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Lokales
Nationalsozialismus, Juden und Justiz in Köln – Zwei Termine im OLG
Und wer hat profitiert?
Von Eberhard Reinecke
Ein Tag, der die Kölner Justiz veränderte
Am 31. März 1933 waren SA- und SS-Truppen in das Justizgebäude eingedrungen, in dem außer dem Oberlandesgericht, der Generalstaatsanwaltschaft, dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht auch die Zivilkammern und -abteilungen von Land- und Amtsgericht Köln untergebracht waren. Jüdische Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter, Referendare und Justizangehörige waren zusammengetrieben und auf Müllwagen durch die Straßen der Innenstadt gefahren worden. Nach Berichten von Zeitzeugen hatten deren Kollegen das Geschehen – mit wenigen Ausnahmen – offenbar teilnahmslos beobachtet. Weder die Richterschaft noch die Anwaltschaft hatten sich schützend vor ihre jüdischen Berufskollegen gestellt.
OLG Köln – April, April? | Quelle: Kölner Justiz
Im Mittelpunkt des Abends stand die Lesung aus dem Buch von Rechtsanwalt Louis Peters, der selbstständig und eigeninitiativ über viele Jahre die Verfolgung der kommunistischen, sozialdemokratischen und jüdischen Rechtsanwälte dokumentiert hat. Nicht nur die damalige Reaktion der „arischen“ Juristen, sondern auch die Behandlung dieser Rechtsanwälte nach dem Krieg ist Gegenstand der Dokumentation.
Roswitha Müller-Piepenkötter: Die NS-
Ideologie wurde verurteilt, aber …
Quelle: NRW-Landtag
Dr. Rado, Vorstandsmitglied der Synagogengemeinde Köln, richtete ein Grußwort an die Teilnehmer, zuvor hatte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter geäußert. Sicher könnte man auch Ihre Worte unterschreiben: „Eine solche Veranstaltung ist nicht dazu da, uns zu beruhigen. Dann wäre sie nur ein Ritual“, erklärte die Ministerin. „Sie ist vielmehr dazu da, uns immer wieder neu zu beunruhigen. Zu beunruhigen darüber, ob wir die Verpflichtung, aus der Vergangenheit zu lernen, in unserem Denken und Tun erfüllen.“ Angesichts der nationalsozialistischen Vergangenheit und des erschreckenden Versagens der deutschen Justiz in dieser Zeit stelle sich immer wieder die Frage nach den Lehren, die wir gezogen haben, erklärte die Ministerin: „Es ist das kleine, aber entschiedene Nein, das am Ende Gewalt und Willkür eine wirksame Kraft entgegensetzt“ – so die Presseerklärung des Justizministeriums.
Bemerkenswert auch der Hinweis der CDU-Ministerin, dass nach dem Krieg zwar der Nationalsozialismus als Ideologie verurteilt wurde, aber kaum diejenigen, die für seine Durchsetzung in allen Lebensbereichen verantwortlich waren.
„Nur“ Arisierung aber keine Profiteure?
„Böse Taten – keine Täter?“ war dann auch wieder die zentrale Frage des Verfahrens von Alfred Neven DuMont gegen Peter Kleinert und Albrecht Kieser (vergleiche dazu NRhZ 138 und 78), bei dem es weiter um die Grundstücksgeschäfte der Kölner Verlegerfamilie Neven DuMont in der Zeit des Nationalsozialismus ging. Immerhin begann der Vorsitzende mit der bisher von Alfred Neven DuMont immer bestrittenen Feststellung, dass es sich „natürlich“ um „arisierte“ Grundstücke handele. Dies ergäbe sich schon aus den Umständen des jeweiligen Erwerbes beziehungsweise des Eigentumsverlustes der jüdischen Eigentümer. Trotzdem bleibe das Gericht dabei, dass von einem „Arisierungsprofit“ nicht gesprochen werden dürfe.
