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Aktueller Online-Flyer vom 20. April 2024  

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Globales
Wofür steht Obamas Programm wirklich?
Weltmacht auf Kriegskurs
Von Volker Bräutigam

Im November stehen ein weißer, simpler und cholerischer Republikaner und ein schwarzer, charismatischer, aber seltsam profilloser Demokrat zur Wahl fürs Präsidentenamt der USA. John McCain und Barak Obama bieten kaum politische Alternativen. Weltherrschaftsanspruch, Kriegsbereitschaft, Missachtung der Völker- und Menschenrechte und mörderische Ausbeutungspolitik kennzeichnen sie wie Amtsinhaber Bush. Lesen Sie die Fortsetzung des Artikels von Volker Bräutigam aus der letzten Ausgabe der NRhZ – die Redaktion.

Aus aktuellem Anlass stellt sich eine Frage: Darf ein US-amerikanischer Präsidentschaftskandidat Wahlkampf vor dem Brandenburger Tor machen? Barak Obama hat sich das für den 24. Juli vorgenommen. Aber in Sorge, der Mann werde über seinen Kandidatenstatus vielleicht doch nicht hinauskommen, der „historische Ort im Zentrum Deutschlands“ demnach abgewertet sein, nicht mehr nur Kaisern und Präsidenten, Päpsten und Despoten, dem Führer und Fußballstars vorbehalten, stellte sich die Bundesregierung dagegen und lud zugleich eilfertig auch den anderen US-Kandidaten, John McCain, zum Deutschlandbesuch ein.

Einer der beiden wird schließlich demnächst US-Präsident sein; mit diesem sich frühzeitig gut gestellt und nicht gar zu offensichtlich aufs falsche Pferd gesetzt zu haben, betrachtet unser „Führungspersonal" derzeit als Politik. Dumm nur, dass heute noch keiner weiß, wer es sein wird. Da heißt es eben, vorsorglich beiden die Stiefel zu lecken, aber nicht zu doll.


Lächeln oder Zähnefletschen?

Dass Ex-Bomberpilot McCain US-Luftangriffe für die Lösung aller Probleme mit Asien hält, ist bekannt: Er singt sogar öffentlich „Bombardiert Iran“ als Persiflage auf den alten Hit der Beach Boys „Barbara Ann“.[1] Dass auch Konkurrent Obama „die richtigen Kriege führen“ will, ist hingegen weniger bekannt. Sein Slogan „Change“ (Wechsel) wird weithin als Versprechen verstanden, George W. Bushs Kriegskurs zu verlassen. Dabei verhehlt Obama seine Absichten nicht. Die Washington Post zitierte aus seiner Wahlkampfrede im Woodrow-Wilson-Center, er werde „nicht zögern, einseitig Luftschläge gegen die Al Qaida in Pakistan“ zu veranlassen, (...) um Terroristen zu beseitigen... Ich werde nicht zögern, militärische Gewalt anzuwenden.“ Als erstes müssten die USA „den Kampf nach Afghanistan und Pakistan verlegen.“

McCain und Frau Cindy auf Militärball 2006 Foto: Daniel R. Mennuto
„Schießt sich ein“ – John McCain und Frau Cindy auf Militärball 2006
Foto: Daniel R. Mennuto

Obama hat die besseren Chancen.[2] Er ist kein „Kandidat aus dem Nichts“, kein armer schwarzer, vormals namenloser Aufsteiger, sondern Protegé der Ford-Foundation, des Milliardärsclubs der Bilderberger, des Council on Foreign Relations, der US-Hochfinanz sowie weiterer Machtzentren. Ihr Anspruch auf Rendite aus der Weltherrschaft lässt sich mit einem lächelnden Obama als präsidialem Aushängeschild besser vertreten als mit einem zähnefletschenden McCain, Abziehbild des weltweit verhassten George W. Bush.

Dem US-Anspruch auf absolute globale, ökonomische und militärische Vormacht stehen zwei Staaten entgegen: Russland und vor allem die VR China. Obama verspricht deshalb, die imperialistische Asien-Politik Washingtons fortsetzen. Ihre Brutalität entlarvt sich derzeit bei den Luftschlägen und Kommandoaktionen der Operation Enduring Freedom (OEF), auch ihr absoluter Mangel an Weitsicht und Instinkt. Da wird nicht nur in Afghanistan, sondern auch auf Pakistans Staatsgebiet gemordet. Kriegsverbrechen sollen den Zugriff auf die mittelöstlichen Ölquellen sichern und die asiatischen Völker einschüchtern. Die NATO-Verbündeten machen mit, auch Deutschland. Wir sind längst Mitschuldige.

Dem US-Politikkonzept für Asien mangelt es jedoch an Eindeutigkeit hinsichtlich des Iran. Verzichtete der Iran auf die Uran-Anreicherung, so vergäben die USA großzügigste Wirtschaftsprivilegien – und hängten auch im Iran ihren Gesslerhut auf. Teheran bekäme eine Schlüsselposition, und Israel, der alte Bewacher der Ölquellen, verlöre erheblich an Bedeutung. Deshalb die wütende Kriegshetze der zionistischen Lobby in den USA. Obama sprach im Juni vor dem American Israel Public Affairs Committee (AIPAC): „Die Gefahr aus Iran ist groß... und mein Ziel wird es sein, diese Bedrohung auszuschalten.(...) Wenn wir schließlich militärische Gewalt anwenden müssen, dann haben wir größere Aussicht auf Erfolg.“[3]

Barack Obama Foto: Progressfund
Barack Obama | Foto: Progressfund                 
Obama erhebt sogar den abstrusen Vorwurf, der Iran agitiere gegen die USA in Lateinamerika. Venezuela, Bolivien und Nicaragua seien deshalb „Vakuen, die gefüllt werden“ müssten. Die USA müssten „Druck auf den Süden“ machen. Ende Mai versprach der Kandidat in Miami der Exilkubaner-Vereinigung (sie stellt seit Jahren Terroristen, Mörder und Drogenkuriere für US-Auftragsverbrechen), das seit 47 Jahren bestehende Kuba-Embargo beizubehalten, das die UNO Jahr um Jahr als Rechtsbruch und für ungültig erklärt.

Frieden und Kapitalismus schließen sich aus

In Ausübung seiner Weltherrschaft teilt das US-Imperium nicht nur gezielt „Militärschläge“ aus, sondern hält ein Massenvernichtungsmittel verfügbar: die gesteuerte Hungersnot. Sie kostet nichts, macht vielmehr die Reichen noch reicher. Dazu Esteban Lazo Hernandez, Vizepräsident der Republik Kuba, auf dem Gipfeltreffen von 16 lateinamerikanischen Staatschefs Anfang Mai in Nicaragua: „Im Jahr 2005 haben wir für die Einfuhr einer Tonne Reis 250 Dollar bezahlt; jetzt zahlen wir 1.050 Dollar, das Vierfache. Für eine Tonne Weizen zahlten wir 132 Dollar; jetzt zahlen wir 330 Dollar, das Zweieinhalbfache. Für eine Tonne Mais zahlten wir 82 Dollar; jetzt zahlen wir 230 Dollar, fast das Dreifache. Für eine Tonne Trockenmilch zahlten wir 2.200 Dollar; jetzt sind es 4.800 Dollar...“[4]

Die weltweite, mittels maßloser Preistreiberei organisierte Massenvernichtung an den Nahrungsmittelbörsen (Warentermingeschäfte) findet in Asien, Lateinamerika und Afrika statt. Alle drei Sekunden verhungert ein Mensch, dessen Tod vermeidbar wäre: Nahrungsmittel sind genug vorhanden. Eine friedliche Welt kann ernährt werden. Die Welt der Aktionäre nicht. Frieden und Kapitalismus schließen sich aus.

