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Lokales
SSK-Demo im Arbeitsamt und beim Möbelverbund
"Gegen Arbeitszwang und Billiglohn!"
Von Peter Kleinert
"Gemein für uns und nützlich für die, die dran verdienen" hatte die Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) ihr Flugblatt überschrieben. Verteilt wurde es im Foyer des Kölner Arbeitsamtes bei einem Protest gegen die ARGE, und "gegen die großen Schweinereien, die hier betrieben werden". Am Samstag danach veranstaltete der Möbelverbund in der Mülheimer Stadthalle seine jährliche Möbelmesse. Die SSK-Gruppen und andere GegnerInnen von 1EURJobs nutzten die Gelegenheit, die BesucherInnen "über diese Art von Zwangsarbeit im Möbelverbund aufzuklären". Einige MitarbeiterInnen des Möbelverbunds reagierten gereizt. Ansonsten fand die Kritik viel Zustimmung.
Parolen auf SSK-Möbeln im Arbeitsamt
Das Foyer des Arbeitsamtes wurde während der SSK-Aktion mit parolenträchtigen Möbeln aus dem Bestand der SSK und mit Transparenten neu eingerichtet. ARGE-Chef Ludwig kam zwar der Aufforderung, aus dem 10. Stock nach unten zu kommen und sich der Diskussion mit den protestierenden Gruppen und den Arbeitslosen zu stellen, nicht nach; er befand sich "in einer Besprechung". Immerhin sah die Arbeitsamtsleitung von Polizeieinsätzen und ähnlichen Skandalen ab, sodass die SSKlerInnen in Ruhe ihre Flugblätter an die zahlreichen Schlange stehenden Arbeitslosen verteilen konnten.

SSK-Lkw vor Möbelverbundmesse
Handy-Foto: SSK
"Arbeitsplätze hat die ARGE bekanntlich nicht zu vermitteln. Also hält sie die Arbeitslosen anders auf Trab, mit unsinnigen Maßnahmen und mit den berüchtigten 1EURJobs", heißt es in dem Flugblatt. "Die sind für viele die einzige Möglichkeit, zum miesen ALG II noch paar Euro dazuzuverdienen. Und außerdem Zwangsarbeit: bei Weigerung droht Kürzung. Unter diesem Druck schafft die ARGE in Köln tausende von ArbeiterInnen zweiter Klasse - ohne Rechte, ohne Perspektive, und billig. Unfreiwillig werden sie zur Konkurrenz für andere ArbeiterInnen in den Bereichen, in denen sie eingesetzt werden. Denn das ganze Gerede von der Zusätzlichkeit der Arbeiten ist Blödsinn. Seit es "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" gibt, zeigt die Erfahrung: wo sie stattfinden, werden reguläre Arbeitsstellen abgebaut und Löhne gesenkt - im Grünflächenbereich, bei der Müllentsorgung, in Altenheimen, überall. Wird Zeit, dass wir uns zusammentun: Gegen Arbeitszwang und Billiglohn!"
Unabhängige Lebensgrundlage gefährdet
Von der staatlich betriebenen Lohnsenkung sei auch die SSK betroffen: "Seit mehr als 30 Jahren leben wir von Umzügen, Entrümpelungen und dem Verkauf von Gebrauchtmöbeln und anderen Fundstücken." Entstanden ist das Projekt Anfang der 70er Jahre mit Jugendlichen, die vor der staatlichen "Fürsorge" aus den Heimen abgehauen waren und sich - unterstützt von engagierten SozialarbeiterInnen - mit einer eigenen Firma eine unabhängige Lebensgrundlage geschaffen hatten.

