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Inland
Solidarität mit den Streikenden - auch vor der Züricher Konzernzentrale
"GATE GOURMET - wir kommen!"
Von Chr. LeMaan
Eine kleine Belegschaft ist zusammen mit ihrer Gewerkschaft NGG unversehens aus einem Tarifstreit in eine harte Auseinandersetzung um den Kapitalismus an sich geraten: Seit Oktober 2006 stehen die ArbeiterInnen von GATE GOURMET (GG) in Düsseldorf im unbefristeten Streik. Sie brauchen dringend aktive Unterstützung und Solidarität. Hier der Bericht eines Kollegen aus dem UnterstützerInnenkreis über die Reise der Streikenden zum Protest vor der Konzernzentrale in Zürich und die Hintergründe dieses Arbeitskampfes.
Die Redaktion
Montag, 16.Januar, 0.30 Uhr nachts. Am Düsseldorfer Flughafen steht schwach beleuchtet ein Bus. Seltsam weit abseits der Terminals im Dunkel der Frachthallen. Vor Halle 8a. Hier steht das Zelt der Streikenden von GATE GOURMET. Und genau diese steigen zu Dutzenden in den Bus, der um 1 Uhr Kurs auf Zürich nehmen wird. Heute, am 102. Streiktag, ist ein "Besuch" der Zentrale des weltweit zweitgrößten Catering-Konzerns angesagt.
Die KollegInnen sind stinksauer
Die KollegInnen und Kollegen, die nach und nach eintrudeln, sind sauer! Stinksauer! Der Konzern verweigert die Verhandlungen über Tariferhöhungen. Die Forderungen nach einer 4,5%-igen Steigerung der Löhne werden kategorisch abgelehnt und stattdessen der Belegschaft Verzicht abverlangt. Verzicht auf Lohnerhöhung, Verzicht auf Weihnachtsgeld, Verzicht auf Freizeit, Verzicht auf eigene Lebensplanung. Verzicht, Verzicht, Verzicht.
Aber nachdem sich in den vergangenen zwei Jahren die Arbeitsbedingungen derart dramatisch verschlechterten, dass mittlerweile ein Kollege das Tagewerk von ehemals zwei KollegInnen erledigen muss, brachten die unverschämten Forderungen der Konzernleitung das Fass zum Überlaufen. Die Beschäftigten von GATE GOURMET entschieden sich mit 93,8% für Streik.

Vor der Gate Gourmet-Zentrale- Kein Kollege darf raus kommen
Foto: NGG
Der Gegner heißt Raubtierkapitalismus
Einige Wochen nach Streikbeginn kam es zu einer Verhandlungsrunde unter Vorsitz eines Schlichters der Landesregierung. Nach zähen und harten Gesprächen wurde ein Kompromiss gefunden. Doch bereits am nächsten Morgen entzog der "Finanzinvestor" TEXAS PACIFIC GROUP (TPG) aus Houston/Texas, der GATE GOURMET (GG) aufgekauft hatte, dem GG-Management die Verhandlungskompetenz und annullierte dieses Ergebnis kurzerhand. Selbst der CDU-Schlichter war fassungslos. So etwas Abgebrühtes hatte er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt.
Und nicht genug damit: Bei den nächsten Verhandlungen trat GATE GOUREMET nicht mehr allein auf, sondern mit Rechtsanwalt Leuchten aus München, der per Standleitung nach Houston/Texas während der Verhandlung permanenten Kontakt zur TPG hatte. Das "Gespräch" endete mit einem knallharten Affront von Seiten der TPG: "Statt irgendwelcher Lohnerhöhungen, 10% "Kosteneinsparung! Und das sofort!" - RA Leuchten ist übrigens jener berüchtigte Betriebskiller, der für TPG bereits das angesehene Unternehmen GROHE in Deutschland ausgepresst und dort Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet hat.
