NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 26. April 2024  

zurück  
Druckversion

Globales
George W. Bush will „Systemwechsel“ in Kuba finanzieren
Gegen Kuba und die Welt
Von Harald Neuber

Als „kompromisslose Rede“ hatte ein Sprecher des Weißen Hauses US-Präsident George W. Bushs erste Ansprache zur Kuba-Politik Washingtons seit vier Jahren angekündigt. Die Aufmerksamkeit der Medien war Bush also sicher, als er am 24. Oktober vor geladenen Vertretern rechter kubanischer Exilorganisationen einen „Freiheitsfonds“ für Kuba ankündigte. Gemeinsam mit anderen Staaten wolle er eine Milliarde US-Dollar für den „Wiederaufbau“ Kubas anlegen lassen. Die Gelder sollen aber erst nach einem Systemwechsel in Havanna freigegeben werden.
Fidel Castro agencia Brasil Castro: Als wolle er „Ojo!" sagen –
(Holzauge sei wachsam)
Foto: Agencia Brasil
Zugleich wandte sich Bush an kubanische Polizisten, Soldaten und Funktionäre. Sie müssten Stellung beziehen, wenn sich das Volk gegen das „Regime“ erhebe. Dass dies geschehe, ist nach Ansicht des US-Präsidenten nur eine Frage der Zeit, denn: „Das sozialistische Paradies ist ein tropischer Gulag“.


Der Aufruf an die bewaffneten Kräfte im Karibikstaat traf in Havanna erwartungsgemäß auf scharfe Kritik. Bush versuche offenbar, einen gewaltsamen Umsturz zu befördern, sagte Außenminister Felipe Pérez Roque kurz nach der Washingtoner Rede auf einer Pressekonferenz in Havanna. Der US-Präsident stelle damit „das Ausmaß an Frustration, Enttäuschung und Hass“ unter Beweis, das ihn beherrsche, wenn er über Kuba spreche, so Roques Kommentar. Allerdings nehme man in Havanna auch von dem zunehmend aggressiven Tonfall in Washington Notiz.

Auf Kritik stieß die Stellungnahme Bushs indes auch in Brüssel. Der Europaabgeordnete für die spanische Vereinigte Linke, Willy Meyer, bezeichnete die verbalen Angriffe gegen Kuba als „Anmaßung gegenüber den Vereinten Nationen“. Schließlich hätten sich im vergangenen Jahr 1983 Mitglieder der UNO gegen die US-Blockade ausgesprochen, die Bush in seiner Rede verteidigt hatte.

                
Dennoch ging es bei Bushs indirektem Aufruf zum Umsturz nur zweitrangig um Kuba: Die wahren Adressaten der Rede sind in den USA zu finden. Die dort gut organisierten US-Kubaner sollen zu Beginn des Wahlkampfs an die Republikanische Partei gebunden werden, die bei den antikommunistischen Gruppen des Exils von jeher als Garant einer kompromisslosen Linie gegenüber Havanna gilt. Zu dieser Strategie gehörte, dass Bush den von der oppositionellen Demokratischen Partei dominierten Kongress angriff. Ihm warf er indirekt vor, auf ein Ende des „Embargos“ hinzuarbeiten, wie die völkerrechtswidrige Blockade in den USA genannt wird. So wird in Washington seit fast fünfzig Jahren mit Kuba Wahlkampf geführt.


Brauen sich dunkle Wolken über Havanna zusammen?
Foto: Man-u, Wikipedia


Dass es Caleb McCarry, dem Kuba-Beauftragten der USA, zukam, nach der Rede Bushs Kubas Alliierten Venezuela anzugreifen, zeigt die Erweiterung dieses Konzepts. Denn neben dem kubanischen Exil sammeln sich in Miami seit Jahren auch die Gegner der venezolanischen Regierung, um den Kampf – nach ihren Niederlagen im eigenen Land – aus dem US-Exil heraus fortzuführen. Wie im Fall Kubas bildet diese Auslandsgemeinde zunehmend eine Symbiose mit der US-Elite. Beide Gruppen stützen sich gegenseitig, finanziell und politisch.

Women in cuba agencia brasil
Junge Kubanerinnen gehen nach links...     
Foto: Agencia Brasil
Was Kuba betrifft, verbirgt sich hinter Bushs Politfolklore zugleich aber ein Problem, das über Washington hinaus Bestand hat. Denn nicht nur in den USA wird die kubanische Revolution bis heute als eine Art Oligarchen- herrschaft wahrgenommen. Beraube man sie ihrer Köpfe, dann stürze auch das System, so der Trugschluss. Diese ahistorische Sicht missachtet, dass die kubanische Revolution aus einem antikolonialen Kampf heraus entstanden ist, der sich zunächst gegen die spanischen Besatzer und dann gegen deren US-amerikanischen Erben wandte.

Eine neokoloniale Politik, wie sie von Bush und Teilen des kubanischen Exils verfochten wird, hat schon von daher keine Aussicht auf Erfolg. Doch den braucht sie auch nicht. Denn der Feldzug gegen den kubanischen Sozialismus erfüllt mit seinen millionenschweren Fonds in den USA inzwischen einen Selbstzweck. Für Washington ebenso wie für die Exilorganisationen in Miami. (CH)


Online-Flyer Nr. 119  vom 31.10.2007

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE