NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

zurück  
Druckversion

Lokales
Fotoausstellung im Kölner Allerweltshaus
„1000 FriedensFrauen weltweit“
Von Hanna Schmidt

Am 5. September 2008 wurde im Allerweltshaus Köln die Ausstellung „1000 FriedensFrauen weltweit“ im Rahmen des Projektes „Erinnern für die Menschenrechte: Geschichte und Geschichten“ eröffnet. Sie wird noch bis zum 5. Oktober zu besichtigen sein. Die Ausstellung, die Porträts von 1000 Frauen aus 151 Ländern zeigt, die stellvertretend für Hunderttausende 2005 im Rahmen des Projektes für den Friedensnobelpreis in Oslo nominiert wurden, ist das wichtigste Projekt des Frauennetzwerkes für Frieden. Sie wurde schon in vielen Ländern gezeigt.

Als Referentin wurde Heide Schütz, Vorsitzende des Frauennetzwerkes für Frieden e.V., von Sophie Hennis vom Allerweltshaus vorgestellt, die zum Saisonauftakt auch das neue Veranstaltungsprogramm präsentierte. Sophie Hennis berichtete, dass sie im Allerweltshaus schon viele starke Frauen aus den verschiedensten Ländern begrüßen konnte und leitete von dieser persönlichen Erfahrung zu einer weiteren starken Frau, Rigoberta Menchú aus Guatemala, über. Aus der Biografie der bislang jüngsten Friedensnobelpreisträgerin des Jahres 1992 wurden zu Beginn der Veranstaltung einige Seiten vorgelesen. Menchús Friedensarbeit und ihr Einsatz für die Menschenrechte waren vor Erhalt des Friedensnobelpreises, wie die vieler Frauen, weitgehend unbekannt. Ihr Beispiel, so Sophie Hennis, solle zeigen, dass Frauen in Krisenzeiten eine besondere Art von Widerstand leisten, nämlich an die Gnade ihrer Gegner appellieren und nie den Glauben an die Zukunft verlieren.


Heide Schütz und Sophie Hennis
Anschließend stellte Heide Schütz, die schon lange in der internationalen (Frauen-) Friedensarbeit aktiv ist, die Ausstellung vor, die die Porträts von Frauen aus 151 Ländern zeigt. Sie ist das wichtigste Projekt des Frauennetzwerkes für Frieden. Die hier porträtierten Frauen wurden im Jahr 2005stellvertretend für viele weitere FriedensFrauen für den Friedensnobelpreis nominiert. Das Projekt soll den Menschen die Augen öffnen, denn Friedensarbeit von Frauen wird in der Öffentlichkeit selten wahrgenommen.
 
Die Bandbreite engagierter Frauen reicht von jungen bis zu älteren Frauen. Auf den Postkarten mit den Porträts können ihre Arbeitsfelder an Hand von unterschiedlichen Farben zugeordnet werden, unter anderem den Bereichen Versöhnung und Wiederaufbau, Frauenrechte, Minderheiten und indigene Völker, Politik und Regierungsarbeit sowie Gerechtigkeit und Frieden. Schon diese Kapitelüberschriften zeigen, dass Frieden sehr umfassend ist.


Gang durch die Ausstellung von „1000
FriedensFrauen weltweit"
Zur Ausstellung gibt es auch ein Buch, das alle 1000 Porträts mit englischen Texten enthält. Es wurde aber auch ins Deutsche übersetzt, ist im Internet zugänglich und kann von den Besuchern gekauft werden. Die Übersetzer mussten sich dabei sehr detailliert mit den verschiedenen politischen Kontexten auseinandersetzen, werteten jedoch diese Arbeit als sehr  positiv. Die Beschäftigung mit den Frauen und ihrem Einsatz für den Frieden habe auch ihr Leben verändert und ihnen Mut gegeben, sich persönlich mehr zu engagieren. Heide Schütz bestätigte diese Erfahrung. Sie selbst erlebte als kleines Kind den Zweiten Weltkrieg und diese Kindheitserlebnisse bewegen sie noch immer. Sie sei überzeugt, dass Friedensarbeit nicht altersgebunden sei, sondern dass man sie, einmal begonnen, sein Leben lang ausübe.


Das Buch in englischer und deutscher Sprache
 
Viele Frauen geraten wegen ihres Einsatzes für Frieden in Lebensgefahr, da ihre Arbeit in den manchen Kulturkreisen häufig nicht respektiert wird. Jedoch haben diese Frauen ein Ziel, das ihnen oft mehr bedeutet als ihr eigenes Leben. Dass der Friedensnobelpreis Jahr 2005 an Mohammed al-Baradei, den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, ging stieß auf internationale Kritik, da al-Baradei und seine Organisation angeblich am Kriegsausbruch im Irak mitverantwortlich waren. Voraussetzung für die Nominierung für den Friedensnobelpreis war, dass die FriedensFrauen nicht nur für ihr eigenes Wohl, sondern gewaltfrei für das der gesamten Gesellschaft arbeiten.
 
Inzwischen, so Heide Schütz, haben die FriedensFrauen sich auch untereinander vernetzt, es finden gegenseitige Besuche statt, bei denen es zu einem regen Austausch von Erfahrungen und Projekten geht. Sie berichtete von ihrem Besuch bei einer schwedischen FriedensFrau in deren Friedenscafé, wo unter anderem auch „Rosa-Luxemburg- und Gandhi-Torten“ serviert wurden. FriedensFrauen seien eben auch politisch, denn Frieden bedeute, gegen Krieg zu sein. Doch dieses politische Engagement stoße immer mehr auf Kritik. Abschließend betonte sie dass man sich im Internet noch detaillierter über die Frauen zu informieren könne.

FriedensMänner?
 
In der anschließenden Diskussion sprach ein Mann aus dem Publikum die Realisierbarkeit eines Projektes von FriedensMännern an und fragte, ob es für Männer nicht sogar schwieriger sei, sich in der patriarchalischen Gesellschaft für Frieden einzusetzen. In vielen Kulturen verbiete ein Ehrenkodex die Versöhnung. Dagegen hätten sich die Dienste der Frauen in der Versöhnungsarbeit schon in den Gesellschaften etabliert. Heide Schütz fand diese Idee sehr interessant und berichtete von der starken Männerfriedensbewegung in Skandinavien. Eine Besucherin meinte, dass Frauen den Friedensnobelpreis eigentlich gar nicht bräuchten. Heide Schütz bestätigte, dass ihrer Meinung nach der Kern der Friedensarbeit im Nobelpreis sowieso nicht mehr berücksichtigt würde und der Preis deswegen für ihr Projekt nicht notwendig sei, auch wenn diese Auszeichnung sicher eine Ehre gewesen wäre.
 
„1000 Frauen und ein Traum“
 
Der nach der Diskussion gezeigte Film „1000 Frauen und ein Traum“ dokumentiert die Entstehungsgeschichte des Projektes und zeigt an Hand einiger Beispiele, dass es auf der ganzen Welt Frauen gibt, die Basisarbeit für den Frieden leisten und wie nun 1000 von ihnen für die Nominierung für den Friedensnobelpreis ausgewählt wurden.
 
Eine von ihnen ist Saeeda aus dem Sudan, die sich gegen die Tradition der gesundheitsschädlichen und teilweise sogar lebensgefährlichen Beschneidung von Mädchen wehrte und sie in ihrer abgelegen Wüstengemeinde abschaffte. Sie erreichte auch, dass Frauen als gleichwertige Diskussionspartner anerkannt und mehr geachtet werden.
 
Maggy in Burundi hat es sich zur Aufgabe gemacht, ethnisch gemischte Dorfgemeinschaften zu schaffen, in denen Hutu und Tutsi friedlich zusammenleben. Sie hatte miterleben müssen, wie Frauen und Kinder in diesem Konflikt ermordet wurden, konnte aber sich selbst und viele Kinder retten. Nun richtet sie Schulen ein, in denen Kinder beider Volksgruppen gemeinsam unterrichtet werden.
 
Die US-Amerikanerin Ellen betreut Gefängnisinsassinnen in Kalifornien und setzt sich für eine bessere und humanere Behandlung der Häftlinge ein. Neben Workshops und Rechtsberatungen propagiert sie auch alternative Bestrafungsmethoden, bei denen weibliche Häftlinge mit ihren Kindern zusammen bleiben können, ohne dass die Gefahr besteht, die Kinder an Pflegefamilien zu verlieren, wie es nach der heutigen Rechtssprechung noch häufig der Fall ist.
 
Naseeb aus Indien hat bei Hetzjagden gegen die muslimische Minderheit, der auch sie angehört, ihre Familie verloren. Sie setzt sich für die Versöhnung der Religionsgruppen ein und bricht mit einer Tradition, indem sie Witwen wieder zurück ins öffentliche Leben holt.
 
Ruth Gaby Vermot-Mangold, die Initiatorin des Projektes, bereiste dafür selbst die ganze Welt. 2003 versammelte sie 20 Frauen aller Kontinente im Koordinationsbüro in Bern, um mit ihnen gemeinsam das Projekt zu starten, 1000 Frauen zu suchen und auszuwählen, wobei eine neue, internationale Definition von Friedensarbeit entstand. Die inzwischen zweieinhalb Jahre dauernde Zusammenarbeit der FriedensFrauen festigte ihr Netzwerk. Auch wenn sie den  Friedensnobelpreis nicht gewonnen haben, sondern „nur“ dafür nominiert wurden, sind die Frauen zufrieden, nun auch durch ihre weltweit gezeigte Ausstellung Frauenarbeit sichtbar machen. Außerdem, so eine FriedensFrau, „braucht Liebe keinen Preis. Liebe ist der Preis“. (PK)


Mehr Informationen unter http://www.allerweltshaus.de/ und   http://www.1000peacewomen.org/
 
Fotos: Sofie Stroppel

Online-Flyer Nr. 163  vom 10.09.2008

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE