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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kultur und Wissen
Politische Texte von Wolfgang Bittner und Karikaturen von Kostas Koufogiorgos
„Minima Politika“ – Maxima Artis!
Von Christian Heinrici

Ein bemerkenswertes kleines Buch liegt seit dieser Woche vor: „Minima Politika“, von Wolfgang Bittner mit Illustrationen von Kostas Koufogiorgos, erschienen im Horlemann Verlag. Mit spitzer Schreib- und Zeichenfeder rücken Schriftsteller und Karikaturist zeitpolitischen Themen zu Leibe, die uns tagtäglich quälen und genauso oft von den Mainstream-Medien verschwiegen, vertuscht oder verharmlost werden: Sozialraub, Korruption, Freiheitsentzug, auch der von bürgerlichen Freiheiten, Rassismus, Verblödung durch eben erwähnte Medien, Kriegstreiberei und ganz aktuell auch Börsenspekulation und Aktienschwindel.

Doch angesichts des allseits bekannten gesellschaftlichen Irrsinns hinterlässt „Minima Politika“ den Leser und Betrachter nicht frustriert; es ist bissig, zuweilen satirisch, ironisch-scharf, doch vor allem ist es wahr. Bittner und Koufogiorgos entblättern mit nur wenigen Zeilen und Strichen die Verhältnisse, im Falle der Illustrationen auch mit ein wenig mehr, stellen sie bloß und entlarven den Schuldigen: Ein Gesellschaftssystem, in dem Geld, Macht und ihr Erhalt, ganz gleich mit welchen Mitteln, alles ist und der Mensch herzlich wenig.

Man möchte das Buch gerne seinem Chef auf den Gabentisch legen, vielleicht einem unverdrossenen „Volksvertreter“ oder besser und weniger verschwenderisch einem jungen Menschen, der sein Leben und die Gesellschaft noch gestalten will – denn „Minima Politika“ ist ebenso lehrreich wie unterhaltsam.
minima politika Würde koufougiorgos horlemann-verlag












Würde

Alle Menschen sind gleich
vor dem Gesetz
und ihre Würde ist
unantastbar.
Soweit der Aufsichtsrat
nichts anderes bestimmt.


Bittners Texte in „Minima Politika“ erinnern an Epigramme, an klare und nüchterne Sinnsprüche, sie greifen politische Forderungen der Basis auf, zuweilen bedienen sie sich Slogans, wie wir sie aus Werbung, Wahlkämpfen und von den Titelseiten vieler Zeitungen kennen. Und so wirken die Gedichte des Autors wie ein Tagebuch unserer Zeit, wie eine Bestandsaufnahme des Status Quo der Gesellschaft. Bittner gelingt es kompliziert geglaubte Sachverhalte auf den Punkt zu bringen – oft im doppelten Wortsinn pointiert:

minima politika koufougiorgos autistisch












Autistisch

Wenn er nicht arbeitet,
sieht er fern,
wenn er nicht fernsieht,
surft er im Internet,
wenn er nicht surft,
spielt er Squash
gegen sich selbst

Der Kölner Autor konterkariert, setzt gegeneinander, zeigt Widersprüchliches und Widersinniges auf, und so bedienen sich Wolfgang Bittners Gedichte in Stil und Inhalt des Mittels der Karikatur – was dazu beiträgt, dass schließlich zuweilen die Texte und die Bilder in dem Werk zu einer Einheit werden. Und auch Koufogiorgos präsentiert sich in „Minima Politika“ nicht allein als Karikaturist und Illustrator. Einige seiner Werke, wie beispielsweise die Aquarelle zu „Würde“ und „Autistisch“, sind ausgesucht poetisch, tiefgründig und ermöglichen noch einmal eine andere Interpretation von Bittners Texten. Der Künstler durchbricht, wie hier zu sehen ist, in mehrfachem Wortsinn zu enge Rahmen und überschreitet Grenzen, wodurch wieder ganz neue Impulse entstehen.

minima politika horlemann verlag
„Minima Politika“ erschienen         
bei Horlemann
Koufogiorgos ist nicht nur Grafiker, Illustrator und Karikaturist, er ist auch Künstler, und das zeigt sich in ebendiesen Bildern, in den liebevoll aquarell-kolorierten Zeichnungen, die manchmal sogar einen etwas ernsteren Duktus haben als andere, die unsere LeserInnen von ihm schon kennen. Mich persönlich erinnern sie gelegentlich an Werke von George Grosz, der auch innere Zustände mit spitzer Feder nach außen kehren konnte, ohne dabei platt zu wirken. Von beiden, von Bittner und von Koufogiorgos wünsche ich mir mehr in dieser Richtung zu lesen und zu sehen.

Über „Minima Politika“ aber an dieser Stelle kein Wort mehr: Ab dieser Ausgabe erscheinen die Gedichte mit den entsprechenden Bildern wöchentlich in der NRhZ. Und wer die Werke von Bittner und Koufogiorgos sinnlicher erleben möchte, dem sei wärmstens empfohlen, sich das Buch zu kaufen, das bei Horlemann erschienen ist. (CH)

© 2008 Horlemann
Alle Rechte vorbehalten
Horlemann Verlag
Postfach 1307
53583 Bad Honnef
E-Mail: info@horlemann-verlag.de
www.horlemann.info


Wolfgang Bittner, Jahrgang 1941, lebt als freier Schriftsteller in Köln. Der promovierte Jurist schreibt für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Er erhielt mehrere Literaturpreise, ist Mitglied im PEN und Mitarbeiter bei Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen. Er hat mehr als 50 Bücher veröffentlicht, u.a. die Romane „Der Aufsteiger oder Ein Versuch zu leben“, „Niemandsland“ und „Flucht nach Kanada “, den Erzählband „Das andere Leben“ sowie das Sachbuch „Beruf: Schriftsteller“.
Weitere Informationen: wolfgangbittner.de


kostas koufougiorgos
Foto: www.koufogiorgos.de       
Kostas Koufogiorgos, geboren 1972 im griechischen Arta, begann im Alter von 18 Jahren politische Karikaturen für zahlreiche Medien in Griechenland zu zeichnen. Daneben absolvierte er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität zu Athen. Er ist Mitglied sowohl im griechischen Journalisten- als auch im griechischen Karikaturistenverband.
Seit 2005 veröffentlicht er seine Arbeiten auch in Deutschland, z.B. in Tages- und Wochenzeitungen, in Magazinen, Lehrbüchern und Internet-Portalen wie der NRhZ. Heute lebt Kostas Koufogiorgos als freier Karikaturist in Stuttgart und in Diakopto/Griechenland.
Weitere Informationen: www.koufogiorgos.de





Online-Flyer Nr. 167  vom 08.10.2008

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