SSK-Demo vor dem Arbeitsamt
Handy-Foto: SSK
"Der SSK hat Häuser besetzt, viele Menschen aus den Klauen der Psychiatrie befreit und Menschen aus anderen Ländern unterstützt, die von Staats wegen "illegal" sind. Wir mischen nach wie vor von unten in der Kölner Politik mit und versuchen, unser Zusammenleben und die Arbeit so gleichberechtigt wie möglich zu organisieren, ohne Chefs und Zwang.". In der Vergangenheit konnte die SSK mit Umzugs-Aufträgen und Möbellagern genug erwirtschaften, um das Projekt am Laufen zu halten. In den letzten Jahren mache sich jedoch die verschärfte Konkurrenz bemerkbar: "Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen, ihre Arbeitskraft zu Hungerlöhnen zu verkaufen. In den Straßen tauchen Werbezettel auf, die Umzüge zu Billigstpreisen anbieten. Kunden springen nach unserem Kostenvoranschlag ab, weil andere das billiger machen. Und diese anderen sind nicht nur Private, die sich als Ich-AG durchschlagen, oder die KollegInnen aus anderen Ländern, die hier für paar Euro Stundenlohn ausgebeutet werden. Es sind zunehmend Lohnkosten, die vom Staat bezahlt werden."
"Betreiber der Beschäftigungsprojekte profitieren"
Die durch 1EURJobs von der ARGE unterstützte Konkurrenz sieht der SSK vornehmlich im "Möbelverbund", dessen Möbelmesse deshalb die am darauf folgenden Wochenende durchgeführte Demonstration galt. Nach Darstellung des SSK schickt die ARGE in diesen "Zusammenschluss von Möbellagern, den die Stadt erfunden hat, um SozialhilfeempfängerInnen mit Gebrauchtmöbeln abspeisen zu können und weitere Einsatzorte für ihren "Zweiten Arbeitsmarkt" zu schaffen, 120 1EURJobberInnen". Im Möbelverbund sind, laut SSK, "MüTZe, HoSe, BfO, Emmaus, De Flo, Zug um Zug und SSM" zusammengeschlossen. Diese Betreiber der Beschäftigungsprojekte profitierten mit an den 1EURJobs. Pro beschäftigten Arbeitslosen bekämen sie 685 Euro.

SSK-Möbel im AA-Foyer
Handy-Foto: SSK
Fazit des auch beim Möbelverbund in der Stadthalle verteilten SSK-Flugblatts: "Die Arbeitslosen, die dafür ein halbes Jahr lang Möbel schleppen dürfen, sehen davon fast nichts. Das meiste Geld fließt in die Finanzierung der Stellen von Sozialarbeiterinnen und Betreuern, die die Arbeitslosen verwalten und den Arbeitszwang gegen sie durchsetzen. Gleichzeitig organisieren sie die Billigkonkurrenz auf dem Markt, denn von den Kunden brauchen diese Entrümpler nicht mehr viel zu verlangen - ist ja alles schon aus öffentlichen Geldern bezahlt. Auf der Strecke bleiben könnten dabei die Selbsthilfegruppen, die dieselbe Arbeit seit Jahrzehnten selbstorganisiert machen."
SSM: "Keine Zwangsbeschäftigung durch 1-Euro-Jobs!"
Die NRhZ-Redaktion bietet den im "Möbelverbund" zusammen geschlossenen Initiativen an, in der nächsten Ausgabe des Online-Flyers auf diese Vorwürfe zu antworten. Rainer Kippe hat dies für die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) bereits getan: "Abgesehen von dem Wort Zwangsarbeit, das ich anhand der historischen Vorbilder NS-Staat und Stalinismus für 1-Euro- Jobber etwas zu hoch gegriffen halte, und abgesehen von der Tatsache, dass die SSKlerInnen wissen, dass im Möbelverbund und auf der Möbelmesse auch Gruppen ausstellen, die KEINE 1- Euro-"Zwangsarbeiter" beschäftigen, finde ich das Flugblatt gut. Besonders gefällt mir der Vergleich mit Kinderarbeit, Genfood und Tropenholz. Ich denke an ein Gütesiegel: Keine Zwangsbeschäftigung (1-Euro-Jobber), aber vielleicht für uns auch außerdem "Keine Schwarzarbeit", im Unterschied zu Firmen, die schwarz ausländische Arbeitsmigranten zu Dumpinglöhnen beschäftigen, oder auch nicht schwarz. Denn bei uns in der SSM sind ja alle mitbesitzende Vereinsmitglieder. Unser Betrieb befindet sich im Besitz der Belegschaft."