Und so kam es, dass sich für die kleine aber um so mutigere Düsseldorfer Belegschaft der Tarifstreit unversehens in einen Kampf gegen den Raubtierkapitalismus entwickelte. Statt um Lohnerhöhungen geht es jetzt um den prinzipiellen Widerstand gegen das kapitalistische System und die Unersättlichkeit von Profitvampiren à la TPG.

Ron Oswald - Generalsekretär der Internationalen Lebensmittelarbeitergewerkschaft
Foto: NGG
Wie funktioniert Private Equity Capital
Ca. 300 Menschen besitzen die Hälfte des Weltvermögens. Diese gigantische Kapitalmenge rast permanent rund um den Erdball auf der Suche nach neuen Mehrungsmöglichkeiten. Aktueller Clou, der Profite von 20, 30 und mehr Prozent - nach Steuern, versteht sich! - verspricht, ist das Aussaugen gut funktionierender Firmen wie GROHE bzw. GATE GOURMET. Und das wird organisiert über so genannte Private Equity Fonds wie TPG. Equity Fonds sind Privatfonds, in denen unabhängig vom allgemeinen Banksystem, privates Geld eingesammelt und "investiert" wird.
Und das geht so: Der Fonds kauft vor dem Hintergrund der Milliarden und Abermilliarden seiner privaten Einleger gut gehende Firmen. Dieser Kauf wird nicht als Barkauf deklariert, sondern als Kredit. Die Kaufsumme wird dem gekauften Unternehmen in voller Höhe als Kredit aufgebürdet, den es innerhalb kürzester Zeit incl. sämtlicher anfallender Zinsen etc. tilgen muss. Gleichzeitig müssen natürlich satte - in der Regel zweistellige!! - Profite an die neuen Besitzer abgeführt werden. Sind die Kredite dann getilgt, verkauft der Fonds die Firma weiter - meist zum Mehrfachen des Einkaufspreises, versteht sich. Der Verkaufserlös ist nun in vollem Umfang Netto-Profit, den sich die privaten Kapitalgeber einsacken.
Geld aus den Beschäftigten rauspressen
Auf der Strecke bleiben bei diesem System die Beschäftigten. Sie werden den Kettenhunden von McKINSEY und ROLAND BERGER vorgeworfen, die aus ihnen das Geld für die Tilgung des Kredits, die Zinsen und der gewünschten zusätzlichen Jahresprofite rauspressen. Dabei werden Tausende auf die Straße geworfen, der verbleibende Rest muss das Gesamtvolumen allein bewältigen. Die Arbeitszeiten werden hochgeschraubt, die Löhne und Gehälter gekürzt. Sozialleistungen, Pausenzeiten, Toilettengänge und anderer "überflüssiger Schnickschnack" fallen dem Rotstift zum Opfer.
Doch im Fall von GATE GOURMET am Düsseldorfer Flughafen ging die Rechnung nicht auf. Die KollegInnen traten in den unbefristeten Streik und leisten seit Oktober 2005 erbitterten Widerstand.
Allein ist dieser Kampf nicht zu bestehen
Doch zurück zum Besuch der Konzernzentrale in der Schweiz. Im Bus nach Zürich ist die Stimmung gut. Es wird gekartelt, was das Zeug hält. Keine Spur von Niedergeschlagenheit oder Resignation. Die Frauen und Männer aller Altersgruppen und vieler Nationalitäten scherzen miteinander, tauschen aktuelle Neuigkeiten aus, schauen neugierig in die im Bus ausliegende UZ und lesen das soeben in hoher Auflage erschienene erste Info des Düsseldorfer UnterstützerInnenkreises. So locker und entspannt sie alle auch sind, die Entschlossenheit gegenüber den Konzernherren steht deutlich spürbar im Raum: Die Streikenden sind sich ihrer Situation bewusst. Sie wissen, dass sie einem mächtigen Gegner gegenüberstehen und dass der Kampf hart werden wird.
