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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Lokales
Kostenloses Gegengutachten, das Kölns OB wohl noch nicht kennt:
Bürgerbegehren zulässig
Von Peter Kleinert

„Bürgerbegehren unzulässig“ schlagzeilte der Kölner Stadt-Anzeiger ganz im Sinne von Oberbürgermeister Schramma, nachdem der am 18. Januar den Medien mitgeteilt hatte, dass ihm das per Unterschriften bestätigte Nein von fast 38.000 BürgerInnen zum teuren und umweltzerstörenden Ausbau des Godorfer Hafens im Naturschutzgebiet Sürther Aue schnurzpiepegal ist. Dass ein von der Aktionsgemeinschaft „Contra Hafenausbau“ angekündigtes juristisches Vorgehen gegen dieses Diktat des OB beste Chancen zu haben scheint, las man in dessen Sprachrohr nicht. Dabei liegt der Redaktion der entsprechende Hinweis eines angesehenen Kölner Immobilienexperten vor.
Der Mann ist Dr. Klaus Feinen, Professor ehrenhalber wie Ehrenbürger Alfred Neven DuMont und widerspricht in den wesentlichen Punkten einem Gutachten, das die Stadtspitze für viel Geld der Steuerzahler beim Aachener Anwalt Friedel Erlenkämper in Auftrag gegeben hatte. Nach dessen Darstellung sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Gemeindeordnung für ein Bürgerbegehren nicht erfüllt. In NRW seien Bürgerbegehren ausdrücklich ausgeschlossen bei „Angelegenheiten“, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens entschieden würden. Außerdem würde dadurch die „Unternehmensfreiheit“ der Häfen und Güterverkehr AG (HGK AG) eingeschränkt.
 
Zweifel am Sachverstand
 
Klaus Feinen ist ganz anderer Meinung: „Der Gutachter kann keinen analogen Fall für sein Ergebnis heranziehen. Er spekuliert und schreibt dann

Klaus Feinen – demontiert
Schrammas Gutachter
auch bei der Bewertung seiner mit vielerlei Urteilen und Bemerkungen versehenen einzelnen Themen in der Zusammenfassung zu Recht immer ‚nach Auffassung des Verfassers’. Das heißt“, so Feinen, „es wäre eine Pflichtverletzung durch den Rat der Stadt Köln, wenn er allein aufgrund dieses wirklich einseitigen Gutachtens einen Beschluss über die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Kein Ausbau des Godorfer Hafens“ treffen würde, ohne andere Rechtsauffassungen heranzuziehen.“

Die „Unternehmensfreiheit“ der HGK AG, auf die Erlenkämper pocht, sei bei diesem „quasi-öffentlichen Betrieb“ auch ohne Bürgerbegehren nicht vorhanden, weil der Betrieb „wirklich von den politischen Entscheidungsträgern aus dem Rat der Stadt Köln ‚beherrscht’ wird“. Dies mit der üblichen privatrechtlichen „Unternehmensfreiheit“ zu vergleichen sei „sogar eine Chuzpe“ und lasse ihn heftig am Sachverstand des Verfassers zweifeln. Ihm jedenfalls sei „nicht bekannt, dass die Stadt Köln kein Mehrheitsgesellschafter der HGK AG mehr ist“ und ihre „faktischen Unternehmensführungstätigkeiten wie eine unmittelbare kommunale Veranstaltung nicht mehr ausübt“. 

Beispiel Kölner Bäder GmbH
 
Aktuell verweist Klaus Feinen auf die Kölner Bäder GmbH, bei der der Rat „ja auch einen Beschluss des Aufsichtsrates, die Bäder in Rodenkirchen, Nippes und Weiden zu schliessen“ - nach massiven Protesten der BürgerInnen -, „durch einen einfachen Beschluss zu 100% kassiert hat“. Und, fragt er ironisch: „Wie ist es bei der KölnMesse GmbH? Wie hier über Nacht die Politik - durch den Stadtrat beschlossen - Investitionen ‚befiehlt’ und Führungskräfte ‚entlässt’, ist ja jedermann noch bekannt.“ Auch die Eingriffe der Politik in die „Unternehmensfreiheit“ der Westdeutschen Landesbank AG konterkarierten Gutachter Erlenkämpers Argumente zu hundert Prozent. Zu Erlenkämpers Argument „Planfeststellungsverfahren“ verweist Klaus Feinen auf ein erfolgreiches Bürgerbegehren gegen den von einem Stadtrat beschlossenen Bau einer Gesamtschule und richtet sich, nachdem er mit diesen Gegenbeweisen das Gutachten demontiert hat, an Medien wie den Kölner Stadt-Anzeiger, dem er sein kostenloses „Gegengutachten“ auch zukommen ließ:

„Pflicht der Presse“
Es sei „die Pflicht der Presse, die Öffentlichkeit über eindeutige Unzulänglichkeiten und die sehr persönlichen Wertungen durch den Verfasser des Gutachtens zum Bürgerbegehren…zu informieren und mindestens zwei weitere Gutachten einzufordern, bevor der Rat der Stadt Köln in solch einer die Demokratie betreffenden wichtigen Frage eine Entscheidung trifft.“

Und diese Entscheidung der Kölner Ratsmitglieder könne am 29.Januar nur ein Nein zur Beschlussvorlage des OB sein, es sei denn, sie legten es darauf an „ihre politische Glaubwürdigkeit zu verlieren“.


OB Schramma – will die Sürther Aue zugunsten der Wirtschaft zerstören
Foto: NRhZ-Archiv
 
„Die Strafprozesse laufen heute noch“
 
Wenigstens die Grünen im Kölner Rat, die die Aktionsgemeinschaft „Contra Hafenausbau“  von Anfang an beim Kampf um den Erhalt des einmaligen Naturschutzgebietes im Kölner Süden unterstützten, werden Feinen folgen. Jörg Frank, ihr Fraktionsgeschäftsführer: Der Hafenausbau sei nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomischer Unfug, weil Godorf den heutigen Anforderungen an moderne Logistik nicht gerecht werden könne und die Steuerzahler dauerhaft belasten werde. Schramma stelle sich mit seiner Rechtsauffassung „in die unselige Tradition des früheren Oberstadtdirektors und heutigen Esch-Oppenheim-Managers Lothar Ruschmeier. Demnach können die Kölner BürgerInnen so viele erfolgreiche Bürgerbegehren initiieren wie sie wollen, letztlich werden sie von der Verwaltungsspitze immer mit dem Knüppel juristischer Unzulässigkeit ausgebremst. Dies nahm mit dem ersten Bürgerbegehren gegen die Müllverbrennungsanlage seinen unrühmlichen Anfang. Wie es endete, weiß jeder. Die Strafprozesse laufen heute noch.“ (PK)


Der heimische „Regenwald” und darunter ein sehr schöner Fahrradweg durch die Sürther Aue – das Alles soll zerstört werden!

Beide Fotos: Christine Trewer und Dietmar Putscher

Online-Flyer Nr. 130  vom 23.01.2008

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