Diskussion mit Arbeitslosen
Handy-Foto: SSK
Weiterführende Links:
Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK)
Flugblatt
Online-Flyer Nr. 13 vom 12.10.2005
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Lokales
SSK-Demo im Arbeitsamt und beim Möbelverbund
"Gegen Arbeitszwang und Billiglohn!"
Von Peter Kleinert
"Gemein für uns und nützlich für die, die dran verdienen" hatte die Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) ihr Flugblatt überschrieben. Verteilt wurde es im Foyer des Kölner Arbeitsamtes bei einem Protest gegen die ARGE, und "gegen die großen Schweinereien, die hier betrieben werden". Am Samstag danach veranstaltete der Möbelverbund in der Mülheimer Stadthalle seine jährliche Möbelmesse. Die SSK-Gruppen und andere GegnerInnen von 1EURJobs nutzten die Gelegenheit, die BesucherInnen "über diese Art von Zwangsarbeit im Möbelverbund aufzuklären". Einige MitarbeiterInnen des Möbelverbunds reagierten gereizt. Ansonsten fand die Kritik viel Zustimmung.
Parolen auf SSK-Möbeln im Arbeitsamt
Das Foyer des Arbeitsamtes wurde während der SSK-Aktion mit parolenträchtigen Möbeln aus dem Bestand der SSK und mit Transparenten neu eingerichtet. ARGE-Chef Ludwig kam zwar der Aufforderung, aus dem 10. Stock nach unten zu kommen und sich der Diskussion mit den protestierenden Gruppen und den Arbeitslosen zu stellen, nicht nach; er befand sich "in einer Besprechung". Immerhin sah die Arbeitsamtsleitung von Polizeieinsätzen und ähnlichen Skandalen ab, sodass die SSKlerInnen in Ruhe ihre Flugblätter an die zahlreichen Schlange stehenden Arbeitslosen verteilen konnten.

SSK-Lkw vor Möbelverbundmesse
Handy-Foto: SSK
"Arbeitsplätze hat die ARGE bekanntlich nicht zu vermitteln. Also hält sie die Arbeitslosen anders auf Trab, mit unsinnigen Maßnahmen und mit den berüchtigten 1EURJobs", heißt es in dem Flugblatt. "Die sind für viele die einzige Möglichkeit, zum miesen ALG II noch paar Euro dazuzuverdienen. Und außerdem Zwangsarbeit: bei Weigerung droht Kürzung. Unter diesem Druck schafft die ARGE in Köln tausende von ArbeiterInnen zweiter Klasse - ohne Rechte, ohne Perspektive, und billig. Unfreiwillig werden sie zur Konkurrenz für andere ArbeiterInnen in den Bereichen, in denen sie eingesetzt werden. Denn das ganze Gerede von der Zusätzlichkeit der Arbeiten ist Blödsinn. Seit es "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" gibt, zeigt die Erfahrung: wo sie stattfinden, werden reguläre Arbeitsstellen abgebaut und Löhne gesenkt - im Grünflächenbereich, bei der Müllentsorgung, in Altenheimen, überall. Wird Zeit, dass wir uns zusammentun: Gegen Arbeitszwang und Billiglohn!"
Unabhängige Lebensgrundlage gefährdet
Von der staatlich betriebenen Lohnsenkung sei auch die SSK betroffen: "Seit mehr als 30 Jahren leben wir von Umzügen, Entrümpelungen und dem Verkauf von Gebrauchtmöbeln und anderen Fundstücken." Entstanden ist das Projekt Anfang der 70er Jahre mit Jugendlichen, die vor der staatlichen "Fürsorge" aus den Heimen abgehauen waren und sich - unterstützt von engagierten SozialarbeiterInnen - mit einer eigenen Firma eine unabhängige Lebensgrundlage geschaffen hatten.