Doch sie wissen auch, sie können den Kampf allein nicht bestehen. Sie brauchen Solidarität! Entsprechend freuen sie sich über den Bericht aus Berlin von der Solidarität der TeilnehmerInnen der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration und der Veranstaltung des DKP-Parteivorstands am Vorabend der Demonstration. Mit großer Freude werden die Informationen aufgenommen über die Soli-Aktionen, mit denen parallel zu ihrer Reise nach Zürich in Berlin die Flugschalter des GG-Hauptkunden, des LTU-Konzerns, in Berlin dichtgemacht werden.
Noch immer sind sie begeistert über die Aktionen der Düsseldorfer und Kölner UnterstützerInnen am 100sten Streiktag, bei denen die LKW´s der Streikbrecher blockiert und sechs Langstreckenflüge nicht mit Lebensmitteln versorgt werden konnten; ein LKW wurde in einer verzweifelten Aktion auf Druck der Geschäftsleitung kaputt gefahren. Durch die unversorgten LTU-Flugzeuge entstand großer Druck auf GATE GOURMET.
Für Gerechtigkeit und Menschenwürde
Die Fotos ihrer Demonstration über das Flughafengelände - ebenfalls am 100sten Streiktag - werden herumgereicht.
Und dann erreicht der Bus den Züricher Flughafen. Die Transparente und Fahnen werden ausgepackt. Unübersehbar das dunkelrote Haupttransparent: "Streik bei GATE GOURMET für Gerechtigkeit und Menschenwürde!"
Noch während des Ausladens biegt ein Demonstrationszug Züricher UnterstützerInnen um die Ecke: "Solidarität mit den Streikenden" lautet die Losung. Die Streikenden applaudieren spontan und gruppieren sich für Erinnerungsfotos unter Hammer und Sichel des Transparentes der UnterstützerInnen.

Daniel Vischer, Gewerkschafter und Mitglied im Schweizer Nationalrat, begrüßt die Düsseldorfer
Foto: NGG
Der GG-Konzern igelt sich ein
Während der Auftaktkundgebung sprechen ein Vertreter der NGG und ein Schweizer Gewerkschaftsvertreter: "Der Kampf gegen das globale Kapital ist nur mit globaler Solidarität zu gewinnen!"
Und los geht es zum Catering-Center des Konzerns. "Wer heute sagt zum Streik noch nein, wird morgen ohne Arbeit sein!" schallen die Sprechchöre über das Firmengelände. Die Züricher Beschäftigten haben Kontaktverbot, kaum jemand wagt ein schüchternes Winken aus dem Fenster, der Eingang ist mit einem scharfen Hund gesichert, die Polizei steht im Hintergrund parat. Eine Soli-Erklärung der Züricher GenossInnen des "Kommunistischen Aufbau Schweiz" wird verlesen und stellt den Zusammenhang mit den derzeit laufenden Streiks bei AEG und den Hafenarbeitern her.
Weiter geht es, die Demonstration zieht über das Flughafengelände zur Europa-Zentrale des GATE GOURMET-Konzerns. "Siegel komm` raus!" fordern die KollegInnen den Boss auf. Doch es zeigt sich nicht. Stattdessen auch hier Kontaktverbot. Niemand wagt auch nur einen Blick aus dem Fenster.
"Euer Kampf ist unser Kampf"
Statt des US-amerikanischen Konzernschefs spricht ein anderer US-Bürger zu den Streikenden, der Vorsitzende der internationalen Lebensmittelgewerkschaft, Ron Oswald: "Trotz meines texanischen Stetson kämpfe ich an eurer Seite gegen Cowboy-Kapitalismus."
Axel Köhler-Schnura spricht für die DKP Düsseldorf und den Düsseldorfer UnterstützerInnenkreis. Unter Beifall stellt er fest: "In diesem Kampf gegen einen übermächtigen Gegner braucht ihr verlässliche FreundInnen, die euch zur Seite stehen. Am Samstag ist es gelungen, die Versorgung mehrerer Langstrecken-Maschinen zu verhindern. Ich denke, ich liege nicht daneben, wenn ich behaupte, dass im weiteren Verlauf eures Streikes noch viele Flugzeuge ohne Lebensmittel auf die Reise gehen werden! Das ist die einzige Sprache, die das Kapital versteht! Euer tapferer Kampf ist unser Kampf! Ihr zieht auch für unsere Rechte und Interessen in den Kampf. Vielen Dank für euren Mut und euren Einsatz!"
