman Liebold

Den Whisky – so es denn tatsächlich welchen gibt – leeren Sieger und Unterlegene dann nicht selten gemeinsam: Man versteht den Wettkampf als freundschaftliches Kräftemessen und sich selbst als Familie, woraus sich auch das Wortspiel von der „Slamily“ ableitet


Auf die häufig gestellte Frage, ob das denn überhaupt noch etwas mit Literatur zu tun habe oder ob das Dargebotene nicht eher leichtgewichtige Comedy und Klamauk sei, findet auch Etrit Hasler keine eindeutige Antwort. Er schreibt: „Schnell taucht natürlich der Vorwurf auf, Slamtexte seien platt und nicht für die Ewigkeit geschrieben, die Themen der Texte widerspiegeln bloss unseren tristen und obszönen Alltag und transzendieren niemals unsere langweiligen Leben. Das mag sein. Dafür spiegeln sie unsere Zeit so genau wider, wie das kein anderes Genre vermag. Und sie machen Spass. Mehr können wir von unserer Kunst nicht erwarten.“

Anke Fuchs
Anke Fuchs                                 
Zwei Autoren, die in Zürich ebenfalls mit von der Partie waren, sind am Sonntag, dem 07.12.2008 um 17 Uhr bei der Ehrenfelder Leseshow „Schöner lesen“, in der alten Backstube des Café Franck zu Gast.


Die Kölnerin Anke Fuchs steht mit ihren Texten dafür, dass sich beim Poetry Slam nicht immer das Schrillste durchsetzt, sondern dass auch stille Qualitäten wahrgenommen werden. Ihre Texte sind alles andere als flach und leicht konsumierbar – bei Poetry Slams belegt sie dennoch regelmäßig vorderste Plätze.


Necip Tokoglu in Würzburg
Necip Tokoglu in Würzburg
Auch Necip Tokoglu aus Aachen kann mehr als „nur“ Poetry Slam – auch wenn er dort mit seinen „Türkischen Heimatgeschichten aus dem Westerwald“, die im Sommer 2009 auch in Buchform erscheinen, das Publikum begeistert. Mit seinem Programm ist er auch immer wieder „abendfüllend“ auf Bühnen zu sehen, außerdem arbeitet er an Übersetzungen türkischer Lyrik. (CH)


Zur Webseite von „Schöner lesen“

Online-Flyer Nr. 175  vom 03.12.2008

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