Alfred Neven DuMont – muss jetzt
immerhin den Arisierungsvorwurf gegen-
über seiner Familie ertragen
Foto: NRhZ-Archiv
Das Kölner Gericht räumte immerhin ein, dass in einer weiteren Instanz (entweder beim Bundesgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht) vielleicht auch ein anderes Ergebnis herauskommen könne. So aber war nach weniger als 30 Minuten die Verhandlung an diesem 1. April beendet. Urteilsverkündung ist am 29. April; ab Anfang Mai dürfte das schriftliche Urteil vorliegen. Dann auch wird man nachlesen können, wie der Gedankengang von „Arisierung – ja“ zu „Profit – nein“ vom Oberlandesgericht begründet wird. (PK)
Louis Peters, „31. 3. 1933 – ein Tag verändert die Kölner Anwaltschaft“, 2. Auflage, Kölner Anwalt Edition (ISBN 978-3-00-024275-5), 60 S., 10 Euro. Die Schrift ist in Buchhandlungen sowie direkt in der Kanzlei des Autors (Tel. 02 21 / 41 40 75) zu beziehen.
Startbild unter Verwendung eines Fotos von Jan von Broeckel | pixelio.de
Online-Flyer Nr. 141 vom 09.04.2008
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Nationalsozialismus, Juden und Justiz in Köln – Zwei Termine im OLG
Und wer hat profitiert?
Von Eberhard Reinecke
Ein Tag, der die Kölner Justiz veränderte
Am 31. März 1933 waren SA- und SS-Truppen in das Justizgebäude eingedrungen, in dem außer dem Oberlandesgericht, der Generalstaatsanwaltschaft, dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht auch die Zivilkammern und -abteilungen von Land- und Amtsgericht Köln untergebracht waren. Jüdische Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter, Referendare und Justizangehörige waren zusammengetrieben und auf Müllwagen durch die Straßen der Innenstadt gefahren worden. Nach Berichten von Zeitzeugen hatten deren Kollegen das Geschehen – mit wenigen Ausnahmen – offenbar teilnahmslos beobachtet. Weder die Richterschaft noch die Anwaltschaft hatten sich schützend vor ihre jüdischen Berufskollegen gestellt.
OLG Köln – April, April? | Quelle: Kölner Justiz
Im Mittelpunkt des Abends stand die Lesung aus dem Buch von Rechtsanwalt Louis Peters, der selbstständig und eigeninitiativ über viele Jahre die Verfolgung der kommunistischen, sozialdemokratischen und jüdischen Rechtsanwälte dokumentiert hat. Nicht nur die damalige Reaktion der „arischen“ Juristen, sondern auch die Behandlung dieser Rechtsanwälte nach dem Krieg ist Gegenstand der Dokumentation.
Roswitha Müller-Piepenkötter: Die NS-
Ideologie wurde verurteilt, aber …
Quelle: NRW-Landtag
Bemerkenswert auch der Hinweis der CDU-Ministerin, dass nach dem Krieg zwar der Nationalsozialismus als Ideologie verurteilt wurde, aber kaum diejenigen, die für seine Durchsetzung in allen Lebensbereichen verantwortlich waren.
„Nur“ Arisierung aber keine Profiteure?
„Böse Taten – keine Täter?“ war dann auch wieder die zentrale Frage des Verfahrens von Alfred Neven DuMont gegen Peter Kleinert und Albrecht Kieser (vergleiche dazu NRhZ 138 und 78), bei dem es weiter um die Grundstücksgeschäfte der Kölner Verlegerfamilie Neven DuMont in der Zeit des Nationalsozialismus ging. Immerhin begann der Vorsitzende mit der bisher von Alfred Neven DuMont immer bestrittenen Feststellung, dass es sich „natürlich“ um „arisierte“ Grundstücke handele. Dies ergäbe sich schon aus den Umständen des jeweiligen Erwerbes beziehungsweise des Eigentumsverlustes der jüdischen Eigentümer. Trotzdem bleibe das Gericht dabei, dass von einem „Arisierungsprofit“ nicht gesprochen werden dürfe.
Alfred Neven DuMont – muss jetzt
immerhin den Arisierungsvorwurf gegen-
über seiner Familie ertragen
Foto: NRhZ-Archiv
Louis Peters, „31. 3. 1933 – ein Tag verändert die Kölner Anwaltschaft“, 2. Auflage, Kölner Anwalt Edition (ISBN 978-3-00-024275-5), 60 S., 10 Euro. Die Schrift ist in Buchhandlungen sowie direkt in der Kanzlei des Autors (Tel. 02 21 / 41 40 75) zu beziehen.
Startbild unter Verwendung eines Fotos von Jan von Broeckel | pixelio.de
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