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Lokales
Kölner Stadt-Anzeiger lobt „Widerstand von unten“
Und was dahinter steckt
Von Peter Kleinert

Man glaubt es kaum: Der Kölner Stadt-Anzeiger lobt in seiner Ausgabe vom 14. Februar den „Widerstand von unten“ – ausgerechnet den vor 13 Jahren begonnenen Widerstand gegen die durch Korruption entstandene Kölner Müllverbrennungsanlage (MVA) und deren Folgen. Vorsichtshalber wird der per Überschrift als „Eine Stimme des Bürgerprotests“ mit Recht gelobte MVA-Gegner Rainer Zinkel (64) aber nicht im Zusammenhang mit der „Kölner Interessengemeinschaft Müllvermeidung statt Müllverbrennung“ KIMM erwähnt. Dafür gibt es offenbar Gründe.
 
„Gestern wurde…Rainer Zinkel, Vorsitzender der Bürgerinitiative ’Wohnen und Umwelt im Kölner Norden’…als Zeuge im Prozess gehört, der sich gegen die ehemaligen Kölner SPD-Schwergewichte Klaus Heugel und Norbert Rüther richtet“, heißt es in dem KStA-Bericht. „Beide sind unter anderem der Bestechlichkeit angeklagt: Sie sollen maßgeblich daran mitgewirkt haben, eine Großspende von Abfallentsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens für den Oberbürgermeister-Wahlkampf von Heugel daran zu koppeln, die Zustimmung der SPD-Ratsfraktion zur Teilprivatisierung der städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe anzubahnen.“ Und weiter: Zinkel „präsentierte einen chronologischen Abriss der Bemühungen der Bürgerinitiative, die lange vor der Zeit einsetzten, als der Korruptionsskandal um die Müllverbrennungsanlage (MVA) in Niehl publik wurde.“ 
 
COLONIA CORRUPTA
 
„Vergessen“ hat der Autor „cs“ in seinem Bericht - oder es wurde ihm vom  verantwortlichen Redakteur gestrichen -, dass Rainer Zinkel und seine Freunde von der KIMM seit 1995 publizistische Unterstützung für ihren Kampf gegen die MVA und die damit verbundene Korruption weniger vom Kölner Stadt-Anzeiger, sondern von unserem Autor Werner Rügemer in alternativen Lokalblättern und im WDR bekommen hatten, während der Verlag des Kölner Ehrenbürgers Alfred Neven DuMont einiges tat, um Hellmut Trienekens MVA-Pläne zu unterstützen. Hier ein paar Beispiele für die Beteiligung seines Verlags in diesem Bereich von „COLONIA CORRUPTA“ – so auch der passende Titel des im Dampfboot-Verlag erschienenen Buches von Werner Rügemer.  


Werner Rügemer vor dem Oppenheim-Palais
Buchautor Werner Rügemer – berichtete seit 1995 über
den MVA-Skandal | Foto: Arbeiterfotografie

Neven DuMont beschwert sich bei Rau
 
MVA-Schirmherr Neven DuMont, wie ich ihn deshalb in der Obdachlosen-Zeitung QUERKOPF ungestraft nannte, beschwerte sich schon im Frühjahr 1996 beim damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau über dessen grüne Umweltministerin Bärbel Höhn. Seine Begründung (er war damals auch Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer): Höhn wolle aus politischen Gründen den Bau der MVA verhindern; sie halte sich nicht an geltendes Recht.
 
Keine Anti-MVA-Anzeige von KIMM
 
Als die MVA-Gegner ihre Argumente gegen die MVA durch eine Anzeige im KStA publik machen wollten, erhielten sie von Neven DuMonts Anzeigenabteilung am 21. Februar 1995 erhielten sie ein bei "normalen" Anzeigen nicht übliches Formular zur Unterschrift vorgelegt. Darin sollten sie sich unabhängig vom üblichen Anzeigenpreis zusätzlich verpflichten, die Kosten einer möglichen Gegendarstellung der MVA-Befürworter ebenfalls zu bezahlen. Ergebnis: die KIMM verzichtete auf den Abdruck ihrer Anzeige durch deren Veröffentlichung im KStA sie möglicherweise die geschmierte Auftragsvergabe für den Bau der MVA zugunsten der Firmen Steinmüller/Holzmann AG und Trienekens, den daraus resultierenden und heute noch die Gerichte beschäftigenden SPD-Spendenskandal und die saftige Erhöhung der Müllgebühren hätten verhindern können.


Alfred Neven Dumont
Alfred Neven DuMont – einer der Helden in „COLONIA CORRUPTA”
Foto: Arbeiterfotografie

Aber Anzeigen von der AVG
 
Honoriert wurde der Verlag für Neven DuMonts MVA-Engagement und den „Verlust“ der KIMM-Anzeige 1996 durch großflächige Anzeigen der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln mbH (AVG), mit deren Hilfe es der AVG gelang, die Proteste von Rainer Zinkels Bürgerinititative KIMM öffentlichkeitswirksam zu kontern.
 
Gegendarstellung in der SZ

Über die Ablehnung der KIMM-Anzeige berichtete mit einiger Verspätung die Süddeutsche Zeitung. Dem folgte am 17. April 2002 prompt eine Gegendarstellung von Alfred Neven DuMont persönlich. Zitat: „Die Anzeige wurde nicht veröffentlicht, weil die Initiative nicht bereit war, den der geltenden Preisliste entsprechenden Preis zu zahlen.“
 
AVG-Anzeigen redaktionell verinnerlicht
 
Kurzfassungen der gewinnbringenden AVG-Anzeigen hingegen machte die KStA-Lokalredaktion sich immer mal wieder zur eigenen journalistisch unabhängigen Meinung in Berichten und Kommentaren – zum Beispiel mit Sätzen wie „Jede Bauverzögerung kostet die Gebührenzahler Millionen.“ 
 
Wächterpreis als Lohn
 
In der KStA-Jubiläumsausgabe zum 200sten Geburtstag des Medienkonzerns am 7.Juni 2002 rühmte sich die Redaktion unter der Schlagzeile „Ein Anruf – und da haben wir den Skandal“, sie habe im Zusammenhang mit dem „Milliardending Müllverbrennungsanlage“ durch „geballte Informationen“ dafür gesorgt, „dass acht Wochen später in der Kölner SPD-Fraktion kein Stein mehr auf dem anderen liegt“. Ergebnis: Am 6. Mai 2003 konnte der KStA stolz berichten, dass drei seiner Redakteure im „Frankfurter Römer“ mit dem renommierten Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet wurden – für ihre „konsequente und aufdeckende Berichterstattung“ im Zusammenhang mit der Kölner SPD-Spendenaffäre und dem MVA-Skandal.



Müllverbrennungsanlage Köln – beschäftigt immer noch die Gerichte
Quelle: www.ecoling.ch
 
Werner Rügemer, der seit 1995 in Stadtrevue, Kölner Volksblatt und Kölner Woche – der gedruckten Vorgängerin unserer online-NRhZ – jahrelang immer wieder neue Details über die „typisch korruptive Situation“ vor der Genehmigung des Milliardenprojekts veröffentlicht hatte, ging natürlich leer aus. Schließlich wird der Wächterpreis von der Stiftung „Freiheit der Presse“ verliehen, die wiederum vom Verband Hessischer Zeitungsverleger getragen wird. Und KStA-Verleger Alfred Neven DuMont war ja nun mal Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger. (PK)

Werner Rügemers „COLONIA CORRUPTA“ – erscheint bereits in der 5. Auflage

Online-Flyer Nr. 134  vom 20.02.2008

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