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Arbeit und Soziales
Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland
Armut wird immer jünger
Von Hans-Dieter Hey

Es handelt sich nicht um ein Sommerlochthema. Die Situation ist dafür zu ernst. Denn nach dem kürzlich erschienenen Bericht der Bundesregierung über die Lebenslage der Menschen sollten alle aufgeschreckt sein: In Deutschland gibt es eine zunehmende Armut bei Millionen von Kindern, von der man zuvor wenig Notiz genommen hatte. Vor allem durch die rot-grüne „Reform" Hartz IV hat sich dies verstärkt. Drastisch zeigen sich zudem Unterschiede in Ost- und Westdeutschland. Ein neues Buch zur Kinderarmut spricht eine deutliche Sprache.


Christoph Butterwegge
Der Bericht über die Lebenslage der Menschen in Deutschland bezieht sich auf die Jahre vor 2006. Bereits er weist eine katastrophale Umverteilung von Vermögen von unten nach oben aus und infolge dessen eine fortschreitende Verarmung bei immer größeren Bevölkerungsschichten, vor allem unter Kindern. Doch nach 2005, so Wirtschaftsminister Michael Glos kürzlich, habe sich allerdings im Zuge der wirtschaftlichen Erholung alles deutlich verbessert.


Doch das scheint zumindest nicht für Kinder zuzutreffen. Seit Einführung der rot-grünen „Arbeitsmarktreformen" hat sich die Situation deutlich verschlechtert. Christoph Butterwegge, Professor für Politikwissenschaft aus Köln gegenüber der NRhZ: „Von den 11,44 Millionen Kindern unter 15 Jahren lebten im März 2007 – auf dem Höhepunkt des gegenwärtigen Konjunkturaufschwungs – nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit fast 1,93 Millionen in „Hartz-IV-Haushalten". Das waren mehr denn je, seit Hartz IV am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Rechnet man die übrigen Kinder in Sozialhilfehaushalten, in Flüchtlingsfamilien – die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ungefähr ein Drittel weniger als die Sozialhilfe erhalten – hinzu und berücksichtigt zudem die Dunkelziffer, lebten etwa 2,8 bis 3,0 Millionen Kinder, das heißt jedes vierte Kind, auf oder unter dem Sozialhilfeniveau."

Butterwegge zufolge ist das Problem noch durch ein deutliches Ost-West- und Nord-Süd-Gefälle verschärft werden. In Görlitz kamen 44,1 Prozent aller Kinder unter 15 Jahren aus Hartz-IV-Haushalten, während es im bayerischen Starnberg nur 3,9 Prozent waren. Aber auch in Westdeutschland, wie in der Großstadt Bremen, gibt es Ortsteile, in denen über 60 Prozent aller Kinder zu den Sozialgeldbeziehern gehören." Alle hätten nur geringe Bildungschancen und berufliche Perspektiven. So notwendig aber die beste Bildung für alle Kinder ist, dürfte sie kein Allheilmittel sein, wie die Politik gern vorgibt und nun eine Bildungsoffensive starten will. Irgendwann werden sich die meisten wieder gegenseitig auf den Füßen stehen – nur eben auf höherem Niveau. Außerdem sei es „pure Heuchelei, den Armen 'Bildet Euch' zu predigen, im Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger dafür aber keinen Cent vorzusehen", so Butterwegge gegenüber der Frankfurter Rundschau. Nötig sei vielmehr eine Umverteilung von Arbeit, Vermögen und Einkommen.

Das Buch „Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland" beleuchtet die Ursachen und psychosozialen Folgen der Kinderarmut in den alten und den neuen Bundesländern durch einen empirischen Vergleich der sozialen Situation von Erfurter und Kölner Schulkindern. Es gibt Aufschluss über Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Lebenslagen in Ost- und Westdeutschland und über die Schwierigkeiten unter den schwierigen Rahmenbedingungen des Vereinigungsprozesses. Es werden außerdem Gegenmaßnahmen auf den unterschiedlichsten Politikfeldern vorgeschlagen, um die Lebenssituation von Kindern in Deutschland zu verbessern.

Alle Autoren haben große Erfahrungen in der Armutsforschung, vor allem bei Kindern. Prof. Dr. Christoph Butterwegge ist Hochschullehrer für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln, Dr. Michael Klundt ist Fachreferent für Kinder- und Jugendpolitik bei der Fraktion DIE LINKE im Bundestag und Matthias Belke-Zeng ist Sozialpädagoge und arbeitet für die Erfurter Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.


Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Dr. Michael Klundt, Mathias Belke-Zeng:

Kinderarmut in Ost- und Westdeutschland

2., aktualisierte und erweiterte Aufl. Wiesbaden (VS – Verlag für Sozialwissenschaften) 2008, geb., 378 Seiten, Ladenverkaufspreis: 24,90 EUR










Bestellungen können entweder über den Buchhandel oder über den Verlag, Frau Schunath, VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Tel.-Nr.: 0611/7878-245; Fax: 0611/7878-99; e-Mail: petra.schunath@gwv-fachverlage.de bestellt werden.

Online-Flyer Nr. 155  vom 16.07.2008

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