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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Aktuelles
Wird die Mülheimer CDU einen „Vorzeigeunternehmer“ der SPD stützen?
Odyssee eines Flughafen-Antrags
Von Peter Kleinert

Weil die NRW-Landesregierung sich als Miteigentümerin zu den höchst umstrittenen Ausbauplänen des Luftlandeplatzes Essen/Mülheim zu einem Düsenflughafen „wie die berühmten 3 Affen“ verhält (s. NRhZ 162), will die Fraktion der Mülheimer BürgerInitiativen (MBI) nun in der Stadtratssitzung am Donnerstag endlich einen Antrag zur Abstimmung bringen, der den Ausbau verhindert. Die Mehrheit der BürgerInnen weiß die MBI dabei offenbar hinter sich. SPD und CDU haben hingegen eine Abstimmung über diesen Antrag zwei Jahre lang verhindert. Hier die Geschichte dieser Odyssee und ein soeben eingetroffener Veranstaltungstermin am Ende dieses Artikels.

Luftlandeplatz Essen/Mülheim - demnächst Düsenflugplatz?
Quelle: www.MBI.de

1994 beschlossen alle Mülheimer Parteien - außer der FDP - den Ausstieg aus dem Flughafen Essen/Mülheim. Der war damals wegen langfristiger Verträge zugunsten des Luftschiffunternehmers Theodor Wüllenkemper und mit dem Aero-Club nicht umsetzbar. 1999 schwenkte die SPD im Wahlkampf um und setzte auf Ausbau des Flughafens. Nicht zuletzt deshalb wurde Jens Baganz (CDU) Oberbürgermeister - bis er von diesem Amt zurück trat, als der Skandal um städtische Honorare an seine Geliebte aufflog, und dann  Staatssekretär in Düsseldorf wurde (s.NRhZ 52).


Quelle: www.MBI.de
Der inzwischen zum Flughafenausbau bekehrten SPD plus FDP fehlte eine Stimme zur Mehrheit im Rat - bis der ursprüngliche MBI-Ratsvertreter Mounir Yassine Mitte 2001 unter Mitnahme seines Ratsmandats zur SPD überlief und SPD plus FDP in der folgenden Ratsitzung am 27. September 2001 mit ihrer neuen 1-Stimmen-Mehrheit einen Ausbaubeschluss für den Flughafen durchsetzten. Bei den Kommunalwahlen 2004 verloren die "Flughafenparteien" deutlich an Stimmen, so dass es zu einer großen SPD/CDU-Koalition kam, die sich Ende 2004 unter SPD-OB Dagmar Mühlenfeldt auf eine Art Stillhalteabkommen zum Flughafen einigte. Der Überläufer-Beschluss pro Flughafenausbau blieb aber bestehen und Dagmar Mühlenfeld und Flughafen-Geschäftsführer Reiner Eismann versuchten immer mal wieder, eine Hintertür für Düsenflugerlaubnisse zu finden. Das scheiterte - weniger an der Mülheimer CDU als am dritten Anteilseigner Essen, wo immer noch ein Ratsbeschluss für den Ausstieg gilt.
 
Vier Verschiebungen
 
Am 29. September 2007 kam es zur kürzesten Mülheimer Ratsitzung seit Jahren. Sie endete so schnell, weil die Mehrheit einen MBI-Antrag, alle Beschlüsse vom 27. September 2001 (die mit der Überläuferstimme Yassines) zum Flughafenausbau aufzuheben, auf Wunsch der CDU in die März-Sitzung 2008 verschob. Begründung: Die Gesellschafterversammlung solle noch einmal zur Düsenfrage entscheiden können - obwohl bereits 1996 im Düsseldorfer rot-grünen Koalitionsvertrag von 1996 die Schließung des Flughafens festgeschrieben worden war und obwohl der Gebietsentwicklungsplan für einen großen Teil des Geländes ein allgemeines Siedlungsgebiet vorsieht.
 
Weder in den Ratssitzungen im März noch im April 2007 wurde über den MBI-Antrag abgestimmt. Begründung: Die Flughafengesellschafter hätten noch immer nicht getagt. Am 19. Juni 2008 verhinderte Ratsmitglied Dieter Wiechering (SPD) eine Abstimmung über den inzwischen dreimal vertagten Antrag durch einen erfolgreichen Antrag auf „Übergang zur Tagesordnung“. Der Hintergrund für diese Odyssee des MBI-Antrags scheint klar: Der seit Jahrzehnten das erfolgreiche Mülheimer Luftschiffunternehmen WDL betreibende Millionär Theodor Wüllenkemper drohte mit Abwanderung seiner Zeppelinswerft, wenn er nicht demnächst Düsenflugzeuge vom Typ Airbus kaufen und die in einer eigenen Werft am Flughafen Essen/Mülheim warten darf.


Hannelore Kraft ehrt „Vorzeigeunternehmer“ Wüllenkemper
Quelle: www.location-magazin.de
 
Man darf gespannt sein, ob die CDU, die noch vor ein paar Monaten Dieter Wiechering als Aufsichtsratschef der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft MEG im Zusammenhang mit der massiven Belohnung des MBI-Überläufers Yassine schwere "Filz-Vorwürfe" gemacht hatte, sich nun - ein Jahr vor den nächsten Kommunalwahlen - an diese Haltung erinnert und den MBI-Antrag gegen den Flughafenausbau am Donnerstag unterstützt. Immerhin liegt am Flughafenrand das größte Gaslager Europas. Und Theodor Wüllenkemper ist kürzlich ja nicht von der CDU, sondern von SPD-Genossin und -Landesvorstandsmitglied Hannelore Kraft im Location-Magazin der westdeutschen Verlags- und Werbe-Verwaltungsgesellschaft mbH als „Vorzeigeunternehmer“ gefeiert worden. In den Jahren zuvor hatte er fleißig für die SPD gespendet und dafür dann beim Beschluss mit Yassines Überrläuferstimme am 27. September 2001 auch prompt die Verlängerung seiner WDL-Verträge mit dem Flughafen zu Günstigstbedingungen um weitere 20 Jahre in Erbbaupacht erhalten.

Quo vadis Flughafen Essen/Mülheim?
 
Nicht in Mülheim, aber in Essen findet am Mittwoch, 17. September, eine öffentliche Podiumsdiskussion zur Zukunft des Flughafens statt, der von der LINKEn in Essen veranstaltet wird. Podiumsteilnehmer: Theodor Wüllenkemper von der WDL Luftschiffgesellschaft mbH, Klaus Felchner, Bürgerinitiative Flugplatz Essen/ Mülheim, Lothar Reinhard, Fraktionssprecher der MBI in Mülheim, Wolfgang Freye, Fraktionssprecher DIE LINKE. im Regionalverband Ruhr (RVR). Moderation: Markus Renner, DIE LINKE. Essen, Ratsmitglied. Die Veranstaltung findet im Pfarrsaal der katholischen Kirchengemeinde, St. Maria Königin, Eststraße 1, in Essen-Haarzopf statt. Beginn 19.30 Uhr. dis Flughafen Essen/Mülheim?
(PK)

Online-Flyer Nr. 162  vom 08.09.2008

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