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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Inland
Warum tarnt die FAZ exil-chinesische Kritiker der Deutschen Welle?
Die Wühlarbeit der Falun Gong
Von Volker Bräutigam

„In Deutschland lebende chinesische Dissidenten“ hätten sich mit einem Offenen Brief an den Bundestag gewandt und „eine unabhängige Überprüfung der Mitarbeiter und der Programme der Deutschen Welle“ gefordert, berichtete die FAZ am 5. Oktober unter dem Titel „Deutsche Welle – West-östliche Propaganda“. Wer diese „chinesische Dissidenten“ sind, vergaß die Autorin des Artikels zu erwähnen. Unser Autor hat sich etwas näher mit ihnen beschäftigt. – Die Redaktion. 


Falun Gong-Logo
Quelle: www.wikipedia.de
Vielen gilt sie als harmlose buddhistische Sekte, die kontemplative Exerzitien für Esoteriker anbietet und asiatische Morgengymnastik für Oma und Opa veranstaltet. Die Falun Gong – zu deutsch etwa: „Rad des Gesetzes“ – wird bedauert, weil sie in ihrem Ursprungsland, der Volksrepublik China, verboten ist. Der Grund für die dortige Verfolgung: In einer offenen Machtprobe hatte die Falun Gong bewiesen, daß sie staatliche Autorität ablehnt. Von sich selbst behauptet sie allerdings, sie sei eine nur locker organisierte „Meditationsbewegung“, die  „ohne namentliche Registrierung“ (als Verein oder dergleichen) existiere und sei „weder eine Religion noch eine Sekte“.

Ziel: Umsturz in Peking
 
Das Kult-Image dient als Tarnkappe. Darunter steckt eine gefolgschaftsstarke Heilsbewegung, die auf einen Umsturz in Peking hinarbeitet. Mit Unterstützern weltweit organisiert sie öffentlichen Druck auf die chinesische Regierung. Dabei nutzt sie den Spielraum ihrer jeweiligen Gastländer und instrumentalisiert deren staatliche und gesellschaftliche Strukturen. Besonders gut kann man das bei uns in Deutschland beobachten.

An Geld, woher auch immer es fließt (mutmaßlich aus Kassen der US-Geheimdienste), scheint es der Falun Gong nicht zu mangeln. In tausenden China-Restaurants liegen Ausgaben ihrer Zeitung Epoch Times unentgeltlich aus (als Die Neue Epoche früher außerdem in vielen Läden der „Spar“-Kette und in Supermärkten). Das Blatt, laut Falun Gong „aus Eigenmitteln“ finanziert, erscheint in mehreren Sprachen und in mindestens 37 Ländern, die französische Ausgabe unter dem beziehungsreichen Titel La Grande Epoque. Auch der Name der chinesischen Ausgabe rührt an unbestimmte Sehnsüchte nach glorreichem Aufbruch: Da Jiyuan Shibao, was man als „Großartiger-Neubeginn-Zeitung“ übersetzen könnte. Ein Machwerk, herausgegeben in vielen Sprachen, das mit der Attitüde der verfolgten Unschuld agitiert. Den wiederholt auch auf den Internet-Seiten der Epoch Times veröffentlichten Aufruf, aus der Kommunistischen Partei auszutreten, sollen bereits elf Millionen Chinesen befolgt haben.


Gefolgschaftsstarke Heilsbewegung –
Selbstdarstellung im Internet
Quelle: www.falungong.de
Außerhalb jeglicher demokra-tischer Legitimation und öffentlicher Kontrolle nährt die Falun Gong auch in Deutschland China-feindliche Vor- und Einstellungen. Die gehässige China-Berichterstattung in den hiesigen Massenmedien, der Merkel-Empfang für den – nicht nur mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, sondern auch mit dem chilenischen Blutsäufer Pinochet bis zu dessen Tod freund-schaftlich verbundenen – Dalai Lama, die antichinesischen Aktionen vor und während der Olympischen Spiele; neuerdings heftige Attacken gegen den Auslandssender Deutsche Welle wegen dessen (realistischer) China-Berichterstattung – solche Kampagnen sind gewiß nicht allein der Falun Gong zuzuschreiben, aber ohne ihre permanente Wühlarbeit undenkbar.

Ein Verfahren gegen die Falun Gong stieße hierzulande ins Leere. Sie ist kein eingetragener Verein. Man weiß nichts über ihre Mitgliedschaft, ihre Organisationsstruktur, ihre Finanzierung. Merkwürdig nur, daß sie den deutschen Staatsschutz nicht interessiert und nicht im Verfassungsschutzbericht auftaucht. Nur zufällig nicht?

Unterstützer auch im Bundestag
 
Bei den erwähnten Angriffen auf die Deutsche Welle engagierten sich, ganz im Sinne der Falun Gong und teils sogar in deren Wortwahl, der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz und die Grünen-Abgeordnete Ursula Eid (NRhZ berichtete in ihrer Ausgabe 162 darüber unter dem Titel „Deutsche Welle als Maulkorbflechter"). Ex-Staatsekretärin Eid brachte, wie auf den Internetseiten blog.china-guide.de gefordert, im Bundestags-Unterausschuß für Kultur und Medien das Thema Deutsche Welle auf die Tagesordnung: Die China-, Russland- und Arabien-Programme der DW seien „einseitig“ und „propagandistisch“.


Engagierte sich ganz im Sinne von
Falun Gong – Dieter Wiefelspütz
Quelle: www.abgeordnetenwatch.de
Alles spricht dafür, dass die Falun Gong-Eiferer auch eine Gruppe vielbeschäftigter deutscher Autoren inspirierten, kollektiv einen Offenen Brief an den Bundestag zu richten, in dem Arbeit und Beschäftigte der Deutschen Welle niedergemacht werden. Das Schreiben kommt zu dem ungerechtfertigten Schluß, die fraglichen Mitarbeiter der Deutsche Welle stünden unter Kommunismus-Verdacht, es sei erforderlich, die Programme dieses Senders „unabhängig“ zu kontrollieren. Die „59 Kalten Krieger“ (wie Medienkritiker Thomas Immanuel Steinberg die Verfasser nennt) von Henryk M. Broder bis Arnulf Baring gaben das Schreiben zugleich an die Presse, die FAZ zitierte daraus, auf der rechtslastigen Internet-Seite www.perlentaucher.de wurde es in voller Länge wiedergeben. Seine Textgestaltung (Stil, Idiomatik, Grammatik, Syntax) verrät Kennern die Herkunft aus Computern von Falun-gong-Propagandisten.
 
Zensur und Gesinnungsschnüffelei

Hochtrabend firmieren die Unterzeichner als „Autorenkreis der Bundesrepublik“ und fordern doch nichts weniger als Zensur und Gesinnungsschnüffelei in einem öffentlich-rechtlichen Sender, der sich bisher durch lammfromm regierungstreue Programme auszeichnet. Mit von der Partie dieser tapferen Vorkämpfer für Koalitions-, Gedanken- und Meinungsfreiheit ist – eingedeutscht? – der Peruaner spanischer Nationalität, Mario Vargas Llosa. Über den schreibt NRhZ-Korrespondent Wolf Gauer, er sei inzwischen weit über die lateinamerikanische Szene hinaus als neoliberaler Bannerträger berüchtigt.

Der Offene Brief belegt, dass seinen Verfassern die sozialökonomische Lage der Menschen in aller Welt herzlich egal ist. Zumindest dies haben sie mit der Falun Gong gemeinsam. Ebenso wie ihnen offenkundig die Presse- und Rundfunkfreiheit nichts gilt. Hauptsache nur, dass sich alle der ideologischen Hegemonie der Briefschreiber unterwerfen. Dass diese Menschenrechtskrieger mit ihrer feindseligen Aktion gegen die Deutsche Welle der Falun gong und deren mutmaßlicher CIA-Hinterleuten nur versehentlich auf den Leim gekrochen sind, ist nicht zu glauben.

DW unter Rechtfertigungsdruck
 
Eines allerdings haben sie und die Falun Gong schon erreicht: Die Verantwortlichen der Deutsche Welle fühlen sich unter ganz erheblichem politischen Rechtfertigungsdruck geraten, für den es zwar keinerlei Rechtfertigung und Begründung gibt, der aber nichtsdestotrotz wirkt. So lassen die Redaktionen derzeit alle ihre fremdsprachigen Sendungen des vergangenen Jahres ins Deutsche übersetzen und beschäftigen zu diesem Zweck eine Heerschar von Dolmetschern und Übersetzern. Das verursacht gewaltige Kosten im Millionenbereich, Summen, die dem Sender an anderer, wichtiger Stelle fehlen. Er betreibt den ganzen wahnwitzigen Aufwand nur, um den Kontrollbedürfnis einiger Rundfunkräte und Parlamentarier entsprechen zu können, die sich derzeit von der Sucht leiten lassen, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender zu kujonieren (gesondert genannt sei hier das ehrenwerte Rundfunkratsmitglied, der CDU-Bundestagsabgeordnete Günter Nooke, dem sich die NRhZ an anderer Stelle eigens widmet).

Das irrsinnig viele Geld, das da durch den Kamin gejagt wird, stammt allerdings aus öffentlichen Mitteln, aus der Steuerkasse. Es macht also nichts, dass es verpulvert wird, es merkt ja keiner. (PK)

Volker Bräutigam berichtete in diesem Beitrag zunächst, die Ex-Staatssekretärin Ursula Eid habe „... wie auf den von der Falun gong gesponserten Internetseiten blog.china-guide.de gefordert...“ , eine Überprüfung der Deutschen Welle betrieben. Der für die fragliche Internet-Seite china-observer.de (blog.china-guide.de sei ein veralteter Link) verantwortliche Redakteur Jo Schwarz verlangt zu Recht folgende Klarstellung: "Die  Internetseite china-observer.de ist laut Impressum eine für jedermann offene Plattform, die nicht von der Falun gong gesponsert wird. Sie legt auf ihre Neutralität größten Wert." - Die Redaktion 


Eine redaktionell leicht geänderte Fassung dieses Beitrags erschien in der Politikzeitschrift Ossietzky, 2008/21 (vgl. www.ossietzky.net). Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Verlag

Online-Flyer Nr. 169  vom 22.10.2008

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