SSK-Demo vor dem Arbeitsamt
Handy-Foto: SSK
"Der SSK hat Häuser besetzt, viele Menschen aus den Klauen der Psychiatrie befreit und Menschen aus anderen Ländern unterstützt, die von Staats wegen "illegal" sind. Wir mischen nach wie vor von unten in der Kölner Politik mit und versuchen, unser Zusammenleben und die Arbeit so gleichberechtigt wie möglich zu organisieren, ohne Chefs und Zwang.". In der Vergangenheit konnte die SSK mit Umzugs-Aufträgen und Möbellagern genug erwirtschaften, um das Projekt am Laufen zu halten. In den letzten Jahren mache sich jedoch die verschärfte Konkurrenz bemerkbar: "Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen, ihre Arbeitskraft zu Hungerlöhnen zu verkaufen. In den Straßen tauchen Werbezettel auf, die Umzüge zu Billigstpreisen anbieten. Kunden springen nach unserem Kostenvoranschlag ab, weil andere das billiger machen. Und diese anderen sind nicht nur Private, die sich als Ich-AG durchschlagen, oder die KollegInnen aus anderen Ländern, die hier für paar Euro Stundenlohn ausgebeutet werden. Es sind zunehmend Lohnkosten, die vom Staat bezahlt werden."
"Betreiber der Beschäftigungsprojekte profitieren"
Die durch 1EURJobs von der ARGE unterstützte Konkurrenz sieht der SSK vornehmlich im "Möbelverbund", dessen Möbelmesse deshalb die am darauf folgenden Wochenende durchgeführte Demonstration galt. Nach Darstellung des SSK schickt die ARGE in diesen "Zusammenschluss von Möbellagern, den die Stadt erfunden hat, um SozialhilfeempfängerInnen mit Gebrauchtmöbeln abspeisen zu können und weitere Einsatzorte für ihren "Zweiten Arbeitsmarkt" zu schaffen, 120 1EURJobberInnen". Im Möbelverbund sind, laut SSK, "MüTZe, HoSe, BfO, Emmaus, De Flo, Zug um Zug und SSM" zusammengeschlossen. Diese Betreiber der Beschäftigungsprojekte profitierten mit an den 1EURJobs. Pro beschäftigten Arbeitslosen bekämen sie 685 Euro.

SSK-Möbel im AA-Foyer
Handy-Foto: SSK
Fazit des auch beim Möbelverbund in der Stadthalle verteilten SSK-Flugblatts: "Die Arbeitslosen, die dafür ein halbes Jahr lang Möbel schleppen dürfen, sehen davon fast nichts. Das meiste Geld fließt in die Finanzierung der Stellen von Sozialarbeiterinnen und Betreuern, die die Arbeitslosen verwalten und den Arbeitszwang gegen sie durchsetzen. Gleichzeitig organisieren sie die Billigkonkurrenz auf dem Markt, denn von den Kunden brauchen diese Entrümpler nicht mehr viel zu verlangen - ist ja alles schon aus öffentlichen Geldern bezahlt. Auf der Strecke bleiben könnten dabei die Selbsthilfegruppen, die dieselbe Arbeit seit Jahrzehnten selbstorganisiert machen."
SSM: "Keine Zwangsbeschäftigung durch 1-Euro-Jobs!"
Die NRhZ-Redaktion bietet den im "Möbelverbund" zusammen geschlossenen Initiativen an, in der nächsten Ausgabe des Online-Flyers auf diese Vorwürfe zu antworten. Rainer Kippe hat dies für die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) bereits getan: "Abgesehen von dem Wort Zwangsarbeit, das ich anhand der historischen Vorbilder NS-Staat und Stalinismus für 1-Euro- Jobber etwas zu hoch gegriffen halte, und abgesehen von der Tatsache, dass die SSKlerInnen wissen, dass im Möbelverbund und auf der Möbelmesse auch Gruppen ausstellen, die KEINE 1- Euro-"Zwangsarbeiter" beschäftigen, finde ich das Flugblatt gut. Besonders gefällt mir der Vergleich mit Kinderarbeit, Genfood und Tropenholz. Ich denke an ein Gütesiegel: Keine Zwangsbeschäftigung (1-Euro-Jobber), aber vielleicht für uns auch außerdem "Keine Schwarzarbeit", im Unterschied zu Firmen, die schwarz ausländische Arbeitsmigranten zu Dumpinglöhnen beschäftigen, oder auch nicht schwarz. Denn bei uns in der SSM sind ja alle mitbesitzende Vereinsmitglieder. Unser Betrieb befindet sich im Besitz der Belegschaft."

Diskussion mit Arbeitslosen
Handy-Foto: SSK
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