Im Bus auf der Heimreise werten die KollegInnen die Aktionen in Zürich als vollen Erfolg. Von den bevorstehenden Verhandlungen erwarten sie nichts. Sie machen sich vielmehr Gedanken, wie sie den Kampf gegen die Blutsauger von TPG ausweiten und eine Demonstration in London vor der Europa-Zentrale von TPG oder gar in Houston vor dem TPG-Headquarter organisieren können....


Möglich wurde die Methode des "Auslutschens und Wegwerfens" von gesunden Belegschaften durch eine Gesetzgebung der rotgrünen Regierung. Der "Genosse der Bosse" Schroeder war es, der den Steuerchef des BAYER-Konzerns in sein Finanzministerium holte und ihn diese (und weitere für das Kapital vorteilhafte bzw. für die Beschäftigten verheerende) Gesetze schreiben ließ. BAYER-Boss Schneider dazu seinerzeit auf Anfrage von Axel Köhler-Schnura auf der BAYER-HV: "Wir haben unseren besten Mann entsandt, er wird es für uns gut richten." Wenn SPD-Chef Müntefering im Wahlkampf über "ausländische Heuschrecken" zu Felde zog, dann erweist sich das vor diesem Hintergrund als blanke Demagogie. Außerdem verschweigt der Sozialdemokrat, dass es auch zahlreiche Unternehmen gibt, die als Dienstleister für deutsche Kapitalisten Unternehmen in aller Welt in gleicher Weise auslutschen.


Der UnterstützerInnenkreis bittet um Blockaden, Blockaden, Blockaden. Blockaden der GATE GOURMET-LKWs sind an allen Flughäfen möglich, aber natürlich auch und besonders hier in Düsseldorf. Am wirksamsten sind die Blockaden zwei Stunden vor Abflug der Langstreckenflüge der LTU. Die Abflugzeiten sind über den Flugplan auf der Internetseite www.ltu.de zu erfahren. Bitte Blockadetermine nur vertraulich im Kreis der Beteiligten absprechen. Vorher unbedingt aktuelle Informationen über Entwicklungen abfragen und berücksichtigen.
Wirksam und gewünscht sind weiterhin alle Maßnahmen gegen die LTU wie Demonstrationen, Sit-ins, Go-ins etc. vor Reisebüros, Flugschaltern usw.
Besonders hilfreich sind gewerkschaftliche Maßnahmen. Fordert und organisiert nach dem BetrVG zulässige "Informationen des Betriebsrates", diskutiert in allen Gewerkschaften über gewerkschaftliche Soli-Maßnahmen. Insbesondere auch solche, die über Briefe und Geldsammlungen hinaus gehen. Neben NGG ist ver.di im Bereich GATE GOURMET verankert. Auch bei verdi sind Soli-Aktivitäten wie "Dienst nach Vorschrift" etc. möglich und dringend nötig.


Flugblatt- und Infotexte gibt es beim UnterstützerInnenkreis Düsseldorf.
Kontakt Düsseldorf
Arbeitsloseninitiative, Hartmut Lohse, Flurstr. 45, 0211 - 66 91 21
EMail axel@koehler-schnura.de
Internet www.gg-streik.net
Besuche:
Streikzelt vor Halle 8a (LTU-Halle) im Frachtbereich des Düsseldorfer Flughafens
Spenden
Axel Köhler-Schnura,
Postbank 18 90 88 850,
BLZ 760 100 85,
Stichwort "GG-Streik"
Bitte über alle Maßnahmen, Aktionen etc. Infos, Fotos etc. an:
axel@koehler-schnura.de
Online-Flyer Nr. 28 vom 25.01.2006
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Inland
Solidarität mit den Streikenden - auch vor der Züricher Konzernzentrale
"GATE GOURMET - wir kommen!"
Von Chr. LeMaan
Eine kleine Belegschaft ist zusammen mit ihrer Gewerkschaft NGG unversehens aus einem Tarifstreit in eine harte Auseinandersetzung um den Kapitalismus an sich geraten: Seit Oktober 2006 stehen die ArbeiterInnen von GATE GOURMET (GG) in Düsseldorf im unbefristeten Streik. Sie brauchen dringend aktive Unterstützung und Solidarität. Hier der Bericht eines Kollegen aus dem UnterstützerInnenkreis über die Reise der Streikenden zum Protest vor der Konzernzentrale in Zürich und die Hintergründe dieses Arbeitskampfes.
Die Redaktion
Montag, 16.Januar, 0.30 Uhr nachts. Am Düsseldorfer Flughafen steht schwach beleuchtet ein Bus. Seltsam weit abseits der Terminals im Dunkel der Frachthallen. Vor Halle 8a. Hier steht das Zelt der Streikenden von GATE GOURMET. Und genau diese steigen zu Dutzenden in den Bus, der um 1 Uhr Kurs auf Zürich nehmen wird. Heute, am 102. Streiktag, ist ein "Besuch" der Zentrale des weltweit zweitgrößten Catering-Konzerns angesagt.
Die KollegInnen sind stinksauer
Die KollegInnen und Kollegen, die nach und nach eintrudeln, sind sauer! Stinksauer! Der Konzern verweigert die Verhandlungen über Tariferhöhungen. Die Forderungen nach einer 4,5%-igen Steigerung der Löhne werden kategorisch abgelehnt und stattdessen der Belegschaft Verzicht abverlangt. Verzicht auf Lohnerhöhung, Verzicht auf Weihnachtsgeld, Verzicht auf Freizeit, Verzicht auf eigene Lebensplanung. Verzicht, Verzicht, Verzicht.
Aber nachdem sich in den vergangenen zwei Jahren die Arbeitsbedingungen derart dramatisch verschlechterten, dass mittlerweile ein Kollege das Tagewerk von ehemals zwei KollegInnen erledigen muss, brachten die unverschämten Forderungen der Konzernleitung das Fass zum Überlaufen. Die Beschäftigten von GATE GOURMET entschieden sich mit 93,8% für Streik.

Vor der Gate Gourmet-Zentrale- Kein Kollege darf raus kommen
Foto: NGG
Der Gegner heißt Raubtierkapitalismus
Einige Wochen nach Streikbeginn kam es zu einer Verhandlungsrunde unter Vorsitz eines Schlichters der Landesregierung. Nach zähen und harten Gesprächen wurde ein Kompromiss gefunden. Doch bereits am nächsten Morgen entzog der "Finanzinvestor" TEXAS PACIFIC GROUP (TPG) aus Houston/Texas, der GATE GOURMET (GG) aufgekauft hatte, dem GG-Management die Verhandlungskompetenz und annullierte dieses Ergebnis kurzerhand. Selbst der CDU-Schlichter war fassungslos. So etwas Abgebrühtes hatte er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt.
Und nicht genug damit: Bei den nächsten Verhandlungen trat GATE GOUREMET nicht mehr allein auf, sondern mit Rechtsanwalt Leuchten aus München, der per Standleitung nach Houston/Texas während der Verhandlung permanenten Kontakt zur TPG hatte. Das "Gespräch" endete mit einem knallharten Affront von Seiten der TPG: "Statt irgendwelcher Lohnerhöhungen, 10% "Kosteneinsparung! Und das sofort!" - RA Leuchten ist übrigens jener berüchtigte Betriebskiller, der für TPG bereits das angesehene Unternehmen GROHE in Deutschland ausgepresst und dort Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet hat.
Und so kam es, dass sich für die kleine aber um so mutigere Düsseldorfer Belegschaft der Tarifstreit unversehens in einen Kampf gegen den Raubtierkapitalismus entwickelte. Statt um Lohnerhöhungen geht es jetzt um den prinzipiellen Widerstand gegen das kapitalistische System und die Unersättlichkeit von Profitvampiren à la TPG.

Ron Oswald - Generalsekretär der Internationalen Lebensmittelarbeitergewerkschaft
Foto: NGG
Wie funktioniert Private Equity Capital
Ca. 300 Menschen besitzen die Hälfte des Weltvermögens. Diese gigantische Kapitalmenge rast permanent rund um den Erdball auf der Suche nach neuen Mehrungsmöglichkeiten. Aktueller Clou, der Profite von 20, 30 und mehr Prozent - nach Steuern, versteht sich! - verspricht, ist das Aussaugen gut funktionierender Firmen wie GROHE bzw. GATE GOURMET. Und das wird organisiert über so genannte Private Equity Fonds wie TPG. Equity Fonds sind Privatfonds, in denen unabhängig vom allgemeinen Banksystem, privates Geld eingesammelt und "investiert" wird.
Und das geht so: Der Fonds kauft vor dem Hintergrund der Milliarden und Abermilliarden seiner privaten Einleger gut gehende Firmen. Dieser Kauf wird nicht als Barkauf deklariert, sondern als Kredit. Die Kaufsumme wird dem gekauften Unternehmen in voller Höhe als Kredit aufgebürdet, den es innerhalb kürzester Zeit incl. sämtlicher anfallender Zinsen etc. tilgen muss. Gleichzeitig müssen natürlich satte - in der Regel zweistellige!! - Profite an die neuen Besitzer abgeführt werden. Sind die Kredite dann getilgt, verkauft der Fonds die Firma weiter - meist zum Mehrfachen des Einkaufspreises, versteht sich. Der Verkaufserlös ist nun in vollem Umfang Netto-Profit, den sich die privaten Kapitalgeber einsacken.
Geld aus den Beschäftigten rauspressen
Auf der Strecke bleiben bei diesem System die Beschäftigten. Sie werden den Kettenhunden von McKINSEY und ROLAND BERGER vorgeworfen, die aus ihnen das Geld für die Tilgung des Kredits, die Zinsen und der gewünschten zusätzlichen Jahresprofite rauspressen. Dabei werden Tausende auf die Straße geworfen, der verbleibende Rest muss das Gesamtvolumen allein bewältigen. Die Arbeitszeiten werden hochgeschraubt, die Löhne und Gehälter gekürzt. Sozialleistungen, Pausenzeiten, Toilettengänge und anderer "überflüssiger Schnickschnack" fallen dem Rotstift zum Opfer.
Doch im Fall von GATE GOURMET am Düsseldorfer Flughafen ging die Rechnung nicht auf. Die KollegInnen traten in den unbefristeten Streik und leisten seit Oktober 2005 erbitterten Widerstand.
Allein ist dieser Kampf nicht zu bestehen
Doch zurück zum Besuch der Konzernzentrale in der Schweiz. Im Bus nach Zürich ist die Stimmung gut. Es wird gekartelt, was das Zeug hält. Keine Spur von Niedergeschlagenheit oder Resignation. Die Frauen und Männer aller Altersgruppen und vieler Nationalitäten scherzen miteinander, tauschen aktuelle Neuigkeiten aus, schauen neugierig in die im Bus ausliegende UZ und lesen das soeben in hoher Auflage erschienene erste Info des Düsseldorfer UnterstützerInnenkreises. So locker und entspannt sie alle auch sind, die Entschlossenheit gegenüber den Konzernherren steht deutlich spürbar im Raum: Die Streikenden sind sich ihrer Situation bewusst. Sie wissen, dass sie einem mächtigen Gegner gegenüberstehen und dass der Kampf hart werden wird.
Doch sie wissen auch, sie können den Kampf allein nicht bestehen. Sie brauchen Solidarität! Entsprechend freuen sie sich über den Bericht aus Berlin von der Solidarität der TeilnehmerInnen der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration und der Veranstaltung des DKP-Parteivorstands am Vorabend der Demonstration. Mit großer Freude werden die Informationen aufgenommen über die Soli-Aktionen, mit denen parallel zu ihrer Reise nach Zürich in Berlin die Flugschalter des GG-Hauptkunden, des LTU-Konzerns, in Berlin dichtgemacht werden.
Noch immer sind sie begeistert über die Aktionen der Düsseldorfer und Kölner UnterstützerInnen am 100sten Streiktag, bei denen die LKW´s der Streikbrecher blockiert und sechs Langstreckenflüge nicht mit Lebensmitteln versorgt werden konnten; ein LKW wurde in einer verzweifelten Aktion auf Druck der Geschäftsleitung kaputt gefahren. Durch die unversorgten LTU-Flugzeuge entstand großer Druck auf GATE GOURMET.
Für Gerechtigkeit und Menschenwürde
Die Fotos ihrer Demonstration über das Flughafengelände - ebenfalls am 100sten Streiktag - werden herumgereicht.
Und dann erreicht der Bus den Züricher Flughafen. Die Transparente und Fahnen werden ausgepackt. Unübersehbar das dunkelrote Haupttransparent: "Streik bei GATE GOURMET für Gerechtigkeit und Menschenwürde!"
Noch während des Ausladens biegt ein Demonstrationszug Züricher UnterstützerInnen um die Ecke: "Solidarität mit den Streikenden" lautet die Losung. Die Streikenden applaudieren spontan und gruppieren sich für Erinnerungsfotos unter Hammer und Sichel des Transparentes der UnterstützerInnen.

Daniel Vischer, Gewerkschafter und Mitglied im Schweizer Nationalrat, begrüßt die Düsseldorfer
Foto: NGG
Der GG-Konzern igelt sich ein
Während der Auftaktkundgebung sprechen ein Vertreter der NGG und ein Schweizer Gewerkschaftsvertreter: "Der Kampf gegen das globale Kapital ist nur mit globaler Solidarität zu gewinnen!"
Und los geht es zum Catering-Center des Konzerns. "Wer heute sagt zum Streik noch nein, wird morgen ohne Arbeit sein!" schallen die Sprechchöre über das Firmengelände. Die Züricher Beschäftigten haben Kontaktverbot, kaum jemand wagt ein schüchternes Winken aus dem Fenster, der Eingang ist mit einem scharfen Hund gesichert, die Polizei steht im Hintergrund parat. Eine Soli-Erklärung der Züricher GenossInnen des "Kommunistischen Aufbau Schweiz" wird verlesen und stellt den Zusammenhang mit den derzeit laufenden Streiks bei AEG und den Hafenarbeitern her.
Weiter geht es, die Demonstration zieht über das Flughafengelände zur Europa-Zentrale des GATE GOURMET-Konzerns. "Siegel komm` raus!" fordern die KollegInnen den Boss auf. Doch es zeigt sich nicht. Stattdessen auch hier Kontaktverbot. Niemand wagt auch nur einen Blick aus dem Fenster.
"Euer Kampf ist unser Kampf"
Statt des US-amerikanischen Konzernschefs spricht ein anderer US-Bürger zu den Streikenden, der Vorsitzende der internationalen Lebensmittelgewerkschaft, Ron Oswald: "Trotz meines texanischen Stetson kämpfe ich an eurer Seite gegen Cowboy-Kapitalismus."
Axel Köhler-Schnura spricht für die DKP Düsseldorf und den Düsseldorfer UnterstützerInnenkreis. Unter Beifall stellt er fest: "In diesem Kampf gegen einen übermächtigen Gegner braucht ihr verlässliche FreundInnen, die euch zur Seite stehen. Am Samstag ist es gelungen, die Versorgung mehrerer Langstrecken-Maschinen zu verhindern. Ich denke, ich liege nicht daneben, wenn ich behaupte, dass im weiteren Verlauf eures Streikes noch viele Flugzeuge ohne Lebensmittel auf die Reise gehen werden! Das ist die einzige Sprache, die das Kapital versteht! Euer tapferer Kampf ist unser Kampf! Ihr zieht auch für unsere Rechte und Interessen in den Kampf. Vielen Dank für euren Mut und euren Einsatz!"
