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Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

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Lokales
Rathausplatzplanung - typisch für Kölner Kultur- und Stadtentwicklungspolitik
Archäologische Zone und Jüdisches Museum
Von Roland Schüler

In seinem „Grundsatzbeschluss“ zur Errichtung eines jüdischen Museums auf dem Rathausplatz hatte der Rat der Stadt Köln am 18. Mai 2006 beschlossen, „dass, wenn in Köln ein Haus und Museum der jüdischen Kultur errichtet werden soll, der Rathausplatz der einzig mögliche Standort ist. Es wird angestrebt, im Zusammenhang mit diesem Projekt die „archäologische Zone“ zu realisieren“. Zum aktuellen Stand des Projektes, dessen im Juni bekannt gegebenes Wettbewerbsergebnis im Rahmen der „Regionale 2010“ bis zum 28. August 2008 im Rathaus, Spanischer Bau, für die Bürger ausgestellt wird, hier Anmerkungen von Roland Schüler.- Die Redaktion.



Kölner Rathausplatz in der Vergangenheit

  
Von der Archäologischen Zone zum archäologischen Punkt
 
Das ehrgeizige Kölner „Regionale Projekt Archäologische Zone“ sollte einmal laut Konzept einen Raum vom Dom bis St. Maria im Kapitol, vom römischen Brunnen in der Tiefgarage Roncalliplatz bis zum möglichen Kapitolstempel umfassen. Eine „Via Culturalis“, sollte über einen Weg, der auch unterirdisch verlaufen sollte, die im Erdreich verborgenen Schätze der Kölner Stadtgeschichte von den Ubiern über die Römer, vom Mittelalter mit dem jüdischen Viertel bis heute zugänglich und sichtbar machen.
 
Inzwischen wurde das Projekt deutlich auf einen kleinen Fleck rund um das Rathaus reduziert, wo es zwar einige Besonderheiten zu sehen gibt, aber längst nicht alles. Er wird herausgeputzt und alle anderen wichtigen Zeugnisse der kölschen Stadtgeschichte bleiben weiter vernachlässigt und in der Schmuddelecke - typisch für die Kölner Kultur- und Stadtentwicklungspolitik.


Kölner Rathausplatz heute

 
Zudem wurde der Eingang zur Archäologischen Zone aus Restaurantschutzgründen verlagert. Nicht mehr vom Rathausplatz im Zuge der „Via Culturalis“, wie ursprünglich vorgesehen, sondern vom Alter Markt aus soll es künftig hinein gehen. In den ehemaligen Rathauskeller soll kein weiteres Restaurant einziehen, denn der Pächter des neuen Restaurants im Spanischen Rathausbau braucht ein bisschen Klüngelschutz. Bisher hatte er den alten Rathauskeller mit Verlust betrieben und deshalb - entgegen allen Vorschriften - zum Ausgleich einen Biergarten mitten im Inneren Grüngürtel erhalten. Die östliche Grünfläche am Aachener Weiher wurde damit kommerzialisiert.
 
Die neue Konzeption des Zugangs hat einen besonderen Charme, da sie nun auf gleicher Höhe mit den archäologischen Schätzen liegt. Das Rathaus steht an der alten Rheinuferkante der Niederterrasse, und diesen Geländesprung kann man sich nun zu nutze machen. Zudem entfallen dann viele notwenige Gebäude auf dem Rathausplatz. Doch der damit verbundene Vorteil - weniger Baumasse auf dem Rathausvorplatz - wird wieder verspielt.
 
Schutzbauten auf dem Rathausplatz
 
Wie aus heiterem Himmel braucht die Archäologische Zone nun Schutzbauten. Davon wurde bisher öffentlich nie gesprochen, lediglich über eine unterirdische Erschließung der Zone und einer Freilegung der Bodendenkmäler. Wohl war der Fachwelt klar, dass dort wo freigelegt wird, auch ein Schutzbau notwendig ist. Doch offen gesagt hatte das keiner so richtig. Und auch in der Wettbewerbsausschreibung wurden diese Schutzbauten nicht näher ausgeführt, denn dann wäre ja die Diskussion über eine Bebauung des Rathausplatzes schon viel früher losgegangen. Das aber wollten einige der Protagonisten nicht. Vielleicht lag es ja daran, dass die Schutzbauten nur einen willkommen Schutz für eine Bebauung des Platzes bieten sollten und diese nur Mittel zum Zweck für die Platzbebauung mit dem jüdischen Museum sind?
 
Das jüdische Museum
 
Seit mehr als 10 Jahren arbeitet ein rühriger Verein um Benedikt Graf von und zu Honsbroech daran, in Köln ein Jüdisches Museum zu errichten. Nicht irgendwo in Köln, sondern nur auf dem Rathausplatz. Ausschließlich. Und nur dort, wo das mittelalterliche jüdische Viertel war. Und nicht nebenan im ehemaligen Kaufhaus Kurtz oder an anderen Plätzen in Köln, wo ja auch Juden und Jüdinnen gelebt und gearbeitet haben. Es soll das mittelalterliche Judentum sein.
 
Doch was kommt in dieses Museum hinein? Was wird ausgestellt, was kann ausgestellt werden? Auf diese einfache Frage gibt es seit zehn Jahren keine zufrieden stellende Antwort.

Und die zu geben ist auch schwierig! Denn außer den archäologischen Denkmälern wie der Mikwe der Synagoge und Grabsteinen gibt es nur wenig. Haben Kölner Museumsdirektoren oder -direktorinnen je mitgeteilt, dass in ihren Depots noch tolle Ausstellungsstücke liegen, die das Jüdische Leben in Köln, besonders im Mittelalter, darstellen lassen? Bisher ist das nicht geschehen. Denn vieles wurde ja seit dem Mittelalter zerstört, besonders durch die Nazis, aber auch in der Nachkriegszeit. Das ist nicht nur ein Kölner Problem, das Problem haben alle neuen Jüdischen Museen. So musste das renommierte Berliner Museum seine Ausstellungstücke auf dem Weltmarkt einkaufen, und dadurch wurden die Preise verdorben.
 
Was also könnte im Kölner Jüdischen Museum gezeigt werden? Die Ausschreiber des nun abgeschlossenen Wettbewerbs haben mal 1.700 qm Fläche angesetzt. Was sie über deren künftigen Inhalt wissen, haben sie allerdings bisher nicht verraten. Eigentlich kann doch nur der, der sagen kann, was rein kommt, auch seriös sagen, wie groß das Haus sein muss. In Köln dagegen sagt man: Wir bauen ein Haus mit 1.700 qm Luft und dann schauen wir mal, was wir in die leeren Räume hängen. Und für solch ein Vorhaben soll der Rathausplatz zugebaut werden! Außerdem hat sich die Wettbewerbsjury nun auch noch ausgerechnet den Entwurf mit der größten Baumasse ausgesucht.              
 
Wettbewerbssieger verfehlt Aufgabenstellung
 
„Dabei sollen die Wettbewerbsteilnehmer eine integrierte Lösung planen, die es ermöglicht, in einem ersten Bauabschnitt die Archäologische Zone unabhängig vom Bau des Jüdischen Museums zu realisieren“, hieß es im Ratsbeschluss. Der Wettbewerbssieger beschreibt dagegen seinen Entwurf als „…eine NEUINTERPRETATION des Thema Schutzbauten...“ (Hervorhebung durch den Autor). Er erweitert den Teil der Schutzbauten der Archäologischen Zone bewusst um den Teil des Jüdischen Museums und schafft eine - sehr gelungene - Einheit.


Luftbild – Erster Preis für die neue Rathausplatzbebauung
Entwurf von Wandel Hoefer Lorch + Hirsch
Fotos: Roland Schüler
 
Doch diese Neuinterpretation entspricht nicht der ursprünglichen Aufgabenstellung, und sie macht es besonders schwierig, aus dem einem Gebäude wieder zwei zu machen. Das Land NRW will nämlich im „Regionalen Projekt“ eindeutig nur die Schutzbauten Archäologische Zone fördern, während es für das Jüdische Museum bisher noch kein Finanzierungskonzept gibt.
 
Durch diese Neuinterpretation des Wettbewerbsiegers wurde die Problemlage also noch komplizierter und damit das gesamte Projekt höchstgradig gefährdet. Das Land NRW hat der Stadtverwaltung Köln sehr deutlich klar gemacht, dass es eine eindeutige Kostenaufstellung und Bauaufstellung NUR für die Archäologische Zone braucht, um das Projekt überhaupt zu fördern. Ohne diese Förderung gibt es auch keinen Regionale-Status. Aus diesem Grunde hat nun Oberbürgermeister Schramma im Vollzug der Landesanweisung gehandelt und von seiner Verwaltung und den Architekten eine klare Trennung verlangt. Warum dies von der Wettbewerbsjury ignoriert und die „Neuinterpretation“ des siegreichen Bewerbers akzeptiert wurde, ist nicht bekannt?
 
Immer wieder wird von Befürwortern des Siegerentwurfs auf die tollen städtebaulichen Projekte des Architektenbüros Wandel, Hoefer, Lorch und Hirsch aus Saarbrücken verwiesen. Sie haben in München und Dresden städtebauliche Meilensteine für ein Jüdisches Haus gelegt. Dort aber hatten sie die Vorgaben eines geschlossenen Komplexes von Jüdischem Haus und Synagoge (Dresden) und von Synagoge, Kulturzentrum und Schule (München) aufgebrochen und die Baumasse auf mehrere Bauten verteilt und so gleichzeitig auch Freiräume geschaffen. In Köln dagegen soll der zur Verfügung stehende Platz vollständig bebaut und kein Freiraum mehr gelassen werden. Aufgrund eines also genau gegenteiligen Konzepts dürften die Münchener und Dresdener Arbeiten der nun auch in Köln siegreichen Architekten als Referenzobjekte für die offenbar daran interessierten Kreise eigentlich nicht verwendbar gewesen sein.

SPD, Grüne und FDP werden nachdenklich

Kurz vor Redaktionsschluß erreichte die NRhZ eine Pressemitteilung von SPD, FDP und Grünen, die für Sitzung des Hauptausschusses am 4. August einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag zu „Rahmenbedingungen für die Realisierung des Archäologischen Zone und des Hauses und Museums der jüdischen Kultur“ gestellt haben. Der Antrag zeigt, dass auch einige Kölner Politiker wenigstens in einigen Punkten etwas nachdenklich geworden sind.
 
In dem Antrag heißt es u.a.: „Der Hauptausschuss möge beschließen:

1. Die Stadt Köln dankt allen Mitwirkenden des Wettbewerbes um die Archäologische Zone und das Haus und Museum der jüdischen Kultur für ihr Engagement und gratuliert den Preisträgerinnen und Preisträgern...
3. Der Beschluss des Rates der Stadt Köln vom 18. Mai 2006, dass aufgrund der Ergebnisse des Expertenhearings zur Standortuntersuchung am 26.01.2001 der Rathausvorplatz wegen der Authentizität des Ortes der einzig mögliche Standort für ein Haus und Museum der jüdischen Kultur in Köln ist, wird bekräftigt…
8. Die Verwaltung beauftragt den 1. Preisträger des Wettbewerbs, die Realisierbarkeit für die Baustufen der Archäologischen Zone ohne und mit Museum detaillierter darzustellen…
10. Der Hauptausschuss kritisiert, dass die Verwaltung die in Punkt 4 des genannten Ratsbeschlusses formulierte Einbeziehung des Geländes des ehemaligen Kaufhauses Kutz in der Wettbewerbsausschreibung nicht ausreichend berücksichtigt hat. Zur Umsetzung des vorhergehenden Punktes dieses Beschlusses ist sowohl mit der Stiftung als auch dem Planungsbüro zu klären, welche Nebenräume des Hauses und Museums der jüdischen Kultur (z.B. Verwaltung) gegebenenfalls in einem Neubau auf dem Kutz-Gelände untergebracht werden können, um die Baumasse auf dem Platz selbst zu reduzieren....
13. Die Verwaltung wird beauftragt, alternative Finanzierungsmodelle für die die Landeszuschüsse übersteigenden Kosten der im vorhergehenden Punkt genannten Baustufen darzustellen…
14. Die Verwaltung wird beauftragt, die genannten Aspekte im Rahmen einer umfassenden und im Sinne der politischen Meinung der Beschlusslage vom 18. Mai 2006 und dieses Beschlusses mehrheitsfähigen Vorlage dem Rat und den vorberatenden Gremien bis zur Sitzung des Ausschusses für Kunst und Kultur am 19. August 2008 vorzulegen, um in der Ratssitzung am 28. August ein abschließendes Votum herbeizuführen…
 
Mit freundlichen Grüßen
gez. Martin Börschel gez. Barbara Moritz gez. Ralph Sterck
(PK)

Online-Flyer Nr. 158  vom 06.08.2008

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