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Aktueller Online-Flyer vom 15. Mai 2024  

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Lokales
Interview mit der in Köln angeklagten Friedensaktivistin Monika Becker
"Die Bundeswehr auflösen!"
Von Marilena Thanassoula

Am Donnerstag, 26. Oktober, entscheidet das Amtsgericht in Köln, Luxemburger Str. 101, darüber, ob vier AktivistInnen von "Bundeswehr-Wegtreten" wegen "Volksverhetzung" zu verurteilen sind. Kriminalisiert wurden sie, wie die NRhZ am Montag meldete, durch eine Anzeige der Bundeswehr für das Zeigen von Transparenten mit der Aufschrift "Wir geloben zu morden, zu rauben, zu vergewaltigen" und "Soldaten sind Mörder" am 21. September 2005 beim öffentlichen Gelöbnis der Bundeswehr am Weltfriedenstag in Köln. - "Bundeswehr-Wegtreten" organisiert ab 9 Uhr eine Aktion vor dem Amtsgericht. Die Prozesse beginnen um 11 Uhr. Lesen Sie hierzu das Interview mit der angeklagten Kölner Aktivistin Monika Becker

NRhZ: Frau Becker, warum sind Sie angeklagt?

Monika Becker: Ich bin wegen Beleidigung und Volksverhetzung angeklagt. Ich hatte an diesem Tag ein Zimmer im Dom-Hotel, das am Roncalli-Platz liegt, zusammen mit einer Freundin gemietet und habe dann am Abend, als der große Zapfenstreich - ein militärisches Ritual - stattfand, ein Transparent vom Balkon des Zimmers hängen lassen. Darauf stand der Satz von Kurt Tucholsky "Soldaten sind Mörder".

Warum haben sie das damals gemacht?

Wir haben die Aktion gemacht, weil die zunehmende Militarisierungspolitik Deutschlands offensichtlich ist. Deutschland ist mittlerweile in zehn verschiedenen Ländern mit Soldaten vertreten. Die Bundeswehr wurde schon damals, als sie konstituiert worden ist, von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt, und sie hat in den letzten Jahren, das wissen alle, nichts mehr mit Verteidigung zu tun, auf jeden Fall nichts mehr mit einer Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland durch militärische Angriffe von Außen.

Kanzler Schröder hat anlässlich des Krieges im Kosovo gemeint, dass es Zeit sei fürs Land, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen und die Rolle auf der internationalen Bühne zu spielen, die ihm angemessen sei. Zuletzt sprach Kanzlerin Merkel von einer historischen Bedeutung der "Mission im Kongo". Der militärische Einsatz der Bundesrepublik könnte danach doch eine positive Rolle in diesen zehn Gebieten spielen?

Ich glaube grundsätzlich nicht an eine positive Rolle des Militärs. Ich denke, man muss andere Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten suchen. Ich sehe jedenfalls nicht, dass Militäreinsätze zur Sicherung der Bevölkerung beitragen. Meine Position ist: die Bundeswehr ist aufzulösen, damit es kein Militär mehr gibt (Lachen).

Man spricht einerseits von der Befreiung der Frauen, gleichzeitig spricht man aber auch von parallelen Welten, die hier existieren. Ist Deutschland eine emanzipierte Gesellschaft, die als Vorbild für "befreiungsbedürftige Frauen" dienen kann?

Merkel auf Mission im Kongo
Merkel auf Mission im Kongo


Die tägliche Gewalt gegen Frauen in der Bundesrepublik nimmt zu, und die Familie ist dabei immer noch der unsicherste Ort. Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch auch von Kindern, besonders bei Mädchen, gibt es nach wie vor. Was an direkter persönlicher Gewalt gegen Frauen passiert in dieser Gesellschaft - da gibt es überhaupt keine positiven Entwicklungen. Die Emanzipationsbewegung hat zwar formal für eine rechtliche Gleichstellung gesorgt, die aber in der Realität nicht erreicht wird. Man könnte als Beispiel über das immer noch Wenigere, das Frauen verdienen, reden, aber dann würde man schon gewisse hierarchische Strukturen adoptieren. Das Problem ist die Gleichstellung der Frauen weltweit und nicht nur die der europäischen Frauen gegenüber den europäischen Männern.

Glauben Sie, dass Krieg von Frauen menschlicher geführt werden könnte? Ist die Soldatin humaner als der Soldat? Kann sie als Vorbild für Emanzipation stehen?

Erinnern sie sich doch an die amerikanische Soldatin mit den Hundeleinen im Irak. Dies allein beweist schon, dass Frauen nicht von ihrem Wesen her humaner sind als Männer. Frauen sind auch Täterinnen im Krieg. Für Sterbende macht es keinen Unterschied, ob die tötende Hand männlich oder weiblich ist. Und als Vorbild für die Emanzipation sehe ich die Soldatin auch nicht. Im Gegenteil: dass Frauen sich patriarchalischen Strukturen anpassen, ist doch genau ein Ziel ihrer Aufnahme ins Militär.




Online-Flyer Nr. 67  vom 24.10.2006

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