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Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

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Lokales
„NRhZ“ - die letzte Ausgabe aus Köln am 19. Mai 1849
Mai-Tage vor 159 Jahren – Teil II
Von Pui von Schwind

Am 16. Mai 1849 verhängt die preußische Regierung in Berlin für das gesamte Rheinland über sämtliche Aufstandsgebiete den Belagerungszustand (siehe Teil I in NRhZ 145). Karl Marx erhält als Chefredakteur der „Neuen Rheinischen Zeitung“ den Befehl der Königlichen Regierung über den Polizeipräsidenten in Köln, wegen „schmählicher Verletzung des Gastrechts“ Preußen innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Sonst wäre er zwangsweise über die Grenze zu bringen.

Dazu meldet die befreundete Herausgeberin der „Neuen Kölnischen Zeitung“, Mathilde Franziska Anneke in deren Nummer 116 vom 22. Mai 1849: „Gestern morgen hat der frühere Chefredakteur der „Neuen Rheinischen Zeitung“, Herr Karl Marx, in Begleitung einiger der anderen Redakteure Köln verlassen und sich nach dem Oberrhein begeben; dort wird sein Wirken ebenso erfolgreich sein als es hier war.“
 
Nach dem Verkauf seiner Möbel reiste Marx mit seiner Frau und einigen Redakteuren der „NRhZ“ nach Frankfurt am Main, wo er vergeblich versuchte, linke Abgeordnete der Nationalversammlung für den Kampf gegen die Preußen in Süddeutschland zu gewinnen.
 
„NRhZ - Organ der Demokratie“

Nach dem Ausbruch der Februar-Revolution 1848 in Paris wurde die Zentrale des Bundes der Kommunisten zuerst nach Brüssel und dann Anfang März nach Paris verlegt. Marx und Engels erarbeiteten hier die siebzehn „Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland“ - als Richtlinien für den revolutionären Kampf. Sie forderten: die ungeteilte Republik, aktives und passives Wahlrecht, allgemeine Volksbewaffnung, Abschaffung aller Feudallasten, Verstaatlichung der Banken und Verkehrsunternehmen, Trennung von Staat und Kirche, Beschränkung des Erbrechts, Errichtung von Nationalwerkstätten und unentgeltliche Volkserziehung. Sie hatten auch den Plan für eine deutsche Zeitung entworfen, der sich in der „NRhZ“ in Köln verwirklichen sollte. 

Auf dem Weg nach Köln wurde Anfang April in Mainz mit Vertretern vieler Arbeitervereine über die Zentralisierung aller Arbeitervereine in den „Bildungsverein für Arbeiter“ beraten. Aber im Mai war bereits abzusehen, daß der Zentralisierungsplan gescheitert war. Gegen den Widerstand des Vorstandes des Kölner Arbeitervereins Andreas Gottschalk, Fritz Anneke und Moses Heß wurde allerdings das Zeitungsprojekt in Köln zu einem großen Erfolg.
 
Die „NRhZ – Organ der Demokratie“ wurde auf Aktien gegründet und am 1. Juni 1848 erschien die Ausgabe Nr. 1. Chefredakteur war Dr. Karl Marx. Die Redakteure dieser Ausgabe waren Heinrich Bürges, Ernst Dronke, Friedrich Engels, Georg Weerth, Ferdinand und Wilhelm Wolff. In der Regel verfaßten Marx und Engels die Leitartikel. Mit ihrer Kampfansage an alle Kompromisse, die die Errungenschaften der März-Revolution aushöhlten oder verrieten, sorgte die NRhZ für eine scharfe Abgrenzung zwischen dem liberalen und dem demokratisch/sozialistischen Lager...

Marx_Engels_Denkmal_Berlin
Bild: KAOS-Archiv

Ein Jahr später im Mai 1849 ist in der „Deutsche Zeitung“ Nr. 140 vom 22. Mai 1849 zu lesen: „Köln, 19. Mai ... den einzelnen Redakteuren der „NRhZ“ ist folgendes widerfahren: Friedrich Engels wird wegen seines Auftretens in Elberfeld kriminell verfolgt, Marx, Dronke und Weerth haben als Nichtpreußen die diesseitigen Staaten zu verlassen, F. Wolff ist, da er seiner Militärpflicht nicht genügt, und W. Wolff wegen politischer Vergehen, die früher in den alten Provinzen vorgekommen sein sollen, mit Untersuchungen bedroht worden. Die Freilassung Korffs (des Geschäftsführers) gegen Kaution ist heute von der Ratskammer abgelehnt worden.“
 
Steckbrief gegen Friedrich Engels

Die „Kölnische Zeitung“ (DuMont) veröffentlicht dazu in ihrer Nr. 137 vom 9. Juni 1849 u.a. den Steckbrief gegen Friedrich Engels: „Auf Grund der durch den königlichen Instruktionsrichter erlassenen Vorführungsbefehle ersuche ich die betreffende Zivil- und Militärbehörden, auf folgende Personen, und zwar: 1) Friedrich Engels, Redakteur der „Neuen Rheinischen Zeitung“, geboren in Barmen, zuletzt wohnhaft in Köln, ...welche sich der gegen sie wegen des in Art. 96 des Strafgesetzbuches vorgesehenen Verbrechens eingeleiteten Untersuchung durch die Flucht entzogen haben, und deren Signalment ich nachstehend mitteile, vigilieren und sie im Betretungsfalle verhaften und mir vorführen zu lassen. Elberfeld, 6. Juni 1849 – Für den Oberprokurator: Der Staatsprokurator Eichhorn.“  
 
Letzte NRhZ-Ausgabe in Rot

In der letzten – in roter Druckfarbe – erschienenen Ausgabe der „Neuen Rheinischen Zeitung“ vom 19. Mai 1849 bedankt sich die Redaktion bei den Arbeitern Kölns für die Zusammenarbeit. Marx schickt einen Artikel, in dem er sich offen für härteste Gegengewalt gegen den Staat ausspricht: „Wenn die Reihe an uns kömmt, wir werden den Terrorismus nicht beschönigen. Aber die royalistischen Terroristen, die Terroristen von Gottes- und Rechts-Gnaden, in der Praxis sind sie brutal, verächtlich, gemein, in der Theorie feige, versteckt, doppelzüngig.“
 
Und Ferdinand Freiligrath grüßt die Leser der „NRhZ“ mit einem „Abschiedswort“:
                              Nun ade – doch nicht für immer ade!
                          Denn sie töten den Geist nicht, ihr Brüder!
                           
Bald richt' ich mich rasselnd in die Höh,
                  
Bald kehr' ich reisiger (kriegerischer, streitbarer) wieder!

Von der „roten Ausgabe“ der „NRhZ“ werden in den Wochen danach 20.000 Exemplare verkauft. Manche wechseln zum zehnfachen Preis den Besitzer. Und in der letzten Zeile dieser Ausgabe fordert Marx die Leser auf, nunmehr die „Neue Kölnische Zeitung“ von Mathilde Franziska Anneke zu lesen. (PK)


Online-Flyer Nr. 147  vom 21.05.2008

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