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Lokales
Aachener Bürgerinitiative will keinen Konsumtempel für Investoren
„Kaiserplatzgalerie – aber anders!"
Von Peter Kleinert

Gegen die Mehrheit von SPD, CDU, Grünen und FDP im Aachener Stadtrat will die Bürgerinitiative „Kaiserplatzgalerie – aber anders!" nach Gesprächen mit Politik, Interessenverbänden und Planern Änderungen im Aachener Bauvorhaben „Kaiserplatzgalerie" in einem Bürgerbegehren durchsetzen. Verhindert werden sollen die im Rahmen eines 285-Millionen-Euro-Projekts geplante Privatisierung öffentlichen Raums im Bereich der Straße Adalbertsberg, ein auf 29.300 Quadratmetern geplanter Konsumtempel und ein Parkhaus mit 600 Stellplätzen. Unterstützung bei ihrem Widerstand fanden die Initiatoren des Widerstands im Stadtrat nur bei der LINKEN.


Werbung des Investors für die Kaiserplatzgalerie – und Hilferuf
 
Gerhard Bahr und Christoph Allemand,Vorstandsmitglieder im Verein Filmraum West, die in Zusammenarbeit mit dem Aachener Suermondt-Ludwig-Museum Filmveranstaltungen und Fotoausstellungen organisieren, haben sich bereits im vergangenen Jahr gegen den Abriss des
Gloria-Kinos am Kaiserplatz gewehrt. Damals ohne Erfolg. Nun werden sie aus dem Stadtrat kräftig unterstützt: Horst Schnitzler ist nicht nur Fraktionsgeschäftsführer der LINKEN, sondern auch Gründer und ehrenamtlicher Redakteur der Internetzeitung „z-ac – Zeitung für Aachen und den Rest der Welt“ und rief in dieser zu einem UnterstützerInnentreffen der Bürgerinitiative am vergangenen Sonntag auf:  


Plangebiet für den neuen Konsumtempel
plus Parkhaus
„Aufwertung? Na klar! Die untere Adalbertstraße muss aufgewertet wer­den; das ist Konsens. So freuen wir uns auf einen Investor, der dort bauen will – zum Nutzen der ganzen Stadt. Genau dies ist nach den derzeitigen Kaiser­platzgalerie-Plänen von Investor und Stadt leider nicht gewährleistet.“ Tatsächlich drohe durch das von Rat und Verwaltung unterstützte 285-Millionen-Euro-Projekt Vernichtung von Wohnraum: „In Aachen fehlen in zehn Jahren 17.000 Wohnungen; und es fehlen Investoren, um das Problem zu lösen. Also müssen diese im Rahmen ihrer Projekte in die sanfte Pflicht genommen werden. Nicht so in Aachen: Der naturgemäß an Gewinnmaximierung interessierte Investor darf rund 5.000 qm Wohnraum vernichten; 1.400 qm Wohnraum soll geschaffen werden.“ Alteingesessene Bewohner des Viertels würden so ihre Wohnungen verlieren und vertrieben werden.
 
Noch mehr Luftverpestung

Schon heute werde im Bereich des Kaiserplatz die Luft durch krank machende Schadstoffe vergiftet. Dem Begehren des Investors entsprechend solle nun auf dem geplanten Shopping-Center mitten in der Stadt noch ein lukratives Parkhaus mit 600 Plätzen ent­stehen, das keiner brauche, weil die städtische Tochter APAG bereits jetzt genü­gend Parkraum auch nach Errichtung des neuen Shopping-Centers zur Verfügung stelle. Ergebnis: „Die privatisierten Millionengewinne würden unweigerlich zu Verlusten für die Stadt führen. Ebenso würden täglich circa 4.000 zusätzliche PKW-Fahrten am Kaiserplatz die Luft noch mehr verpes­ten, als ohnehin schon geschieht.“
 
Hinzu komme die beabsichtigte Privatisierung öffentli­chen Raums im Bereich des Adalbertsbergs: Entgegen einer urprünglichen Planung solle nun ohne Not ein Teil dieser historisch gewachsenen Straße an den Investor verkauft und von diesem bebaut werden. Ein dort von den Anwohnern geliebter alter Rosskastanien­baum, der als Naturdenkmal gilt, soll ebenfalls dieser Planung geopfert wer­den. Zugleich bedeute das architektonisch fragwürdige Shopping-Center eine massive Bedrohung für den Aachener Einzelhandel, wenn es in den geplanten Aus­maßen realisiert würde.


Untere Adalbertstrasse – „Aufwertung“
durch Abriß von Wohnungen und
Bedrohung für den Einzelhandel
All diese Sorgen machen sich Ratsmehrheit und Stadtverwaltung natürlich nicht. In einer der beiden Aachener Lokalzeitungen konnte man nämlich vergangene Woche lesen: „Bei der Stadt hieß es am Mittwoch, dem Verkauf des unteren Adalbertsbergs stehe nach erfolgter „Ausschreibung“ nichts mehr im Wege; der Ratsbeschluss liege vor, der Verkehrsausschuss müsse nur noch für die Entwidmung sorgen.“ Der Verkaufspreis stadteigener Grundstücke werde sich „nach dem örtlichen Grundstücksmittelwert“ richten. Und nach dem aktuellen Zeitplan könnten „theoretisch ab Dezember“ bereits die ersten Baugenehmigungen erteilt werden.
 
Dann könnte Rolf Heiliger vom Vorstand der „Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Kleine Adalbertstraße“ ja aufatmen. Denn: „Unsere Leidensfähigkeit ist erschöpft“, zitiert ihn die „Aachener Zeitung“ aus dem lokalen Pressemonopol Aachener Zeitungsverlag. „Wir brauchen dieses Projekt dringend. Nur eine große Lösung löst große Probleme, das ganze Viertel wird davon profitieren“, ergänzt ihn Oliver Mohr, vom Investor angestellter Sprecher der ISG in der AZ. Umso mehr verärgere es Händler wie Hausbesitzer, „dass sich jüngst Widerstand formiert hat“. Dass die Mehrzahl der Händler sich nicht mehr von der ISG vertreten fühlen und aus gutem Grund aus dieser ausgetreten sind, wird mit keinem Wort erwähnt. Die Heuschrecken-Gesandten stehen zunehmend alleine da. Doch Politik und Verwaltung stehen weiter eisern zum Investor, der sich Projektentwickler nennen lässt.
 
„Wir haben einen langen Atem!“
 
Der Widerstand traf sich, wie in der NRhZ am 1. Oktober angekündigt, am Sonntagabend in Aachen in der „Raststätte“, Lothringerstraße 23. Ergebnis des Treffens von Anwohnern des betroffenen Viertels, engagierten Stadtplanern, Geschäftsleuten und jungen wie älteren Menschen aus der ganzen Stadt: Alle rechtlichen Möglichkeiten sollen ausgeschöpft werden, den Konsumtempel in der geplanten Form zu verhindern. Das Bürgerbegehren soll durchgeführt werden. Sollte dies aus rechtlichen Gründen vom Stadtrat abgewiesen werden können, so werden weitere kreative Formen des Protests folgen. Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind sich einig: „Wir haben einen langen Atem!“ (PK)

Hierzu auch ein Interview mit Gerhard Bahr und Horst Schnitzler in dieser Ausgabe.

Weitere Infos: www.kaiserplatzgalerie-anders.de – Kontakt: Horst Schnitzler, Postf. 101337, 52013 Aachen, e-mail: info@kaiserplatzgalerie-anders.de

Fotos: Gerhard Bahr und Horst Schnitzler

Online-Flyer Nr. 167  vom 08.10.2008

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