Im Bus auf der Heimreise werten die KollegInnen die Aktionen in Zürich als vollen Erfolg. Von den bevorstehenden Verhandlungen erwarten sie nichts. Sie machen sich vielmehr Gedanken, wie sie den Kampf gegen die Blutsauger von TPG ausweiten und eine Demonstration in London vor der Europa-Zentrale von TPG oder gar in Houston vor dem TPG-Headquarter organisieren können....


Möglich wurde die Methode des "Auslutschens und Wegwerfens" von gesunden Belegschaften durch eine Gesetzgebung der rotgrünen Regierung. Der "Genosse der Bosse" Schroeder war es, der den Steuerchef des BAYER-Konzerns in sein Finanzministerium holte und ihn diese (und weitere für das Kapital vorteilhafte bzw. für die Beschäftigten verheerende) Gesetze schreiben ließ. BAYER-Boss Schneider dazu seinerzeit auf Anfrage von Axel Köhler-Schnura auf der BAYER-HV: "Wir haben unseren besten Mann entsandt, er wird es für uns gut richten." Wenn SPD-Chef Müntefering im Wahlkampf über "ausländische Heuschrecken" zu Felde zog, dann erweist sich das vor diesem Hintergrund als blanke Demagogie. Außerdem verschweigt der Sozialdemokrat, dass es auch zahlreiche Unternehmen gibt, die als Dienstleister für deutsche Kapitalisten Unternehmen in aller Welt in gleicher Weise auslutschen.


Der UnterstützerInnenkreis bittet um Blockaden, Blockaden, Blockaden. Blockaden der GATE GOURMET-LKWs sind an allen Flughäfen möglich, aber natürlich auch und besonders hier in Düsseldorf. Am wirksamsten sind die Blockaden zwei Stunden vor Abflug der Langstreckenflüge der LTU. Die Abflugzeiten sind über den Flugplan auf der Internetseite www.ltu.de zu erfahren. Bitte Blockadetermine nur vertraulich im Kreis der Beteiligten absprechen. Vorher unbedingt aktuelle Informationen über Entwicklungen abfragen und berücksichtigen.
Wirksam und gewünscht sind weiterhin alle Maßnahmen gegen die LTU wie Demonstrationen, Sit-ins, Go-ins etc. vor Reisebüros, Flugschaltern usw.
Besonders hilfreich sind gewerkschaftliche Maßnahmen. Fordert und organisiert nach dem BetrVG zulässige "Informationen des Betriebsrates", diskutiert in allen Gewerkschaften über gewerkschaftliche Soli-Maßnahmen. Insbesondere auch solche, die über Briefe und Geldsammlungen hinaus gehen. Neben NGG ist ver.di im Bereich GATE GOURMET verankert. Auch bei verdi sind Soli-Aktivitäten wie "Dienst nach Vorschrift" etc. möglich und dringend nötig.


Flugblatt- und Infotexte gibt es beim UnterstützerInnenkreis Düsseldorf.
Kontakt Düsseldorf
Arbeitsloseninitiative, Hartmut Lohse, Flurstr. 45, 0211 - 66 91 21
EMail axel@koehler-schnura.de
Internet www.gg-streik.net
Besuche:
Streikzelt vor Halle 8a (LTU-Halle) im Frachtbereich des Düsseldorfer Flughafens
Spenden
Axel Köhler-Schnura,
Postbank 18 90 88 850,
BLZ 760 100 85,
Stichwort "GG-Streik"
Bitte über alle Maßnahmen, Aktionen etc. Infos, Fotos etc. an:
axel@koehler-schnura.de
Online-Flyer Nr. 28 vom 25.01.2006
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