US-Marines in Operation Enduring Freedom
US-Marines in Afghanistan: statt „Enduring Freedom" andauernder Krieg

In dieser Welt bemüht sich die Berliner Regierung um den Spitzenplatz in US-orientierter Liebedienerei: Mittels gesteigerter Bundeswehreinsätze in Afghanistan, zwecks Umzingelung Russlands und Chinas. In Afghanistan wird weder „Krieg gegen den Terrorismus“ geführt noch „Deutschland am Hindukusch verteidigt“. Berlin pflegt das amoralische Bündnis der „westlichen Wertegemeinschaft“, den Bruch des Völkerrechts und damit den endlosen, kruden Mord. Trotz der entschiedenen Ablehnung dieser Kriegspolitik seitens unserer Bevölkerung.

Die deutschen Alternativen zur menschenfeindlichen Politik des Imperiums sind der NATO-Austritt und die intensive Zusammenarbeit mit Russland und China. Auf allen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ebenen. Bei glaubwürdigem Eintreten für die Menschenrechte – hier wie dort. (CH)

Lesen Sie auch den vorangegangenen Teil des Artikels über die Machtpolitik der USA im Grenzgebiet zwischen China, Indien und Pakistan in der NRhZ 153.

Volker Bräutigam


Der ehemalige Tageschau-Nachrichten Redakteur Volker Bräutigam lebte viele Jahre in Taiwan, von wo aus er auch als Fernost-Korrespondent für die Politikzeitschrift Ossietzky tätig war.



Fußnoten:

[1] Amoralisches Pilotenlied: „Dieser alte Hit der Beach Boys, ‚Bombardiert Iran’?“ (singt:) „Bomb, bomb, bomb, bomb, bomb Iran.“ US-Senator John McCain, Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei, im April 2007 bei einem Wahlkampfauftritt im US-Bundesstaat South Carolina auf die Frage, wann Washington im Atomstreit mit Iran eine „Botschaft per Flugzeug“(!) an Teheran übermitteln werde. Seine Darbietung ist auf ungezählten Internetseiten zu lesen und als Filmdokument zu sehen. Vielsagend ist auch McCains Rechtfertigung seines Fehltritts.

[2] Obama hat wohl auch deshalb bessere Chancen, weil er gemäß den allerprimitivsten Emotionen der US-amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe nun auch für „Kinderschänder“ einführen lassen will. Kein Gedanke bei ihm daran, dass diese Sorte anlagekranker Straftäter allenfalls befristeten Freiheitsentzug „verdient“ und notfalls in eine Zwangstherapie gehört, nicht aber auf ein Brett geschnallt und mittels Giftspritze „zu Tode therapiert“.

[3] Glaubwürdiges Versprechen: US-Senator Barak Obama, Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, im Juni 2008 vor dem American Israel Public Affairs Committee – AIPAC.
Zitat www.politonline.ch: „Als Präsident werde ich eine Absichtserklärung abgeben, die Israel in den nächsten zehn Jahren Unterstützung in Höhe von 30 Milliarden Dollar zusichert… Auf dieser Grundlage können wir die Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr verstärken... Der Iran ist bemüht, Atomstreitmacht zu werden, was ein gefährliches Wettrüsten auslösen könnte und (...) dass nukleares Know-how in die Hände von Terroristen gelangt... Die Gefahr aus Iran ist groß, (...) und mein Ziel wird es sein, diese Bedrohung auszuschalten.(...) Die Drohung mit einem militärischen Vorgehen wird immer auf meinem Tisch liegen... Wenn wir schließlich militärische Gewalt anwenden müssen, dann haben wir größere Aussicht auf Erfolg.“

[4] Esteban Lazo Hernandez, Vizepräsident der Republik Kuba, auf dem Gipfeltreffen von 16 lateinamerikanischen Staatschefs zum Thema „Nahrungsmittelsouveränität und -sicherheit“ am 7. Mai in Managua, Nicaragua. Zitiert nach „Digital Granma Internacional“, deutsche Ausgabe Nr. 1532, Köln, Juni 2008. (Die Präsidenten gingen angesichts der weltweiten Ernährungskrise heftig mit den Industriestaaten ins Gericht).


Online-Flyer Nr. 154  vom 09.07.2008

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