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Aktueller Online-Flyer vom 19. August 2025  

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Kultur und Wissen
Vor der Bundestagsabstimmung über den Abriss des Berliner "Palastes"
Künstler lasst das Jammern sein!
Von Fred Schierlinge

Eine Kunsthalle für Berlin stand zu Weihnachten und darüber hinaus auf dem Wunschzettel der Berliner Kunstschaffenden. Statt auf Wunscherfüllung von Oben zu warten, ergriffen sie die Initiative und zum Telefonhörer und organisierten per Rundruf in der Szene die Kunstausstellung "White-Cube" im "Palast der Republik" Nach den Plänen der Bau-Senatorin Junge-Reyer soll dieser ja bis Ostern 2007 abgetragen und durch einen Rasen ersetzt werden. Endgültig über den Abriss wird am 18. Januar der Bundestag entscheiden.

Die "White-Cube" Ausstellung - förmlich aus dem Nichts entstanden - ist seit dem 31. Dezember zwar Vergangenheit, wurde aber selbst von den "großen Medien" überaus wohlwollend besprochen. "Das Ausstellungswunder" titelte die FAZ am 22.12.05. Ob aber Idee und Forderung nach einem Ausstellungsraum für aktuelle Kunst ebenfalls Vergangenheit sind, wird die Zukunft zeigen. Die KünstlerInnen fordern dafür den Erhalt dieses Relikts der sozialistischen DDR, das wegen Asbest-Belastung, so eine Begründung, oder wegen des Symbolcharakters, so eine andere Deutung, von der Platte gefegt werden soll. Sie wollen den "Palast" bis auf weiteres als Kunsthalle nutzen können. Finanziert von der öffentlichen Hand, aber ohne Kontrolle durch dieselbe. So edel wird die öffentliche Hand aber nicht sein.

"White-Cube" im "Palast der Republik"
"White-Cube" im "Palast der Republik"
Foto: Stefan Maria Rother



"Was danach kommt, steht in den Sternen" wandte sich auch die Berlin-Beauftragte der LINKS-Partei, Petra Pau, an die Öffentlichkeit. Es bleibe "offenbar beim ideologischen Abriss-Motto: "Hau weg den Scheiß und Gras darüber!" Klug sei das nicht, nicht souverän und auch nicht weitsichtig. Denn: "Es gibt kein Geld für einen Neubau und es gibt kein Konzept für eine öffentliche Nutzung des Areals."

Unerwartete Unterstützung fanden Künstler und LINKS-Partei nun auch bei der IG Bau-Agrar-Umwelt. Die Firma, die der Senat mit dem Abriss beauftragen will, habe in der Vergangenheit gegen das so genannte Entsendegesetz verstoßen, indem die vorgeschriebenen Mindestlöhne unterschritten wurden. Die Linke fordert deshalb eine öffentliche Erläuterung des Angebots, um sicher zu stellen, "dass vorgeschriebene Mindestlöhne nicht planmäßig und mit Wissen und Unterstützung der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unterschritten werden".

Trotz dieser Widerstände scheint der Abriss unvermeidlich, hatte sich doch der Bundestagskulturausschuss im Dezember 2005 gegen die Stimmen der Grünen und der Linken dafür ausgesprochen. Frage ist nur: Was passiert anschließend? Die Wünsche und Pläne für eine Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses, das 1950 aus dem Zentrum Ostberlins gesprengt wurde, sind nicht finanzierbar. Das weiß nicht nur Petra Pau, sondern auch der Berliner Finanzsenator.

Seit zwölf Jahren hat Berlin keine Kunsthalle
Seit zwölf Jahren hat Berlin keine Kunsthalle
Foto: Stefan Maria Rother



Wenn der "Palast" tatsächlich weichen muss - was spricht dagegen, danach einen "White Cube" für kleines Geld auf dem Rasen zu errichten? Ein oder zwei seriöse Bauunternehmen würden gewiss mit Kalksandsteinen und Mörtel weiterhelfen oder gar einen Teil der Baukosten sponsern, denn die ideelle Gegenleistung wäre immens. Die FAZ würde in Schlagzeilen von einem "achten Kunstwunder" sprechen, und die übrigen Medien würden in den Beifall einstimmen. Dafür müssten allerdings auch die Künstler einen entsprechenden Teil der Finanzierung für einen neuen Würfel sicherstellen, den sie dann nach eigenem Gusto nutzen könnten. Und wenn es ihnen ernst ist, lassen sie das Jammern und krempeln, wie schon bei der Organisation der "White-Cube-Ausstellung" geübt, die Ärmel hoch und verändern die eingefahrenen Spielregeln.

Wenn Sie mehr über "White-Cube" wissen wollen:
www.white-cube-berlin.de



Online-Flyer Nr. 26  vom 11.01.2006

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